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Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Erstes Quartal.

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Hans Joachim von Zieten.

Friedrich nicht nur den erbetenen Urlaub, sondern schenkt ihm auch eine er¬
hebliche Masse von Baumaterialien; zu den Vermessungen seines Besitztumes
schickt er ihm Feldjäger, und als er hört, daß auf Zietens Gute die Viehseuche
ausgebrochen ist, macht er ihm ein Geschenk von 19 000 Thalern,

In friedlicher Stille, aber doch in angestrengter Thätigkeit für seine
Truppen wie für seine im Kriege völlig in den Hintergrund gedrängten Güter
hat Zieten nach dem Hubertusburger Frieden noch dreiundzwanzig Jahre ver¬
lebt, von seinem königlichen Herrn hoch geehrt, beim Volke beliebt, wie wenige
Feldherren vor und nach ihm.

Auch eine starke, aufrichtige Neigung zu gemütvollem Familienleben gehörte
zu seinen Charakterzügen, Er vermißte dies schmerzlich nach dem Tode seiner
ersten Frau und war umso glücklicher, als er es in einer neuen Ehe vollauf
wieder fand. Auch feine zweite Frau, eine Schwägerin der Zietendivgraphin,
Frau von Blumenthal, brachte seinen Bestrebungen volles Verständnis entgegen,
"Wen der Herr lieb hat, dem giebt er so ein Weib, wie du mir bist," äußerte
er einmal zu ihr.

Im Kreise seiner Gattin, seiner Kinder und Verwandten verlebte er jährlich
mehrere Monate auf Wustrau, Hier liebte er es wie in seinem Hause zu Berlin,
einen angenehmen, geselligen Kreis um sich zu versammeln und freigebige Gast¬
freundschaft zu üben. Obwohl er selbst aus Gesundheitsrücksichten außerordentlich
mäßig lebte, entfaltete er doch, wenn er Gäste bei sich hatte, einen anständigen
Luxus. Da zeigte er sich als Wirt in geselliger Unterhaltung und harmloser
Munterkeit von seiner liebenswürdigsten Seite und bewahrte sich bis in sein
höheres Lebensalter eine bewundernswerte Frische und Elastizität des Geistes,
Er verstand es vortrefflich, die jüngern Mitglieder der Gesellschaft zu Spiel und
Tanz zu ermuntern, während er selbst mit ältern Offizieren angeregte und lebendige
Unterhaltung pflegte. In Karlsbad schloß er während einer Kur mit seinem
großen Gegner Laudon aufrichtige Freundschaft. Arm in Arm sah man sie
beide lustwandeln, in eifrige Gespräche über vergangne Tage vertieft.

Mit Freude und Geschick lag er besonders seit dem siebenjährigen Kriege
den landwirtschaftlichen Arbeiten ob, überall sah er selbst nach dem Rechten
und kümmerte sich auch um die Einzelheiten der Gutsverwaltung. Eifrig nahm
er sich der Interessen seiner Wnstrauer Bauern und Hintersassen an, deren
innige Verehrung und herzliches Zutrauen er dafür genoß. Mit der gleichen
Sorgfalt und Umsicht, welche seine militärischen Berichte an Friedrich kenn¬
zeichnet, korrespondirte er in spätern Jahren mit dem Verwalter seines Gutes,
denn auch abwesend von Wustrau verlor er doch nie die Oberleitung des Ganzen
aus dem Auge. Bis ins höchste Alter sah man ihn heiter und guter Dinge
sich auf seinem Besitztume zu schaffen machen. Wie vorzüglich er zu wirt¬
schaften verstand, erhellt daraus, daß sich bei seinem Tode der Wert seines
Gutes bis auf das Sechsfache des ursprünglichen Ertrages gesteigert hatte.


Hans Joachim von Zieten.

Friedrich nicht nur den erbetenen Urlaub, sondern schenkt ihm auch eine er¬
hebliche Masse von Baumaterialien; zu den Vermessungen seines Besitztumes
schickt er ihm Feldjäger, und als er hört, daß auf Zietens Gute die Viehseuche
ausgebrochen ist, macht er ihm ein Geschenk von 19 000 Thalern,

In friedlicher Stille, aber doch in angestrengter Thätigkeit für seine
Truppen wie für seine im Kriege völlig in den Hintergrund gedrängten Güter
hat Zieten nach dem Hubertusburger Frieden noch dreiundzwanzig Jahre ver¬
lebt, von seinem königlichen Herrn hoch geehrt, beim Volke beliebt, wie wenige
Feldherren vor und nach ihm.

Auch eine starke, aufrichtige Neigung zu gemütvollem Familienleben gehörte
zu seinen Charakterzügen, Er vermißte dies schmerzlich nach dem Tode seiner
ersten Frau und war umso glücklicher, als er es in einer neuen Ehe vollauf
wieder fand. Auch feine zweite Frau, eine Schwägerin der Zietendivgraphin,
Frau von Blumenthal, brachte seinen Bestrebungen volles Verständnis entgegen,
„Wen der Herr lieb hat, dem giebt er so ein Weib, wie du mir bist," äußerte
er einmal zu ihr.

Im Kreise seiner Gattin, seiner Kinder und Verwandten verlebte er jährlich
mehrere Monate auf Wustrau, Hier liebte er es wie in seinem Hause zu Berlin,
einen angenehmen, geselligen Kreis um sich zu versammeln und freigebige Gast¬
freundschaft zu üben. Obwohl er selbst aus Gesundheitsrücksichten außerordentlich
mäßig lebte, entfaltete er doch, wenn er Gäste bei sich hatte, einen anständigen
Luxus. Da zeigte er sich als Wirt in geselliger Unterhaltung und harmloser
Munterkeit von seiner liebenswürdigsten Seite und bewahrte sich bis in sein
höheres Lebensalter eine bewundernswerte Frische und Elastizität des Geistes,
Er verstand es vortrefflich, die jüngern Mitglieder der Gesellschaft zu Spiel und
Tanz zu ermuntern, während er selbst mit ältern Offizieren angeregte und lebendige
Unterhaltung pflegte. In Karlsbad schloß er während einer Kur mit seinem
großen Gegner Laudon aufrichtige Freundschaft. Arm in Arm sah man sie
beide lustwandeln, in eifrige Gespräche über vergangne Tage vertieft.

Mit Freude und Geschick lag er besonders seit dem siebenjährigen Kriege
den landwirtschaftlichen Arbeiten ob, überall sah er selbst nach dem Rechten
und kümmerte sich auch um die Einzelheiten der Gutsverwaltung. Eifrig nahm
er sich der Interessen seiner Wnstrauer Bauern und Hintersassen an, deren
innige Verehrung und herzliches Zutrauen er dafür genoß. Mit der gleichen
Sorgfalt und Umsicht, welche seine militärischen Berichte an Friedrich kenn¬
zeichnet, korrespondirte er in spätern Jahren mit dem Verwalter seines Gutes,
denn auch abwesend von Wustrau verlor er doch nie die Oberleitung des Ganzen
aus dem Auge. Bis ins höchste Alter sah man ihn heiter und guter Dinge
sich auf seinem Besitztume zu schaffen machen. Wie vorzüglich er zu wirt¬
schaften verstand, erhellt daraus, daß sich bei seinem Tode der Wert seines
Gutes bis auf das Sechsfache des ursprünglichen Ertrages gesteigert hatte.


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[0224] Hans Joachim von Zieten. Friedrich nicht nur den erbetenen Urlaub, sondern schenkt ihm auch eine er¬ hebliche Masse von Baumaterialien; zu den Vermessungen seines Besitztumes schickt er ihm Feldjäger, und als er hört, daß auf Zietens Gute die Viehseuche ausgebrochen ist, macht er ihm ein Geschenk von 19 000 Thalern, In friedlicher Stille, aber doch in angestrengter Thätigkeit für seine Truppen wie für seine im Kriege völlig in den Hintergrund gedrängten Güter hat Zieten nach dem Hubertusburger Frieden noch dreiundzwanzig Jahre ver¬ lebt, von seinem königlichen Herrn hoch geehrt, beim Volke beliebt, wie wenige Feldherren vor und nach ihm. Auch eine starke, aufrichtige Neigung zu gemütvollem Familienleben gehörte zu seinen Charakterzügen, Er vermißte dies schmerzlich nach dem Tode seiner ersten Frau und war umso glücklicher, als er es in einer neuen Ehe vollauf wieder fand. Auch feine zweite Frau, eine Schwägerin der Zietendivgraphin, Frau von Blumenthal, brachte seinen Bestrebungen volles Verständnis entgegen, „Wen der Herr lieb hat, dem giebt er so ein Weib, wie du mir bist," äußerte er einmal zu ihr. Im Kreise seiner Gattin, seiner Kinder und Verwandten verlebte er jährlich mehrere Monate auf Wustrau, Hier liebte er es wie in seinem Hause zu Berlin, einen angenehmen, geselligen Kreis um sich zu versammeln und freigebige Gast¬ freundschaft zu üben. Obwohl er selbst aus Gesundheitsrücksichten außerordentlich mäßig lebte, entfaltete er doch, wenn er Gäste bei sich hatte, einen anständigen Luxus. Da zeigte er sich als Wirt in geselliger Unterhaltung und harmloser Munterkeit von seiner liebenswürdigsten Seite und bewahrte sich bis in sein höheres Lebensalter eine bewundernswerte Frische und Elastizität des Geistes, Er verstand es vortrefflich, die jüngern Mitglieder der Gesellschaft zu Spiel und Tanz zu ermuntern, während er selbst mit ältern Offizieren angeregte und lebendige Unterhaltung pflegte. In Karlsbad schloß er während einer Kur mit seinem großen Gegner Laudon aufrichtige Freundschaft. Arm in Arm sah man sie beide lustwandeln, in eifrige Gespräche über vergangne Tage vertieft. Mit Freude und Geschick lag er besonders seit dem siebenjährigen Kriege den landwirtschaftlichen Arbeiten ob, überall sah er selbst nach dem Rechten und kümmerte sich auch um die Einzelheiten der Gutsverwaltung. Eifrig nahm er sich der Interessen seiner Wnstrauer Bauern und Hintersassen an, deren innige Verehrung und herzliches Zutrauen er dafür genoß. Mit der gleichen Sorgfalt und Umsicht, welche seine militärischen Berichte an Friedrich kenn¬ zeichnet, korrespondirte er in spätern Jahren mit dem Verwalter seines Gutes, denn auch abwesend von Wustrau verlor er doch nie die Oberleitung des Ganzen aus dem Auge. Bis ins höchste Alter sah man ihn heiter und guter Dinge sich auf seinem Besitztume zu schaffen machen. Wie vorzüglich er zu wirt¬ schaften verstand, erhellt daraus, daß sich bei seinem Tode der Wert seines Gutes bis auf das Sechsfache des ursprünglichen Ertrages gesteigert hatte.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341843_197423/224>, abgerufen am 05.02.2025.