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Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Erstes Quartal.

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Die haimoversche Gesellschaft.

der hannoverschen Armee überlieferten, die keiner mit Stillschweigen übergehen
kann, der althannoversche Zustände schildern will.

Ordentliches Mitglied der Messe eines Regiments war jeder Offizier,
welcher demselben angehörte. Da aber die gesamte Einrichtung vom Silberzeug
an bis zum Herd und Küchenschrank herab Eigentum des Offizierkorps war,
so mußte jeder in das Regiment versetzte und jeder neu ernannte Offizier das
Recht des Mitbesitzes an jenem Eigentum durch Zahlung einer erheblichen Ein¬
trittssumme erkaufen. Dem Offizierkorps eines Regiments nicht angehörende
Offiziere oder Militärbeamte konnte durch Beschluß des ersteren das Recht
erteilt werden, als außerordentliche Mitglieder an der gemeinsamen Mittagstafel
teilzunehmen.

Jedes Offizierkorps besaß gedruckte Meßgcsetze, von denen ein Exemplar
jedem ordentlichen und jedem außerordentlichen Mitglied" der Messe übergeben
wurde; bei Abänderung derselben hatten die Herren der letzgenannten Kategorie,
und mochte der Brigade- oder gar der Divisionskommandeur zu ihnen gehören,
ebenso wenig mit zu stimmen, als sie, selbst wenn sie an der Tafel teilnahmen,
verlangen konnten, bei irgendeiner allgemeinen Frage, z. B. der, zu welcher
Stunde gespeist werden solle, gehört zu werden.

Jeder unverheiratete Offizier des Regiments mußte an der täglichen Mittags¬
tafel erscheinen. Zur bestimmten Stunde trafen sich dort sämtliche unverhei¬
ratete Stabsoffiziere, Hauptleute, Leutnants und Ärzte, welche in hminoverschen
Diensten vollberechtigte Mitglieder des Offizierkorps waren. Regelmäßig einmal
im Monat, am sogenannten Gasttage, erschienen auch die verheirateten Offiziere
auf der Messe. An diesem Tage spielte die Musik, es wurden einige Schüsseln
mehr als gewöhnlich aufgetragen, und die Offiziere, welche im eignen Hause
keine Gesellschaften gaben, pflegten sich dort ihrer geselligen Pflichten zu entledigen.
Außerdem spielte die Musik gewöhnlich noch an einem zweiten Tage im Lause
des Monats auf der Messe, dann erschienen die verheirateten Offiziere erst nach
aufgehobener Tafel, und es wurden nur die gewöhnlichen drei Gänge aufge¬
tragen. Übrigens waren diese, wie auch die äußere Ausstattung der Tafel,
täglich derart, daß man einen Gast zur Messe einladen konnte; wie es denn
auch Gebrauch war, daß verheiratete Offiziere, welche Besuch bekamen, ohne daß
die Hausfrau auf den Empfang desselben vorbereitet war, diesen nach der Messe
führten.

Den Vorsitz bei Tisch führte ein Präsident, ein Vizepräsident unterstützte
ihn. Den Anordnungen des erster" mußte unweigerlich Folge geleistet werden.
Beide Ämter wechselten wöchentlich unter den berechtigten Offizieren; zur Über¬
nahme der Präsidentschaft war jeder Offizier nach zweijähriger, zur Vize¬
präsidentschaft nach einjähriger Dienstzeit berechtigt.

Die Stabsoffiziere, welche an der Tafel teilnahmen, wurden gewöhnlich
von den Lasten beider Ämter dispensirt. Gab aber das Offizierkorps eines


Die haimoversche Gesellschaft.

der hannoverschen Armee überlieferten, die keiner mit Stillschweigen übergehen
kann, der althannoversche Zustände schildern will.

Ordentliches Mitglied der Messe eines Regiments war jeder Offizier,
welcher demselben angehörte. Da aber die gesamte Einrichtung vom Silberzeug
an bis zum Herd und Küchenschrank herab Eigentum des Offizierkorps war,
so mußte jeder in das Regiment versetzte und jeder neu ernannte Offizier das
Recht des Mitbesitzes an jenem Eigentum durch Zahlung einer erheblichen Ein¬
trittssumme erkaufen. Dem Offizierkorps eines Regiments nicht angehörende
Offiziere oder Militärbeamte konnte durch Beschluß des ersteren das Recht
erteilt werden, als außerordentliche Mitglieder an der gemeinsamen Mittagstafel
teilzunehmen.

Jedes Offizierkorps besaß gedruckte Meßgcsetze, von denen ein Exemplar
jedem ordentlichen und jedem außerordentlichen Mitglied« der Messe übergeben
wurde; bei Abänderung derselben hatten die Herren der letzgenannten Kategorie,
und mochte der Brigade- oder gar der Divisionskommandeur zu ihnen gehören,
ebenso wenig mit zu stimmen, als sie, selbst wenn sie an der Tafel teilnahmen,
verlangen konnten, bei irgendeiner allgemeinen Frage, z. B. der, zu welcher
Stunde gespeist werden solle, gehört zu werden.

Jeder unverheiratete Offizier des Regiments mußte an der täglichen Mittags¬
tafel erscheinen. Zur bestimmten Stunde trafen sich dort sämtliche unverhei¬
ratete Stabsoffiziere, Hauptleute, Leutnants und Ärzte, welche in hminoverschen
Diensten vollberechtigte Mitglieder des Offizierkorps waren. Regelmäßig einmal
im Monat, am sogenannten Gasttage, erschienen auch die verheirateten Offiziere
auf der Messe. An diesem Tage spielte die Musik, es wurden einige Schüsseln
mehr als gewöhnlich aufgetragen, und die Offiziere, welche im eignen Hause
keine Gesellschaften gaben, pflegten sich dort ihrer geselligen Pflichten zu entledigen.
Außerdem spielte die Musik gewöhnlich noch an einem zweiten Tage im Lause
des Monats auf der Messe, dann erschienen die verheirateten Offiziere erst nach
aufgehobener Tafel, und es wurden nur die gewöhnlichen drei Gänge aufge¬
tragen. Übrigens waren diese, wie auch die äußere Ausstattung der Tafel,
täglich derart, daß man einen Gast zur Messe einladen konnte; wie es denn
auch Gebrauch war, daß verheiratete Offiziere, welche Besuch bekamen, ohne daß
die Hausfrau auf den Empfang desselben vorbereitet war, diesen nach der Messe
führten.

Den Vorsitz bei Tisch führte ein Präsident, ein Vizepräsident unterstützte
ihn. Den Anordnungen des erster» mußte unweigerlich Folge geleistet werden.
Beide Ämter wechselten wöchentlich unter den berechtigten Offizieren; zur Über¬
nahme der Präsidentschaft war jeder Offizier nach zweijähriger, zur Vize¬
präsidentschaft nach einjähriger Dienstzeit berechtigt.

Die Stabsoffiziere, welche an der Tafel teilnahmen, wurden gewöhnlich
von den Lasten beider Ämter dispensirt. Gab aber das Offizierkorps eines


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[0022] Die haimoversche Gesellschaft. der hannoverschen Armee überlieferten, die keiner mit Stillschweigen übergehen kann, der althannoversche Zustände schildern will. Ordentliches Mitglied der Messe eines Regiments war jeder Offizier, welcher demselben angehörte. Da aber die gesamte Einrichtung vom Silberzeug an bis zum Herd und Küchenschrank herab Eigentum des Offizierkorps war, so mußte jeder in das Regiment versetzte und jeder neu ernannte Offizier das Recht des Mitbesitzes an jenem Eigentum durch Zahlung einer erheblichen Ein¬ trittssumme erkaufen. Dem Offizierkorps eines Regiments nicht angehörende Offiziere oder Militärbeamte konnte durch Beschluß des ersteren das Recht erteilt werden, als außerordentliche Mitglieder an der gemeinsamen Mittagstafel teilzunehmen. Jedes Offizierkorps besaß gedruckte Meßgcsetze, von denen ein Exemplar jedem ordentlichen und jedem außerordentlichen Mitglied« der Messe übergeben wurde; bei Abänderung derselben hatten die Herren der letzgenannten Kategorie, und mochte der Brigade- oder gar der Divisionskommandeur zu ihnen gehören, ebenso wenig mit zu stimmen, als sie, selbst wenn sie an der Tafel teilnahmen, verlangen konnten, bei irgendeiner allgemeinen Frage, z. B. der, zu welcher Stunde gespeist werden solle, gehört zu werden. Jeder unverheiratete Offizier des Regiments mußte an der täglichen Mittags¬ tafel erscheinen. Zur bestimmten Stunde trafen sich dort sämtliche unverhei¬ ratete Stabsoffiziere, Hauptleute, Leutnants und Ärzte, welche in hminoverschen Diensten vollberechtigte Mitglieder des Offizierkorps waren. Regelmäßig einmal im Monat, am sogenannten Gasttage, erschienen auch die verheirateten Offiziere auf der Messe. An diesem Tage spielte die Musik, es wurden einige Schüsseln mehr als gewöhnlich aufgetragen, und die Offiziere, welche im eignen Hause keine Gesellschaften gaben, pflegten sich dort ihrer geselligen Pflichten zu entledigen. Außerdem spielte die Musik gewöhnlich noch an einem zweiten Tage im Lause des Monats auf der Messe, dann erschienen die verheirateten Offiziere erst nach aufgehobener Tafel, und es wurden nur die gewöhnlichen drei Gänge aufge¬ tragen. Übrigens waren diese, wie auch die äußere Ausstattung der Tafel, täglich derart, daß man einen Gast zur Messe einladen konnte; wie es denn auch Gebrauch war, daß verheiratete Offiziere, welche Besuch bekamen, ohne daß die Hausfrau auf den Empfang desselben vorbereitet war, diesen nach der Messe führten. Den Vorsitz bei Tisch führte ein Präsident, ein Vizepräsident unterstützte ihn. Den Anordnungen des erster» mußte unweigerlich Folge geleistet werden. Beide Ämter wechselten wöchentlich unter den berechtigten Offizieren; zur Über¬ nahme der Präsidentschaft war jeder Offizier nach zweijähriger, zur Vize¬ präsidentschaft nach einjähriger Dienstzeit berechtigt. Die Stabsoffiziere, welche an der Tafel teilnahmen, wurden gewöhnlich von den Lasten beider Ämter dispensirt. Gab aber das Offizierkorps eines

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341843_197423/22>, abgerufen am 05.02.2025.