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Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Viertes Quartal.

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Literatur.

Wanderbuch eines Ingenieurs. In Briefen von Max Ey es. Zweite Ansgnbe,
Heidelberg,' Carl Winters NniverMtsbuchhandlimg, 1880.
Mönch und Landsknecht. Erzählung aus dem, Bauernkriege. Zweite Auflage. Eben¬
daselbst, 1386.

Der poetische und wanderfrohe. Ingenieur Max Eyes gehört ohne Frage zu
den liebenswürdigsten und gesundesten Erscheinungen in der Literatur der Gegen¬
wart. Daß er kein "Berüfsschriftsteller" ist, sondern, wie aus seinen Wanderbriefen
hervorgeht und wie wir von sachkundiger Seite bestätigen hören, ein thatkräftiger,
eifriger Ingenieur, welcher in Aegypten, Nordamerika, Westindien, Oesterreich,
Rußland und Rumänien für Einführung und Verbreitung des Dampfpfluges und
eines neuen Schleppsystems gearbeitet und nur in seinen Mußestunden ein frisches
poetisches Talent gepflegt hat, mag ihm bei einem der verschiednen Schriftsteller-
Vereine schaden, kann ihm aber sonst nur zum Vorteil gereichen. Das "Wanderbuch
eines Ingenieurs" mit seineu prächtigen, treffenden Schilderungen, mit seinem sich
gleichbleibenden guten Humor und dem glücklichen Wechsel der Eindrücke und Be¬
obachtungen ist aus Briefen erwachsen, welche ursprünglich ohne alle Absicht der
Veröffentlichung geschrieben wurden, in ihrer Zusammenstellung aber uns tief in
ein originelles und tüchtiges Dasein hineinblicken lassen. Dein Ingenieur ist es
anderseits nicht zum Schaden gediehen, daß er ein Stück heimatlicher Vorliebe für
die uicht fachmännische Bildung überall bewahrt, einen Zug zum "Traumleben"
der Dichtung mitten im Getümmel des Praktischen Berufs und seiner Reisen nicht
unterdrückt hat. Sein "Wanderbuch" hat das Zeug, dem gegenwärtig lebenden
Geschlechte treffliche Unterhaltung zu gewahren und einem künftigen vielleicht Auf¬
schluß über viele fragwürdigen Kulturerscheinuugen unsrer Tage zu gewähren,. Die
Schilderung Aegyptens z. B> und der ägyptischen Zustände nach dem ersten Herein¬
bruch der westeuropäischen Zivilisation ist in ihrer absichtslosen Treue und Deut¬
lichkeit ein Meisterstück, und vieles in den spätern Neisebriefcn reiht sich dieser
Schilderung würdig an.

Nicht ganz so hoch wie das "Wanderbuch" können wir die eigne poetische
Erfindung und Gestaltung Eyths in der Erzählung "Mönch und Landsknecht" stellen.
Der Verfasser hat eine lebendige Phantasie und ist uicht ohne Kenntnis der wildesten
Zeit seiner schwäbischen Heimat; doch erhebt sich die Erzählung uur in einigen
Teilen zu der vollem Wirkung, die er beabsichtigt hat. Man spürt, daß an aller
historischen Romandichtung die Tradition einen starken Anteil hat; in' einer Er¬
zählung, die frisch aus dem ihn umgebenden Leben gegriffen wäre, würde gerade
dieser Schriftsteller originellere Gestalten und Situationen geben könne".






Für die Redaktion verantwortlich: Johannes Grunow in Leipzig.
Verlag von Fr. Wilh. Grnnow in Leipzig, -- Druck vou Carl Marquart in Leipzig,
Literatur.

Wanderbuch eines Ingenieurs. In Briefen von Max Ey es. Zweite Ansgnbe,
Heidelberg,' Carl Winters NniverMtsbuchhandlimg, 1880.
Mönch und Landsknecht. Erzählung aus dem, Bauernkriege. Zweite Auflage. Eben¬
daselbst, 1386.

Der poetische und wanderfrohe. Ingenieur Max Eyes gehört ohne Frage zu
den liebenswürdigsten und gesundesten Erscheinungen in der Literatur der Gegen¬
wart. Daß er kein „Berüfsschriftsteller" ist, sondern, wie aus seinen Wanderbriefen
hervorgeht und wie wir von sachkundiger Seite bestätigen hören, ein thatkräftiger,
eifriger Ingenieur, welcher in Aegypten, Nordamerika, Westindien, Oesterreich,
Rußland und Rumänien für Einführung und Verbreitung des Dampfpfluges und
eines neuen Schleppsystems gearbeitet und nur in seinen Mußestunden ein frisches
poetisches Talent gepflegt hat, mag ihm bei einem der verschiednen Schriftsteller-
Vereine schaden, kann ihm aber sonst nur zum Vorteil gereichen. Das „Wanderbuch
eines Ingenieurs" mit seineu prächtigen, treffenden Schilderungen, mit seinem sich
gleichbleibenden guten Humor und dem glücklichen Wechsel der Eindrücke und Be¬
obachtungen ist aus Briefen erwachsen, welche ursprünglich ohne alle Absicht der
Veröffentlichung geschrieben wurden, in ihrer Zusammenstellung aber uns tief in
ein originelles und tüchtiges Dasein hineinblicken lassen. Dein Ingenieur ist es
anderseits nicht zum Schaden gediehen, daß er ein Stück heimatlicher Vorliebe für
die uicht fachmännische Bildung überall bewahrt, einen Zug zum „Traumleben"
der Dichtung mitten im Getümmel des Praktischen Berufs und seiner Reisen nicht
unterdrückt hat. Sein „Wanderbuch" hat das Zeug, dem gegenwärtig lebenden
Geschlechte treffliche Unterhaltung zu gewahren und einem künftigen vielleicht Auf¬
schluß über viele fragwürdigen Kulturerscheinuugen unsrer Tage zu gewähren,. Die
Schilderung Aegyptens z. B> und der ägyptischen Zustände nach dem ersten Herein¬
bruch der westeuropäischen Zivilisation ist in ihrer absichtslosen Treue und Deut¬
lichkeit ein Meisterstück, und vieles in den spätern Neisebriefcn reiht sich dieser
Schilderung würdig an.

Nicht ganz so hoch wie das „Wanderbuch" können wir die eigne poetische
Erfindung und Gestaltung Eyths in der Erzählung „Mönch und Landsknecht" stellen.
Der Verfasser hat eine lebendige Phantasie und ist uicht ohne Kenntnis der wildesten
Zeit seiner schwäbischen Heimat; doch erhebt sich die Erzählung uur in einigen
Teilen zu der vollem Wirkung, die er beabsichtigt hat. Man spürt, daß an aller
historischen Romandichtung die Tradition einen starken Anteil hat; in' einer Er¬
zählung, die frisch aus dem ihn umgebenden Leben gegriffen wäre, würde gerade
dieser Schriftsteller originellere Gestalten und Situationen geben könne«.






Für die Redaktion verantwortlich: Johannes Grunow in Leipzig.
Verlag von Fr. Wilh. Grnnow in Leipzig, — Druck vou Carl Marquart in Leipzig,
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[0676] Literatur. Wanderbuch eines Ingenieurs. In Briefen von Max Ey es. Zweite Ansgnbe, Heidelberg,' Carl Winters NniverMtsbuchhandlimg, 1880. Mönch und Landsknecht. Erzählung aus dem, Bauernkriege. Zweite Auflage. Eben¬ daselbst, 1386. Der poetische und wanderfrohe. Ingenieur Max Eyes gehört ohne Frage zu den liebenswürdigsten und gesundesten Erscheinungen in der Literatur der Gegen¬ wart. Daß er kein „Berüfsschriftsteller" ist, sondern, wie aus seinen Wanderbriefen hervorgeht und wie wir von sachkundiger Seite bestätigen hören, ein thatkräftiger, eifriger Ingenieur, welcher in Aegypten, Nordamerika, Westindien, Oesterreich, Rußland und Rumänien für Einführung und Verbreitung des Dampfpfluges und eines neuen Schleppsystems gearbeitet und nur in seinen Mußestunden ein frisches poetisches Talent gepflegt hat, mag ihm bei einem der verschiednen Schriftsteller- Vereine schaden, kann ihm aber sonst nur zum Vorteil gereichen. Das „Wanderbuch eines Ingenieurs" mit seineu prächtigen, treffenden Schilderungen, mit seinem sich gleichbleibenden guten Humor und dem glücklichen Wechsel der Eindrücke und Be¬ obachtungen ist aus Briefen erwachsen, welche ursprünglich ohne alle Absicht der Veröffentlichung geschrieben wurden, in ihrer Zusammenstellung aber uns tief in ein originelles und tüchtiges Dasein hineinblicken lassen. Dein Ingenieur ist es anderseits nicht zum Schaden gediehen, daß er ein Stück heimatlicher Vorliebe für die uicht fachmännische Bildung überall bewahrt, einen Zug zum „Traumleben" der Dichtung mitten im Getümmel des Praktischen Berufs und seiner Reisen nicht unterdrückt hat. Sein „Wanderbuch" hat das Zeug, dem gegenwärtig lebenden Geschlechte treffliche Unterhaltung zu gewahren und einem künftigen vielleicht Auf¬ schluß über viele fragwürdigen Kulturerscheinuugen unsrer Tage zu gewähren,. Die Schilderung Aegyptens z. B> und der ägyptischen Zustände nach dem ersten Herein¬ bruch der westeuropäischen Zivilisation ist in ihrer absichtslosen Treue und Deut¬ lichkeit ein Meisterstück, und vieles in den spätern Neisebriefcn reiht sich dieser Schilderung würdig an. Nicht ganz so hoch wie das „Wanderbuch" können wir die eigne poetische Erfindung und Gestaltung Eyths in der Erzählung „Mönch und Landsknecht" stellen. Der Verfasser hat eine lebendige Phantasie und ist uicht ohne Kenntnis der wildesten Zeit seiner schwäbischen Heimat; doch erhebt sich die Erzählung uur in einigen Teilen zu der vollem Wirkung, die er beabsichtigt hat. Man spürt, daß an aller historischen Romandichtung die Tradition einen starken Anteil hat; in' einer Er¬ zählung, die frisch aus dem ihn umgebenden Leben gegriffen wäre, würde gerade dieser Schriftsteller originellere Gestalten und Situationen geben könne«. Für die Redaktion verantwortlich: Johannes Grunow in Leipzig. Verlag von Fr. Wilh. Grnnow in Leipzig, — Druck vou Carl Marquart in Leipzig,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_196733/676>, abgerufen am 15.01.2025.