Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Viertes Quartal.Mein Freund der Nihilist. kultivirte Erdoberfläche nicht mehr ausreicht, alle die Sprößlinge der freien Auch dafür weiß die Wissenschaft Rat: die Agrikulturchemie wird uns Die gute Wissenschaft! Indes Liebig hat doch auch seine Grenzen, es Dann wird die Wissenschaft uns lehren, die Menschen zu ernähren auch Ach so! Dann heißt es auf der Speisekarte: Nitrogen an rmwrsl mit Nun, sprach Dr. A. sich stolz aufrichtend, dann wird die Wissenschaft Mittel Kein Zweifel -- es war ihm völliger Ernst mit diesem Lrimn.8 Siout V"zu8. Sie verspotten mich innerlich -- das beweist wiederum nur, daß Sie ab¬ Lassen wir den Streit über die Grenzen der Wissenschaft. Es hat sich Mein Freund der Nihilist. kultivirte Erdoberfläche nicht mehr ausreicht, alle die Sprößlinge der freien Auch dafür weiß die Wissenschaft Rat: die Agrikulturchemie wird uns Die gute Wissenschaft! Indes Liebig hat doch auch seine Grenzen, es Dann wird die Wissenschaft uns lehren, die Menschen zu ernähren auch Ach so! Dann heißt es auf der Speisekarte: Nitrogen an rmwrsl mit Nun, sprach Dr. A. sich stolz aufrichtend, dann wird die Wissenschaft Mittel Kein Zweifel — es war ihm völliger Ernst mit diesem Lrimn.8 Siout V«zu8. Sie verspotten mich innerlich — das beweist wiederum nur, daß Sie ab¬ Lassen wir den Streit über die Grenzen der Wissenschaft. Es hat sich <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0659" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/197393"/> <fw type="header" place="top"> Mein Freund der Nihilist.</fw><lb/> <p xml:id="ID_2266" prev="#ID_2265"> kultivirte Erdoberfläche nicht mehr ausreicht, alle die Sprößlinge der freien<lb/> Liebe zu ernähren. Was dann?</p><lb/> <p xml:id="ID_2267"> Auch dafür weiß die Wissenschaft Rat: die Agrikulturchemie wird uns<lb/> lehren, dem Boden unendlich mehr abzugewinnen als jetzt, und wenn das Be¬<lb/> dürfnis sich um das Zehnfache gesteigert hat, werden die Mittel zu seiner Be¬<lb/> friedigung um das zwanzigfache vermehrt sein.</p><lb/> <p xml:id="ID_2268"> Die gute Wissenschaft! Indes Liebig hat doch auch seine Grenzen, es<lb/> wird der Tag kommen, wo wiederum der Menschen zu viele sein werden.</p><lb/> <p xml:id="ID_2269"> Dann wird die Wissenschaft uns lehren, die Menschen zu ernähren auch<lb/> ohne Ackerbau und Viehzucht, durch direkte Benutzung der in der Natur vor-<lb/> handnen Stoffe.</p><lb/> <p xml:id="ID_2270"> Ach so! Dann heißt es auf der Speisekarte: Nitrogen an rmwrsl mit<lb/> LkmvL ox^Fons! Guten Appetit! Und wenn nun eines schönen Tages aller<lb/> Stickstoff und aller Kohlenstoff nicht mehr ausreicht, die Menschen satt zu machen,<lb/> oder wenn Mangel an Raum eintritt — was dann!</p><lb/> <p xml:id="ID_2271"> Nun, sprach Dr. A. sich stolz aufrichtend, dann wird die Wissenschaft Mittel<lb/> finden, der weiter» Vermehrung des Menschengeschlechtes Schranken zu setzen.<lb/> Es giebt nichts, absolut nichts, was die Wissenschaft nicht imstande wäre zu<lb/> leisten! —</p><lb/> <p xml:id="ID_2272"> Kein Zweifel — es war ihm völliger Ernst mit diesem Lrimn.8 Siout V«zu8.<lb/> Er hatte meinen erstaunten Blick bemerkt und fuhr lächelnd fort:</p><lb/> <p xml:id="ID_2273"> Sie verspotten mich innerlich — das beweist wiederum nur, daß Sie ab¬<lb/> sichtlich die Augen schließen. Würde nicht Phthcigoms ungläubig den Kopf<lb/> geschüttelt haben, wenn ihm Abaris, jener hyperborciische Priester, der von Upscila<lb/> nach Kroton gekommen war, um ihn zu hören, gesagt Hütte: In dreitausend<lb/> Jahren wird man das Meer mit Schiffen ohne Segel befahren und die Luft<lb/> mit Kähnen von Eisen; man wird den Weg von meiner Heimat bis zu dir<lb/> in weniger als drei Tagen zurücklegen; man wird auf meilenweite Entfernung<lb/> Menschen töten und Mauern niederwerfen; man wird seine Gedanken schneller,<lb/> als Phöbus' Rossewagen dahineilt, den Bewohnern der fernen Atlantis mitteilen;<lb/> man wird ans dem Monde fast die Bewohner erkennen und auf der Erde Wesen,<lb/> von denen Millionen auf einen Kubikzoll gehen; man wird den Tritt einer<lb/> Fliege hören und genau nachweisen, aus welchem Stoffen die fernsten Sterne<lb/> bestehen. Glauben Sie mir: das, was ich von der Wissenschaft verlange, ist<lb/> weit weniger als das, was sie bereits geleistet hat; wir »mindern uns nur nicht<lb/> darüber, weil wir es alle Tage sehen.</p><lb/> <p xml:id="ID_2274" next="#ID_2275"> Lassen wir den Streit über die Grenzen der Wissenschaft. Es hat sich<lb/> im Laufe der Zeit unendlich vieles geändert, und noch vieles wird sich ändern.<lb/> Aber eins ist seit Adams Zeiten im großen und gauzen und auch im kleinen<lb/> dasselbe geblieben: der Mensch. Und darum wird es auch in Ihrem Zukunfts¬<lb/> staate Menschen geben, die nicht mit der Glückseligkeit zufrieden sind, welche</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0659]
Mein Freund der Nihilist.
kultivirte Erdoberfläche nicht mehr ausreicht, alle die Sprößlinge der freien
Liebe zu ernähren. Was dann?
Auch dafür weiß die Wissenschaft Rat: die Agrikulturchemie wird uns
lehren, dem Boden unendlich mehr abzugewinnen als jetzt, und wenn das Be¬
dürfnis sich um das Zehnfache gesteigert hat, werden die Mittel zu seiner Be¬
friedigung um das zwanzigfache vermehrt sein.
Die gute Wissenschaft! Indes Liebig hat doch auch seine Grenzen, es
wird der Tag kommen, wo wiederum der Menschen zu viele sein werden.
Dann wird die Wissenschaft uns lehren, die Menschen zu ernähren auch
ohne Ackerbau und Viehzucht, durch direkte Benutzung der in der Natur vor-
handnen Stoffe.
Ach so! Dann heißt es auf der Speisekarte: Nitrogen an rmwrsl mit
LkmvL ox^Fons! Guten Appetit! Und wenn nun eines schönen Tages aller
Stickstoff und aller Kohlenstoff nicht mehr ausreicht, die Menschen satt zu machen,
oder wenn Mangel an Raum eintritt — was dann!
Nun, sprach Dr. A. sich stolz aufrichtend, dann wird die Wissenschaft Mittel
finden, der weiter» Vermehrung des Menschengeschlechtes Schranken zu setzen.
Es giebt nichts, absolut nichts, was die Wissenschaft nicht imstande wäre zu
leisten! —
Kein Zweifel — es war ihm völliger Ernst mit diesem Lrimn.8 Siout V«zu8.
Er hatte meinen erstaunten Blick bemerkt und fuhr lächelnd fort:
Sie verspotten mich innerlich — das beweist wiederum nur, daß Sie ab¬
sichtlich die Augen schließen. Würde nicht Phthcigoms ungläubig den Kopf
geschüttelt haben, wenn ihm Abaris, jener hyperborciische Priester, der von Upscila
nach Kroton gekommen war, um ihn zu hören, gesagt Hütte: In dreitausend
Jahren wird man das Meer mit Schiffen ohne Segel befahren und die Luft
mit Kähnen von Eisen; man wird den Weg von meiner Heimat bis zu dir
in weniger als drei Tagen zurücklegen; man wird auf meilenweite Entfernung
Menschen töten und Mauern niederwerfen; man wird seine Gedanken schneller,
als Phöbus' Rossewagen dahineilt, den Bewohnern der fernen Atlantis mitteilen;
man wird ans dem Monde fast die Bewohner erkennen und auf der Erde Wesen,
von denen Millionen auf einen Kubikzoll gehen; man wird den Tritt einer
Fliege hören und genau nachweisen, aus welchem Stoffen die fernsten Sterne
bestehen. Glauben Sie mir: das, was ich von der Wissenschaft verlange, ist
weit weniger als das, was sie bereits geleistet hat; wir »mindern uns nur nicht
darüber, weil wir es alle Tage sehen.
Lassen wir den Streit über die Grenzen der Wissenschaft. Es hat sich
im Laufe der Zeit unendlich vieles geändert, und noch vieles wird sich ändern.
Aber eins ist seit Adams Zeiten im großen und gauzen und auch im kleinen
dasselbe geblieben: der Mensch. Und darum wird es auch in Ihrem Zukunfts¬
staate Menschen geben, die nicht mit der Glückseligkeit zufrieden sind, welche
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