Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Viertes Quartal.Friedrich der Große und Gottsched. ohne sein Zuthun, sobald als möglich in die Öffentlichkeit gedrungen war. Er *) Dies ging freilich Gellert später ebenso. Auch über seine Unterredung mit dem
Könige wurden, wie Rcibener klagt, ganz "ungereimte Sachen" erzählt. Friedrich der Große und Gottsched. ohne sein Zuthun, sobald als möglich in die Öffentlichkeit gedrungen war. Er *) Dies ging freilich Gellert später ebenso. Auch über seine Unterredung mit dem
Könige wurden, wie Rcibener klagt, ganz „ungereimte Sachen" erzählt. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0535" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/197269"/> <fw type="header" place="top"> Friedrich der Große und Gottsched.</fw><lb/> <p xml:id="ID_1690" prev="#ID_1689" next="#ID_1691"> ohne sein Zuthun, sobald als möglich in die Öffentlichkeit gedrungen war. Er<lb/> hatte eine Abschrift davon nach Königsberg gesandt, die dort, zugleich mit einer<lb/> deutschen Übersetzung, welche ein Tribunalsrat von Werner gefertigt hatte,<lb/> wiederum in zahlreichen Abschriften verbreitet worden war. Ein Hofgerichtsrat<lb/> von Bordell in Königsberg hatte dann ein französisches Gegenstück dazu geliefert,<lb/> das an den König gerichtet war, ebenfalls mit den Worten begann: eist,<lb/> <zu äiLxM8s.ut> 868 aom8, und wiederum von dein genannten Werner ins Deutsche<lb/> übersetzt worden war. Alle diese Stücke waren schließlich, nachdem der Staats¬<lb/> minister Freiherr von Lesgewcmg die Verantwortung für den Druck auf sich<lb/> genommen hatte, von der königlichen deutschen Gesellschaft in Königsberg als<lb/> Festschrift für den am 21. November 1757 stattfindenden Stiftungstag der<lb/> Gesellschaft gedruckt und an die Festversammlung verteilt worden. Gleich darauf<lb/> war natürlich ein Nachdruck in Berlin erschienen, das Gedicht des Königs kam<lb/> in alle deutschen Zeitungen, es drang nach Wien, Rom, Paris, London, dem Haag,<lb/> es wurde ins Holländische, Englische, Lateinische und noch so und so oft ins<lb/> Deutsche übertragen, kurz, das große Ereignis war in aller Munde, die Vor¬<lb/> gänge bei den Begegnungen Gottscheds mit dem Könige wurden überall erzählt,<lb/> und falsch erzählt, es wurden darüber „viel ungleiche Urteile ausgebreitet,")<lb/> vor allen schob man Gottsched die französische „Parodie" auf das Gedicht<lb/> des Königs in die Schuhe. Infolge dessen gab er bereits Anfang Januar<lb/> in der Leipziger Gelehrten Zeitung (5. Januar 1758) eine kurze Erklärung<lb/> ab, worin er versicherte, daß er an allen diesen Vorgängen völlig schuld¬<lb/> los sei, daß er ausdrücklich den Abdruck verboten habe, daß der Druck ihn<lb/> befremde, und daß er nur froh sei, daß keine sächsische Druckerei die Ver¬<lb/> wegenheit begangen habe. Im Februarhcfte des „Neuesten" berichtete er dann<lb/> über die sämtliche» Unterredungen aus dem Oktober 1757 ausführlich und legte<lb/> alle dadurch hervorgerufenen poetischen Erzeugnisse, auch sein letztes großes<lb/> Gedicht mit eingeschlossen, den Lesern vor. Das alles wird freilich in einer<lb/> Zeit, wo sein Stern längst im Verbleichen begriffen war, keinen großen Eindruck<lb/> gemacht haben. Seine Eitelkeit war zu bekannt, als daß man sie nicht auch durch<lb/> seine unterwürfige Darstellung im „Neuesten" hätte sollen durchleuchten sehen,<lb/> und feine Gegner vollends machten sich nur darüber lustig. Lessing schließt im<lb/> Februar 1758 einen Brief aus Leipzig an Gleim mit den Worten: „Ich<lb/> umarme Sie, liebster Freund, und bin ganz der Ihrige, oder mit Gottscheden<lb/> zu sprechen: Und Dein Bewundrer bleibt der Deine." Und an Kleist schreibt er<lb/> im März: „Wollen Sie noch etwas neues von Gottscheden wissen? Er wird<lb/> mit dem »Gesalbten« unsers Gleims immer bekannter, immer vertrauter. Es<lb/> hat wieder französische Verse gesetzt, nebst einer goldnen Tabatiöre und einem</p><lb/> <note xml:id="FID_49" place="foot"> *) Dies ging freilich Gellert später ebenso. Auch über seine Unterredung mit dem<lb/> Könige wurden, wie Rcibener klagt, ganz „ungereimte Sachen" erzählt.</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0535]
Friedrich der Große und Gottsched.
ohne sein Zuthun, sobald als möglich in die Öffentlichkeit gedrungen war. Er
hatte eine Abschrift davon nach Königsberg gesandt, die dort, zugleich mit einer
deutschen Übersetzung, welche ein Tribunalsrat von Werner gefertigt hatte,
wiederum in zahlreichen Abschriften verbreitet worden war. Ein Hofgerichtsrat
von Bordell in Königsberg hatte dann ein französisches Gegenstück dazu geliefert,
das an den König gerichtet war, ebenfalls mit den Worten begann: eist,
<zu äiLxM8s.ut> 868 aom8, und wiederum von dein genannten Werner ins Deutsche
übersetzt worden war. Alle diese Stücke waren schließlich, nachdem der Staats¬
minister Freiherr von Lesgewcmg die Verantwortung für den Druck auf sich
genommen hatte, von der königlichen deutschen Gesellschaft in Königsberg als
Festschrift für den am 21. November 1757 stattfindenden Stiftungstag der
Gesellschaft gedruckt und an die Festversammlung verteilt worden. Gleich darauf
war natürlich ein Nachdruck in Berlin erschienen, das Gedicht des Königs kam
in alle deutschen Zeitungen, es drang nach Wien, Rom, Paris, London, dem Haag,
es wurde ins Holländische, Englische, Lateinische und noch so und so oft ins
Deutsche übertragen, kurz, das große Ereignis war in aller Munde, die Vor¬
gänge bei den Begegnungen Gottscheds mit dem Könige wurden überall erzählt,
und falsch erzählt, es wurden darüber „viel ungleiche Urteile ausgebreitet,")
vor allen schob man Gottsched die französische „Parodie" auf das Gedicht
des Königs in die Schuhe. Infolge dessen gab er bereits Anfang Januar
in der Leipziger Gelehrten Zeitung (5. Januar 1758) eine kurze Erklärung
ab, worin er versicherte, daß er an allen diesen Vorgängen völlig schuld¬
los sei, daß er ausdrücklich den Abdruck verboten habe, daß der Druck ihn
befremde, und daß er nur froh sei, daß keine sächsische Druckerei die Ver¬
wegenheit begangen habe. Im Februarhcfte des „Neuesten" berichtete er dann
über die sämtliche» Unterredungen aus dem Oktober 1757 ausführlich und legte
alle dadurch hervorgerufenen poetischen Erzeugnisse, auch sein letztes großes
Gedicht mit eingeschlossen, den Lesern vor. Das alles wird freilich in einer
Zeit, wo sein Stern längst im Verbleichen begriffen war, keinen großen Eindruck
gemacht haben. Seine Eitelkeit war zu bekannt, als daß man sie nicht auch durch
seine unterwürfige Darstellung im „Neuesten" hätte sollen durchleuchten sehen,
und feine Gegner vollends machten sich nur darüber lustig. Lessing schließt im
Februar 1758 einen Brief aus Leipzig an Gleim mit den Worten: „Ich
umarme Sie, liebster Freund, und bin ganz der Ihrige, oder mit Gottscheden
zu sprechen: Und Dein Bewundrer bleibt der Deine." Und an Kleist schreibt er
im März: „Wollen Sie noch etwas neues von Gottscheden wissen? Er wird
mit dem »Gesalbten« unsers Gleims immer bekannter, immer vertrauter. Es
hat wieder französische Verse gesetzt, nebst einer goldnen Tabatiöre und einem
*) Dies ging freilich Gellert später ebenso. Auch über seine Unterredung mit dem
Könige wurden, wie Rcibener klagt, ganz „ungereimte Sachen" erzählt.
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |