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Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Viertes Quartal.

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Die obligatorische Innung.

se denn das ein Gegenstand, der sich zu wissenschaftlicher Be¬
trachtung eignet, oder gehört er nicht vielmehr lediglich in die
Tagespvlemik der politischen Blätter? Prinzipiell ist die be¬
treffende Frage doch sicherlich längst dahin entschieden, daß, wer
dem Handwerke überhaupt eine lebenskräftige Organisation zurück¬
geben will, auch für die obligatorische Innung (wenn auch vielleicht mit einigem,
ich weiß nicht recht warum nötigen Aufschübe) eintreten muß, und die Speziali¬
täten der Besprechung finden doch ihren naturgemäße" Platz einfach in den Zei¬
tungen, So spricht gewiß mancher, und der Verfasser dieses Aufsatzes ist sich voll¬
kommen bewußt, daß, sowie er anfängt Bedenken zu äußern, sehr viele nur mit
großem Mißmute und noch größerm Mißtrauen gegen den, der dieser einzig zweck¬
mäßigen und erfolgverheißenden Maßregel nicht ohne weiteres zustimmt, weiter¬
lesen werden. Aber da sitzt gerade der Haken. Die Parteiblätter, das ist eine
leidige Thatsache, nehmen bei uns in Deutschland mir dasjenige auf, was genau
in den Nahmen ihrer politischen Haltung paßt; sowie also ein Standpunkt
nicht ganz "korrekt" ist. findet er schlechterdings keine Berücksichtigung mehr,
es thäte dann Not, sich jedesmal ein eignes Blatt zu gründen. Soll aber um
wirklich eine logisch zwingende Beweisführung um deswillen in der ganzen, die
Reformpolitik vertretenden Presse nicht zu Worte kommen, weil es gewissen
Wortführern des Tages vielleicht lieber wäre, sie wäre eben nicht zwingend?

Zwingend? Das ist ein starkes Wort. Also du willst uns zwingend
darthun, daß die obligatorische Innung nicht möglich sei, daß also alle Be¬
strebungen unsrer Handwerker zweck- und ziellos seien und das Handwerk rettungs¬
los zu gründe gehen müsse? Traurig, traurig, wenn das wahr wäre! Besser
vielleicht, auf alle derartigen, am Ende doch an irgendeiner Stelle zweifelhaften


Grenzten IV. I88S. 53


Die obligatorische Innung.

se denn das ein Gegenstand, der sich zu wissenschaftlicher Be¬
trachtung eignet, oder gehört er nicht vielmehr lediglich in die
Tagespvlemik der politischen Blätter? Prinzipiell ist die be¬
treffende Frage doch sicherlich längst dahin entschieden, daß, wer
dem Handwerke überhaupt eine lebenskräftige Organisation zurück¬
geben will, auch für die obligatorische Innung (wenn auch vielleicht mit einigem,
ich weiß nicht recht warum nötigen Aufschübe) eintreten muß, und die Speziali¬
täten der Besprechung finden doch ihren naturgemäße» Platz einfach in den Zei¬
tungen, So spricht gewiß mancher, und der Verfasser dieses Aufsatzes ist sich voll¬
kommen bewußt, daß, sowie er anfängt Bedenken zu äußern, sehr viele nur mit
großem Mißmute und noch größerm Mißtrauen gegen den, der dieser einzig zweck¬
mäßigen und erfolgverheißenden Maßregel nicht ohne weiteres zustimmt, weiter¬
lesen werden. Aber da sitzt gerade der Haken. Die Parteiblätter, das ist eine
leidige Thatsache, nehmen bei uns in Deutschland mir dasjenige auf, was genau
in den Nahmen ihrer politischen Haltung paßt; sowie also ein Standpunkt
nicht ganz „korrekt" ist. findet er schlechterdings keine Berücksichtigung mehr,
es thäte dann Not, sich jedesmal ein eignes Blatt zu gründen. Soll aber um
wirklich eine logisch zwingende Beweisführung um deswillen in der ganzen, die
Reformpolitik vertretenden Presse nicht zu Worte kommen, weil es gewissen
Wortführern des Tages vielleicht lieber wäre, sie wäre eben nicht zwingend?

Zwingend? Das ist ein starkes Wort. Also du willst uns zwingend
darthun, daß die obligatorische Innung nicht möglich sei, daß also alle Be¬
strebungen unsrer Handwerker zweck- und ziellos seien und das Handwerk rettungs¬
los zu gründe gehen müsse? Traurig, traurig, wenn das wahr wäre! Besser
vielleicht, auf alle derartigen, am Ende doch an irgendeiner Stelle zweifelhaften


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[0465] [Abbildung] Die obligatorische Innung. se denn das ein Gegenstand, der sich zu wissenschaftlicher Be¬ trachtung eignet, oder gehört er nicht vielmehr lediglich in die Tagespvlemik der politischen Blätter? Prinzipiell ist die be¬ treffende Frage doch sicherlich längst dahin entschieden, daß, wer dem Handwerke überhaupt eine lebenskräftige Organisation zurück¬ geben will, auch für die obligatorische Innung (wenn auch vielleicht mit einigem, ich weiß nicht recht warum nötigen Aufschübe) eintreten muß, und die Speziali¬ täten der Besprechung finden doch ihren naturgemäße» Platz einfach in den Zei¬ tungen, So spricht gewiß mancher, und der Verfasser dieses Aufsatzes ist sich voll¬ kommen bewußt, daß, sowie er anfängt Bedenken zu äußern, sehr viele nur mit großem Mißmute und noch größerm Mißtrauen gegen den, der dieser einzig zweck¬ mäßigen und erfolgverheißenden Maßregel nicht ohne weiteres zustimmt, weiter¬ lesen werden. Aber da sitzt gerade der Haken. Die Parteiblätter, das ist eine leidige Thatsache, nehmen bei uns in Deutschland mir dasjenige auf, was genau in den Nahmen ihrer politischen Haltung paßt; sowie also ein Standpunkt nicht ganz „korrekt" ist. findet er schlechterdings keine Berücksichtigung mehr, es thäte dann Not, sich jedesmal ein eignes Blatt zu gründen. Soll aber um wirklich eine logisch zwingende Beweisführung um deswillen in der ganzen, die Reformpolitik vertretenden Presse nicht zu Worte kommen, weil es gewissen Wortführern des Tages vielleicht lieber wäre, sie wäre eben nicht zwingend? Zwingend? Das ist ein starkes Wort. Also du willst uns zwingend darthun, daß die obligatorische Innung nicht möglich sei, daß also alle Be¬ strebungen unsrer Handwerker zweck- und ziellos seien und das Handwerk rettungs¬ los zu gründe gehen müsse? Traurig, traurig, wenn das wahr wäre! Besser vielleicht, auf alle derartigen, am Ende doch an irgendeiner Stelle zweifelhaften Grenzten IV. I88S. 53

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_196733/465>, abgerufen am 15.01.2025.