Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Viertes Quartal.Notizen. auf der Ebernburg bei Kreuznach, im Gebiete der bairischen Pfalz, verbreitet worden. Das Vorhaben konnte sich nicht so still entwickeln, daß nicht die Presse Wind Die beiden Männer sind der Nation nicht so bekannt geworden, als die Re¬ Die Mängel der beiden wackern Männer, die man ehren will, sind in dem
Diese und andre ließen sich abthun mit Meyer, wenn er schließt:
Weit mehr lastet auf seinem Andenken, daß er an jener entsetzlichen Krankheit Notizen. auf der Ebernburg bei Kreuznach, im Gebiete der bairischen Pfalz, verbreitet worden. Das Vorhaben konnte sich nicht so still entwickeln, daß nicht die Presse Wind Die beiden Männer sind der Nation nicht so bekannt geworden, als die Re¬ Die Mängel der beiden wackern Männer, die man ehren will, sind in dem
Diese und andre ließen sich abthun mit Meyer, wenn er schließt:
Weit mehr lastet auf seinem Andenken, daß er an jener entsetzlichen Krankheit <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0463" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/197197"/> <fw type="header" place="top"> Notizen.</fw><lb/> <p xml:id="ID_1488" prev="#ID_1487"> auf der Ebernburg bei Kreuznach, im Gebiete der bairischen Pfalz, verbreitet worden.<lb/> Es fehlen nur 2^ Jahre an den vierhundert Jahren, die feit Huttens Geburt<lb/> verflossen sind. Dus Komitee hofft, in diesen 2^ Jahren sein Vorhaben durch¬<lb/> zuführen und den beiden deutschen Männern dort oben, etwa in halber Höhe des<lb/> Prächtigen Burgberges, eine würdige Stätte nationaler Erinnerung zu bereiten.</p><lb/> <p xml:id="ID_1489"> Das Vorhaben konnte sich nicht so still entwickeln, daß nicht die Presse Wind<lb/> davon bekommen Hütte. Die ultramontanen Zeitungen ließen sich ein so schönes<lb/> Thema nicht entgehen; mit der Derbheit, die dieser Art von Journalistik eigen ist,<lb/> wurden die Unternehmer der Sache als für das Irrenhaus reif erklärt. Denn die<lb/> „größten Lumpen der Welt" schienen diese unseligen Menschen ausgesucht zu haben,<lb/> um sie der Nation zur Verehrung zu empfehlen. Diese und ähnliche Redensarten<lb/> blieben nicht ohne gute Wirkung. Einige angesehene Parlamentarier erklärten ihren<lb/> Beitritt zum Denkmal-Komitee gerade mit Beziehung auf die eben erwähnten kräf¬<lb/> tigen Schimpfreden. Ein unerwarteter Nebenerfolg dieser Bosheiten.</p><lb/> <p xml:id="ID_1490"> Die beiden Männer sind der Nation nicht so bekannt geworden, als die Re¬<lb/> formatoren selbst, wiewohl auch ihnen eine ziemlich allgemeine, wenn mich abge¬<lb/> blaßte Teilnahme im deutscheu Volke geblieben ist. Männer wie Münch, David<lb/> Strauß, Ulmann u. a. haben die Nation wieder mit Hütten und Sickingen<lb/> genauer bekannt gemacht. Der Dichter Konrad Ferdinand Meyer in Zürich hat in<lb/> den Liedern: „Huttens letzte Tage" (Leipzig, Hacssel) uns vielleicht am tiefsten in<lb/> das Seelenleben Huttcus blicken lassen. Auch das Reformationsdrama „Ulrich von<lb/> Hütten," das Wilhelm Herzen im vorigen Jahre veröffentlicht hat, mag einiges<lb/> zur Auffrischung dieser Periode beigetragen haben. Jedenfalls ist es gut, daß der<lb/> schwungvoll gehaltene Aufruf auch seinerseits die wesentlichsten Pnnkte der Erinne¬<lb/> rung hervorgehoben hat. Und sollte anch der Haß durch die Veröffentlichung des<lb/> Ausrufs neue Nahrung gewinnen und sich zu ungeberdig stellen, so sind im Komitee<lb/> Kenner der damaligen Zeit, Männer wie Kostim, Kolbe, Dove, Erdmannsdörfer,<lb/> Ulmann, Beyschlag u. a., die schon der Wahrheit die Ehre geben werden.</p><lb/> <p xml:id="ID_1491"> Die Mängel der beiden wackern Männer, die man ehren will, sind in dem<lb/> Aufruf nicht ganz übergangen. Besonders Hütten bietet dem Lästerer billige Hand¬<lb/> haben, nicht bloß wie Meyer sie aneinanderreiht in Homo «um S. 61:</p><lb/> <quote> <lg xml:id="POEMID_8" type="poem"> <l> Ain Tisch der Fugger speist' ich dort und hie —<lb/> Und schimpfte weidlich Pfeffersäcke sie.</l> <l> Auf ehrenfeste Sitten geb' ich viel —<lb/> Und sröhne dem verdammten Würfelspiel.</l> <l> Ich bin des Kaisers treuster Unterthan —<lb/> Und riet dem Sickingen Empörung an.</l> <l> Der Heiland weidet alle Völker gleich —<lb/> Nur meinen Deutschen gönn' ich' Ruhm und Reich!</l> </lg> </quote><lb/> <p xml:id="ID_1492"> Diese und andre ließen sich abthun mit Meyer, wenn er schließt:</p><lb/> <quote> <lg xml:id="POEMID_9" type="poem"> <l> Das heißt: ich bin kein ausgeklügelt Buch!<lb/> Ich bin ein Mensch mit seinem Widerspruch.</l> </lg> </quote><lb/> <p xml:id="ID_1493" next="#ID_1494"> Weit mehr lastet auf seinem Andenken, daß er an jener entsetzlichen Krankheit<lb/> litt und an ihren Folgen starb (1523), die zu Ende des fünfzehnte,: Jahrhunderts<lb/> aus Amerika eingeschleppt wurde. Wenn aber dieser Umstand von päpstlicher Seite<lb/> vorgebracht wird, so ist es zweckmäßig, daran zu erinnern, daß gerade zehn Jahre<lb/> früher Seine Heiligkeit der Papst Julius II. an demselben Uebel zu gründe ging,<lb/> obwohl er sich besser Pflegen konnte als Hütten, bei dem es wahrscheinlich ist,</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0463]
Notizen.
auf der Ebernburg bei Kreuznach, im Gebiete der bairischen Pfalz, verbreitet worden.
Es fehlen nur 2^ Jahre an den vierhundert Jahren, die feit Huttens Geburt
verflossen sind. Dus Komitee hofft, in diesen 2^ Jahren sein Vorhaben durch¬
zuführen und den beiden deutschen Männern dort oben, etwa in halber Höhe des
Prächtigen Burgberges, eine würdige Stätte nationaler Erinnerung zu bereiten.
Das Vorhaben konnte sich nicht so still entwickeln, daß nicht die Presse Wind
davon bekommen Hütte. Die ultramontanen Zeitungen ließen sich ein so schönes
Thema nicht entgehen; mit der Derbheit, die dieser Art von Journalistik eigen ist,
wurden die Unternehmer der Sache als für das Irrenhaus reif erklärt. Denn die
„größten Lumpen der Welt" schienen diese unseligen Menschen ausgesucht zu haben,
um sie der Nation zur Verehrung zu empfehlen. Diese und ähnliche Redensarten
blieben nicht ohne gute Wirkung. Einige angesehene Parlamentarier erklärten ihren
Beitritt zum Denkmal-Komitee gerade mit Beziehung auf die eben erwähnten kräf¬
tigen Schimpfreden. Ein unerwarteter Nebenerfolg dieser Bosheiten.
Die beiden Männer sind der Nation nicht so bekannt geworden, als die Re¬
formatoren selbst, wiewohl auch ihnen eine ziemlich allgemeine, wenn mich abge¬
blaßte Teilnahme im deutscheu Volke geblieben ist. Männer wie Münch, David
Strauß, Ulmann u. a. haben die Nation wieder mit Hütten und Sickingen
genauer bekannt gemacht. Der Dichter Konrad Ferdinand Meyer in Zürich hat in
den Liedern: „Huttens letzte Tage" (Leipzig, Hacssel) uns vielleicht am tiefsten in
das Seelenleben Huttcus blicken lassen. Auch das Reformationsdrama „Ulrich von
Hütten," das Wilhelm Herzen im vorigen Jahre veröffentlicht hat, mag einiges
zur Auffrischung dieser Periode beigetragen haben. Jedenfalls ist es gut, daß der
schwungvoll gehaltene Aufruf auch seinerseits die wesentlichsten Pnnkte der Erinne¬
rung hervorgehoben hat. Und sollte anch der Haß durch die Veröffentlichung des
Ausrufs neue Nahrung gewinnen und sich zu ungeberdig stellen, so sind im Komitee
Kenner der damaligen Zeit, Männer wie Kostim, Kolbe, Dove, Erdmannsdörfer,
Ulmann, Beyschlag u. a., die schon der Wahrheit die Ehre geben werden.
Die Mängel der beiden wackern Männer, die man ehren will, sind in dem
Aufruf nicht ganz übergangen. Besonders Hütten bietet dem Lästerer billige Hand¬
haben, nicht bloß wie Meyer sie aneinanderreiht in Homo «um S. 61:
Ain Tisch der Fugger speist' ich dort und hie —
Und schimpfte weidlich Pfeffersäcke sie. Auf ehrenfeste Sitten geb' ich viel —
Und sröhne dem verdammten Würfelspiel. Ich bin des Kaisers treuster Unterthan —
Und riet dem Sickingen Empörung an. Der Heiland weidet alle Völker gleich —
Nur meinen Deutschen gönn' ich' Ruhm und Reich!
Diese und andre ließen sich abthun mit Meyer, wenn er schließt:
Das heißt: ich bin kein ausgeklügelt Buch!
Ich bin ein Mensch mit seinem Widerspruch.
Weit mehr lastet auf seinem Andenken, daß er an jener entsetzlichen Krankheit
litt und an ihren Folgen starb (1523), die zu Ende des fünfzehnte,: Jahrhunderts
aus Amerika eingeschleppt wurde. Wenn aber dieser Umstand von päpstlicher Seite
vorgebracht wird, so ist es zweckmäßig, daran zu erinnern, daß gerade zehn Jahre
früher Seine Heiligkeit der Papst Julius II. an demselben Uebel zu gründe ging,
obwohl er sich besser Pflegen konnte als Hütten, bei dem es wahrscheinlich ist,
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |