Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Viertes Quartal.Auf dem Stilfser Joch. des Festes, wobei die Theatervorstellung nicht fehlen durfte, daß sie ihre Damals war es in Berlin aufgekommen, daß in einigen Theatern sogenannte Endlich nahte der Tag des Festes, zu welchem uicht bloß die Besucher des Auf dem Stilfser Joch. des Festes, wobei die Theatervorstellung nicht fehlen durfte, daß sie ihre Damals war es in Berlin aufgekommen, daß in einigen Theatern sogenannte Endlich nahte der Tag des Festes, zu welchem uicht bloß die Besucher des <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0360" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/197094"/> <fw type="header" place="top"> Auf dem Stilfser Joch.</fw><lb/> <p xml:id="ID_1125" prev="#ID_1124"> des Festes, wobei die Theatervorstellung nicht fehlen durfte, daß sie ihre<lb/> Zuhörer mit sich fortriß und ihr alle beifällig zustimmten. Harald freilich gab<lb/> es einen Stich ins Herz, als er aufs neue gewahr wurde, wie Vroni wieder<lb/> von dem Theaterfener ergriffen ward; doch schien es ihm nicht ratsam, unter<lb/> den obwaltenden Umständen einen Widerspruch heimlich oder offen zur Geltung<lb/> zu bringen. Das Mädchen war so glücklich über ihr Programm, so begeistert<lb/> von dem Wunsche, den Armen zu helfen, daß Harald selbst von dem allgemeinen<lb/> Enthusiasmus angesteckt wurde und sich freiwillig erbot, von Berlin aus das<lb/> Erforderliche zu beschaffen, selbst die Kostümzeichuungeu zu entwerfen und<lb/> so auch seinerseits zum allgemeinen Besten und zum Gelingen des Ganzen<lb/> beizutragen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1126"> Damals war es in Berlin aufgekommen, daß in einigen Theatern sogenannte<lb/> historische Lustspielabendc gegeben wurden, und da die Gutsbesitzcrschcift des<lb/> Kreises auf der Höhe der gesellschaftlichen Bildung stand, so glaubte das Komitee<lb/> durch die Nachahmung eines solchen Abends im Dilettantenkreise auf umso<lb/> größern Zuspruch rechnen zu dürfen. Vroni hatte auch schon die Auswahl<lb/> der Stücke getroffen und um die Vielseitigkeit ihres Talents zu zeigen, wollte<lb/> sie in dem ersten Stücke von Hans Sachs: „Heiß Eisen" und in dem letzten<lb/> modernen Stücke „Eine Tasse Thee" jedesmal in der weiblichen Hauptrolle<lb/> auftreten. Freiherr von Lilienstein, welcher den wohlbegründeten Ruf hatte,<lb/> namentlich bei festliche» Gelegenheiten hübsche Verse machen zu können, sollte einen<lb/> Prolog und einen Epilog dichten, für deren Vortrag wiederum Vroni in Aussicht<lb/> genommen war. Während der Vorbereitung gab es nun für diese ein geschäftiges<lb/> Treiben; Harald erhielt keinen andern Brief als Aufträge über Aufträge, aber<lb/> man sah es auch den nüchternsten Zeilen an, wie sehr die Schreiberin in Be¬<lb/> geisterung für die Sache erglühte. Auch Harald selbst mußte noch einigemale<lb/> aus das Gut hinaus, um die lebenden Bilder vorzubereiten, deren Darstellung<lb/> den Prolog und den Epilog begleiten sollte; er that sein Bestes, um dem geliebten<lb/> Mädchen Fvendc zu macheu und den Hintergrund des Bildes, in welchem sie<lb/> sprach, mit künstlerischer Meisterschaft zu gestalten.</p><lb/> <p xml:id="ID_1127" next="#ID_1128"> Endlich nahte der Tag des Festes, zu welchem uicht bloß die Besucher des<lb/> Wollmarktes, sondern anch viele Bewohner des weitern Umkreises und zahlreiche<lb/> Bekannte und Freunde aus Berlin zusammenströmten. Die ganze Vorstellung<lb/> übertraf alle Erwartungen, der Löwenanteil des Lobes gebührte mit Recht<lb/> Vroni; man kannte keine Grenzen in dem Preise ihrer Schönheit und ihres<lb/> Talents. Die Begeisterung stieg aufs Höchste, als bei dem Festmahl, welches<lb/> nach der Vorstellung die Mitglieder des Komitees und die Künstler ver¬<lb/> einigte, der Landrat in Versen einen Trinkspruch auf Vroni ausbrachte, in<lb/> welchem er ihr gegenüber die berühmtesten Bühnenkünstlerinnen der Neuzeit in<lb/> den Schatten stellte. Harald hatte sich vorgenommen, recht objektiv zu urteilen,<lb/> aber sowohl bei eigner Überlegung wie aus Gesprächen mit kunstverständigen</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0360]
Auf dem Stilfser Joch.
des Festes, wobei die Theatervorstellung nicht fehlen durfte, daß sie ihre
Zuhörer mit sich fortriß und ihr alle beifällig zustimmten. Harald freilich gab
es einen Stich ins Herz, als er aufs neue gewahr wurde, wie Vroni wieder
von dem Theaterfener ergriffen ward; doch schien es ihm nicht ratsam, unter
den obwaltenden Umständen einen Widerspruch heimlich oder offen zur Geltung
zu bringen. Das Mädchen war so glücklich über ihr Programm, so begeistert
von dem Wunsche, den Armen zu helfen, daß Harald selbst von dem allgemeinen
Enthusiasmus angesteckt wurde und sich freiwillig erbot, von Berlin aus das
Erforderliche zu beschaffen, selbst die Kostümzeichuungeu zu entwerfen und
so auch seinerseits zum allgemeinen Besten und zum Gelingen des Ganzen
beizutragen.
Damals war es in Berlin aufgekommen, daß in einigen Theatern sogenannte
historische Lustspielabendc gegeben wurden, und da die Gutsbesitzcrschcift des
Kreises auf der Höhe der gesellschaftlichen Bildung stand, so glaubte das Komitee
durch die Nachahmung eines solchen Abends im Dilettantenkreise auf umso
größern Zuspruch rechnen zu dürfen. Vroni hatte auch schon die Auswahl
der Stücke getroffen und um die Vielseitigkeit ihres Talents zu zeigen, wollte
sie in dem ersten Stücke von Hans Sachs: „Heiß Eisen" und in dem letzten
modernen Stücke „Eine Tasse Thee" jedesmal in der weiblichen Hauptrolle
auftreten. Freiherr von Lilienstein, welcher den wohlbegründeten Ruf hatte,
namentlich bei festliche» Gelegenheiten hübsche Verse machen zu können, sollte einen
Prolog und einen Epilog dichten, für deren Vortrag wiederum Vroni in Aussicht
genommen war. Während der Vorbereitung gab es nun für diese ein geschäftiges
Treiben; Harald erhielt keinen andern Brief als Aufträge über Aufträge, aber
man sah es auch den nüchternsten Zeilen an, wie sehr die Schreiberin in Be¬
geisterung für die Sache erglühte. Auch Harald selbst mußte noch einigemale
aus das Gut hinaus, um die lebenden Bilder vorzubereiten, deren Darstellung
den Prolog und den Epilog begleiten sollte; er that sein Bestes, um dem geliebten
Mädchen Fvendc zu macheu und den Hintergrund des Bildes, in welchem sie
sprach, mit künstlerischer Meisterschaft zu gestalten.
Endlich nahte der Tag des Festes, zu welchem uicht bloß die Besucher des
Wollmarktes, sondern anch viele Bewohner des weitern Umkreises und zahlreiche
Bekannte und Freunde aus Berlin zusammenströmten. Die ganze Vorstellung
übertraf alle Erwartungen, der Löwenanteil des Lobes gebührte mit Recht
Vroni; man kannte keine Grenzen in dem Preise ihrer Schönheit und ihres
Talents. Die Begeisterung stieg aufs Höchste, als bei dem Festmahl, welches
nach der Vorstellung die Mitglieder des Komitees und die Künstler ver¬
einigte, der Landrat in Versen einen Trinkspruch auf Vroni ausbrachte, in
welchem er ihr gegenüber die berühmtesten Bühnenkünstlerinnen der Neuzeit in
den Schatten stellte. Harald hatte sich vorgenommen, recht objektiv zu urteilen,
aber sowohl bei eigner Überlegung wie aus Gesprächen mit kunstverständigen
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