Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Viertes Quartal.Notizen. A> Das Gericht kann doch aber auch jetzt unzulässige Fragen untersagen, und B. Richtig. Nur kaun leider bei der Beurteilung der "Unzulässigkeit" auf die A. Aber aus der Zeugnisverweigerung darf doch gegen den Zeugen nichts B. Sehr gut. Es dürfte doch aber kaum Menschen geben, die aus ihr in A. Aber wenn jemand ein Verbrechen begnügen hat, so können Sie doch B. Ich wünsche, daß jeder, der ein Verbrechen begangen hat, desselben über¬ A. Was könnte denn schlimmeres oder auch nur ebenso schlimm für ihn sein? B. Nun, ein Beamter z. B., der etwas gethan hat, was man ihm nicht nach¬ A. Ja, wie soll denn das aber faktisch vorkommen? Sie setzen. UnWahr¬ B. Durchaus uicht. Nehmen Sie an, man wolle den Mann, von dem wir Notizen. A> Das Gericht kann doch aber auch jetzt unzulässige Fragen untersagen, und B. Richtig. Nur kaun leider bei der Beurteilung der „Unzulässigkeit" auf die A. Aber aus der Zeugnisverweigerung darf doch gegen den Zeugen nichts B. Sehr gut. Es dürfte doch aber kaum Menschen geben, die aus ihr in A. Aber wenn jemand ein Verbrechen begnügen hat, so können Sie doch B. Ich wünsche, daß jeder, der ein Verbrechen begangen hat, desselben über¬ A. Was könnte denn schlimmeres oder auch nur ebenso schlimm für ihn sein? B. Nun, ein Beamter z. B., der etwas gethan hat, was man ihm nicht nach¬ A. Ja, wie soll denn das aber faktisch vorkommen? Sie setzen. UnWahr¬ B. Durchaus uicht. Nehmen Sie an, man wolle den Mann, von dem wir <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0312" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/197046"/> <fw type="header" place="top"> Notizen.</fw><lb/> <p xml:id="ID_997"> A> Das Gericht kann doch aber auch jetzt unzulässige Fragen untersagen, und<lb/> der Zeuge ist ja berechtigt, sein Zeugnis zu verweigern, wenn dasselbe ihm straf¬<lb/> gerichtliche Verfolgung zuziehen könnte.</p><lb/> <p xml:id="ID_998"> B. Richtig. Nur kaun leider bei der Beurteilung der „Unzulässigkeit" auf die<lb/> Lage des Zeugen keinerlei Rücksicht genommen werden, weil das Gesetz solche nicht<lb/> kennt; und was den Fall der Zcngnisverweigcrnng betrifft, so ist das ja eben der<lb/> Fall, in welchem der Zeuge sich in einen Angeklagten demnächst verwandeln kann.<lb/> Halten Sie es für einen solchen eventuellen Angeklagte» für trostreich, wenn ihm<lb/> die Frage gestellt wird: „Haben Sie vielleicht gestohlen? Sie brauchen es<lb/> nicht zu sagen. Sollten Sie aber zufällig nein sagen, so werden Sie das ge¬<lb/> fälligst beschwören." Ich halte das für die sinnreichste Tortur, die je erfunden<lb/> worden ist.</p><lb/> <p xml:id="ID_999"> A. Aber aus der Zeugnisverweigerung darf doch gegen den Zeugen nichts<lb/> gefolgert werden.</p><lb/> <p xml:id="ID_1000"> B. Sehr gut. Es dürfte doch aber kaum Menschen geben, die aus ihr in<lb/> unserm Falle uicht einfach schließen würden: er hat gestohlen, denn — sonst hätte<lb/> er ja das Gegenteil beschwören können. Und dann »vollen Sie sich erinnern, daß<lb/> in dein demnächstigen Verfahren gegen diesen unglücklichen Zeugen die Entscheidung<lb/> über die Thatfragc erfolgt, ohne daß der Entscheidende, sei er Richter oder Ge¬<lb/> schworner, an irgendwelche Beweisregeln gebunden ist; vielmehr hat er lediglich<lb/> nach seiner innersten Ueberzeugung zu entscheiden. Ist es da noch zweifelhaft, was<lb/> er annehmen wird? Und ist das nicht gerade ebenso, als wenn man in Straf¬<lb/> sachen die Eideszuschiebung an den Angeklagten einführen wollte, wo dann doch<lb/> Wohl klar wäre, daß man eine moralische Tortur eingeführt und die alte Tortur<lb/> in zeitgemäß verbesserter Auflage wiederhergestellt hätte?</p><lb/> <p xml:id="ID_1001"> A. Aber wenn jemand ein Verbrechen begnügen hat, so können Sie doch<lb/> nicht verlangen, daß ihm die Verheimlichung, falls er in die Lage kommt, hierbei<lb/> als Zeuge vernommen zu werdeu, noch mehr, als geschehen, erleichtert werde.</p><lb/> <p xml:id="ID_1002"> B. Ich wünsche, daß jeder, der ein Verbrechen begangen hat, desselben über¬<lb/> führt werde. Daß aber ein Geständnis oder etwas den: Gleichkommendes dnrch<lb/> moralischen Zwang herbeigeführt werde, tadle ich ebenso entschieden, wie die früher<lb/> übliche Methode der Herbeiführung des Geständnisses durch körperlichen Schmerz.<lb/> Uebrigens findet Ihr Expediens der Zeugnisverwcigcrung durchaus nicht immer<lb/> statt, selbst wenn es sich für den Zeugen um schlimmere Dinge handelt als um<lb/> strafgerichtliche Verfolgung.</p><lb/> <p xml:id="ID_1003"> A. Was könnte denn schlimmeres oder auch nur ebenso schlimm für ihn sein?</p><lb/> <p xml:id="ID_1004"> B. Nun, ein Beamter z. B., der etwas gethan hat, was man ihm nicht nach¬<lb/> weisen kann, was ihn aber unfehlbar in diesem Falle Entlassung im Wege des<lb/> Disziplinarverfahrens einbringen würde, kann sehr wohl als Zeuge in die Lage<lb/> kommen, befragt zu werden, ob er die betreffende Handlung begangen habe. Der<lb/> Unglückliche darf nicht einmal sein Zeugnis verweigern. Er hat also einfach zu<lb/> wählen zwischen Meineid und Verlust seiner Existenz, dem Ruin vielleicht seiner<lb/> ganzen Familie.</p><lb/> <p xml:id="ID_1005"> A. Ja, wie soll denn das aber faktisch vorkommen? Sie setzen. UnWahr¬<lb/> scheinlichkeiten!</p><lb/> <p xml:id="ID_1006" next="#ID_1007"> B. Durchaus uicht. Nehmen Sie an, man wolle den Mann, von dem wir<lb/> jetzt sprechen, beseitigen. Nichts leichter als das. Man läßt ihm das sonst nicht<lb/> zu beweisende Faktum öffentlich durch einen Dritten vorwerfen. Sodann schreitet<lb/> der Staatsanwalt gegen den Dritten als „Verleumder" ein, der im Termine den</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0312]
Notizen.
A> Das Gericht kann doch aber auch jetzt unzulässige Fragen untersagen, und
der Zeuge ist ja berechtigt, sein Zeugnis zu verweigern, wenn dasselbe ihm straf¬
gerichtliche Verfolgung zuziehen könnte.
B. Richtig. Nur kaun leider bei der Beurteilung der „Unzulässigkeit" auf die
Lage des Zeugen keinerlei Rücksicht genommen werden, weil das Gesetz solche nicht
kennt; und was den Fall der Zcngnisverweigcrnng betrifft, so ist das ja eben der
Fall, in welchem der Zeuge sich in einen Angeklagten demnächst verwandeln kann.
Halten Sie es für einen solchen eventuellen Angeklagte» für trostreich, wenn ihm
die Frage gestellt wird: „Haben Sie vielleicht gestohlen? Sie brauchen es
nicht zu sagen. Sollten Sie aber zufällig nein sagen, so werden Sie das ge¬
fälligst beschwören." Ich halte das für die sinnreichste Tortur, die je erfunden
worden ist.
A. Aber aus der Zeugnisverweigerung darf doch gegen den Zeugen nichts
gefolgert werden.
B. Sehr gut. Es dürfte doch aber kaum Menschen geben, die aus ihr in
unserm Falle uicht einfach schließen würden: er hat gestohlen, denn — sonst hätte
er ja das Gegenteil beschwören können. Und dann »vollen Sie sich erinnern, daß
in dein demnächstigen Verfahren gegen diesen unglücklichen Zeugen die Entscheidung
über die Thatfragc erfolgt, ohne daß der Entscheidende, sei er Richter oder Ge¬
schworner, an irgendwelche Beweisregeln gebunden ist; vielmehr hat er lediglich
nach seiner innersten Ueberzeugung zu entscheiden. Ist es da noch zweifelhaft, was
er annehmen wird? Und ist das nicht gerade ebenso, als wenn man in Straf¬
sachen die Eideszuschiebung an den Angeklagten einführen wollte, wo dann doch
Wohl klar wäre, daß man eine moralische Tortur eingeführt und die alte Tortur
in zeitgemäß verbesserter Auflage wiederhergestellt hätte?
A. Aber wenn jemand ein Verbrechen begnügen hat, so können Sie doch
nicht verlangen, daß ihm die Verheimlichung, falls er in die Lage kommt, hierbei
als Zeuge vernommen zu werdeu, noch mehr, als geschehen, erleichtert werde.
B. Ich wünsche, daß jeder, der ein Verbrechen begangen hat, desselben über¬
führt werde. Daß aber ein Geständnis oder etwas den: Gleichkommendes dnrch
moralischen Zwang herbeigeführt werde, tadle ich ebenso entschieden, wie die früher
übliche Methode der Herbeiführung des Geständnisses durch körperlichen Schmerz.
Uebrigens findet Ihr Expediens der Zeugnisverwcigcrung durchaus nicht immer
statt, selbst wenn es sich für den Zeugen um schlimmere Dinge handelt als um
strafgerichtliche Verfolgung.
A. Was könnte denn schlimmeres oder auch nur ebenso schlimm für ihn sein?
B. Nun, ein Beamter z. B., der etwas gethan hat, was man ihm nicht nach¬
weisen kann, was ihn aber unfehlbar in diesem Falle Entlassung im Wege des
Disziplinarverfahrens einbringen würde, kann sehr wohl als Zeuge in die Lage
kommen, befragt zu werden, ob er die betreffende Handlung begangen habe. Der
Unglückliche darf nicht einmal sein Zeugnis verweigern. Er hat also einfach zu
wählen zwischen Meineid und Verlust seiner Existenz, dem Ruin vielleicht seiner
ganzen Familie.
A. Ja, wie soll denn das aber faktisch vorkommen? Sie setzen. UnWahr¬
scheinlichkeiten!
B. Durchaus uicht. Nehmen Sie an, man wolle den Mann, von dem wir
jetzt sprechen, beseitigen. Nichts leichter als das. Man läßt ihm das sonst nicht
zu beweisende Faktum öffentlich durch einen Dritten vorwerfen. Sodann schreitet
der Staatsanwalt gegen den Dritten als „Verleumder" ein, der im Termine den
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |