Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Viertes Quartal.Notizen. worden. Das Privileg der ausschließlichen Pflege des nationalen Gedankens steht Ebenso steht es aber auch mit dem Privileg des Besitzes der liberalen Ideen. Aus den angegebenen Gründen ist es zu erklären, daß viele, viele Bewohner Notizen. worden. Das Privileg der ausschließlichen Pflege des nationalen Gedankens steht Ebenso steht es aber auch mit dem Privileg des Besitzes der liberalen Ideen. Aus den angegebenen Gründen ist es zu erklären, daß viele, viele Bewohner <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0310" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/197044"/> <fw type="header" place="top"> Notizen.</fw><lb/> <p xml:id="ID_987" prev="#ID_986"> worden. Das Privileg der ausschließlichen Pflege des nationalen Gedankens steht<lb/> also den Nationalliberalen nicht zu.</p><lb/> <p xml:id="ID_988"> Ebenso steht es aber auch mit dem Privileg des Besitzes der liberalen Ideen.<lb/> Die Nationalliberalen Hannovers sind die Fortsetzung der Opposition ans der<lb/> hannoverschen Ständekammer, und uuter ihnen befindet sich mancher, der eigentlich<lb/> auf dem Standpunkte der Fortschrittspartei steht. Es mag sein, daß zu hannoverschen<lb/> Zeiten die Anhänger der Negierung ungerechtfertigte Begünstigung genossen, an die<lb/> Stelle einer solchen Pnrteiherrschnft ist aber seit 1866 die Herrschaft, man kann<lb/> sagen der Tyrannis der natioualliberaleu Partei getreten und macht sich much in<lb/> Fragen geltend, wo es doch nur auf ganz andre Gesichtspunkte ankommen sollte,<lb/> wie z. B. bei Besetzung von Stellen im Landesdirektorinm, in den Magistraten n. dergl.<lb/> Dabei ist der hannoversche Nationalliberale meist ein strenger Doktrinär, eingefleischter<lb/> Manchestermann und Anhänger des sogenannten konfessionslosen Staates und wie<lb/> jeder Doktrinär bis zum äußersten unduldsam. Wahrhaft liberal ist aber nnr der,<lb/> welcher anch einen fremden Standpunkt achten kann, und es bleibt immer eine<lb/> Tyrannei, auch wenn liberale Ideen als Tyrannei nnftreten.</p><lb/> <p xml:id="ID_989" next="#ID_990"> Aus den angegebenen Gründen ist es zu erklären, daß viele, viele Bewohner<lb/> der Provinz Hannover sich durch die dort herrschende Partei nicht befriedigt fühlen,<lb/> gleichzeitig aber von der Praktischen Teilnahme am öffentlichen Leben ausgeschlossen<lb/> werden. Sollte hier ein Wandel geschaffen werden, so könnte er einmal nur von<lb/> einem Punkte außerhalb der bisherigen Parteien angeregt werden, und anderseits<lb/> nur von der konservativen Partei, da die nationnlliberale Partei ganz Deutschlands<lb/> ihren Mittelpunkt in Hannover hat und deshalb dort nicht erfrischend wirken<lb/> kann. Die konservative Partei könnte daher allein nnr befruchtend wirken, indem<lb/> sie nicht nur eine eigne, auf dem neuen Boden der jetzigen Verhältnisse stehende<lb/> Regierungspartei schafft, sondern auch ihre Gegner zwingt, von den früheren Partei¬<lb/> verhältnissen abzusehen und sich den neueren Verhältnissen entsprechend zu gruppiren.<lb/> Ob es nicht überhaupt gut wäre, an Stelle der auch in Preußen an vergangne<lb/> Zeiten erinnernden Parteibezcichnnngen konservativ und liberal andre zu setzen, mag<lb/> dahingestellt bleiben, zur Zeit sind sie aber noch maßgebend, und die Parteibildung<lb/> wird sich uach ihnen richten müssen. Eine Menge Hannoveraner, welche zu hanno¬<lb/> verschen Zeiten nicht zur Opposition gehörten und sich gern am öffentlichen Leben<lb/> beteiligen wollten, schließen sich deshalb gern der konservativen Partei an, ebenso<lb/> viele, welche vom Doktrinarismus der Nationalliberalen abgestoßen werden. Es<lb/> sind darniucr anch viele Träger altadlicher Namen, die. früher ihrem hannoverschen<lb/> Königshause tren waren, den Wechsel der Dinge beklagt haben, nun aber auch in<lb/> den neuen Verhältnissen thätig sein wollen. Inwiefern es eine Kräftigung des<lb/> Welfentums sein soll, solche Personen den neuen Verhältnissen dienstbar zu machen,<lb/> ist nicht abzusehen. Es zeugt deshalb von einer gewissen Kurzsichtigkeit, namentlich<lb/> ans Seite der Freikonservativcn, die große Bedeutung der jetzigen konservativen<lb/> Bewegung in Hannover mißzuverstehen. Selbstverständlich müssen Konservative<lb/> und Nativnalliberale in den Wahlbezirken, in welchen (mit Hilfe der Ultramon¬<lb/> tanen) wirkliche Welfen als Kandidaten aufgestellt werden und Aussicht haben, ge¬<lb/> wählt zu werdeu, fest zusammen halten; aber beweist es nicht die Wahrheit der<lb/> oben aufgestellten Behauptung von der Illiberalität der nationalliberalen Partei,<lb/> wenn sie nun allein die Früchte solcher Kompromisse ernten will? Kann man ihnen<lb/> nicht ebenso gut den Vorwurf machen, daß sie die Geschäfte der Welfen besorgten,<lb/> indem sie die wie sie reichstreueu Konservativen aufs äußerste bekämpfen? Was<lb/> sollen Artikel, wie die Besprechung der konservativen Versammlung vom</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0310]
Notizen.
worden. Das Privileg der ausschließlichen Pflege des nationalen Gedankens steht
also den Nationalliberalen nicht zu.
Ebenso steht es aber auch mit dem Privileg des Besitzes der liberalen Ideen.
Die Nationalliberalen Hannovers sind die Fortsetzung der Opposition ans der
hannoverschen Ständekammer, und uuter ihnen befindet sich mancher, der eigentlich
auf dem Standpunkte der Fortschrittspartei steht. Es mag sein, daß zu hannoverschen
Zeiten die Anhänger der Negierung ungerechtfertigte Begünstigung genossen, an die
Stelle einer solchen Pnrteiherrschnft ist aber seit 1866 die Herrschaft, man kann
sagen der Tyrannis der natioualliberaleu Partei getreten und macht sich much in
Fragen geltend, wo es doch nur auf ganz andre Gesichtspunkte ankommen sollte,
wie z. B. bei Besetzung von Stellen im Landesdirektorinm, in den Magistraten n. dergl.
Dabei ist der hannoversche Nationalliberale meist ein strenger Doktrinär, eingefleischter
Manchestermann und Anhänger des sogenannten konfessionslosen Staates und wie
jeder Doktrinär bis zum äußersten unduldsam. Wahrhaft liberal ist aber nnr der,
welcher anch einen fremden Standpunkt achten kann, und es bleibt immer eine
Tyrannei, auch wenn liberale Ideen als Tyrannei nnftreten.
Aus den angegebenen Gründen ist es zu erklären, daß viele, viele Bewohner
der Provinz Hannover sich durch die dort herrschende Partei nicht befriedigt fühlen,
gleichzeitig aber von der Praktischen Teilnahme am öffentlichen Leben ausgeschlossen
werden. Sollte hier ein Wandel geschaffen werden, so könnte er einmal nur von
einem Punkte außerhalb der bisherigen Parteien angeregt werden, und anderseits
nur von der konservativen Partei, da die nationnlliberale Partei ganz Deutschlands
ihren Mittelpunkt in Hannover hat und deshalb dort nicht erfrischend wirken
kann. Die konservative Partei könnte daher allein nnr befruchtend wirken, indem
sie nicht nur eine eigne, auf dem neuen Boden der jetzigen Verhältnisse stehende
Regierungspartei schafft, sondern auch ihre Gegner zwingt, von den früheren Partei¬
verhältnissen abzusehen und sich den neueren Verhältnissen entsprechend zu gruppiren.
Ob es nicht überhaupt gut wäre, an Stelle der auch in Preußen an vergangne
Zeiten erinnernden Parteibezcichnnngen konservativ und liberal andre zu setzen, mag
dahingestellt bleiben, zur Zeit sind sie aber noch maßgebend, und die Parteibildung
wird sich uach ihnen richten müssen. Eine Menge Hannoveraner, welche zu hanno¬
verschen Zeiten nicht zur Opposition gehörten und sich gern am öffentlichen Leben
beteiligen wollten, schließen sich deshalb gern der konservativen Partei an, ebenso
viele, welche vom Doktrinarismus der Nationalliberalen abgestoßen werden. Es
sind darniucr anch viele Träger altadlicher Namen, die. früher ihrem hannoverschen
Königshause tren waren, den Wechsel der Dinge beklagt haben, nun aber auch in
den neuen Verhältnissen thätig sein wollen. Inwiefern es eine Kräftigung des
Welfentums sein soll, solche Personen den neuen Verhältnissen dienstbar zu machen,
ist nicht abzusehen. Es zeugt deshalb von einer gewissen Kurzsichtigkeit, namentlich
ans Seite der Freikonservativcn, die große Bedeutung der jetzigen konservativen
Bewegung in Hannover mißzuverstehen. Selbstverständlich müssen Konservative
und Nativnalliberale in den Wahlbezirken, in welchen (mit Hilfe der Ultramon¬
tanen) wirkliche Welfen als Kandidaten aufgestellt werden und Aussicht haben, ge¬
wählt zu werdeu, fest zusammen halten; aber beweist es nicht die Wahrheit der
oben aufgestellten Behauptung von der Illiberalität der nationalliberalen Partei,
wenn sie nun allein die Früchte solcher Kompromisse ernten will? Kann man ihnen
nicht ebenso gut den Vorwurf machen, daß sie die Geschäfte der Welfen besorgten,
indem sie die wie sie reichstreueu Konservativen aufs äußerste bekämpfen? Was
sollen Artikel, wie die Besprechung der konservativen Versammlung vom
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |