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Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Viertes Quartal.

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Die evangelische Allianz vom Jahre 1,635.

zum Nachteil ausgesprenget, einen konträren Effekt zu Euer kurfürstlichen Durch-
läuchtigkeit Bestem gethan, indem Jedermann allhier jetzo E. k. D. pro poro
xrolsotoro lläsi hält und konfiderirct."

Die Begeisterung, welche die Masse des Volkes beherrschte, ging auch an
den höhern Klassen nicht ohne Einwirkung vorüber. Man kam auch dort zu
der Erkenntnis, daß uach den vorangegangenen Ereignissen eine Politik der
Staaten mit Ludwig nicht mehr möglich, ja nur vou Nachteil für die Existenz
der Staaten und das Evangelium sein würde. Amsterdam legte seinen Zwist
mit dem Prinzen von Oranien bei; es erkannte, daß die Zeit nicht dazu angethan
sei, um in der Ausfechtnng häuslichen Haders seine Befriedigung zu finden.
Die erste politische That dieses Einvernehmens war die im August 1685 ab¬
geschlossene Allianz mit Brandenburg. Äußerlich sahe" die Artikel freilich höchst
nüchtern aus, und auf den Nichteingeweihten können sie den Eindruck machen,
als ob der Erfolg, welchen Friedrich Wilhelm errungen hatte, nur gering
gewesen sei. In der Frage über die Summe der Nachzahlung willigte der
Kurfürst ein, daß auf die früher von den Staaten angebotene Summe von
400 000 Thlr. zurückgegangen wurde; als Entschädigung für das von den
Holländern gekaperte Schiff "Wappen von Brandenburg" traten noch 40000 Thlr.
hinzu. Am wichtigsten war die Bestimmung, daß die Defensiuallianz von 1678
auf weitere zwanzig Jahre gelten sollte. Allerdings war der Schwerpunkt des
gesamten Vertrages nnr in unscheinbaren Worten zum Ausdruck gekommen, aber
der Kundige versteht doch ihren gewichtigen Inhalt. Im Artikel 5 wurde
gesagt: "Nachdemmalen es unmöglich ist, alle Fülle in einem Traktat zu be¬
greifen, hochgedachte Parteien aber kraft selbigen vorerwähnten Traktats ver¬
bunden und gehalten sein, einer des andern Bestes zu suchen und zu befördern,
sie auch beiderseits dabei zum Höchsten interessiret sein, daß der gegenwärtige
Ruhestand in der Christenheit beibehalten und hingegen alle Unruhe und Kriegs-
troublen prätaviret und abgelehret werden mögen, als ist zugleich gut gefunden
und verglichen worden, wie denn hiemit gut gefunden und verglichen wird, daß
im Falle (welches Gott abwende) wiederum neue Trvubleu und Unruhe entstehen,
oder besorget werden sollten, alsdann beide hvchstgedachte Parteien unter
einander in Zeiten dagegen vertraulich lvmmuniziren und von beiden Seiten Be-
sendungen thun sollen, um zu überlegen, was zur Vorbauung derselben, auch
zu beider gemeinen Wohlfahrt und Konservativ" sollte können oder mögen be-
hvren gethan zu werden."

Wenn in der Überschrift dieses Aufsatzes der Ausdruck "Die evangelische
Allianz vom Jahre 1685" gewählt wurde, so mag es etwas vermessen erscheinen,
denselben für den oben erwähnten Traktat beizubehalten, denn er vereinigte von
den evangelischen Müchteu doch nur Holland und Brandenburg; aber dieser
Traktat ist doch die erste Frucht aller auf jenen Zweck gerichteten Bemühungen
des Kurfürsten. Daß der einmal gefaßte Gedanke nicht sogleich seiner völligen


Die evangelische Allianz vom Jahre 1,635.

zum Nachteil ausgesprenget, einen konträren Effekt zu Euer kurfürstlichen Durch-
läuchtigkeit Bestem gethan, indem Jedermann allhier jetzo E. k. D. pro poro
xrolsotoro lläsi hält und konfiderirct."

Die Begeisterung, welche die Masse des Volkes beherrschte, ging auch an
den höhern Klassen nicht ohne Einwirkung vorüber. Man kam auch dort zu
der Erkenntnis, daß uach den vorangegangenen Ereignissen eine Politik der
Staaten mit Ludwig nicht mehr möglich, ja nur vou Nachteil für die Existenz
der Staaten und das Evangelium sein würde. Amsterdam legte seinen Zwist
mit dem Prinzen von Oranien bei; es erkannte, daß die Zeit nicht dazu angethan
sei, um in der Ausfechtnng häuslichen Haders seine Befriedigung zu finden.
Die erste politische That dieses Einvernehmens war die im August 1685 ab¬
geschlossene Allianz mit Brandenburg. Äußerlich sahe» die Artikel freilich höchst
nüchtern aus, und auf den Nichteingeweihten können sie den Eindruck machen,
als ob der Erfolg, welchen Friedrich Wilhelm errungen hatte, nur gering
gewesen sei. In der Frage über die Summe der Nachzahlung willigte der
Kurfürst ein, daß auf die früher von den Staaten angebotene Summe von
400 000 Thlr. zurückgegangen wurde; als Entschädigung für das von den
Holländern gekaperte Schiff „Wappen von Brandenburg" traten noch 40000 Thlr.
hinzu. Am wichtigsten war die Bestimmung, daß die Defensiuallianz von 1678
auf weitere zwanzig Jahre gelten sollte. Allerdings war der Schwerpunkt des
gesamten Vertrages nnr in unscheinbaren Worten zum Ausdruck gekommen, aber
der Kundige versteht doch ihren gewichtigen Inhalt. Im Artikel 5 wurde
gesagt: „Nachdemmalen es unmöglich ist, alle Fülle in einem Traktat zu be¬
greifen, hochgedachte Parteien aber kraft selbigen vorerwähnten Traktats ver¬
bunden und gehalten sein, einer des andern Bestes zu suchen und zu befördern,
sie auch beiderseits dabei zum Höchsten interessiret sein, daß der gegenwärtige
Ruhestand in der Christenheit beibehalten und hingegen alle Unruhe und Kriegs-
troublen prätaviret und abgelehret werden mögen, als ist zugleich gut gefunden
und verglichen worden, wie denn hiemit gut gefunden und verglichen wird, daß
im Falle (welches Gott abwende) wiederum neue Trvubleu und Unruhe entstehen,
oder besorget werden sollten, alsdann beide hvchstgedachte Parteien unter
einander in Zeiten dagegen vertraulich lvmmuniziren und von beiden Seiten Be-
sendungen thun sollen, um zu überlegen, was zur Vorbauung derselben, auch
zu beider gemeinen Wohlfahrt und Konservativ» sollte können oder mögen be-
hvren gethan zu werden."

Wenn in der Überschrift dieses Aufsatzes der Ausdruck „Die evangelische
Allianz vom Jahre 1685" gewählt wurde, so mag es etwas vermessen erscheinen,
denselben für den oben erwähnten Traktat beizubehalten, denn er vereinigte von
den evangelischen Müchteu doch nur Holland und Brandenburg; aber dieser
Traktat ist doch die erste Frucht aller auf jenen Zweck gerichteten Bemühungen
des Kurfürsten. Daß der einmal gefaßte Gedanke nicht sogleich seiner völligen


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[0149] Die evangelische Allianz vom Jahre 1,635. zum Nachteil ausgesprenget, einen konträren Effekt zu Euer kurfürstlichen Durch- läuchtigkeit Bestem gethan, indem Jedermann allhier jetzo E. k. D. pro poro xrolsotoro lläsi hält und konfiderirct." Die Begeisterung, welche die Masse des Volkes beherrschte, ging auch an den höhern Klassen nicht ohne Einwirkung vorüber. Man kam auch dort zu der Erkenntnis, daß uach den vorangegangenen Ereignissen eine Politik der Staaten mit Ludwig nicht mehr möglich, ja nur vou Nachteil für die Existenz der Staaten und das Evangelium sein würde. Amsterdam legte seinen Zwist mit dem Prinzen von Oranien bei; es erkannte, daß die Zeit nicht dazu angethan sei, um in der Ausfechtnng häuslichen Haders seine Befriedigung zu finden. Die erste politische That dieses Einvernehmens war die im August 1685 ab¬ geschlossene Allianz mit Brandenburg. Äußerlich sahe» die Artikel freilich höchst nüchtern aus, und auf den Nichteingeweihten können sie den Eindruck machen, als ob der Erfolg, welchen Friedrich Wilhelm errungen hatte, nur gering gewesen sei. In der Frage über die Summe der Nachzahlung willigte der Kurfürst ein, daß auf die früher von den Staaten angebotene Summe von 400 000 Thlr. zurückgegangen wurde; als Entschädigung für das von den Holländern gekaperte Schiff „Wappen von Brandenburg" traten noch 40000 Thlr. hinzu. Am wichtigsten war die Bestimmung, daß die Defensiuallianz von 1678 auf weitere zwanzig Jahre gelten sollte. Allerdings war der Schwerpunkt des gesamten Vertrages nnr in unscheinbaren Worten zum Ausdruck gekommen, aber der Kundige versteht doch ihren gewichtigen Inhalt. Im Artikel 5 wurde gesagt: „Nachdemmalen es unmöglich ist, alle Fülle in einem Traktat zu be¬ greifen, hochgedachte Parteien aber kraft selbigen vorerwähnten Traktats ver¬ bunden und gehalten sein, einer des andern Bestes zu suchen und zu befördern, sie auch beiderseits dabei zum Höchsten interessiret sein, daß der gegenwärtige Ruhestand in der Christenheit beibehalten und hingegen alle Unruhe und Kriegs- troublen prätaviret und abgelehret werden mögen, als ist zugleich gut gefunden und verglichen worden, wie denn hiemit gut gefunden und verglichen wird, daß im Falle (welches Gott abwende) wiederum neue Trvubleu und Unruhe entstehen, oder besorget werden sollten, alsdann beide hvchstgedachte Parteien unter einander in Zeiten dagegen vertraulich lvmmuniziren und von beiden Seiten Be- sendungen thun sollen, um zu überlegen, was zur Vorbauung derselben, auch zu beider gemeinen Wohlfahrt und Konservativ» sollte können oder mögen be- hvren gethan zu werden." Wenn in der Überschrift dieses Aufsatzes der Ausdruck „Die evangelische Allianz vom Jahre 1685" gewählt wurde, so mag es etwas vermessen erscheinen, denselben für den oben erwähnten Traktat beizubehalten, denn er vereinigte von den evangelischen Müchteu doch nur Holland und Brandenburg; aber dieser Traktat ist doch die erste Frucht aller auf jenen Zweck gerichteten Bemühungen des Kurfürsten. Daß der einmal gefaßte Gedanke nicht sogleich seiner völligen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_196733/149>, abgerufen am 15.01.2025.