Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Drittes Quartal.Literatur. lauten. Nur Kubus Arbeit der Gerichtsverfassung in der Mark liegt als Vor¬ Tagebuchblntter uns der Krim. Von Fr. Graf Berg. Reveil, Kluge, IMS. Der Verfasser dieses Buches, seinem Namen nach ein livländischer Edelmann Jedenfalls hindert ihn das nicht, den Stolz des echten Russen auf die wunder¬ Literatur. lauten. Nur Kubus Arbeit der Gerichtsverfassung in der Mark liegt als Vor¬ Tagebuchblntter uns der Krim. Von Fr. Graf Berg. Reveil, Kluge, IMS. Der Verfasser dieses Buches, seinem Namen nach ein livländischer Edelmann Jedenfalls hindert ihn das nicht, den Stolz des echten Russen auf die wunder¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0626" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/196726"/> <fw type="header" place="top"> Literatur.</fw><lb/> <p xml:id="ID_2317" prev="#ID_2316"> lauten. Nur Kubus Arbeit der Gerichtsverfassung in der Mark liegt als Vor¬<lb/> läufer gedruckt vor. Wir begrüßen daher mit Freuden das Werk Bvruhaks. Der<lb/> erste Band unterscheidet drei Perioden: bis zur Erwerbung der Mark durch die<lb/> Hohenzollern, bis zur Errichtung des Geheimen Rats (1 604), bis zum Regierungs¬<lb/> antritt Friedrich Wilhelms 1. In jeder einzelnen Periode sind ans den Quellen<lb/> heraus die einzelnen Zweige der obrigkeitlichen Gelvalt und die einzelnen Hoheits¬<lb/> rechte des Staates ebenso gründlich wie klar dargestellt, indem der Verfasser auch<lb/> in dieser Anordnung das von Gneist gegebene Muster befolgt. Wir erhalten eine<lb/> sorgfältige Staats- und Rechtsgeschichte der hvhenzvllernschen Monarchie und da¬<lb/> durch die Entwicklung des kräftigsten deutschen Gliedstaates. Die Grundlagen, aus<lb/> deuen sich unter Friedrich Wilhelm 1. das eigue preußische und doch so kerndeutsche<lb/> Recht entwickeln sollte, sind in diesem Bande gegeben, nud wir wünschen mit Leb¬<lb/> haftigkeit, daß der Verfasser auch die andern Bände dem ersten baldigst nachfolgen<lb/> lassen möge.</p><lb/> </div> <div n="2"> <head> Tagebuchblntter uns der Krim. Von Fr. Graf Berg. Reveil, Kluge, IMS.</head><lb/> <p xml:id="ID_2318"> Der Verfasser dieses Buches, seinem Namen nach ein livländischer Edelmann<lb/> deutscher Abkunft, schildert in zwanglosen, anspruchslosen Tagebuchblättern eine Reise,<lb/> welche er, jedenfalls nach sorgfältigster literarischer Vorbereitung, im April und den<lb/> ersten Tagen des Mai 1883 vou Dorpat über Moskau, Kursk und Charkow nach<lb/> der Krim gemacht hat. Sollte der Name und die Sprache des Verfassers noch<lb/> einen Zweifel an seiner deutschen Abkunft übrig lassen, so muß das lebhafte Inter¬<lb/> esse, mit welchem er uns über das materielle Wohlergehen der deutschen Kolonisten<lb/> im südwestlichen Rußland, über ihren Weizeubcm ohne Düngung, ihre prvsperireudc<lb/> Schafzucht, ihre glücklichen Bewalduugsvcrsnchc auf dem schwarzen Steppenboden<lb/> berichtet, die letzte» Spuren desselben tilge«. Auch dürfte das große Plaidoyer<lb/> auf den Schlnßseiten seines Buches für die Vorzüge des Privatbesitzes der deutscheu<lb/> Kolonisten vor der Woloß, d. i. dem kollektiven Grundbesitz der russischen Bauern,<lb/> wohl uicht allein auf Rechnung seiner Zugehörigkeit zu deu sogenannten Liberalen,<lb/> sondern zum Teil auch auf die Stimme des Blutes zu setzen sei».</p><lb/> <p xml:id="ID_2319" next="#ID_2320"> Jedenfalls hindert ihn das nicht, den Stolz des echten Russen auf die wunder¬<lb/> baren Gegensatze des Riesenreiches zu empfinden, als er in der Gvuvernements-<lb/> Hanptstadt der Krim, in Simferopol, angelangt den ragenden Fabrikschornstein der<lb/> Moskaner Konfitürenfabrik Aprikosow erblickt, als er von seinem Gastfrennde mit<lb/> vortrefflichen: Krimweiue, mit einer Nußtorte aus krimschcn Wallnüssen, mit kriinschcn<lb/> Aepfel» und mit Papyrus, die aus in der Krim gewachsenen türkischen Tabak ge¬<lb/> dreht sind, bewirtet wird. Er kann sich nicht besinnen, als er von Simferopol<lb/> ans „das arme Sewastopol" besieht, „alles, was man mit dem Ausdruck italie¬<lb/> nischer Himmel zusammenfaßt, am Mittelmeer jemals schöner gesehen zu haben."<lb/> Nachdem er darauf in Baktschisarai, der alten Chancnstadt der nogaische» Tataren,<lb/> an dem hundertjährige» Gedenkfest der — doch wohl »icht durch Mummies voll¬<lb/> zogenen! — Einverleibung der Krim teil genomine» hat, hat er die Frende, bei<lb/> Balaklawa, dem bekannten Ankerplatz der englischen Kriegsschiffe im Krimkriege,<lb/> nach der Leere der Steppe »ut all den R»i»e» Sewastopols el»e Gegend zu finden,<lb/> wo Land und Klima, Kultur und Arbeit sehr Wohl lohnen können. Den Höhe-<lb/> Punkt erreicht aber sein patriotisches Entzücken, als er von de» Kalkfelsen der Jalta<lb/> ans den jähe» Absturz derselbe» zu de» unvergleichlich schönen Südufern der Krim<lb/> hinblickt. Ihm ist „dieser Blick ungleich großartiger, als all die gewiß sehr schönen<lb/> Stellen bei Cannes und Nizza." Mit immer neuem Entzücken besieht er dann die</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0626]
Literatur.
lauten. Nur Kubus Arbeit der Gerichtsverfassung in der Mark liegt als Vor¬
läufer gedruckt vor. Wir begrüßen daher mit Freuden das Werk Bvruhaks. Der
erste Band unterscheidet drei Perioden: bis zur Erwerbung der Mark durch die
Hohenzollern, bis zur Errichtung des Geheimen Rats (1 604), bis zum Regierungs¬
antritt Friedrich Wilhelms 1. In jeder einzelnen Periode sind ans den Quellen
heraus die einzelnen Zweige der obrigkeitlichen Gelvalt und die einzelnen Hoheits¬
rechte des Staates ebenso gründlich wie klar dargestellt, indem der Verfasser auch
in dieser Anordnung das von Gneist gegebene Muster befolgt. Wir erhalten eine
sorgfältige Staats- und Rechtsgeschichte der hvhenzvllernschen Monarchie und da¬
durch die Entwicklung des kräftigsten deutschen Gliedstaates. Die Grundlagen, aus
deuen sich unter Friedrich Wilhelm 1. das eigue preußische und doch so kerndeutsche
Recht entwickeln sollte, sind in diesem Bande gegeben, nud wir wünschen mit Leb¬
haftigkeit, daß der Verfasser auch die andern Bände dem ersten baldigst nachfolgen
lassen möge.
Tagebuchblntter uns der Krim. Von Fr. Graf Berg. Reveil, Kluge, IMS.
Der Verfasser dieses Buches, seinem Namen nach ein livländischer Edelmann
deutscher Abkunft, schildert in zwanglosen, anspruchslosen Tagebuchblättern eine Reise,
welche er, jedenfalls nach sorgfältigster literarischer Vorbereitung, im April und den
ersten Tagen des Mai 1883 vou Dorpat über Moskau, Kursk und Charkow nach
der Krim gemacht hat. Sollte der Name und die Sprache des Verfassers noch
einen Zweifel an seiner deutschen Abkunft übrig lassen, so muß das lebhafte Inter¬
esse, mit welchem er uns über das materielle Wohlergehen der deutschen Kolonisten
im südwestlichen Rußland, über ihren Weizeubcm ohne Düngung, ihre prvsperireudc
Schafzucht, ihre glücklichen Bewalduugsvcrsnchc auf dem schwarzen Steppenboden
berichtet, die letzte» Spuren desselben tilge«. Auch dürfte das große Plaidoyer
auf den Schlnßseiten seines Buches für die Vorzüge des Privatbesitzes der deutscheu
Kolonisten vor der Woloß, d. i. dem kollektiven Grundbesitz der russischen Bauern,
wohl uicht allein auf Rechnung seiner Zugehörigkeit zu deu sogenannten Liberalen,
sondern zum Teil auch auf die Stimme des Blutes zu setzen sei».
Jedenfalls hindert ihn das nicht, den Stolz des echten Russen auf die wunder¬
baren Gegensatze des Riesenreiches zu empfinden, als er in der Gvuvernements-
Hanptstadt der Krim, in Simferopol, angelangt den ragenden Fabrikschornstein der
Moskaner Konfitürenfabrik Aprikosow erblickt, als er von seinem Gastfrennde mit
vortrefflichen: Krimweiue, mit einer Nußtorte aus krimschcn Wallnüssen, mit kriinschcn
Aepfel» und mit Papyrus, die aus in der Krim gewachsenen türkischen Tabak ge¬
dreht sind, bewirtet wird. Er kann sich nicht besinnen, als er von Simferopol
ans „das arme Sewastopol" besieht, „alles, was man mit dem Ausdruck italie¬
nischer Himmel zusammenfaßt, am Mittelmeer jemals schöner gesehen zu haben."
Nachdem er darauf in Baktschisarai, der alten Chancnstadt der nogaische» Tataren,
an dem hundertjährige» Gedenkfest der — doch wohl »icht durch Mummies voll¬
zogenen! — Einverleibung der Krim teil genomine» hat, hat er die Frende, bei
Balaklawa, dem bekannten Ankerplatz der englischen Kriegsschiffe im Krimkriege,
nach der Leere der Steppe »ut all den R»i»e» Sewastopols el»e Gegend zu finden,
wo Land und Klima, Kultur und Arbeit sehr Wohl lohnen können. Den Höhe-
Punkt erreicht aber sein patriotisches Entzücken, als er von de» Kalkfelsen der Jalta
ans den jähe» Absturz derselbe» zu de» unvergleichlich schönen Südufern der Krim
hinblickt. Ihm ist „dieser Blick ungleich großartiger, als all die gewiß sehr schönen
Stellen bei Cannes und Nizza." Mit immer neuem Entzücken besieht er dann die
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