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Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Drittes Quartal.

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Strafen und Strcifabmefsung.
1883: 1882:

Der Prozentsatz der Verurteilungen betrug

bei den strafbaren Handlungen gegen Staat, Religion und
öffentliche Ordnung............. 88,43 87,93
bei den strafbaren Handlungen gegen die Person .... 31,82 82,08
bei den. strafbaren Handlungen gegen das Vermögen . . . 85,93 86,27
bei den Verbrechen und Vergehen im Amt...... 85,26 89,00.

Interessant ist weiter die durch Zahlen belegte Feststellung, daß sowohl
1883 wie 1882 überhaupt etwa ein Vierten, bei Bermögensvergehen nicht ganz
ein Dritten aller Verurteilten mit Freiheitsstrafe schon vorher bestraft war.

Zur gerichtlichen Entscheidung wurden im ganzen Reiche gebracht:
Handlungen: Personen:
1382 1883 1882 1883
Verbrechen und Vergehen gegen Reichsgesetze überhaupt:
->.) Entscheidungen überhaupt ,......456240 469718 403284 403657
b) auf Verurteilung lautende....... 389239 838611 329683 329750.

Hierzu wird bemerkt: Bezüglich der Verbrechen und Vergehen überhaupt
zeigen sowohl die Handlungen als die Personen im Jahre 1883 gegen das
Vorjahr eine Vermehrung in den absoluten Zahlen. Dieselbe ist aber bei den
Personen so gering, daß im Verhältnis zu der gestiegenen Bevölkerungszahl sich
für 1883 eine kleine Verminderung, also eine um ein geringes günstigere Zahl
ergiebt. Dagegen zieht die stärkere Steigerung der Zahl der Handlungen auch
höhere relative Zahlen nach sich. Es berechnen sich mehr Verbreche" und Ver¬
gehen auf die Einwohnerschaft; die Gefährdung derselben scheint also in der
Art zugenommen zu haben, daß von einer kleinern Anzahl von Personen mehr
solcher Handlungen verübt wurden. Mau braucht jedoch diese verhältnismäßig
stärkere Zunahme der Handlungen nicht in innern, in der Bevölkerung, beziehent¬
lich dem Verbrechertum liegenden Gründen zu suchen, sondern kaun sie darin
sehen, daß zufolge der bei der Bearbeitung gemachten Erfahrungen die Angaben
über die Handlungen sich verbessert haben. Diese Verbesserung bezieht sich auf
die Gemeinschaftlichkeit der Strafthaten und läuft darauf hinaus, daß im
Jahre 1883 mehr Handlungen gezählt worden sind, die Zunahme derselben also
eine nnr scheinbare ist.

Die ungünstigsten Stellen, ihren Kriminalitätsziffern nach, nehmen die öst¬
lichen Landesteile längs !x:r russischen Grenze ein. Die günstigsten Ziffern haben
Bezirke des Westens -- Trier und Aachen --, des Nordwestens -- Herzogtum
Oldenburg, Osnabrück, Münster, Minden, beide Lippe, Waldeck -- und des
Nordens -- Schleswig und beide Mecklenburg. Eigentümlich ist, ebenso wie
im Vorjahre, die ungünstige Stellung der Rheinpfalz und der beiden schwarz-
burgischen Fürstentümer inmitten von Bezirken mit weit günstigeren Zahlen,
und anderseits treten mit auffallend günstigen Ziffern auch 1883 wieder die
Bezirke Sigmaringen, Baden lind Mosbach aus ihrer Umgebung heraus. Von


Strafen und Strcifabmefsung.
1883: 1882:

Der Prozentsatz der Verurteilungen betrug

bei den strafbaren Handlungen gegen Staat, Religion und
öffentliche Ordnung............. 88,43 87,93
bei den strafbaren Handlungen gegen die Person .... 31,82 82,08
bei den. strafbaren Handlungen gegen das Vermögen . . . 85,93 86,27
bei den Verbrechen und Vergehen im Amt...... 85,26 89,00.

Interessant ist weiter die durch Zahlen belegte Feststellung, daß sowohl
1883 wie 1882 überhaupt etwa ein Vierten, bei Bermögensvergehen nicht ganz
ein Dritten aller Verurteilten mit Freiheitsstrafe schon vorher bestraft war.

Zur gerichtlichen Entscheidung wurden im ganzen Reiche gebracht:
Handlungen: Personen:
1382 1883 1882 1883
Verbrechen und Vergehen gegen Reichsgesetze überhaupt:
->.) Entscheidungen überhaupt ,......456240 469718 403284 403657
b) auf Verurteilung lautende....... 389239 838611 329683 329750.

Hierzu wird bemerkt: Bezüglich der Verbrechen und Vergehen überhaupt
zeigen sowohl die Handlungen als die Personen im Jahre 1883 gegen das
Vorjahr eine Vermehrung in den absoluten Zahlen. Dieselbe ist aber bei den
Personen so gering, daß im Verhältnis zu der gestiegenen Bevölkerungszahl sich
für 1883 eine kleine Verminderung, also eine um ein geringes günstigere Zahl
ergiebt. Dagegen zieht die stärkere Steigerung der Zahl der Handlungen auch
höhere relative Zahlen nach sich. Es berechnen sich mehr Verbreche» und Ver¬
gehen auf die Einwohnerschaft; die Gefährdung derselben scheint also in der
Art zugenommen zu haben, daß von einer kleinern Anzahl von Personen mehr
solcher Handlungen verübt wurden. Mau braucht jedoch diese verhältnismäßig
stärkere Zunahme der Handlungen nicht in innern, in der Bevölkerung, beziehent¬
lich dem Verbrechertum liegenden Gründen zu suchen, sondern kaun sie darin
sehen, daß zufolge der bei der Bearbeitung gemachten Erfahrungen die Angaben
über die Handlungen sich verbessert haben. Diese Verbesserung bezieht sich auf
die Gemeinschaftlichkeit der Strafthaten und läuft darauf hinaus, daß im
Jahre 1883 mehr Handlungen gezählt worden sind, die Zunahme derselben also
eine nnr scheinbare ist.

Die ungünstigsten Stellen, ihren Kriminalitätsziffern nach, nehmen die öst¬
lichen Landesteile längs !x:r russischen Grenze ein. Die günstigsten Ziffern haben
Bezirke des Westens — Trier und Aachen —, des Nordwestens — Herzogtum
Oldenburg, Osnabrück, Münster, Minden, beide Lippe, Waldeck — und des
Nordens — Schleswig und beide Mecklenburg. Eigentümlich ist, ebenso wie
im Vorjahre, die ungünstige Stellung der Rheinpfalz und der beiden schwarz-
burgischen Fürstentümer inmitten von Bezirken mit weit günstigeren Zahlen,
und anderseits treten mit auffallend günstigen Ziffern auch 1883 wieder die
Bezirke Sigmaringen, Baden lind Mosbach aus ihrer Umgebung heraus. Von


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[0509] Strafen und Strcifabmefsung. 1883: 1882: Der Prozentsatz der Verurteilungen betrug bei den strafbaren Handlungen gegen Staat, Religion und öffentliche Ordnung............. 88,43 87,93 bei den strafbaren Handlungen gegen die Person .... 31,82 82,08 bei den. strafbaren Handlungen gegen das Vermögen . . . 85,93 86,27 bei den Verbrechen und Vergehen im Amt...... 85,26 89,00. Interessant ist weiter die durch Zahlen belegte Feststellung, daß sowohl 1883 wie 1882 überhaupt etwa ein Vierten, bei Bermögensvergehen nicht ganz ein Dritten aller Verurteilten mit Freiheitsstrafe schon vorher bestraft war. Zur gerichtlichen Entscheidung wurden im ganzen Reiche gebracht: Handlungen: Personen: 1382 1883 1882 1883 Verbrechen und Vergehen gegen Reichsgesetze überhaupt: ->.) Entscheidungen überhaupt ,......456240 469718 403284 403657 b) auf Verurteilung lautende....... 389239 838611 329683 329750. Hierzu wird bemerkt: Bezüglich der Verbrechen und Vergehen überhaupt zeigen sowohl die Handlungen als die Personen im Jahre 1883 gegen das Vorjahr eine Vermehrung in den absoluten Zahlen. Dieselbe ist aber bei den Personen so gering, daß im Verhältnis zu der gestiegenen Bevölkerungszahl sich für 1883 eine kleine Verminderung, also eine um ein geringes günstigere Zahl ergiebt. Dagegen zieht die stärkere Steigerung der Zahl der Handlungen auch höhere relative Zahlen nach sich. Es berechnen sich mehr Verbreche» und Ver¬ gehen auf die Einwohnerschaft; die Gefährdung derselben scheint also in der Art zugenommen zu haben, daß von einer kleinern Anzahl von Personen mehr solcher Handlungen verübt wurden. Mau braucht jedoch diese verhältnismäßig stärkere Zunahme der Handlungen nicht in innern, in der Bevölkerung, beziehent¬ lich dem Verbrechertum liegenden Gründen zu suchen, sondern kaun sie darin sehen, daß zufolge der bei der Bearbeitung gemachten Erfahrungen die Angaben über die Handlungen sich verbessert haben. Diese Verbesserung bezieht sich auf die Gemeinschaftlichkeit der Strafthaten und läuft darauf hinaus, daß im Jahre 1883 mehr Handlungen gezählt worden sind, die Zunahme derselben also eine nnr scheinbare ist. Die ungünstigsten Stellen, ihren Kriminalitätsziffern nach, nehmen die öst¬ lichen Landesteile längs !x:r russischen Grenze ein. Die günstigsten Ziffern haben Bezirke des Westens — Trier und Aachen —, des Nordwestens — Herzogtum Oldenburg, Osnabrück, Münster, Minden, beide Lippe, Waldeck — und des Nordens — Schleswig und beide Mecklenburg. Eigentümlich ist, ebenso wie im Vorjahre, die ungünstige Stellung der Rheinpfalz und der beiden schwarz- burgischen Fürstentümer inmitten von Bezirken mit weit günstigeren Zahlen, und anderseits treten mit auffallend günstigen Ziffern auch 1883 wieder die Bezirke Sigmaringen, Baden lind Mosbach aus ihrer Umgebung heraus. Von

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_196099/509>, abgerufen am 25.11.2024.