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Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Drittes Quartal.

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Um eine Perle.

Augen rot, und wer weiß wie notwendig Ihr sie noch gebrauchen müßt, wer
weiß, ob eine Äbtissin, die nicht für alles einen scharfen Blick hat, überhaupt
sich im Amte zu behaupten vermag. Ihr staunet? Aber zu Ende war die
Wahlverhandlung ja noch keineswegs, beste Signoretta. Man hatte sich ja nur
erst wegen jener vereitelten Schenkung abfällig über Euch ausgesprochen. Als
ob Ihr allein nicht zehnmal mehr Gewicht hättet als alle Schätze des Kaisers
von China! Ich meine Eure Vornehmheit, nieros at I)lo-. die Letzte aus dem
Fürstengeschlechte der Buonacolsi! Und was Euch sonst noch alles von dem
Mischmasch der übrigen Betschwestern unterscheidet -- Gott verzeihe mir meine
Sünde, aber Ihr allein, Signora, macht doch die Suppe schmackhaft.

Giuscppa hatte ihre Festigkeit wieder zurückgerufen. Ich jubelte also zu
früh, sagte sie; reden wir von deiner Angelegenheit. Du hast Recht, ich darf
die Erinnerung an vergangne Dinge und Zeiten nicht Gewalt liber mich ge¬
winnen lassen.

Natürlich war Beppo der Reiter gewesen, welcher zu Eufemias Schreck
Plötzlich in Mantua wieder aufgetaucht war, und zwar hoch zu Roß vor dem
Kloster des heiligen Augustin, glücklicherweise ohne ihrer ansichtig zu werden,
denn, sagte sie, was Hütte werden sollen, wenn er da wieder angefangen hätte,
wo wir vor zwanzig Jahren aufgehört haben! Nicht daß ich für ihn zu alt
wäre -- bei mir heißt es noch nicht, wie man bei uns zu Hause in Friaul
neckt, 0 völlg., der erste Schnee! -- ich passe täglich beim Kämmen auf: mein
Haar ist noch ganz so schwarz wie nur irgend ein Schiniedeschlot. Aber, aber,
wie sagen noch die Neapolitaner? 00220 0 urg-LLllöroni vtrläi eg.1al! heiß, heiß
müssen Hochzeiten und Maccaroni verzehrt werden. Und mit mir hat das Be¬
sinnen denn doch etwas zu lange gedauert.

Du weißt also, daß er noch an dich denkt? fragte Giuseppa, um uur
etwas zu sagen.

^1 eontrMio, ich weiß von nichts.

So ist er vielleicht längst verheiratet?

Leicht möglich -- er war ja nicht häßlich, Siguoretta, sehr denkbar sogar;
etwas mohrenhaft, ja so konnte man ihn wohl nennen, vielleicht wegen des
vielen schwarzen Barthaars und der kohlschwarzen Augen; aber dabei eine Chpresse
von Statur, wohl einen halben Kopf größer als ich, nicht als Ihr, Signoretta,
denn Ihr seid ja noch ein gutes Stück nachträglich über Eure Eufemia hinaus¬
gewachsen; aber neben mir konnte er sich schon als ein Mann von schönem
Wuchse sehen lassen. Sollte er verheiratet sein, so that er Unrecht, hierher zu
kommen und vernarbte Wunden aufzureißen.

Eine Novize war mit einem zusammengefalteten Zettel in der Hand heran¬
gekommen.

Domina, wandte sie sich mit einem tiefen Verneigen an die Nonne, ein
Reitersmann aus Verona ist vor der Pforte abgestiegen und wartet jetzt im


Um eine Perle.

Augen rot, und wer weiß wie notwendig Ihr sie noch gebrauchen müßt, wer
weiß, ob eine Äbtissin, die nicht für alles einen scharfen Blick hat, überhaupt
sich im Amte zu behaupten vermag. Ihr staunet? Aber zu Ende war die
Wahlverhandlung ja noch keineswegs, beste Signoretta. Man hatte sich ja nur
erst wegen jener vereitelten Schenkung abfällig über Euch ausgesprochen. Als
ob Ihr allein nicht zehnmal mehr Gewicht hättet als alle Schätze des Kaisers
von China! Ich meine Eure Vornehmheit, nieros at I)lo-. die Letzte aus dem
Fürstengeschlechte der Buonacolsi! Und was Euch sonst noch alles von dem
Mischmasch der übrigen Betschwestern unterscheidet — Gott verzeihe mir meine
Sünde, aber Ihr allein, Signora, macht doch die Suppe schmackhaft.

Giuscppa hatte ihre Festigkeit wieder zurückgerufen. Ich jubelte also zu
früh, sagte sie; reden wir von deiner Angelegenheit. Du hast Recht, ich darf
die Erinnerung an vergangne Dinge und Zeiten nicht Gewalt liber mich ge¬
winnen lassen.

Natürlich war Beppo der Reiter gewesen, welcher zu Eufemias Schreck
Plötzlich in Mantua wieder aufgetaucht war, und zwar hoch zu Roß vor dem
Kloster des heiligen Augustin, glücklicherweise ohne ihrer ansichtig zu werden,
denn, sagte sie, was Hütte werden sollen, wenn er da wieder angefangen hätte,
wo wir vor zwanzig Jahren aufgehört haben! Nicht daß ich für ihn zu alt
wäre — bei mir heißt es noch nicht, wie man bei uns zu Hause in Friaul
neckt, 0 völlg., der erste Schnee! — ich passe täglich beim Kämmen auf: mein
Haar ist noch ganz so schwarz wie nur irgend ein Schiniedeschlot. Aber, aber,
wie sagen noch die Neapolitaner? 00220 0 urg-LLllöroni vtrläi eg.1al! heiß, heiß
müssen Hochzeiten und Maccaroni verzehrt werden. Und mit mir hat das Be¬
sinnen denn doch etwas zu lange gedauert.

Du weißt also, daß er noch an dich denkt? fragte Giuseppa, um uur
etwas zu sagen.

^1 eontrMio, ich weiß von nichts.

So ist er vielleicht längst verheiratet?

Leicht möglich — er war ja nicht häßlich, Siguoretta, sehr denkbar sogar;
etwas mohrenhaft, ja so konnte man ihn wohl nennen, vielleicht wegen des
vielen schwarzen Barthaars und der kohlschwarzen Augen; aber dabei eine Chpresse
von Statur, wohl einen halben Kopf größer als ich, nicht als Ihr, Signoretta,
denn Ihr seid ja noch ein gutes Stück nachträglich über Eure Eufemia hinaus¬
gewachsen; aber neben mir konnte er sich schon als ein Mann von schönem
Wuchse sehen lassen. Sollte er verheiratet sein, so that er Unrecht, hierher zu
kommen und vernarbte Wunden aufzureißen.

Eine Novize war mit einem zusammengefalteten Zettel in der Hand heran¬
gekommen.

Domina, wandte sie sich mit einem tiefen Verneigen an die Nonne, ein
Reitersmann aus Verona ist vor der Pforte abgestiegen und wartet jetzt im


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[0483] Um eine Perle. Augen rot, und wer weiß wie notwendig Ihr sie noch gebrauchen müßt, wer weiß, ob eine Äbtissin, die nicht für alles einen scharfen Blick hat, überhaupt sich im Amte zu behaupten vermag. Ihr staunet? Aber zu Ende war die Wahlverhandlung ja noch keineswegs, beste Signoretta. Man hatte sich ja nur erst wegen jener vereitelten Schenkung abfällig über Euch ausgesprochen. Als ob Ihr allein nicht zehnmal mehr Gewicht hättet als alle Schätze des Kaisers von China! Ich meine Eure Vornehmheit, nieros at I)lo-. die Letzte aus dem Fürstengeschlechte der Buonacolsi! Und was Euch sonst noch alles von dem Mischmasch der übrigen Betschwestern unterscheidet — Gott verzeihe mir meine Sünde, aber Ihr allein, Signora, macht doch die Suppe schmackhaft. Giuscppa hatte ihre Festigkeit wieder zurückgerufen. Ich jubelte also zu früh, sagte sie; reden wir von deiner Angelegenheit. Du hast Recht, ich darf die Erinnerung an vergangne Dinge und Zeiten nicht Gewalt liber mich ge¬ winnen lassen. Natürlich war Beppo der Reiter gewesen, welcher zu Eufemias Schreck Plötzlich in Mantua wieder aufgetaucht war, und zwar hoch zu Roß vor dem Kloster des heiligen Augustin, glücklicherweise ohne ihrer ansichtig zu werden, denn, sagte sie, was Hütte werden sollen, wenn er da wieder angefangen hätte, wo wir vor zwanzig Jahren aufgehört haben! Nicht daß ich für ihn zu alt wäre — bei mir heißt es noch nicht, wie man bei uns zu Hause in Friaul neckt, 0 völlg., der erste Schnee! — ich passe täglich beim Kämmen auf: mein Haar ist noch ganz so schwarz wie nur irgend ein Schiniedeschlot. Aber, aber, wie sagen noch die Neapolitaner? 00220 0 urg-LLllöroni vtrläi eg.1al! heiß, heiß müssen Hochzeiten und Maccaroni verzehrt werden. Und mit mir hat das Be¬ sinnen denn doch etwas zu lange gedauert. Du weißt also, daß er noch an dich denkt? fragte Giuseppa, um uur etwas zu sagen. ^1 eontrMio, ich weiß von nichts. So ist er vielleicht längst verheiratet? Leicht möglich — er war ja nicht häßlich, Siguoretta, sehr denkbar sogar; etwas mohrenhaft, ja so konnte man ihn wohl nennen, vielleicht wegen des vielen schwarzen Barthaars und der kohlschwarzen Augen; aber dabei eine Chpresse von Statur, wohl einen halben Kopf größer als ich, nicht als Ihr, Signoretta, denn Ihr seid ja noch ein gutes Stück nachträglich über Eure Eufemia hinaus¬ gewachsen; aber neben mir konnte er sich schon als ein Mann von schönem Wuchse sehen lassen. Sollte er verheiratet sein, so that er Unrecht, hierher zu kommen und vernarbte Wunden aufzureißen. Eine Novize war mit einem zusammengefalteten Zettel in der Hand heran¬ gekommen. Domina, wandte sie sich mit einem tiefen Verneigen an die Nonne, ein Reitersmann aus Verona ist vor der Pforte abgestiegen und wartet jetzt im

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_196099/483>, abgerufen am 23.11.2024.