Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Drittes Quartal.Annlekien Mr Geschichte der neuern deutschen Alast. vornehmlich angelegen sein, den "geistigen Inhalt, die Entwicklung und die Be¬ Der große Erfolg, welchen die "belgischen Bilder" in Berlin hatten, war Schon ehe dieselben in München anlangten, war man dort von befreundeter Annlekien Mr Geschichte der neuern deutschen Alast. vornehmlich angelegen sein, den „geistigen Inhalt, die Entwicklung und die Be¬ Der große Erfolg, welchen die „belgischen Bilder" in Berlin hatten, war Schon ehe dieselben in München anlangten, war man dort von befreundeter <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0316" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/196416"/> <fw type="header" place="top"> Annlekien Mr Geschichte der neuern deutschen Alast.</fw><lb/> <p xml:id="ID_1269" prev="#ID_1268"> vornehmlich angelegen sein, den „geistigen Inhalt, die Entwicklung und die Be¬<lb/> deutung desselben" gegen die in dieser Beziehung erhobnen Angriffe zu ver¬<lb/> teidigen. Da die beiden Gemälde historische Bilder, oder deutlicher, Bilder<lb/> geschichtlichen Inhalts seien, meint er, hätten ihre Schöpfer Recht gehabt, die<lb/> dargestellten Persönlichkeiten auch möglichst historisch treu wiederzugeben. Fand<lb/> man vielfach, daß Karl der Fünfte in Gallaits Bild recht unbedeutend aus¬<lb/> sehe, so glaubte Kugler deu Künstler durch den Hinweis auf den geschichtlichen<lb/> Karl, wie er in Rankes Erzählung auftrete, rechtfertigen zu können — in unsern<lb/> Augen eine ziemlich schwache Beweisführung für einen Kunstkritiker. Überhaupt<lb/> erhebt sich Kugler in seinen Darlegungen nirgends über das von Burckhardt<lb/> gesagte, nur daß er uoch deutlicher den Gegensatz zwischen dem aristokratischen<lb/> Element der Münchener Schule und der demokratischen Grundlage der belgischen<lb/> Kunst hervorhebt.</p><lb/> <p xml:id="ID_1270"> Der große Erfolg, welchen die „belgischen Bilder" in Berlin hatten, war<lb/> nicht zu verwundern. Die damaligen Kunstbestrebuugen der preußischen Haupt¬<lb/> stadt entbehrten eines vereinigenden Mittelpunktes. Es fehlte eine große, führende<lb/> Persönlichkeit, der es gelungen wäre, die Kräfte jüngerer Genossen in ihre<lb/> Bahnen zu lenken und die Sympathien des kunstliebenden Publikums zu ge¬<lb/> winnen. Auch war mau in Berlin durch langjährige Anhänglichkeit an die der<lb/> belgischen Kunst näherstehende Düsseldorfer Schule und durch den Einfluß<lb/> französischer Bilder vorbereiteter für die Aufnahme des Neuen als sonst in<lb/> Deutschland. Ganz anders in München, wo das Ansehen von Cornelius trotz<lb/> seiner Übersiedlung nach Berlin unter den Künstlern noch unerschüttert war<lb/> und das von ihm gegebne Beispiel als heiliges Palladium gegen alle profanen<lb/> Bestrebungen hochgehalten wurde. Umso gespannter mußte man sein, welche<lb/> Aufnahme die Fremdlinge in der damaligen Kuusthauptstadt Deutschlands<lb/> finden würden.</p><lb/> <p xml:id="ID_1271" next="#ID_1272"> Schon ehe dieselben in München anlangten, war man dort von befreundeter<lb/> Seite durch ziemlich mißgünstige Urteile auf sie vorbereitet worden. Ernst<lb/> Förster, der Zeit seines Lebens begeistert für die Prinzipien der Cvrnelianischen<lb/> Schule eingetreten ist, hatte die Bilder bereits auf der Kölner Ausstellung gesehen<lb/> und gleichfalls im Kunstblatt sein Urteil darüber abgegeben. Das Lob, daß die<lb/> Belgier die Werke eines Rubens und van Dyck fleißig studirt hätten und in<lb/> der Behandlung der Farbe ausgezeichnetes leisteten, mußte auch dieser Kritiker<lb/> ihnen zugestehen; dennoch bezeichnete er diese Eigenschaften als Proben einer<lb/> Virtuosität, die mit der wahren Kunst nichts zu schaffen hätten. Den Bildern<lb/> fehle für eine historische Auffassung nichts weniger als alles, Gallait habe die<lb/> Abdankung selbst keineswegs dargestellt; sein Bild sei in der Darstellung ver¬<lb/> fehlt, de Biefre aber habe sich schon in der Wahl seines Gegenstandes vergriffen.<lb/> Darum, so lautete sein Mtsnnn, «ZMLvo, sei es seiue innigste und festeste Über¬<lb/> zeugung, „daß jeder Versuch vonseiten deutscher Künstler, in diese Bahn ein-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0316]
Annlekien Mr Geschichte der neuern deutschen Alast.
vornehmlich angelegen sein, den „geistigen Inhalt, die Entwicklung und die Be¬
deutung desselben" gegen die in dieser Beziehung erhobnen Angriffe zu ver¬
teidigen. Da die beiden Gemälde historische Bilder, oder deutlicher, Bilder
geschichtlichen Inhalts seien, meint er, hätten ihre Schöpfer Recht gehabt, die
dargestellten Persönlichkeiten auch möglichst historisch treu wiederzugeben. Fand
man vielfach, daß Karl der Fünfte in Gallaits Bild recht unbedeutend aus¬
sehe, so glaubte Kugler deu Künstler durch den Hinweis auf den geschichtlichen
Karl, wie er in Rankes Erzählung auftrete, rechtfertigen zu können — in unsern
Augen eine ziemlich schwache Beweisführung für einen Kunstkritiker. Überhaupt
erhebt sich Kugler in seinen Darlegungen nirgends über das von Burckhardt
gesagte, nur daß er uoch deutlicher den Gegensatz zwischen dem aristokratischen
Element der Münchener Schule und der demokratischen Grundlage der belgischen
Kunst hervorhebt.
Der große Erfolg, welchen die „belgischen Bilder" in Berlin hatten, war
nicht zu verwundern. Die damaligen Kunstbestrebuugen der preußischen Haupt¬
stadt entbehrten eines vereinigenden Mittelpunktes. Es fehlte eine große, führende
Persönlichkeit, der es gelungen wäre, die Kräfte jüngerer Genossen in ihre
Bahnen zu lenken und die Sympathien des kunstliebenden Publikums zu ge¬
winnen. Auch war mau in Berlin durch langjährige Anhänglichkeit an die der
belgischen Kunst näherstehende Düsseldorfer Schule und durch den Einfluß
französischer Bilder vorbereiteter für die Aufnahme des Neuen als sonst in
Deutschland. Ganz anders in München, wo das Ansehen von Cornelius trotz
seiner Übersiedlung nach Berlin unter den Künstlern noch unerschüttert war
und das von ihm gegebne Beispiel als heiliges Palladium gegen alle profanen
Bestrebungen hochgehalten wurde. Umso gespannter mußte man sein, welche
Aufnahme die Fremdlinge in der damaligen Kuusthauptstadt Deutschlands
finden würden.
Schon ehe dieselben in München anlangten, war man dort von befreundeter
Seite durch ziemlich mißgünstige Urteile auf sie vorbereitet worden. Ernst
Förster, der Zeit seines Lebens begeistert für die Prinzipien der Cvrnelianischen
Schule eingetreten ist, hatte die Bilder bereits auf der Kölner Ausstellung gesehen
und gleichfalls im Kunstblatt sein Urteil darüber abgegeben. Das Lob, daß die
Belgier die Werke eines Rubens und van Dyck fleißig studirt hätten und in
der Behandlung der Farbe ausgezeichnetes leisteten, mußte auch dieser Kritiker
ihnen zugestehen; dennoch bezeichnete er diese Eigenschaften als Proben einer
Virtuosität, die mit der wahren Kunst nichts zu schaffen hätten. Den Bildern
fehle für eine historische Auffassung nichts weniger als alles, Gallait habe die
Abdankung selbst keineswegs dargestellt; sein Bild sei in der Darstellung ver¬
fehlt, de Biefre aber habe sich schon in der Wahl seines Gegenstandes vergriffen.
Darum, so lautete sein Mtsnnn, «ZMLvo, sei es seiue innigste und festeste Über¬
zeugung, „daß jeder Versuch vonseiten deutscher Künstler, in diese Bahn ein-
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |