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Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Drittes Quartal.

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Deutsches Rünstlerleben im fünfzehnten und sechzehnten Jahrhundert.

Schmidt wegen Übernahme eines Altars in Liegnitz, 1508 mit Michel Wohl-
gemuth wegen Übernahme eines Altars in Schwabach geschlossen wurde. In
allen ist der darzustellende Gegenstand, die Größe der Tafel und der zu zahlende
Preis genau festgesetzt.

Durch die Art dieser Werke war naturgemäß auch die Art der Ausführung
bedingt. Die Maler hatten außer den eigentlichen Bildern auch die Herstellung.
Vergoldung und Bemalung der geschnitzten Mittelfiguren der Altarwcrke zu
übernehmen, weshalb sie in den Urkunden auch bald als Maler, bald als Bild¬
schnitzer bezeichnet werden. An die eigenhändige Vollendung eines solchen um¬
fangreichen Werkes war natürlich nicht zu denken, sondern der Meister mußte
bei der Ausführung eine Reihe von Gesellen zu Hilfe nehmen. Die Zahl
derselben war in den meisten Städten unbeschränkt, nur in Prag durfte ein
Maler als Gesellen nur einen Maler, einen Zubereiter und einen Schnitzer
unterhalten. Er begnügte sich, eine Skizze zu entwerfen, auch Wohl dieselbe
mit dunkeln Pinselstrichen auf die Tafel zu übertragen; diese Entwürfe wurden
dann den "Knechten" zur Vollendung überantwortet, und hieraus erklärt sich
die an den Altarwerken jener Zeit oft wahrnehmbare ungleiche Arbeit.

Im übrigen richtete sich die Art der Ausführung nach den festgesetzten
Preisen, die so verschieden waren, daß man sich nur schwer ein Gesamturteil
darüber bilden kann. Der betriebsame WvhlgemnthErhielt für den Schwabacher
Altar 600, für den Zwickauer sogar 1400 rheinische Gulden; Nikolaus Schmidt
bekam für sein Altarwerk in Liegnitz 270, Hans Plcydenwurf für sein Werk
in der Elisabethkirche in Breslciu 200 ungarische Gulden. Diesen Meistern
steht als der am schlechtesten bezahlte Künstler der alte Holbein gegenüber, der
die verschiednen noch jetzt in der Augsburger Galerie bewahrten Bilder für
unglaublich geringe Summen lieferte. Er erhielt für die sechs Passiousszencn
26 Gulden, für die Walthersche Votivtafel 64 Gulden 30 Kreuzer, für die Basilika
Santa Maria Maggiore 60 Gulden, für die Paulsbasilika gegen 90 Gulden; nur
einmal hatte er für die Moritzkirche vier Flügel eines Altarwerkes zu liefern, wofür
die überraschend große Summe von 323 Gulden ausbedungen war. Wenn die Maler
an Ort und Stelle arbeiteten, so standen sie gewöhnlich in der Verpflegung
ihrer Auftraggeber, auch kauften die Besteller dann selbst die Farben und be¬
zahlten die Künstler ratenweise. Wurde das Werk abgeliefert, so wurde über
den ausbedungenen Preis noch der Frau und den Gesellen des Künstlers ein
Trinkgeld gegeben. Als der alte Holbein z. B. im Jahre 1508 sein Altarwerk
an die Moritzkirche ablieferte, erhielt seine Frau 5 Gulden "zu leikosf" und
sei" Sohn Ambrosius 1 Gulden. Als Wohlgemuth gleichzeitig den Schwa¬
bacher Altar vollendet hatte, wurden außer der ausbedungenen Summe von
600 Gulden seiner Frau noch 10 Gulden "zum Leihkauf" verwilligt.

Andre Erwerbszweige neben ihrer Malerthätigkeit hatten die Künstler im
fünfzehnten Jahrhundert noch nicht. Zwar begannen sie seit den achtziger


Deutsches Rünstlerleben im fünfzehnten und sechzehnten Jahrhundert.

Schmidt wegen Übernahme eines Altars in Liegnitz, 1508 mit Michel Wohl-
gemuth wegen Übernahme eines Altars in Schwabach geschlossen wurde. In
allen ist der darzustellende Gegenstand, die Größe der Tafel und der zu zahlende
Preis genau festgesetzt.

Durch die Art dieser Werke war naturgemäß auch die Art der Ausführung
bedingt. Die Maler hatten außer den eigentlichen Bildern auch die Herstellung.
Vergoldung und Bemalung der geschnitzten Mittelfiguren der Altarwcrke zu
übernehmen, weshalb sie in den Urkunden auch bald als Maler, bald als Bild¬
schnitzer bezeichnet werden. An die eigenhändige Vollendung eines solchen um¬
fangreichen Werkes war natürlich nicht zu denken, sondern der Meister mußte
bei der Ausführung eine Reihe von Gesellen zu Hilfe nehmen. Die Zahl
derselben war in den meisten Städten unbeschränkt, nur in Prag durfte ein
Maler als Gesellen nur einen Maler, einen Zubereiter und einen Schnitzer
unterhalten. Er begnügte sich, eine Skizze zu entwerfen, auch Wohl dieselbe
mit dunkeln Pinselstrichen auf die Tafel zu übertragen; diese Entwürfe wurden
dann den „Knechten" zur Vollendung überantwortet, und hieraus erklärt sich
die an den Altarwerken jener Zeit oft wahrnehmbare ungleiche Arbeit.

Im übrigen richtete sich die Art der Ausführung nach den festgesetzten
Preisen, die so verschieden waren, daß man sich nur schwer ein Gesamturteil
darüber bilden kann. Der betriebsame WvhlgemnthErhielt für den Schwabacher
Altar 600, für den Zwickauer sogar 1400 rheinische Gulden; Nikolaus Schmidt
bekam für sein Altarwerk in Liegnitz 270, Hans Plcydenwurf für sein Werk
in der Elisabethkirche in Breslciu 200 ungarische Gulden. Diesen Meistern
steht als der am schlechtesten bezahlte Künstler der alte Holbein gegenüber, der
die verschiednen noch jetzt in der Augsburger Galerie bewahrten Bilder für
unglaublich geringe Summen lieferte. Er erhielt für die sechs Passiousszencn
26 Gulden, für die Walthersche Votivtafel 64 Gulden 30 Kreuzer, für die Basilika
Santa Maria Maggiore 60 Gulden, für die Paulsbasilika gegen 90 Gulden; nur
einmal hatte er für die Moritzkirche vier Flügel eines Altarwerkes zu liefern, wofür
die überraschend große Summe von 323 Gulden ausbedungen war. Wenn die Maler
an Ort und Stelle arbeiteten, so standen sie gewöhnlich in der Verpflegung
ihrer Auftraggeber, auch kauften die Besteller dann selbst die Farben und be¬
zahlten die Künstler ratenweise. Wurde das Werk abgeliefert, so wurde über
den ausbedungenen Preis noch der Frau und den Gesellen des Künstlers ein
Trinkgeld gegeben. Als der alte Holbein z. B. im Jahre 1508 sein Altarwerk
an die Moritzkirche ablieferte, erhielt seine Frau 5 Gulden „zu leikosf" und
sei» Sohn Ambrosius 1 Gulden. Als Wohlgemuth gleichzeitig den Schwa¬
bacher Altar vollendet hatte, wurden außer der ausbedungenen Summe von
600 Gulden seiner Frau noch 10 Gulden „zum Leihkauf" verwilligt.

Andre Erwerbszweige neben ihrer Malerthätigkeit hatten die Künstler im
fünfzehnten Jahrhundert noch nicht. Zwar begannen sie seit den achtziger


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[0027] Deutsches Rünstlerleben im fünfzehnten und sechzehnten Jahrhundert. Schmidt wegen Übernahme eines Altars in Liegnitz, 1508 mit Michel Wohl- gemuth wegen Übernahme eines Altars in Schwabach geschlossen wurde. In allen ist der darzustellende Gegenstand, die Größe der Tafel und der zu zahlende Preis genau festgesetzt. Durch die Art dieser Werke war naturgemäß auch die Art der Ausführung bedingt. Die Maler hatten außer den eigentlichen Bildern auch die Herstellung. Vergoldung und Bemalung der geschnitzten Mittelfiguren der Altarwcrke zu übernehmen, weshalb sie in den Urkunden auch bald als Maler, bald als Bild¬ schnitzer bezeichnet werden. An die eigenhändige Vollendung eines solchen um¬ fangreichen Werkes war natürlich nicht zu denken, sondern der Meister mußte bei der Ausführung eine Reihe von Gesellen zu Hilfe nehmen. Die Zahl derselben war in den meisten Städten unbeschränkt, nur in Prag durfte ein Maler als Gesellen nur einen Maler, einen Zubereiter und einen Schnitzer unterhalten. Er begnügte sich, eine Skizze zu entwerfen, auch Wohl dieselbe mit dunkeln Pinselstrichen auf die Tafel zu übertragen; diese Entwürfe wurden dann den „Knechten" zur Vollendung überantwortet, und hieraus erklärt sich die an den Altarwerken jener Zeit oft wahrnehmbare ungleiche Arbeit. Im übrigen richtete sich die Art der Ausführung nach den festgesetzten Preisen, die so verschieden waren, daß man sich nur schwer ein Gesamturteil darüber bilden kann. Der betriebsame WvhlgemnthErhielt für den Schwabacher Altar 600, für den Zwickauer sogar 1400 rheinische Gulden; Nikolaus Schmidt bekam für sein Altarwerk in Liegnitz 270, Hans Plcydenwurf für sein Werk in der Elisabethkirche in Breslciu 200 ungarische Gulden. Diesen Meistern steht als der am schlechtesten bezahlte Künstler der alte Holbein gegenüber, der die verschiednen noch jetzt in der Augsburger Galerie bewahrten Bilder für unglaublich geringe Summen lieferte. Er erhielt für die sechs Passiousszencn 26 Gulden, für die Walthersche Votivtafel 64 Gulden 30 Kreuzer, für die Basilika Santa Maria Maggiore 60 Gulden, für die Paulsbasilika gegen 90 Gulden; nur einmal hatte er für die Moritzkirche vier Flügel eines Altarwerkes zu liefern, wofür die überraschend große Summe von 323 Gulden ausbedungen war. Wenn die Maler an Ort und Stelle arbeiteten, so standen sie gewöhnlich in der Verpflegung ihrer Auftraggeber, auch kauften die Besteller dann selbst die Farben und be¬ zahlten die Künstler ratenweise. Wurde das Werk abgeliefert, so wurde über den ausbedungenen Preis noch der Frau und den Gesellen des Künstlers ein Trinkgeld gegeben. Als der alte Holbein z. B. im Jahre 1508 sein Altarwerk an die Moritzkirche ablieferte, erhielt seine Frau 5 Gulden „zu leikosf" und sei» Sohn Ambrosius 1 Gulden. Als Wohlgemuth gleichzeitig den Schwa¬ bacher Altar vollendet hatte, wurden außer der ausbedungenen Summe von 600 Gulden seiner Frau noch 10 Gulden „zum Leihkauf" verwilligt. Andre Erwerbszweige neben ihrer Malerthätigkeit hatten die Künstler im fünfzehnten Jahrhundert noch nicht. Zwar begannen sie seit den achtziger

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_196099/27>, abgerufen am 22.11.2024.