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Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Drittes Quartal.

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Die Russen in Zentralasien.

die mittelasiatische Grenze wieder erheblich weiter nach Süden vorgeschoben.
Sie lief nunmehr, im Jahre 1847, laufende von Kilometern von Kurgan und
Omsk, wo sie 1726 gelaufen, von Osten nach Westen über den Jliflnß bis
zum Rücken des Alatau und längs des Tschu zum Syr Darja.

1853 begann Allen Kul, der Chan von Kokand, Feindseligkeiten gegen die
Russen, seine Truppen wurden von General Perowski bei Akmesched geschlagen,
worauf hier ein Fort erbaut wurde, das den Namen des Siegers erhielt. Die
Versuche der Kokcmzeu, Akmesched wieder zu nehmen, schlugen fehl, und die mit
jenem Fort gut gesicherte Linie des Jaxartes bis dahin, ungefähr 350 Kilo¬
meter östlich vom Aralsee, blieb in den Händen Rußlands. Doch war dessen
sibirisches Grenzland, da die Linie von den Kokcmzen umgangen werden konnte,
trotzdem nach wie vor bedroht, und 1860 nahmen jene durch Überfall das Fort
Kostet in Westsibirien. Indes wurde dies russischerseits dadurch ausgeglichen,
daß der orenburgsche Generalgouvemeur Besant in demselben Jahre noch die
kleinen Kolanzenfestungen Djulek und Jani Kurgan eroberte und so die Jaxcirtes-
linie wieder fast um 160 Kilometer in südöstlicher Richtung vorschob, während
zu derselben Zeit dnrch Vorgehen russischer Truppen von Kopai aus die
Karcckirgisen unterworfen wurden. Die Kokanzen setzten 1862 und 1863 ihre
Feindseligkeiten fort, indem sie die Forts Djulek und Perowski angriffen. Erst
1864 gingen die Russen in größerm Stile gegen sie vor, indem Oberst Tschernajew
(der später, 1876, als Feldherr der Serben mit wenig Geschick und noch weniger
Glück gegen die Türken kämpfte) nach Südwesten vorrückte und die starke Festung
Aulie Ala einnahm und gleichzeitig Oberst Werewkin, von Djulek aufgebrochen,
sich der Stadt Turkestan bemächtigte. Mit Werewkin hier zusammengetroffen,
folgte Tschernajew den fliehenden Kokanzen nach Tschimkend, das nach tapferer
Gegenwehr am 13. September erstürmt wurde. Dagegen mißlang ihm der am
2. Oktober unternommene Versuch, Taschkend zu nehmen, die Russen mußten
sich nach Tschimkend zurückziehen, und die Kokanzen ergriffen jetzt ihrerseits
wieder die Offensive. Sie hatten indes damit kein Glück, vielmehr nahm
Tschernajew, inzwischen verstärkt, seine Operationen gegen Taschkend wieder auf,
und nachdem er an den Tschirtschik vorgerückt war und das Fort Niasbek er¬
stürmt hatte, erschien er am 7. Mai 1868 vor jener Stadt, die nach dreitägigen
Kämpfen, in welchen der Chan von Kokand selbst den Tod fand, erobert wurde.
Bald darauf fielen auch Tschinas und Kcleutschi in die Gewalt der Sieger.

Jetzt aber erstand den Russen ein neuer Feind. Seid Mosafcir Eddin Chan,
der Emir von Buchara, hatte inzwischen Kokand ebenfalls angegriffen und einen
beträchtlichen Teil des Chanats erobert. Er verlangte daraufhin von den
Nüssen die Räumung von Taschkend und die Rückkehr hinter die Grenze des
Tschirtschik. Beides wurde abgeschlagen, aber Tschernajew erbot sich zu Ver¬
handlungen und schickte zu diesem Zwecke eine Gesandtschaft an den Emir, der
die Herren indes ohne weiteres gefangen setzen ließ. Um sie zu befreien, brach


Die Russen in Zentralasien.

die mittelasiatische Grenze wieder erheblich weiter nach Süden vorgeschoben.
Sie lief nunmehr, im Jahre 1847, laufende von Kilometern von Kurgan und
Omsk, wo sie 1726 gelaufen, von Osten nach Westen über den Jliflnß bis
zum Rücken des Alatau und längs des Tschu zum Syr Darja.

1853 begann Allen Kul, der Chan von Kokand, Feindseligkeiten gegen die
Russen, seine Truppen wurden von General Perowski bei Akmesched geschlagen,
worauf hier ein Fort erbaut wurde, das den Namen des Siegers erhielt. Die
Versuche der Kokcmzeu, Akmesched wieder zu nehmen, schlugen fehl, und die mit
jenem Fort gut gesicherte Linie des Jaxartes bis dahin, ungefähr 350 Kilo¬
meter östlich vom Aralsee, blieb in den Händen Rußlands. Doch war dessen
sibirisches Grenzland, da die Linie von den Kokcmzen umgangen werden konnte,
trotzdem nach wie vor bedroht, und 1860 nahmen jene durch Überfall das Fort
Kostet in Westsibirien. Indes wurde dies russischerseits dadurch ausgeglichen,
daß der orenburgsche Generalgouvemeur Besant in demselben Jahre noch die
kleinen Kolanzenfestungen Djulek und Jani Kurgan eroberte und so die Jaxcirtes-
linie wieder fast um 160 Kilometer in südöstlicher Richtung vorschob, während
zu derselben Zeit dnrch Vorgehen russischer Truppen von Kopai aus die
Karcckirgisen unterworfen wurden. Die Kokanzen setzten 1862 und 1863 ihre
Feindseligkeiten fort, indem sie die Forts Djulek und Perowski angriffen. Erst
1864 gingen die Russen in größerm Stile gegen sie vor, indem Oberst Tschernajew
(der später, 1876, als Feldherr der Serben mit wenig Geschick und noch weniger
Glück gegen die Türken kämpfte) nach Südwesten vorrückte und die starke Festung
Aulie Ala einnahm und gleichzeitig Oberst Werewkin, von Djulek aufgebrochen,
sich der Stadt Turkestan bemächtigte. Mit Werewkin hier zusammengetroffen,
folgte Tschernajew den fliehenden Kokanzen nach Tschimkend, das nach tapferer
Gegenwehr am 13. September erstürmt wurde. Dagegen mißlang ihm der am
2. Oktober unternommene Versuch, Taschkend zu nehmen, die Russen mußten
sich nach Tschimkend zurückziehen, und die Kokanzen ergriffen jetzt ihrerseits
wieder die Offensive. Sie hatten indes damit kein Glück, vielmehr nahm
Tschernajew, inzwischen verstärkt, seine Operationen gegen Taschkend wieder auf,
und nachdem er an den Tschirtschik vorgerückt war und das Fort Niasbek er¬
stürmt hatte, erschien er am 7. Mai 1868 vor jener Stadt, die nach dreitägigen
Kämpfen, in welchen der Chan von Kokand selbst den Tod fand, erobert wurde.
Bald darauf fielen auch Tschinas und Kcleutschi in die Gewalt der Sieger.

Jetzt aber erstand den Russen ein neuer Feind. Seid Mosafcir Eddin Chan,
der Emir von Buchara, hatte inzwischen Kokand ebenfalls angegriffen und einen
beträchtlichen Teil des Chanats erobert. Er verlangte daraufhin von den
Nüssen die Räumung von Taschkend und die Rückkehr hinter die Grenze des
Tschirtschik. Beides wurde abgeschlagen, aber Tschernajew erbot sich zu Ver¬
handlungen und schickte zu diesem Zwecke eine Gesandtschaft an den Emir, der
die Herren indes ohne weiteres gefangen setzen ließ. Um sie zu befreien, brach


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[0206] Die Russen in Zentralasien. die mittelasiatische Grenze wieder erheblich weiter nach Süden vorgeschoben. Sie lief nunmehr, im Jahre 1847, laufende von Kilometern von Kurgan und Omsk, wo sie 1726 gelaufen, von Osten nach Westen über den Jliflnß bis zum Rücken des Alatau und längs des Tschu zum Syr Darja. 1853 begann Allen Kul, der Chan von Kokand, Feindseligkeiten gegen die Russen, seine Truppen wurden von General Perowski bei Akmesched geschlagen, worauf hier ein Fort erbaut wurde, das den Namen des Siegers erhielt. Die Versuche der Kokcmzeu, Akmesched wieder zu nehmen, schlugen fehl, und die mit jenem Fort gut gesicherte Linie des Jaxartes bis dahin, ungefähr 350 Kilo¬ meter östlich vom Aralsee, blieb in den Händen Rußlands. Doch war dessen sibirisches Grenzland, da die Linie von den Kokcmzen umgangen werden konnte, trotzdem nach wie vor bedroht, und 1860 nahmen jene durch Überfall das Fort Kostet in Westsibirien. Indes wurde dies russischerseits dadurch ausgeglichen, daß der orenburgsche Generalgouvemeur Besant in demselben Jahre noch die kleinen Kolanzenfestungen Djulek und Jani Kurgan eroberte und so die Jaxcirtes- linie wieder fast um 160 Kilometer in südöstlicher Richtung vorschob, während zu derselben Zeit dnrch Vorgehen russischer Truppen von Kopai aus die Karcckirgisen unterworfen wurden. Die Kokanzen setzten 1862 und 1863 ihre Feindseligkeiten fort, indem sie die Forts Djulek und Perowski angriffen. Erst 1864 gingen die Russen in größerm Stile gegen sie vor, indem Oberst Tschernajew (der später, 1876, als Feldherr der Serben mit wenig Geschick und noch weniger Glück gegen die Türken kämpfte) nach Südwesten vorrückte und die starke Festung Aulie Ala einnahm und gleichzeitig Oberst Werewkin, von Djulek aufgebrochen, sich der Stadt Turkestan bemächtigte. Mit Werewkin hier zusammengetroffen, folgte Tschernajew den fliehenden Kokanzen nach Tschimkend, das nach tapferer Gegenwehr am 13. September erstürmt wurde. Dagegen mißlang ihm der am 2. Oktober unternommene Versuch, Taschkend zu nehmen, die Russen mußten sich nach Tschimkend zurückziehen, und die Kokanzen ergriffen jetzt ihrerseits wieder die Offensive. Sie hatten indes damit kein Glück, vielmehr nahm Tschernajew, inzwischen verstärkt, seine Operationen gegen Taschkend wieder auf, und nachdem er an den Tschirtschik vorgerückt war und das Fort Niasbek er¬ stürmt hatte, erschien er am 7. Mai 1868 vor jener Stadt, die nach dreitägigen Kämpfen, in welchen der Chan von Kokand selbst den Tod fand, erobert wurde. Bald darauf fielen auch Tschinas und Kcleutschi in die Gewalt der Sieger. Jetzt aber erstand den Russen ein neuer Feind. Seid Mosafcir Eddin Chan, der Emir von Buchara, hatte inzwischen Kokand ebenfalls angegriffen und einen beträchtlichen Teil des Chanats erobert. Er verlangte daraufhin von den Nüssen die Räumung von Taschkend und die Rückkehr hinter die Grenze des Tschirtschik. Beides wurde abgeschlagen, aber Tschernajew erbot sich zu Ver¬ handlungen und schickte zu diesem Zwecke eine Gesandtschaft an den Emir, der die Herren indes ohne weiteres gefangen setzen ließ. Um sie zu befreien, brach

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_196099/206>, abgerufen am 24.11.2024.