Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Drittes Quartal.Reisebriefe ans Italien vom Jahre ^832. Chigi. Hier steht der herrliche Jonas, welcher dein Walfisch entstiegen ist, nicht Weit weniger vollkommen ist der dem Jonas gegenüber gestellte Elisa, zwar Eine" großen Teil dieser Herrlichkeiten muß auch Luther, als er im Jahre 1510 Jetzt ist der Konvent zum Aussterben bestimmt; nur uoch acht Mönche hüten Wir kamen noch zur rechten Zeit, um Rom in seiner geistlichen Mannich- Nicht weit von da, wo Luther einst gewohnt, stieg einige Jahrhunderte später Das Arbeitspensum des Tages waren die Sammlungen in dein (päpstlichen) Das Grabmal des Architekten des Kolosseums mit seiner Büste und mit der¬ Reisebriefe ans Italien vom Jahre ^832. Chigi. Hier steht der herrliche Jonas, welcher dein Walfisch entstiegen ist, nicht Weit weniger vollkommen ist der dem Jonas gegenüber gestellte Elisa, zwar Eine« großen Teil dieser Herrlichkeiten muß auch Luther, als er im Jahre 1510 Jetzt ist der Konvent zum Aussterben bestimmt; nur uoch acht Mönche hüten Wir kamen noch zur rechten Zeit, um Rom in seiner geistlichen Mannich- Nicht weit von da, wo Luther einst gewohnt, stieg einige Jahrhunderte später Das Arbeitspensum des Tages waren die Sammlungen in dein (päpstlichen) Das Grabmal des Architekten des Kolosseums mit seiner Büste und mit der¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0135" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/196235"/> <fw type="header" place="top"> Reisebriefe ans Italien vom Jahre ^832.</fw><lb/> <p xml:id="ID_473" prev="#ID_472"> Chigi. Hier steht der herrliche Jonas, welcher dein Walfisch entstiegen ist, nicht<lb/> nur von Naffael entworfen, sondern, wie ich jetzt fest überzeugt bin, auch von ihm<lb/> selbst in Marmor ausgeführt. Der Abguß (auch im Dresdner Museum besitzen<lb/> wir einen solchen) giebt doch nur einen schwachen Begriff von der wunderbaren<lb/> Schönheit, der Lebensfülle und Wahrheit dieses Werkes, und es ist wohl nie der<lb/> Sieg des Lebens über deu Tod herrlicher dargestellt worden. Ich muß sagen, daß dies<lb/> noch über Michelangelo geht; denn es ist maßvoller, während es den erhabensten<lb/> Werken des großen Bildhauers an Lebenswahrheit nichts nachgiebt. Diese Weichheit<lb/> und diese Kraft zugleich! Jedes Detail vorhanden, und doch das Wesentliche fein<lb/> accentuirt!</p><lb/> <p xml:id="ID_474"> Weit weniger vollkommen ist der dem Jonas gegenüber gestellte Elisa, zwar<lb/> nach Raffaels EntWurfe, jedoch von einem Andern, dem Loreuzetto, ausgeführt.<lb/> Die Deckengemälde sind von Alvisiv della Pace nach Raffaels Kartons in Mosaik<lb/> gelegt.</p><lb/> <p xml:id="ID_475"> Eine« großen Teil dieser Herrlichkeiten muß auch Luther, als er im Jahre 1510<lb/> hier war, täglich gesehen haben; denn er wohnte in dem zur Kirche gehörigen<lb/> Kloster. Aber, wie schon früher bemerkt, er hat niemals von diesen Dingen etwas<lb/> erwähnt.</p><lb/> <p xml:id="ID_476"> Jetzt ist der Konvent zum Aussterben bestimmt; nur uoch acht Mönche hüten<lb/> das Heiligtum. Ein Laienbruder von gutem Kuusturteil und anmutigen Manieren<lb/> führte uns; es berührte eigen, sich zu vergegenwärtigen, daß er genau dieselbe<lb/> Tracht trug, die Luther seinerzeit getragen hat.</p><lb/> <p xml:id="ID_477"> Wir kamen noch zur rechten Zeit, um Rom in seiner geistlichen Mannich-<lb/> faltigkeit und Fertigkeit zu sehen; in wenigen Jahren müssen diese alte» Mönchs-<lb/> Pensionäre weggestorben sein. Mir ist nur nicht begreiflich, warum der Staat,<lb/> der nur eiuen Akt der Selbsterhaltung übte, wenn er die Fülle des Priestertums<lb/> etwas einschränkte, nicht auch einen Griff unter die Weltpriester that, denn deren<lb/> Zahl ist nach wie vor Legion. Es ist zuzugeben, daß die katholische Kirche, indem<lb/> sie wesentlich auf Darstellung angewiesen, mehr Priester bedarf als die evangelische;<lb/> aber eine Reduktion dürfte in ihrem eigensten Interesse sein. Denn was zu häufig<lb/> in der Welt ist und überall, ja bei jedem Schritt gesehen wird, kann nicht mehr<lb/> auf Auszeichnung Anspruch machen. Es wird durch die Ueberzahl eine rc-s vitis.<lb/> Auch ärgert beständig diese Vergeudung von guten Kräften.</p><lb/> <p xml:id="ID_478"> Nicht weit von da, wo Luther einst gewohnt, stieg einige Jahrhunderte später<lb/> Goethe ab, nämlich in einem der ersten Häuser des Korso, der Hauptstraße, die<lb/> auf die Piazza bei Popolo führt. Am Hause befindet sich seit zehn Jahren folgende<lb/> italienische Inschrift: „In diesem Hause ersann und schrieb unsterbliche Sachen<lb/> Wolfgang Goethe. — Die Gemeinde von Rom setzte zum Gedächtnis ihres großen<lb/> Gastes diese Tafel im Jahre 1372." Ihm gegenüber wohnte Angelika Kaufmann.</p><lb/> <p xml:id="ID_479"> Das Arbeitspensum des Tages waren die Sammlungen in dein (päpstlichen)<lb/> Palaste des Lateran. Aus der Galerie der Profauskulpturen hebe ich den wunder¬<lb/> vollen Sophokles hervor, wohl eines der vollkommensten Werke griechischer Kunst.<lb/> Man muß sich den bekannten Gypsabguß in schöner, gelbbräunlichcr Farbe denken,<lb/> um den vollen Eindruck zu haben. Hervorragend ein griechisches Relief, welches<lb/> darstellt, wie Medea, mit den Töchtern des Pelias, am Kessel die Vorbereitungen<lb/> zum Morde des Alten trifft.</p><lb/> <p xml:id="ID_480" next="#ID_481"> Das Grabmal des Architekten des Kolosseums mit seiner Büste und mit der¬<lb/> jenigen seiner Frau: Personen, denen man gestern begegnet zu sein meint. Seine<lb/> wichtigsten Bauten sind im Relief dargestellt, und an einem Tempel wird eine</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0135]
Reisebriefe ans Italien vom Jahre ^832.
Chigi. Hier steht der herrliche Jonas, welcher dein Walfisch entstiegen ist, nicht
nur von Naffael entworfen, sondern, wie ich jetzt fest überzeugt bin, auch von ihm
selbst in Marmor ausgeführt. Der Abguß (auch im Dresdner Museum besitzen
wir einen solchen) giebt doch nur einen schwachen Begriff von der wunderbaren
Schönheit, der Lebensfülle und Wahrheit dieses Werkes, und es ist wohl nie der
Sieg des Lebens über deu Tod herrlicher dargestellt worden. Ich muß sagen, daß dies
noch über Michelangelo geht; denn es ist maßvoller, während es den erhabensten
Werken des großen Bildhauers an Lebenswahrheit nichts nachgiebt. Diese Weichheit
und diese Kraft zugleich! Jedes Detail vorhanden, und doch das Wesentliche fein
accentuirt!
Weit weniger vollkommen ist der dem Jonas gegenüber gestellte Elisa, zwar
nach Raffaels EntWurfe, jedoch von einem Andern, dem Loreuzetto, ausgeführt.
Die Deckengemälde sind von Alvisiv della Pace nach Raffaels Kartons in Mosaik
gelegt.
Eine« großen Teil dieser Herrlichkeiten muß auch Luther, als er im Jahre 1510
hier war, täglich gesehen haben; denn er wohnte in dem zur Kirche gehörigen
Kloster. Aber, wie schon früher bemerkt, er hat niemals von diesen Dingen etwas
erwähnt.
Jetzt ist der Konvent zum Aussterben bestimmt; nur uoch acht Mönche hüten
das Heiligtum. Ein Laienbruder von gutem Kuusturteil und anmutigen Manieren
führte uns; es berührte eigen, sich zu vergegenwärtigen, daß er genau dieselbe
Tracht trug, die Luther seinerzeit getragen hat.
Wir kamen noch zur rechten Zeit, um Rom in seiner geistlichen Mannich-
faltigkeit und Fertigkeit zu sehen; in wenigen Jahren müssen diese alte» Mönchs-
Pensionäre weggestorben sein. Mir ist nur nicht begreiflich, warum der Staat,
der nur eiuen Akt der Selbsterhaltung übte, wenn er die Fülle des Priestertums
etwas einschränkte, nicht auch einen Griff unter die Weltpriester that, denn deren
Zahl ist nach wie vor Legion. Es ist zuzugeben, daß die katholische Kirche, indem
sie wesentlich auf Darstellung angewiesen, mehr Priester bedarf als die evangelische;
aber eine Reduktion dürfte in ihrem eigensten Interesse sein. Denn was zu häufig
in der Welt ist und überall, ja bei jedem Schritt gesehen wird, kann nicht mehr
auf Auszeichnung Anspruch machen. Es wird durch die Ueberzahl eine rc-s vitis.
Auch ärgert beständig diese Vergeudung von guten Kräften.
Nicht weit von da, wo Luther einst gewohnt, stieg einige Jahrhunderte später
Goethe ab, nämlich in einem der ersten Häuser des Korso, der Hauptstraße, die
auf die Piazza bei Popolo führt. Am Hause befindet sich seit zehn Jahren folgende
italienische Inschrift: „In diesem Hause ersann und schrieb unsterbliche Sachen
Wolfgang Goethe. — Die Gemeinde von Rom setzte zum Gedächtnis ihres großen
Gastes diese Tafel im Jahre 1372." Ihm gegenüber wohnte Angelika Kaufmann.
Das Arbeitspensum des Tages waren die Sammlungen in dein (päpstlichen)
Palaste des Lateran. Aus der Galerie der Profauskulpturen hebe ich den wunder¬
vollen Sophokles hervor, wohl eines der vollkommensten Werke griechischer Kunst.
Man muß sich den bekannten Gypsabguß in schöner, gelbbräunlichcr Farbe denken,
um den vollen Eindruck zu haben. Hervorragend ein griechisches Relief, welches
darstellt, wie Medea, mit den Töchtern des Pelias, am Kessel die Vorbereitungen
zum Morde des Alten trifft.
Das Grabmal des Architekten des Kolosseums mit seiner Büste und mit der¬
jenigen seiner Frau: Personen, denen man gestern begegnet zu sein meint. Seine
wichtigsten Bauten sind im Relief dargestellt, und an einem Tempel wird eine
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |