Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Drittes Quartal.Das Programm des Torykabinets. Nation eine genügende Mehrheit zu gewinnen. Wie berichtet wird, machen Der Ausfall der Wahlen zur Wiederbesetzung der Parlamentssitze, welche Das Programm des Torykabinets. Nation eine genügende Mehrheit zu gewinnen. Wie berichtet wird, machen Der Ausfall der Wahlen zur Wiederbesetzung der Parlamentssitze, welche <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0112" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/196212"/> <fw type="header" place="top"> Das Programm des Torykabinets.</fw><lb/> <p xml:id="ID_392" prev="#ID_391"> Nation eine genügende Mehrheit zu gewinnen. Wie berichtet wird, machen<lb/> sich in manchen Städten und Gegenden Anzeichen von Gleichgiltigkeit gegen<lb/> Programm und Führung der Liberalen bemerklich, nach denen ein Sieg der<lb/> Konservativen zu erwarten wäre, doch wird darauf kein großes Gewicht zu<lb/> legen sein. Dagegen dürfen die Liberalen viel von der Million ländlicher<lb/> Handwerker hoffen, welche jetzt Stimmrecht erhalten und sich desselben — weniger<lb/> aus Hoffnung als aus Dankbarkeit —, ähnlich wie ihre städtischen Berufs-<lb/> genossen, zugunsten Gladstones bedienen werden. Was die andre Million neu-<lb/> hinznkvmmender Wähler, die bei der Landwirtschaft beschäftigten Arbeiter, be¬<lb/> trifft, so tappt man völlig im Dunkeln. Die Radikalen versprechen sich hier<lb/> viel von der Wühlerei gewisser außerhalb der Episkopalkirche stehenden Geist¬<lb/> lichen, und es mag sein, daß die zu den Tories haltenden Landjunker und<lb/> Pfarrer es unterlassen haben, sich des guten Willens des armen Lazcirus vor<lb/> ihrer Thür zu versichern. Es kann zu einer Wahlschlacht ähnlich der von 1859<lb/> kommen, als Lord Derby an das Volk appellirte. Die Konservativen hatten<lb/> damals eine kurze Zeit regiert, ohne sich in Mißkredit zu bringen. Die Libe¬<lb/> ralen waren weder sehr warm für ihre Sache, noch einig, ganz wie jetzt, und<lb/> doch endigte der Wahlakt damit, daß Palmerston eine Majorität erhielt, die<lb/> zwar uicht groß, aber genügend war, um ihm ein sechsjähriges Regieren zu er¬<lb/> möglichen. Zwei Faktoren, die damals fehlten, werden jetzt vorhanden sein:<lb/> die neuen Wähler und das Kontingent der Anhänger Paruells. Die mit Stimm¬<lb/> recht beschenkten ländlichen Wähler können in die englische Geschichte ein radi¬<lb/> kales und revolutionäres Element hineintragen und gefährliche Umwälzungen<lb/> vorbereiten, und eine irische Partei in der Stärke von etwa achtzig Köpfen<lb/> würde etwas seit dem Anfange dieses Jahrhunderts unerhörtes sein.</p><lb/> <p xml:id="ID_393"> Der Ausfall der Wahlen zur Wiederbesetzung der Parlamentssitze, welche<lb/> durch den Eintritt der betreffenden Abgeordneten in Negierungsämtcr erledigt<lb/> worden waren, ist für die Konservativen sehr günstig, für die Liberalen eine<lb/> unerfreuliche Überraschung gewesen, aber auf die bevorstehenden allgemeinen<lb/> Wahlen läßt sich daraus doch nur ein beschränkter und bedingter Schluß ziehen.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0112]
Das Programm des Torykabinets.
Nation eine genügende Mehrheit zu gewinnen. Wie berichtet wird, machen
sich in manchen Städten und Gegenden Anzeichen von Gleichgiltigkeit gegen
Programm und Führung der Liberalen bemerklich, nach denen ein Sieg der
Konservativen zu erwarten wäre, doch wird darauf kein großes Gewicht zu
legen sein. Dagegen dürfen die Liberalen viel von der Million ländlicher
Handwerker hoffen, welche jetzt Stimmrecht erhalten und sich desselben — weniger
aus Hoffnung als aus Dankbarkeit —, ähnlich wie ihre städtischen Berufs-
genossen, zugunsten Gladstones bedienen werden. Was die andre Million neu-
hinznkvmmender Wähler, die bei der Landwirtschaft beschäftigten Arbeiter, be¬
trifft, so tappt man völlig im Dunkeln. Die Radikalen versprechen sich hier
viel von der Wühlerei gewisser außerhalb der Episkopalkirche stehenden Geist¬
lichen, und es mag sein, daß die zu den Tories haltenden Landjunker und
Pfarrer es unterlassen haben, sich des guten Willens des armen Lazcirus vor
ihrer Thür zu versichern. Es kann zu einer Wahlschlacht ähnlich der von 1859
kommen, als Lord Derby an das Volk appellirte. Die Konservativen hatten
damals eine kurze Zeit regiert, ohne sich in Mißkredit zu bringen. Die Libe¬
ralen waren weder sehr warm für ihre Sache, noch einig, ganz wie jetzt, und
doch endigte der Wahlakt damit, daß Palmerston eine Majorität erhielt, die
zwar uicht groß, aber genügend war, um ihm ein sechsjähriges Regieren zu er¬
möglichen. Zwei Faktoren, die damals fehlten, werden jetzt vorhanden sein:
die neuen Wähler und das Kontingent der Anhänger Paruells. Die mit Stimm¬
recht beschenkten ländlichen Wähler können in die englische Geschichte ein radi¬
kales und revolutionäres Element hineintragen und gefährliche Umwälzungen
vorbereiten, und eine irische Partei in der Stärke von etwa achtzig Köpfen
würde etwas seit dem Anfange dieses Jahrhunderts unerhörtes sein.
Der Ausfall der Wahlen zur Wiederbesetzung der Parlamentssitze, welche
durch den Eintritt der betreffenden Abgeordneten in Negierungsämtcr erledigt
worden waren, ist für die Konservativen sehr günstig, für die Liberalen eine
unerfreuliche Überraschung gewesen, aber auf die bevorstehenden allgemeinen
Wahlen läßt sich daraus doch nur ein beschränkter und bedingter Schluß ziehen.
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |