Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Zweites Quartal.dessen Höhe ein zwei Stellen bis gegen tausend Fuß steigt und im allgemeinen dessen Höhe ein zwei Stellen bis gegen tausend Fuß steigt und im allgemeinen <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0082" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/195471"/> <fw type="header" place="top"/><lb/> <p xml:id="ID_275" prev="#ID_274" next="#ID_276"> dessen Höhe ein zwei Stellen bis gegen tausend Fuß steigt und im allgemeinen<lb/> vier- bis fünfhundert Fuß beträgt; diese Hochfläche ist ziemlich rauh, und die<lb/> nach Süden anstoßenden, zum Weichselgelnet gehörigen Landstriche (Masuren),<lb/> deren Meereshöhe nicht viel geringer ist, sind es gleichfalls. Vom Kreise<lb/> Goldap ans, dem durchschnittlich höchstgelcgnen und daher rauhesten der Provinz,<lb/> geht der Höhenrücken zwar auf russisch-polnisches Gebiet über, aber die nun an¬<lb/> stoßende, den Witterungseinflüssen aus Nußland her ganz preisgegebene lit-<lb/> tanischen Ebene ist auch nicht viel milder. Bis Jnsterburg, im tiefen Pregelthale,<lb/> gedeihen noch Ölfrüchte, aber von hier gegen Gumbinnen zu hören dieselben auf;<lb/> weiter nördlich die „Niederung," ein eigentümliches, von einem unentwirrbaren<lb/> Systeme von Memelarmen, Kanälen und Kiistenflüßcheu durchzogenes, sehr frucht¬<lb/> bares Gebiet, hat allerdings noch Meeres-, also milderes Klima, und kann wieder<lb/> alle Feldfrüchte zeitigen, aber noch weiter nördlich und östlich kommt doch<lb/> auch der Weizen nicht mehr fort. Schon bei Jnsterburg ist der Nußbaum nur<lb/> noch in strauchartigen Zustande zu erhalten, und im eigentlichen Littauer reift<lb/> wohl unser gewöhnliches Obst so leidlich, feineres aber nicht mehr oder<lb/> nur unter besonders günstigen Umständen. Daß in diesem Landstriche anch die¬<lb/> jenigen Schwierigkeiten größer sind, welche sich aus der Kürze der Vegetations¬<lb/> periode ergeben, läßt sich denken; sinkt die Dauer der letzteren doch hier nicht<lb/> selten auf 4^ Monate. Diesen ungünstigen Verhältnissen stehen nun aber<lb/> auch wieder sehr günstige gegenüber. Klimatisch am besten situirt sind die unter<lb/> dem Einflüsse des frischen Haffs stehenden, nächstdem die westlich und südwestlich<lb/> am kurischen Haff gelegenen Landstriche; also in erster Linie das ganze Erm-<lb/> land (die Kreise Braunsberg. Heilsberg, Altenstein und Rössel) und die Kreise<lb/> Heiligenbeil, Preußisch-Eylau, Preußisch-Holland und Mohrungen, sowie ein<lb/> Teil des Kreises Osterode. in zweiter Linie die Kreise Königsberg-Land, Fisch¬<lb/> hausen, Labiau und Wehlau. Anteil an diesem milderen Klima haben noch die<lb/> Kreise Friedland und Rastenburg. Das ist der gute Teil von Ostpreußen; es<lb/> ist zugleich derjenige Teil, wo das Deutschtum unbestritten herrscht. Mit ge¬<lb/> ringen Ausnahmen, deren hauptsächlichste die Niederung bildet, hat diese Gegend<lb/> anch den fruchtbarsten Boden. Die Niederung, die (in ihrem wichtigsten Teile<lb/> wenigstens) recht eigentliches Marschland ist, steht ziemlich obenan; mir der<lb/> durch die Nähe der Provinzialhanptstadt zu intensivstem Anbau befähigte Land¬<lb/> kreis Königsberg hat ähnliche und wohl noch etwas höher gehende Reinertrags¬<lb/> zahlen aufzuweisen. Nun schließt sich ein eigentümliches Verhältnis an: der be¬<lb/> rühmte „schwarze Lehm" des Kreises Rastenbnrg und der „rote Lehm" der Kreise<lb/> Wehlau, Gerdauen, Friedland und Königsberg-Land. Es ist dies ein ungemein<lb/> ertragsfähiger, aber gefährlicher Boden; treffen alle günstigen Umstände zu¬<lb/> sammen, so kann er einmal fabelhafte Erträge liefern; ist aber die Witterung<lb/> sei es zu naß oder zu trocken, so ist er kaum zu bearbeiten und liefert schreck¬<lb/> liche Fehlerntcn. Weiter nach Westen wird der Boden milder, und das nord-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0082]
dessen Höhe ein zwei Stellen bis gegen tausend Fuß steigt und im allgemeinen
vier- bis fünfhundert Fuß beträgt; diese Hochfläche ist ziemlich rauh, und die
nach Süden anstoßenden, zum Weichselgelnet gehörigen Landstriche (Masuren),
deren Meereshöhe nicht viel geringer ist, sind es gleichfalls. Vom Kreise
Goldap ans, dem durchschnittlich höchstgelcgnen und daher rauhesten der Provinz,
geht der Höhenrücken zwar auf russisch-polnisches Gebiet über, aber die nun an¬
stoßende, den Witterungseinflüssen aus Nußland her ganz preisgegebene lit-
tanischen Ebene ist auch nicht viel milder. Bis Jnsterburg, im tiefen Pregelthale,
gedeihen noch Ölfrüchte, aber von hier gegen Gumbinnen zu hören dieselben auf;
weiter nördlich die „Niederung," ein eigentümliches, von einem unentwirrbaren
Systeme von Memelarmen, Kanälen und Kiistenflüßcheu durchzogenes, sehr frucht¬
bares Gebiet, hat allerdings noch Meeres-, also milderes Klima, und kann wieder
alle Feldfrüchte zeitigen, aber noch weiter nördlich und östlich kommt doch
auch der Weizen nicht mehr fort. Schon bei Jnsterburg ist der Nußbaum nur
noch in strauchartigen Zustande zu erhalten, und im eigentlichen Littauer reift
wohl unser gewöhnliches Obst so leidlich, feineres aber nicht mehr oder
nur unter besonders günstigen Umständen. Daß in diesem Landstriche anch die¬
jenigen Schwierigkeiten größer sind, welche sich aus der Kürze der Vegetations¬
periode ergeben, läßt sich denken; sinkt die Dauer der letzteren doch hier nicht
selten auf 4^ Monate. Diesen ungünstigen Verhältnissen stehen nun aber
auch wieder sehr günstige gegenüber. Klimatisch am besten situirt sind die unter
dem Einflüsse des frischen Haffs stehenden, nächstdem die westlich und südwestlich
am kurischen Haff gelegenen Landstriche; also in erster Linie das ganze Erm-
land (die Kreise Braunsberg. Heilsberg, Altenstein und Rössel) und die Kreise
Heiligenbeil, Preußisch-Eylau, Preußisch-Holland und Mohrungen, sowie ein
Teil des Kreises Osterode. in zweiter Linie die Kreise Königsberg-Land, Fisch¬
hausen, Labiau und Wehlau. Anteil an diesem milderen Klima haben noch die
Kreise Friedland und Rastenburg. Das ist der gute Teil von Ostpreußen; es
ist zugleich derjenige Teil, wo das Deutschtum unbestritten herrscht. Mit ge¬
ringen Ausnahmen, deren hauptsächlichste die Niederung bildet, hat diese Gegend
anch den fruchtbarsten Boden. Die Niederung, die (in ihrem wichtigsten Teile
wenigstens) recht eigentliches Marschland ist, steht ziemlich obenan; mir der
durch die Nähe der Provinzialhanptstadt zu intensivstem Anbau befähigte Land¬
kreis Königsberg hat ähnliche und wohl noch etwas höher gehende Reinertrags¬
zahlen aufzuweisen. Nun schließt sich ein eigentümliches Verhältnis an: der be¬
rühmte „schwarze Lehm" des Kreises Rastenbnrg und der „rote Lehm" der Kreise
Wehlau, Gerdauen, Friedland und Königsberg-Land. Es ist dies ein ungemein
ertragsfähiger, aber gefährlicher Boden; treffen alle günstigen Umstände zu¬
sammen, so kann er einmal fabelhafte Erträge liefern; ist aber die Witterung
sei es zu naß oder zu trocken, so ist er kaum zu bearbeiten und liefert schreck¬
liche Fehlerntcn. Weiter nach Westen wird der Boden milder, und das nord-
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