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Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Zweites Quartal.

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Zur Beruhigung in der Währungsfrage.
Es wurden produzirt in Kilogramm jährlich:
in den Jahren Gold Silber
1851-60 201787 895 SS0
1861--70 183512 1220117
1871--80 171S00 2235000
1881 1S1912 2521039
1882 155200 2 634700.

In Thalern ausgedruckt, wobei 1 .Kilogramm Feinsilber ---- 60 Thaler und
1 Kilogramm Gold 15^-/., x 60 ---- 930 Thaler wert ist, repräsentirt die Jahres¬
produktion von 1882: 144336000 Thaler in Gold, 158082000 Thaler in
Silber.

Nimmt man dagegen den gegenwärtigen Wert eines Kilogramms Fein¬
silber zu fünfzig Thaler an, so kostet bei einem Wertverhältnis von 1: 18 ein
Kilogramm Gold 18 x 50 900 Thaler, die Zahlen ändern sich dann in
139680000 Thaler Gold, 131735000 Thaler Silber.

Vergleicht man diese Zahlen mit denen der Produktion von 1863, so er¬
giebt sich, daß sich die Goldproduktion etwas vermindert, die Silberprodnktivn
dagegen sich sehr vermehrt hat. Diese Thatsache steht außer Zweifel. Wird
nun aber das Gold ins Ungemessene steigen und das Silber fallen? Jedenfalls
nicht, denn der Preis richtet sich nicht nur nach dem Angebot, sondern anch
nach der Nachfrage. Ein weiteres Heruntergehen des Silberpreises wird be¬
wirken, daß Silber wieder mehr technisch und zu Luxusgegenständen verwendet
wird, wie zur Photographie, zu Löffeln, Dosen, Uhrgehäusen, Beschlägen,
Lampen ?e. Außerdem wird es noch geraume Zeit nach den Silbcrwährungs-
ländern in Ostasten abfließen. Als die jährliche Ausfuhr an Silber aus den
Mittelmeerhäfen und England, vorwiegend nach Indien und China, von hun¬
dert Millionen Thaler (bis 1862) auf dreizehn Millionen Thaler (1867) herunter¬
sank, fiel der Wert des Silbers allerdings, aber nicht in dem Maße, als man
fürchtete. In den siebziger Jahren ist die Ausfuhr wieder gestiegen, und sie wird
voraussichtlich bei dem Billigerwerden des Silbers noch weiter steigen. Für
das ausfließende Silber werden übrigens Waarcnäquivalente eingetauscht, sodaß
selbst eine ungünstige Bilanz nicht mehr für ein nationales Unglück angesehen
wird. Trotzalledem wird der Preis des Silbers allmählich noch weiter herunter¬
gehen. Hätte Deutschland die Goldwährung noch nicht im wesentlichen durch¬
geführt, so könnten dadurch schwere Verluste bei den Silberverkäufen und große
Schwierigkeiten der weitern Entwicklung der Goldwährung erwachsen. Wir sind
aber glücklicherweise damit im sichern Hafen, und die Schmerzen andrer Nationen,
die uns in der Goldwährung nachfolgen möchten, dürfen uns wenig kümmern.
Unser Bedarf an Gold ist sogut wie gedeckt; wenn jetzt das Silber sinkt, so
interessirt uns das nicht mehr, als wenn etwa das Kupfer oder Blei billiger
würde. Die Goldmünzen haben sich bis jetzt gilt in Zirkulation erhalten. Ge-


Zur Beruhigung in der Währungsfrage.
Es wurden produzirt in Kilogramm jährlich:
in den Jahren Gold Silber
1851-60 201787 895 SS0
1861—70 183512 1220117
1871—80 171S00 2235000
1881 1S1912 2521039
1882 155200 2 634700.

In Thalern ausgedruckt, wobei 1 .Kilogramm Feinsilber ---- 60 Thaler und
1 Kilogramm Gold 15^-/., x 60 ---- 930 Thaler wert ist, repräsentirt die Jahres¬
produktion von 1882: 144336000 Thaler in Gold, 158082000 Thaler in
Silber.

Nimmt man dagegen den gegenwärtigen Wert eines Kilogramms Fein¬
silber zu fünfzig Thaler an, so kostet bei einem Wertverhältnis von 1: 18 ein
Kilogramm Gold 18 x 50 900 Thaler, die Zahlen ändern sich dann in
139680000 Thaler Gold, 131735000 Thaler Silber.

Vergleicht man diese Zahlen mit denen der Produktion von 1863, so er¬
giebt sich, daß sich die Goldproduktion etwas vermindert, die Silberprodnktivn
dagegen sich sehr vermehrt hat. Diese Thatsache steht außer Zweifel. Wird
nun aber das Gold ins Ungemessene steigen und das Silber fallen? Jedenfalls
nicht, denn der Preis richtet sich nicht nur nach dem Angebot, sondern anch
nach der Nachfrage. Ein weiteres Heruntergehen des Silberpreises wird be¬
wirken, daß Silber wieder mehr technisch und zu Luxusgegenständen verwendet
wird, wie zur Photographie, zu Löffeln, Dosen, Uhrgehäusen, Beschlägen,
Lampen ?e. Außerdem wird es noch geraume Zeit nach den Silbcrwährungs-
ländern in Ostasten abfließen. Als die jährliche Ausfuhr an Silber aus den
Mittelmeerhäfen und England, vorwiegend nach Indien und China, von hun¬
dert Millionen Thaler (bis 1862) auf dreizehn Millionen Thaler (1867) herunter¬
sank, fiel der Wert des Silbers allerdings, aber nicht in dem Maße, als man
fürchtete. In den siebziger Jahren ist die Ausfuhr wieder gestiegen, und sie wird
voraussichtlich bei dem Billigerwerden des Silbers noch weiter steigen. Für
das ausfließende Silber werden übrigens Waarcnäquivalente eingetauscht, sodaß
selbst eine ungünstige Bilanz nicht mehr für ein nationales Unglück angesehen
wird. Trotzalledem wird der Preis des Silbers allmählich noch weiter herunter¬
gehen. Hätte Deutschland die Goldwährung noch nicht im wesentlichen durch¬
geführt, so könnten dadurch schwere Verluste bei den Silberverkäufen und große
Schwierigkeiten der weitern Entwicklung der Goldwährung erwachsen. Wir sind
aber glücklicherweise damit im sichern Hafen, und die Schmerzen andrer Nationen,
die uns in der Goldwährung nachfolgen möchten, dürfen uns wenig kümmern.
Unser Bedarf an Gold ist sogut wie gedeckt; wenn jetzt das Silber sinkt, so
interessirt uns das nicht mehr, als wenn etwa das Kupfer oder Blei billiger
würde. Die Goldmünzen haben sich bis jetzt gilt in Zirkulation erhalten. Ge-


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[0459] Zur Beruhigung in der Währungsfrage. Es wurden produzirt in Kilogramm jährlich: in den Jahren Gold Silber 1851-60 201787 895 SS0 1861—70 183512 1220117 1871—80 171S00 2235000 1881 1S1912 2521039 1882 155200 2 634700. In Thalern ausgedruckt, wobei 1 .Kilogramm Feinsilber ---- 60 Thaler und 1 Kilogramm Gold 15^-/., x 60 ---- 930 Thaler wert ist, repräsentirt die Jahres¬ produktion von 1882: 144336000 Thaler in Gold, 158082000 Thaler in Silber. Nimmt man dagegen den gegenwärtigen Wert eines Kilogramms Fein¬ silber zu fünfzig Thaler an, so kostet bei einem Wertverhältnis von 1: 18 ein Kilogramm Gold 18 x 50 900 Thaler, die Zahlen ändern sich dann in 139680000 Thaler Gold, 131735000 Thaler Silber. Vergleicht man diese Zahlen mit denen der Produktion von 1863, so er¬ giebt sich, daß sich die Goldproduktion etwas vermindert, die Silberprodnktivn dagegen sich sehr vermehrt hat. Diese Thatsache steht außer Zweifel. Wird nun aber das Gold ins Ungemessene steigen und das Silber fallen? Jedenfalls nicht, denn der Preis richtet sich nicht nur nach dem Angebot, sondern anch nach der Nachfrage. Ein weiteres Heruntergehen des Silberpreises wird be¬ wirken, daß Silber wieder mehr technisch und zu Luxusgegenständen verwendet wird, wie zur Photographie, zu Löffeln, Dosen, Uhrgehäusen, Beschlägen, Lampen ?e. Außerdem wird es noch geraume Zeit nach den Silbcrwährungs- ländern in Ostasten abfließen. Als die jährliche Ausfuhr an Silber aus den Mittelmeerhäfen und England, vorwiegend nach Indien und China, von hun¬ dert Millionen Thaler (bis 1862) auf dreizehn Millionen Thaler (1867) herunter¬ sank, fiel der Wert des Silbers allerdings, aber nicht in dem Maße, als man fürchtete. In den siebziger Jahren ist die Ausfuhr wieder gestiegen, und sie wird voraussichtlich bei dem Billigerwerden des Silbers noch weiter steigen. Für das ausfließende Silber werden übrigens Waarcnäquivalente eingetauscht, sodaß selbst eine ungünstige Bilanz nicht mehr für ein nationales Unglück angesehen wird. Trotzalledem wird der Preis des Silbers allmählich noch weiter herunter¬ gehen. Hätte Deutschland die Goldwährung noch nicht im wesentlichen durch¬ geführt, so könnten dadurch schwere Verluste bei den Silberverkäufen und große Schwierigkeiten der weitern Entwicklung der Goldwährung erwachsen. Wir sind aber glücklicherweise damit im sichern Hafen, und die Schmerzen andrer Nationen, die uns in der Goldwährung nachfolgen möchten, dürfen uns wenig kümmern. Unser Bedarf an Gold ist sogut wie gedeckt; wenn jetzt das Silber sinkt, so interessirt uns das nicht mehr, als wenn etwa das Kupfer oder Blei billiger würde. Die Goldmünzen haben sich bis jetzt gilt in Zirkulation erhalten. Ge-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_195390/459>, abgerufen am 22.07.2024.