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Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Zweites Quartal.

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Fischzölle.

durchaus zuverlässige sein sollte, so bliebe immer noch zur Erklärung dieser
"Thatsache" die Möglichkeit übrig, daß die Preise der Heringe von den Im¬
porteuren "gemacht" worden seien, ähnlich wie die großen Königsberger Thee-
Importeure auf Feststellung der Preise des russischen Karawanenthees häufig
einen persönlichen Einfluß auszuüben vermögen. Jedenfalls will uns aus diesem
Beweise der Petition das nicht einleuchten, daß die Importeure für den Fall
einer Zollbelastung ihrer Waare zu gunsten des Publikums auf einen Teil
ihres bisherigen Verdienstes in Höhe des Zolles verzichten würden.

Wie der Zoll auf Salzsische vorzugsweise unsre Nordseeküsten,^) so würde
der Zoll auf die frischen Fischwaaren überwiegend die Ostseeküsten und hier
namentlich die östlichen Häfen unsrer Nordmark berühren. In den schleswig-
hvlsteiuischen Häfen hat sich der Versandt geräucherter Fischwaaren (Makrelen,
Bücklinge, Aale und Sprotten) seit etwa zwei Jahrzehnten mit Hilfe dänischer
und schwedischer Fischzufuhren zu einem blühenden, selbständigen Geschäftszweige
entwickelt. Besonders durch die Regelmäßigkeit der Versorgung des binnen-
ländischen Marktes ist diese erfreuliche Entwicklung der Schleswig-holsteinischen
Fischräuchereien möglich geworden, wobei der steigende Bezug fremder Fische
von den Belten, vom Sund und von der südschwcdischen und jütischen Küste
her nicht sowohl seine Veranlassung in einem ungenügenden Ertrage der hei¬
matlichen Küstengewässer ans Mangel an einem hinreichenden eignen Betriebe
unsrer Fischer, als in der Unentbehrlichkeit gefunden hat, diese dänischen und schwe¬
dischen Fischimporte zur Zeit der heimatlichen Schonzeiten als Deckung zu erhalten.
Daß die Fischzölle speziell dem Schleswig-holsteinischen Fischversande nichts we¬
niger als förderlich sein würden, liegt auf der Hand. Schon dnrch die ver¬
mehrten unausbleiblichen Zollabfertigungsbelästignngcn würde der Gang des
Geschäfts, das seiner Natur nach die schleunigsten Operationen bedingt, ungünstig
beeinflußt werdeu. Sodann bildet in Wirklichkeit der Bezug der auswärtigen
frischen Fischwaare ebensowenig eine Schädigung der deutschen Fischerei wie der
Heringsimport aus Holland, Schottland und Norwegen, weil ja eben hier sowohl
wie dort die inländischen Erträge bei weitem nicht den Bedarf des Landes zu decken
vermögen, Schwierigkeiten aller Art würden sich außerdem deu notwendigen
neuen Kontrolmaßrcgeln zur Überwachung der Zollgrenzen entgegenstellen.
Unsre Fischer fangen bisweilen außerhalb des deutschen Küstengebietes: wäre auch
hier der Fang der Accise unterworfen? Nicht selten werden Fische auf hoher
See bald von deutschen, bald von fremden Fischern gekauft: hätte man es hier
mit zollfreien oder zollpflichtigen Produkten zu thun? Eine neue beträchtliche



"°) Für den Heringsfang kommt überwiegend die Nordsee in Betracht, da sowohl der
Hering des westlichen Ostseebeckens, als auch die Spezies der obern preußischen Küste
("Strömung") sich weniger für die bei uus übliche EinsalzungSmcthode eignet. In konser-
virten Zustande kommt der Ostscehering deshalb überwiegend nur als "Bückling," d. h. als
geräucherte Waare, in den Handel.
Fischzölle.

durchaus zuverlässige sein sollte, so bliebe immer noch zur Erklärung dieser
„Thatsache" die Möglichkeit übrig, daß die Preise der Heringe von den Im¬
porteuren „gemacht" worden seien, ähnlich wie die großen Königsberger Thee-
Importeure auf Feststellung der Preise des russischen Karawanenthees häufig
einen persönlichen Einfluß auszuüben vermögen. Jedenfalls will uns aus diesem
Beweise der Petition das nicht einleuchten, daß die Importeure für den Fall
einer Zollbelastung ihrer Waare zu gunsten des Publikums auf einen Teil
ihres bisherigen Verdienstes in Höhe des Zolles verzichten würden.

Wie der Zoll auf Salzsische vorzugsweise unsre Nordseeküsten,^) so würde
der Zoll auf die frischen Fischwaaren überwiegend die Ostseeküsten und hier
namentlich die östlichen Häfen unsrer Nordmark berühren. In den schleswig-
hvlsteiuischen Häfen hat sich der Versandt geräucherter Fischwaaren (Makrelen,
Bücklinge, Aale und Sprotten) seit etwa zwei Jahrzehnten mit Hilfe dänischer
und schwedischer Fischzufuhren zu einem blühenden, selbständigen Geschäftszweige
entwickelt. Besonders durch die Regelmäßigkeit der Versorgung des binnen-
ländischen Marktes ist diese erfreuliche Entwicklung der Schleswig-holsteinischen
Fischräuchereien möglich geworden, wobei der steigende Bezug fremder Fische
von den Belten, vom Sund und von der südschwcdischen und jütischen Küste
her nicht sowohl seine Veranlassung in einem ungenügenden Ertrage der hei¬
matlichen Küstengewässer ans Mangel an einem hinreichenden eignen Betriebe
unsrer Fischer, als in der Unentbehrlichkeit gefunden hat, diese dänischen und schwe¬
dischen Fischimporte zur Zeit der heimatlichen Schonzeiten als Deckung zu erhalten.
Daß die Fischzölle speziell dem Schleswig-holsteinischen Fischversande nichts we¬
niger als förderlich sein würden, liegt auf der Hand. Schon dnrch die ver¬
mehrten unausbleiblichen Zollabfertigungsbelästignngcn würde der Gang des
Geschäfts, das seiner Natur nach die schleunigsten Operationen bedingt, ungünstig
beeinflußt werdeu. Sodann bildet in Wirklichkeit der Bezug der auswärtigen
frischen Fischwaare ebensowenig eine Schädigung der deutschen Fischerei wie der
Heringsimport aus Holland, Schottland und Norwegen, weil ja eben hier sowohl
wie dort die inländischen Erträge bei weitem nicht den Bedarf des Landes zu decken
vermögen, Schwierigkeiten aller Art würden sich außerdem deu notwendigen
neuen Kontrolmaßrcgeln zur Überwachung der Zollgrenzen entgegenstellen.
Unsre Fischer fangen bisweilen außerhalb des deutschen Küstengebietes: wäre auch
hier der Fang der Accise unterworfen? Nicht selten werden Fische auf hoher
See bald von deutschen, bald von fremden Fischern gekauft: hätte man es hier
mit zollfreien oder zollpflichtigen Produkten zu thun? Eine neue beträchtliche



"°) Für den Heringsfang kommt überwiegend die Nordsee in Betracht, da sowohl der
Hering des westlichen Ostseebeckens, als auch die Spezies der obern preußischen Küste
(„Strömung") sich weniger für die bei uus übliche EinsalzungSmcthode eignet. In konser-
virten Zustande kommt der Ostscehering deshalb überwiegend nur als „Bückling," d. h. als
geräucherte Waare, in den Handel.
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[0292] Fischzölle. durchaus zuverlässige sein sollte, so bliebe immer noch zur Erklärung dieser „Thatsache" die Möglichkeit übrig, daß die Preise der Heringe von den Im¬ porteuren „gemacht" worden seien, ähnlich wie die großen Königsberger Thee- Importeure auf Feststellung der Preise des russischen Karawanenthees häufig einen persönlichen Einfluß auszuüben vermögen. Jedenfalls will uns aus diesem Beweise der Petition das nicht einleuchten, daß die Importeure für den Fall einer Zollbelastung ihrer Waare zu gunsten des Publikums auf einen Teil ihres bisherigen Verdienstes in Höhe des Zolles verzichten würden. Wie der Zoll auf Salzsische vorzugsweise unsre Nordseeküsten,^) so würde der Zoll auf die frischen Fischwaaren überwiegend die Ostseeküsten und hier namentlich die östlichen Häfen unsrer Nordmark berühren. In den schleswig- hvlsteiuischen Häfen hat sich der Versandt geräucherter Fischwaaren (Makrelen, Bücklinge, Aale und Sprotten) seit etwa zwei Jahrzehnten mit Hilfe dänischer und schwedischer Fischzufuhren zu einem blühenden, selbständigen Geschäftszweige entwickelt. Besonders durch die Regelmäßigkeit der Versorgung des binnen- ländischen Marktes ist diese erfreuliche Entwicklung der Schleswig-holsteinischen Fischräuchereien möglich geworden, wobei der steigende Bezug fremder Fische von den Belten, vom Sund und von der südschwcdischen und jütischen Küste her nicht sowohl seine Veranlassung in einem ungenügenden Ertrage der hei¬ matlichen Küstengewässer ans Mangel an einem hinreichenden eignen Betriebe unsrer Fischer, als in der Unentbehrlichkeit gefunden hat, diese dänischen und schwe¬ dischen Fischimporte zur Zeit der heimatlichen Schonzeiten als Deckung zu erhalten. Daß die Fischzölle speziell dem Schleswig-holsteinischen Fischversande nichts we¬ niger als förderlich sein würden, liegt auf der Hand. Schon dnrch die ver¬ mehrten unausbleiblichen Zollabfertigungsbelästignngcn würde der Gang des Geschäfts, das seiner Natur nach die schleunigsten Operationen bedingt, ungünstig beeinflußt werdeu. Sodann bildet in Wirklichkeit der Bezug der auswärtigen frischen Fischwaare ebensowenig eine Schädigung der deutschen Fischerei wie der Heringsimport aus Holland, Schottland und Norwegen, weil ja eben hier sowohl wie dort die inländischen Erträge bei weitem nicht den Bedarf des Landes zu decken vermögen, Schwierigkeiten aller Art würden sich außerdem deu notwendigen neuen Kontrolmaßrcgeln zur Überwachung der Zollgrenzen entgegenstellen. Unsre Fischer fangen bisweilen außerhalb des deutschen Küstengebietes: wäre auch hier der Fang der Accise unterworfen? Nicht selten werden Fische auf hoher See bald von deutschen, bald von fremden Fischern gekauft: hätte man es hier mit zollfreien oder zollpflichtigen Produkten zu thun? Eine neue beträchtliche "°) Für den Heringsfang kommt überwiegend die Nordsee in Betracht, da sowohl der Hering des westlichen Ostseebeckens, als auch die Spezies der obern preußischen Küste („Strömung") sich weniger für die bei uus übliche EinsalzungSmcthode eignet. In konser- virten Zustande kommt der Ostscehering deshalb überwiegend nur als „Bückling," d. h. als geräucherte Waare, in den Handel.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_195390/292>, abgerufen am 22.07.2024.