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Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Zweites Quartal.

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Fischzöllc.

mit einer größern jährlichen Produktion als mit 8--11 000 Faß Heringen
an der Befriedigung des inländischen Konsums beteiligt zu haben. Dieses
Wirtschaftsresultat ist von der Gesellschaft selbst veröffentlicht worden. Im
übrigen haben sich die Erträge unsrer Seefischerei nach jeder Richtung einer
zahlenmäßigen Kontrole noch entzogen. Mögen dieselben jedoch sein, wie sie wollen,
das Ergebnis unsrer Zollstatistik, daß wir jährlich die Summe von 40 Millionen
Mark für Fischwaaren an das Ausland zahlen, läßt uns über ihre wahren
Zustände in keinem Zweifel, und die Thatsache, daß von diesen 40 Millionen
Mark allein etwa 30 Millionen für Heringe gezahlt werden, wird uns vor der
Geneigtheit schützen, jenen Erträgen der Emdeuer Gesellschaft irgendwelche
nennenswerte Bedeutung für unsern Verbrauch beizumessen.

Wenn nun jetzt von einzelnen deutscheu Fischerdörfern und von der Em-
deuer Heringsfischerei - Aktiengesellschaft Petitionen an den Reichstag gerichtet
werden, daß zum Schutze des nationalen Fischereigewerbes der seit Friedrichs des
Großen Zeit unerhöht gebliebene Zoll auf fremde Salzfische von 3 bis auf 7 und
20 Mark erhöht und der Eingcmgszoll auf frische Fische auf 7 Mark für 100 Kilo¬
gramm festgesetzt werden möge, so erscheinen diese Forderungen nur in einem so
losen Zusammenhange mit ihrem volkswirtschaftlichen Zwecke, daß man ihnen
schwerlich das entgegenstehende Bedenken einer zu erwartenden erheblichen Verteue¬
rung der im ganzen Lande startbegehrteu Fischspeise ohne weiteres wird unterordnen
können. Der Zweck der angestrebten Fischzölle soll der eingangs dargelegte jedes
Zolles sein: er soll die Hebung der nationalen Fischereiproduktiou durch feine Be¬
steuerung der fremden Konkurrenz vermitteln. Ans der vorhin angeführten Zoll¬
statistik ist ersichtlich geworden, daß der Wert der fremden Fischeinfuhr, wenn¬
gleich sich auch noch Werte andrer Fischimporte auf große Zahlen stützen, doch
überwiegend auf der Heringseiufuhr ruht. Es würde demnach überwiegend diese
fremde Salzheringswaare von der Accise betroffen werden, eine Fischwaare, die
unabhängig von klimatischen Einflüssen und territorialen Unterschieden die größte
Kvusumtivnsfähigkeit im Lande hat, zugleich aber ihres konstant geringen Preises
wegen in dem Maße zunehmend eine Speise des armen Mannes geworden ist,
wie die Preise andrer Fleischnahrungsmittel sich für ihn unerschwinglich gestaltet
haben. Abgesehen von dem höchst bedenklichen Umstände, daß demnach die Fisch¬
zölle dein Haushalte zahlreicher armen Familien, wo der Hering geringster Qua¬
lität zum Preise von 5--7 Pfennigen das Stück neben der Kartoffel thatsächlich
das wichtigste Nahrungsmittel liefert,*) durch die Erhöhung seines Preises um
1--2 Pfennige für das Stück eine schwere Sorge bereiten würden, scheint es
uns auch nicht zutreffend, daß diese Zölle thatsächlich den "einzigen" oder auch



°'°) Über den Nährwert des Fischflcisches but Professor Alwater um der Wcslegan-Uni-
versim in den Bereinigten Staaten im Auftrage der Lmitnsouikm Institution, sowie der
Fischereikonnnissivn der Vereinigten Staaten interessante Untersuchungen angestellt, aus welchen
für uns die nachstehenden Resultate von Wichtigkeit sind:
Fischzöllc.

mit einer größern jährlichen Produktion als mit 8—11 000 Faß Heringen
an der Befriedigung des inländischen Konsums beteiligt zu haben. Dieses
Wirtschaftsresultat ist von der Gesellschaft selbst veröffentlicht worden. Im
übrigen haben sich die Erträge unsrer Seefischerei nach jeder Richtung einer
zahlenmäßigen Kontrole noch entzogen. Mögen dieselben jedoch sein, wie sie wollen,
das Ergebnis unsrer Zollstatistik, daß wir jährlich die Summe von 40 Millionen
Mark für Fischwaaren an das Ausland zahlen, läßt uns über ihre wahren
Zustände in keinem Zweifel, und die Thatsache, daß von diesen 40 Millionen
Mark allein etwa 30 Millionen für Heringe gezahlt werden, wird uns vor der
Geneigtheit schützen, jenen Erträgen der Emdeuer Gesellschaft irgendwelche
nennenswerte Bedeutung für unsern Verbrauch beizumessen.

Wenn nun jetzt von einzelnen deutscheu Fischerdörfern und von der Em-
deuer Heringsfischerei - Aktiengesellschaft Petitionen an den Reichstag gerichtet
werden, daß zum Schutze des nationalen Fischereigewerbes der seit Friedrichs des
Großen Zeit unerhöht gebliebene Zoll auf fremde Salzfische von 3 bis auf 7 und
20 Mark erhöht und der Eingcmgszoll auf frische Fische auf 7 Mark für 100 Kilo¬
gramm festgesetzt werden möge, so erscheinen diese Forderungen nur in einem so
losen Zusammenhange mit ihrem volkswirtschaftlichen Zwecke, daß man ihnen
schwerlich das entgegenstehende Bedenken einer zu erwartenden erheblichen Verteue¬
rung der im ganzen Lande startbegehrteu Fischspeise ohne weiteres wird unterordnen
können. Der Zweck der angestrebten Fischzölle soll der eingangs dargelegte jedes
Zolles sein: er soll die Hebung der nationalen Fischereiproduktiou durch feine Be¬
steuerung der fremden Konkurrenz vermitteln. Ans der vorhin angeführten Zoll¬
statistik ist ersichtlich geworden, daß der Wert der fremden Fischeinfuhr, wenn¬
gleich sich auch noch Werte andrer Fischimporte auf große Zahlen stützen, doch
überwiegend auf der Heringseiufuhr ruht. Es würde demnach überwiegend diese
fremde Salzheringswaare von der Accise betroffen werden, eine Fischwaare, die
unabhängig von klimatischen Einflüssen und territorialen Unterschieden die größte
Kvusumtivnsfähigkeit im Lande hat, zugleich aber ihres konstant geringen Preises
wegen in dem Maße zunehmend eine Speise des armen Mannes geworden ist,
wie die Preise andrer Fleischnahrungsmittel sich für ihn unerschwinglich gestaltet
haben. Abgesehen von dem höchst bedenklichen Umstände, daß demnach die Fisch¬
zölle dein Haushalte zahlreicher armen Familien, wo der Hering geringster Qua¬
lität zum Preise von 5—7 Pfennigen das Stück neben der Kartoffel thatsächlich
das wichtigste Nahrungsmittel liefert,*) durch die Erhöhung seines Preises um
1—2 Pfennige für das Stück eine schwere Sorge bereiten würden, scheint es
uns auch nicht zutreffend, daß diese Zölle thatsächlich den „einzigen" oder auch



°'°) Über den Nährwert des Fischflcisches but Professor Alwater um der Wcslegan-Uni-
versim in den Bereinigten Staaten im Auftrage der Lmitnsouikm Institution, sowie der
Fischereikonnnissivn der Vereinigten Staaten interessante Untersuchungen angestellt, aus welchen
für uns die nachstehenden Resultate von Wichtigkeit sind:
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[0290] Fischzöllc. mit einer größern jährlichen Produktion als mit 8—11 000 Faß Heringen an der Befriedigung des inländischen Konsums beteiligt zu haben. Dieses Wirtschaftsresultat ist von der Gesellschaft selbst veröffentlicht worden. Im übrigen haben sich die Erträge unsrer Seefischerei nach jeder Richtung einer zahlenmäßigen Kontrole noch entzogen. Mögen dieselben jedoch sein, wie sie wollen, das Ergebnis unsrer Zollstatistik, daß wir jährlich die Summe von 40 Millionen Mark für Fischwaaren an das Ausland zahlen, läßt uns über ihre wahren Zustände in keinem Zweifel, und die Thatsache, daß von diesen 40 Millionen Mark allein etwa 30 Millionen für Heringe gezahlt werden, wird uns vor der Geneigtheit schützen, jenen Erträgen der Emdeuer Gesellschaft irgendwelche nennenswerte Bedeutung für unsern Verbrauch beizumessen. Wenn nun jetzt von einzelnen deutscheu Fischerdörfern und von der Em- deuer Heringsfischerei - Aktiengesellschaft Petitionen an den Reichstag gerichtet werden, daß zum Schutze des nationalen Fischereigewerbes der seit Friedrichs des Großen Zeit unerhöht gebliebene Zoll auf fremde Salzfische von 3 bis auf 7 und 20 Mark erhöht und der Eingcmgszoll auf frische Fische auf 7 Mark für 100 Kilo¬ gramm festgesetzt werden möge, so erscheinen diese Forderungen nur in einem so losen Zusammenhange mit ihrem volkswirtschaftlichen Zwecke, daß man ihnen schwerlich das entgegenstehende Bedenken einer zu erwartenden erheblichen Verteue¬ rung der im ganzen Lande startbegehrteu Fischspeise ohne weiteres wird unterordnen können. Der Zweck der angestrebten Fischzölle soll der eingangs dargelegte jedes Zolles sein: er soll die Hebung der nationalen Fischereiproduktiou durch feine Be¬ steuerung der fremden Konkurrenz vermitteln. Ans der vorhin angeführten Zoll¬ statistik ist ersichtlich geworden, daß der Wert der fremden Fischeinfuhr, wenn¬ gleich sich auch noch Werte andrer Fischimporte auf große Zahlen stützen, doch überwiegend auf der Heringseiufuhr ruht. Es würde demnach überwiegend diese fremde Salzheringswaare von der Accise betroffen werden, eine Fischwaare, die unabhängig von klimatischen Einflüssen und territorialen Unterschieden die größte Kvusumtivnsfähigkeit im Lande hat, zugleich aber ihres konstant geringen Preises wegen in dem Maße zunehmend eine Speise des armen Mannes geworden ist, wie die Preise andrer Fleischnahrungsmittel sich für ihn unerschwinglich gestaltet haben. Abgesehen von dem höchst bedenklichen Umstände, daß demnach die Fisch¬ zölle dein Haushalte zahlreicher armen Familien, wo der Hering geringster Qua¬ lität zum Preise von 5—7 Pfennigen das Stück neben der Kartoffel thatsächlich das wichtigste Nahrungsmittel liefert,*) durch die Erhöhung seines Preises um 1—2 Pfennige für das Stück eine schwere Sorge bereiten würden, scheint es uns auch nicht zutreffend, daß diese Zölle thatsächlich den „einzigen" oder auch °'°) Über den Nährwert des Fischflcisches but Professor Alwater um der Wcslegan-Uni- versim in den Bereinigten Staaten im Auftrage der Lmitnsouikm Institution, sowie der Fischereikonnnissivn der Vereinigten Staaten interessante Untersuchungen angestellt, aus welchen für uns die nachstehenden Resultate von Wichtigkeit sind:

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_195390/290>, abgerufen am 20.06.2024.