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Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Zweites Quartal.

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Die Abkürzung unsrer Parlcmientsverhcnidlungon.

Diskussion bei der alljährlichen Etatsberatnng entzogen und nur diejenigen
Posten überhaupt zur Genehmigung vorgelegt werden, welche eine Änderung
gegen den vorjährigen Etat aufweisen würden. Die auf diese Weise nicht zur
Debatte stehenden Posten würden dann nur der Übersicht halber im Etat auf¬
geführt, im Etat selbst also ähnlich wie jetzt schon eine Trennung der Etats-
Posten nach ordentlichen und außerordentlichen Ausgaben, eine weitere Trennung
nach feststehenden und zu bewilligenden Ausgaben eingeführt werden, wie es ja
bezüglich der Staatseinnahmen Artikel 109 der preußischen Verfassung bereits
bestimmt. Viele nutzlose Debatten würden auf diese Weise verhütet werden,
da z. B. mit der Beseitigung der Debatte über den Gehalt eines Ministers
auch die Anbringung der vielen nutzlosen generellen Beschwerden über die Ge¬
schäftsführung oder Politik des betreffenden Ministers wegfallen würde. Ein
Recht der parlamentarischem Körperschaften würde aber in keiner Weise angetastet
werden, denn da es jedem Mitgliede derselben freisteht, nach den Regeln der
Geschäftsordnung selbständige Anträge zu stelle", so könne" wirklich spezialisirte
Anträge in der angegebenen Richtung oder Anträge auf Abänderung der be¬
stehenden Gesetze, auf welchen die Ausgabepvsteu beruhen, immer angebracht
werden; allerdings bedürfen dann solche Anträge einer genügenden Unterstützung,
und damit wäre eine Menge derselben von vornherein als beseitigt anzusehen.

Aber noch in einer andern Beziehung können die Etatsberatungen, unab¬
hängig von dem bisher besprochenen Vorschlage oder damit verbunden abgekürzt
werden, wenn man nämlich entsprechend der Petitionskvmmission eine andre
Kommission bestimmte, in welcher alle zur Etatsberatung zu stellenden Anträge
und Anfragen vorgeprüft werden müssen. Es wird keinen Augenblick bezweifelt
werden könne", daß vielleicht die große Mehrzahl dieser Anträge und Anfragen ent-
weder als zur Erörteruugi >" Plenum ungeeignet bezeichnet oder mit wenigen Worten
zur Zufriedenheit des Antragstellers erledigt werden können, ohne Veranlassung
zu zeitraubenden, auf Mißverständnissen beruhenden oder zu Mißverständnissen
Anlaß gebenden Verhandlungen im Plenum zu bieten; so würden sich z. B. alle die
Anfragen über Spezialfälle aus der Verwaltung der einzelnen Ressorts erledigen,
auf welche hingewiesen zu werden jeder Verwaltungschef dankbar sei" wird,
wenn sie ihm nicht schon bekannt waren, oder welche, ein immer mögliches
Versehen oder Vergehen eines Einzelbeamten betreffend, durchaus nicht geeignet
sind, durch öffentliche Behandlung zu Zeichen der Zeit oder zu Merkmalen
des schlechten Geistes der Verwaltung des betreffenden Ressorts aufgebcmscht
zu werden, wie ja auch der einem einzelnen Mitgliede eines Parlaments zu
Teil gewordene Ordnungsruf nicht zu einem Schluß auf die Verderbtheit des
parlamentarischen Lebens berechtigt. Es würden bei einer solchen Vorprüfung
wie bei den Petitionen nnr solche Anträge oder Anfragen zur öffentlichen Dis¬
kussion kommen, welche dazu geeignet sind. Vielleicht ließen sich dann diese
Anträge auch noch außerhalb der eigentlichen Etatsberatung an einem besondern


Die Abkürzung unsrer Parlcmientsverhcnidlungon.

Diskussion bei der alljährlichen Etatsberatnng entzogen und nur diejenigen
Posten überhaupt zur Genehmigung vorgelegt werden, welche eine Änderung
gegen den vorjährigen Etat aufweisen würden. Die auf diese Weise nicht zur
Debatte stehenden Posten würden dann nur der Übersicht halber im Etat auf¬
geführt, im Etat selbst also ähnlich wie jetzt schon eine Trennung der Etats-
Posten nach ordentlichen und außerordentlichen Ausgaben, eine weitere Trennung
nach feststehenden und zu bewilligenden Ausgaben eingeführt werden, wie es ja
bezüglich der Staatseinnahmen Artikel 109 der preußischen Verfassung bereits
bestimmt. Viele nutzlose Debatten würden auf diese Weise verhütet werden,
da z. B. mit der Beseitigung der Debatte über den Gehalt eines Ministers
auch die Anbringung der vielen nutzlosen generellen Beschwerden über die Ge¬
schäftsführung oder Politik des betreffenden Ministers wegfallen würde. Ein
Recht der parlamentarischem Körperschaften würde aber in keiner Weise angetastet
werden, denn da es jedem Mitgliede derselben freisteht, nach den Regeln der
Geschäftsordnung selbständige Anträge zu stelle», so könne» wirklich spezialisirte
Anträge in der angegebenen Richtung oder Anträge auf Abänderung der be¬
stehenden Gesetze, auf welchen die Ausgabepvsteu beruhen, immer angebracht
werden; allerdings bedürfen dann solche Anträge einer genügenden Unterstützung,
und damit wäre eine Menge derselben von vornherein als beseitigt anzusehen.

Aber noch in einer andern Beziehung können die Etatsberatungen, unab¬
hängig von dem bisher besprochenen Vorschlage oder damit verbunden abgekürzt
werden, wenn man nämlich entsprechend der Petitionskvmmission eine andre
Kommission bestimmte, in welcher alle zur Etatsberatung zu stellenden Anträge
und Anfragen vorgeprüft werden müssen. Es wird keinen Augenblick bezweifelt
werden könne», daß vielleicht die große Mehrzahl dieser Anträge und Anfragen ent-
weder als zur Erörteruugi >» Plenum ungeeignet bezeichnet oder mit wenigen Worten
zur Zufriedenheit des Antragstellers erledigt werden können, ohne Veranlassung
zu zeitraubenden, auf Mißverständnissen beruhenden oder zu Mißverständnissen
Anlaß gebenden Verhandlungen im Plenum zu bieten; so würden sich z. B. alle die
Anfragen über Spezialfälle aus der Verwaltung der einzelnen Ressorts erledigen,
auf welche hingewiesen zu werden jeder Verwaltungschef dankbar sei» wird,
wenn sie ihm nicht schon bekannt waren, oder welche, ein immer mögliches
Versehen oder Vergehen eines Einzelbeamten betreffend, durchaus nicht geeignet
sind, durch öffentliche Behandlung zu Zeichen der Zeit oder zu Merkmalen
des schlechten Geistes der Verwaltung des betreffenden Ressorts aufgebcmscht
zu werden, wie ja auch der einem einzelnen Mitgliede eines Parlaments zu
Teil gewordene Ordnungsruf nicht zu einem Schluß auf die Verderbtheit des
parlamentarischen Lebens berechtigt. Es würden bei einer solchen Vorprüfung
wie bei den Petitionen nnr solche Anträge oder Anfragen zur öffentlichen Dis¬
kussion kommen, welche dazu geeignet sind. Vielleicht ließen sich dann diese
Anträge auch noch außerhalb der eigentlichen Etatsberatung an einem besondern


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_195390/280>, abgerufen am 22.07.2024.