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Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Zweites Quartal.

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Die Schenkmigssteuer ist zu entrichten von Vermögenserwerbnngen durch
Scheiikmigen unter Lebenden aller Art, und zwar sowohl von Schenkungen an
unbeweglichem, als auch an solchen von beweglichem Vermögen, wenn eine Be¬
urkundung derselben stattfindet. Hier wird von einzelnen Gesetzen (Hessen)
öffentliche Beurkundung verlangt, während andre jede Privatskriptnr gelten
lassen. Auch werden Scheukungsbeträge, welche eine gewisse Summe nicht über¬
steigen, von der Steuer befreit, so z. B. in Wllrtcmberg Beträge unter 500,
in Hessen solche unter 1000 Mark, Die betreffenden Gesetze haben aber gegen
Mißbrauch dieser Befreiung Schutzbestimmungen. So sagt z. B. das hessische
Gesetz: "Mehrere Schenkungen, welche von einem und demselben Schenkgeber
an einen und denselben Schenknehmer innerhalb eines Zeitraumes von fünf
Jahren gemacht werden, gelten in bezug auf die Versteuerung als eine Schenkung."
Es soll dadurch verhütet werden, daß eine Schenkung größerer Beträge der
Umgebung der Steuer wegen in verschiedene Schenkungen kleinerer Beträge
zerlegt wird.

Remuneratorische und mit einer Auflage belastete Schenkungen unterliegen
ebenfalls der Besteuerung.

Gewisse Schenkungen sind mit Rücksicht auf die persönlichen Verhält¬
nisse der Geber und Empfänger zu einander oder auf ihren Zweck von der
Steuer befreit. Das hessische Gesetz z. B. befreit: -i) alle Schenkungen 1. an
Kinder und Kindeskinder, Eltern und Großeltern; 2. an den Ehegatten; 3. an
den Großherzog, den Staat und das Reich. l>) Die Schenkungen an Verlobte
(Verlvbnngs- und Hochzeitsgeschenke), sowie diejenigen Geschenke, welche anlä߬
lich eines Verlöbnisses oder einer Hochzeit oder eines Festtages von Verlobten
oder Verwandten oder Verschwägerten oder Paten unter sich gemacht werden,
v) Beihilfen, welche zum Lebensunterhalte oder zur Ausbildung einem dessen
Bedürftigen, sei es in Form einer Rente, eines Kapitals oder der Nntural-
sustentation gegeben werden, et) Schenkungen, welche zu mildthätigen Zwecken
innerhalb des deutschen Reiches Verwendung finden.

Die Steuer wird nach Maßgabe der für die Erbschaftssteuer vorgeschriebenen
Sätze erhoben. Überhaupt gelten mit den aus der verschiedenen Natur der
beiden Steuern sich ergebenden Abänderungen die für die Erbschaftssteuer ge¬
gebenen Bestimmungen auch für die Schenkmigssteuer.

Die Verwaltung der Steuer ist in Preußen und Hessen besondern Erb¬
schaftssteuerämtern übertragen, die als Finanzbehörde fungiren; in Baiern liegt die
Berechnung, Erhebung und Verwaltung der Erbschaftssteuer den Rentämtern
unter Leitung der Finanzkammer und Oberaufsicht des Finanzministeriums ob;
in Würtemberg siud die Teiluugsämter, in Sachsen die Kasscnverwaltungen bei
den Amtsgerichten damit betraut worden. In Preußen und Sachsen sind die
Finanzministerien höchste entscheidende Instanz ; in Baiern und Hessen ist gegen
die Entscheidung der betreffenden Finanzministerinlabteilung der Rekurs an das


Grenzboten II. 1885. ^ 3

Die Schenkmigssteuer ist zu entrichten von Vermögenserwerbnngen durch
Scheiikmigen unter Lebenden aller Art, und zwar sowohl von Schenkungen an
unbeweglichem, als auch an solchen von beweglichem Vermögen, wenn eine Be¬
urkundung derselben stattfindet. Hier wird von einzelnen Gesetzen (Hessen)
öffentliche Beurkundung verlangt, während andre jede Privatskriptnr gelten
lassen. Auch werden Scheukungsbeträge, welche eine gewisse Summe nicht über¬
steigen, von der Steuer befreit, so z. B. in Wllrtcmberg Beträge unter 500,
in Hessen solche unter 1000 Mark, Die betreffenden Gesetze haben aber gegen
Mißbrauch dieser Befreiung Schutzbestimmungen. So sagt z. B. das hessische
Gesetz: „Mehrere Schenkungen, welche von einem und demselben Schenkgeber
an einen und denselben Schenknehmer innerhalb eines Zeitraumes von fünf
Jahren gemacht werden, gelten in bezug auf die Versteuerung als eine Schenkung."
Es soll dadurch verhütet werden, daß eine Schenkung größerer Beträge der
Umgebung der Steuer wegen in verschiedene Schenkungen kleinerer Beträge
zerlegt wird.

Remuneratorische und mit einer Auflage belastete Schenkungen unterliegen
ebenfalls der Besteuerung.

Gewisse Schenkungen sind mit Rücksicht auf die persönlichen Verhält¬
nisse der Geber und Empfänger zu einander oder auf ihren Zweck von der
Steuer befreit. Das hessische Gesetz z. B. befreit: -i) alle Schenkungen 1. an
Kinder und Kindeskinder, Eltern und Großeltern; 2. an den Ehegatten; 3. an
den Großherzog, den Staat und das Reich. l>) Die Schenkungen an Verlobte
(Verlvbnngs- und Hochzeitsgeschenke), sowie diejenigen Geschenke, welche anlä߬
lich eines Verlöbnisses oder einer Hochzeit oder eines Festtages von Verlobten
oder Verwandten oder Verschwägerten oder Paten unter sich gemacht werden,
v) Beihilfen, welche zum Lebensunterhalte oder zur Ausbildung einem dessen
Bedürftigen, sei es in Form einer Rente, eines Kapitals oder der Nntural-
sustentation gegeben werden, et) Schenkungen, welche zu mildthätigen Zwecken
innerhalb des deutschen Reiches Verwendung finden.

Die Steuer wird nach Maßgabe der für die Erbschaftssteuer vorgeschriebenen
Sätze erhoben. Überhaupt gelten mit den aus der verschiedenen Natur der
beiden Steuern sich ergebenden Abänderungen die für die Erbschaftssteuer ge¬
gebenen Bestimmungen auch für die Schenkmigssteuer.

Die Verwaltung der Steuer ist in Preußen und Hessen besondern Erb¬
schaftssteuerämtern übertragen, die als Finanzbehörde fungiren; in Baiern liegt die
Berechnung, Erhebung und Verwaltung der Erbschaftssteuer den Rentämtern
unter Leitung der Finanzkammer und Oberaufsicht des Finanzministeriums ob;
in Würtemberg siud die Teiluugsämter, in Sachsen die Kasscnverwaltungen bei
den Amtsgerichten damit betraut worden. In Preußen und Sachsen sind die
Finanzministerien höchste entscheidende Instanz ; in Baiern und Hessen ist gegen
die Entscheidung der betreffenden Finanzministerinlabteilung der Rekurs an das


Grenzboten II. 1885. ^ 3
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[0022] Die Schenkmigssteuer ist zu entrichten von Vermögenserwerbnngen durch Scheiikmigen unter Lebenden aller Art, und zwar sowohl von Schenkungen an unbeweglichem, als auch an solchen von beweglichem Vermögen, wenn eine Be¬ urkundung derselben stattfindet. Hier wird von einzelnen Gesetzen (Hessen) öffentliche Beurkundung verlangt, während andre jede Privatskriptnr gelten lassen. Auch werden Scheukungsbeträge, welche eine gewisse Summe nicht über¬ steigen, von der Steuer befreit, so z. B. in Wllrtcmberg Beträge unter 500, in Hessen solche unter 1000 Mark, Die betreffenden Gesetze haben aber gegen Mißbrauch dieser Befreiung Schutzbestimmungen. So sagt z. B. das hessische Gesetz: „Mehrere Schenkungen, welche von einem und demselben Schenkgeber an einen und denselben Schenknehmer innerhalb eines Zeitraumes von fünf Jahren gemacht werden, gelten in bezug auf die Versteuerung als eine Schenkung." Es soll dadurch verhütet werden, daß eine Schenkung größerer Beträge der Umgebung der Steuer wegen in verschiedene Schenkungen kleinerer Beträge zerlegt wird. Remuneratorische und mit einer Auflage belastete Schenkungen unterliegen ebenfalls der Besteuerung. Gewisse Schenkungen sind mit Rücksicht auf die persönlichen Verhält¬ nisse der Geber und Empfänger zu einander oder auf ihren Zweck von der Steuer befreit. Das hessische Gesetz z. B. befreit: -i) alle Schenkungen 1. an Kinder und Kindeskinder, Eltern und Großeltern; 2. an den Ehegatten; 3. an den Großherzog, den Staat und das Reich. l>) Die Schenkungen an Verlobte (Verlvbnngs- und Hochzeitsgeschenke), sowie diejenigen Geschenke, welche anlä߬ lich eines Verlöbnisses oder einer Hochzeit oder eines Festtages von Verlobten oder Verwandten oder Verschwägerten oder Paten unter sich gemacht werden, v) Beihilfen, welche zum Lebensunterhalte oder zur Ausbildung einem dessen Bedürftigen, sei es in Form einer Rente, eines Kapitals oder der Nntural- sustentation gegeben werden, et) Schenkungen, welche zu mildthätigen Zwecken innerhalb des deutschen Reiches Verwendung finden. Die Steuer wird nach Maßgabe der für die Erbschaftssteuer vorgeschriebenen Sätze erhoben. Überhaupt gelten mit den aus der verschiedenen Natur der beiden Steuern sich ergebenden Abänderungen die für die Erbschaftssteuer ge¬ gebenen Bestimmungen auch für die Schenkmigssteuer. Die Verwaltung der Steuer ist in Preußen und Hessen besondern Erb¬ schaftssteuerämtern übertragen, die als Finanzbehörde fungiren; in Baiern liegt die Berechnung, Erhebung und Verwaltung der Erbschaftssteuer den Rentämtern unter Leitung der Finanzkammer und Oberaufsicht des Finanzministeriums ob; in Würtemberg siud die Teiluugsämter, in Sachsen die Kasscnverwaltungen bei den Amtsgerichten damit betraut worden. In Preußen und Sachsen sind die Finanzministerien höchste entscheidende Instanz ; in Baiern und Hessen ist gegen die Entscheidung der betreffenden Finanzministerinlabteilung der Rekurs an das Grenzboten II. 1885. ^ 3

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_195390/22>, abgerufen am 22.07.2024.