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Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Zweites Quartal.

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hier in Sachsen giltig gewesenen Strafprozeß bezeichnet und es ist beklagt worden,
daß Schwarze seine eigne Arbeit ans dem Altar der Neichseinheit mit opfern zu
helfen bestimmt gewesen sei. Vornehmlich seiner treuen und unvoreingenommene!?
Beteiligung an dieser für ihn allerdings schweren Beseitigung seines wohldurch¬
dachten und wohnlich befundenen Bauwerkes haben wir es aber zu danken, daß
auch in der deutschen Strafprozeßordnung manches trotz vieler Anfechtungen
bereits in Sachsen als gut Erprobte zur Geltung gelangt ist. So hat in¬
sonderheit der Staatsanwalt seine ihm dnrch Schwarze zugewiesene humane
Aufgabe behaupten dürfen, nicht bloß zu belasten, sondern auch zu entlasten,
eine Aufgabe, welche dem Verteidiger manche vor allem in Frankreich trefflich
ausgenützte Gelegenheit zu rhetorischen Ausfällen gegen den staatlichen Ankläger
abschneidet und diesem letzter" eine viel würdevollere Stellung anweist, als es
dort der Fall ist, wo er lediglich belastend verfährt.

Ans Einzelheiten einzugehen verbietet uns nicht nur der dafür zur Ver¬
fügung gestellte Raum; die gerade auf dem Gebiete des Kriminalrechts sich
schroff gegenüberstehenden Ansichten über Abschrecknngs- und Bcsscrnngsthcoric
und ähnliches lassen auch bei der vorliegenden Veranlassung ein Hinübergreifen
in die vielverschlungenen Pfade der Polemik als unstatthaft erscheinen. Gilt
diese Skizze doch lediglich den dnrch redliches Wollen und Wirken erreichten
segensreichen Ergebnissen einer Thätigkeit, über deren Richtung erst in spätern
Tagen ein völlig unparteiisches Urteil wird gefällt werden können.

In welch hohem Grade Schwarze die Liebe und Verehrung seiner Beamten
genossen hat und wie sehr sich dieselben dankbar der Hebung bewußt find, welche
der ganze Stand der Staatsanwälte durch die erwähnte Umgestaltung ihrer
Aufgabe erfahren hat, davon legten die Besorgnisse beredtes Zeugnis ab, welche
in diesen Kreisen schon bei dem ersten Gerüchte von Schwarzes Rücktritt laut
wurden. Aber anch in den Gefängnissen selbst wird man seine volkstümliche
Erscheinung schwer vermissen.

Zum Schluß sei noch eines Verdienstes gedacht, das der unermüdlich für
Menschenwohl thätig gewesene Mann sich auf einem abseits liegenden Gebiete
erworben hat: mit mehreren andern Menschenfreunden stiftete er im Jahre 1866
den Sächsischen Militär-Hilfsverein, der später auch auf die Opfer des Krieges
von 1870 bis 1871 ausgedehnt wurde, und den Schwarze bis jetzt geleitet hat.
Die Organisation dieses Vereins, welchem sehr reiche Mittel zur Verfügung stehen,
gilt allgemein für mustergiltig. Neben der Verteilung großer Summen in jedem
Jahre hat der Verein namentlich die Aufgabe nach Möglichkeit gelöst, den In¬
validen und den aus dem Kreise jener Kombattanten überlebenden Witwen
dauernde und lohnende Beschäftigung zu verschaffen, sei es durch Unterbringung
in privaten Dienststellungen, sei es durch den Ankauf kleiner Geschäfte (Milch-,
Band- u. f. w.) oder durch die Aufbringung der Mittel zum Betriebe
solcher.


Odium curri <ZiMlt!lec.

hier in Sachsen giltig gewesenen Strafprozeß bezeichnet und es ist beklagt worden,
daß Schwarze seine eigne Arbeit ans dem Altar der Neichseinheit mit opfern zu
helfen bestimmt gewesen sei. Vornehmlich seiner treuen und unvoreingenommene!?
Beteiligung an dieser für ihn allerdings schweren Beseitigung seines wohldurch¬
dachten und wohnlich befundenen Bauwerkes haben wir es aber zu danken, daß
auch in der deutschen Strafprozeßordnung manches trotz vieler Anfechtungen
bereits in Sachsen als gut Erprobte zur Geltung gelangt ist. So hat in¬
sonderheit der Staatsanwalt seine ihm dnrch Schwarze zugewiesene humane
Aufgabe behaupten dürfen, nicht bloß zu belasten, sondern auch zu entlasten,
eine Aufgabe, welche dem Verteidiger manche vor allem in Frankreich trefflich
ausgenützte Gelegenheit zu rhetorischen Ausfällen gegen den staatlichen Ankläger
abschneidet und diesem letzter» eine viel würdevollere Stellung anweist, als es
dort der Fall ist, wo er lediglich belastend verfährt.

Ans Einzelheiten einzugehen verbietet uns nicht nur der dafür zur Ver¬
fügung gestellte Raum; die gerade auf dem Gebiete des Kriminalrechts sich
schroff gegenüberstehenden Ansichten über Abschrecknngs- und Bcsscrnngsthcoric
und ähnliches lassen auch bei der vorliegenden Veranlassung ein Hinübergreifen
in die vielverschlungenen Pfade der Polemik als unstatthaft erscheinen. Gilt
diese Skizze doch lediglich den dnrch redliches Wollen und Wirken erreichten
segensreichen Ergebnissen einer Thätigkeit, über deren Richtung erst in spätern
Tagen ein völlig unparteiisches Urteil wird gefällt werden können.

In welch hohem Grade Schwarze die Liebe und Verehrung seiner Beamten
genossen hat und wie sehr sich dieselben dankbar der Hebung bewußt find, welche
der ganze Stand der Staatsanwälte durch die erwähnte Umgestaltung ihrer
Aufgabe erfahren hat, davon legten die Besorgnisse beredtes Zeugnis ab, welche
in diesen Kreisen schon bei dem ersten Gerüchte von Schwarzes Rücktritt laut
wurden. Aber anch in den Gefängnissen selbst wird man seine volkstümliche
Erscheinung schwer vermissen.

Zum Schluß sei noch eines Verdienstes gedacht, das der unermüdlich für
Menschenwohl thätig gewesene Mann sich auf einem abseits liegenden Gebiete
erworben hat: mit mehreren andern Menschenfreunden stiftete er im Jahre 1866
den Sächsischen Militär-Hilfsverein, der später auch auf die Opfer des Krieges
von 1870 bis 1871 ausgedehnt wurde, und den Schwarze bis jetzt geleitet hat.
Die Organisation dieses Vereins, welchem sehr reiche Mittel zur Verfügung stehen,
gilt allgemein für mustergiltig. Neben der Verteilung großer Summen in jedem
Jahre hat der Verein namentlich die Aufgabe nach Möglichkeit gelöst, den In¬
validen und den aus dem Kreise jener Kombattanten überlebenden Witwen
dauernde und lohnende Beschäftigung zu verschaffen, sei es durch Unterbringung
in privaten Dienststellungen, sei es durch den Ankauf kleiner Geschäfte (Milch-,
Band- u. f. w.) oder durch die Aufbringung der Mittel zum Betriebe
solcher.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_195390/203>, abgerufen am 25.08.2024.