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Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Zweites Quartal.

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Englands Mittel zur Verteidigung Indiens.

sehr reichlich mit Offizieren versehen sind, ist die Zahl der englischen Offiziere
bei denen der Eingebornenarmee gering, sodaß sie nicht ausreicht, den betref¬
fenden Regimentern einen festen Halt zu geben, zumal da zu jenem Übelstande
noch andre hinzutreten, die Offiziere oft beurlaubt oder nach Ziuilstelluna.er
abkommandirt werden, und bei manche:? Regimentern alle Kapitänsposten mit
Majors oder Oberstleutnants besetzt sind, während andrerseits Kapitäne als
Obersten Dienst thun. Die Offiziere verstehen das Hindustani ihrer Mann¬
schaften, sind aber sonst wenig oder garnicht zur Beeinflussung derselben ge¬
eignet, und so fehlt ziemlich alles, was beide Teile miteinander verbinden könnte.
Jede der 8 Kompagnien eines Infanterieregiments der Eingebornenarmee hat
zwei eingeborne Offiziere, einen Subardar (Hauptmann) und einen Zemerdar
(Leutnant), die aus den Mannschaften hervorgehen, welche das vorgeschriebene
Examen zu bestehen befähigt sind. Die Bewaffnung der eingebornen Infanterie
bestand bis 1876 größtenteils aus Vorderladern (Enfields), nur 14 Regimenter
derselben hatten Snydcrgewehre. Neuerdings aber scheinen alle mit dem Mar¬
tini- and Heurhgewchre ausgerüstet worden zu sein, welches sich in den jüngsten
Kämpfen mit dem Mcchdi wohlbewährt hat. Die Qualität der eingebornen
Soldaten läßt mancherlei zu wünschen übrig. Für die besten gelten unter ihnen
die 5 Jnfantcrieregimenter der Armee von Bengalen, die ans dem Gebirgs-
stamme der Gurkas rekrutirt werden.

Die europäischen Truppen der indischen Regierung stehen mit den einge¬
bornen unter einem und demselben Oberkommando und sind den Territorial¬
behörden ebenso wie diese unterstellt. An einer organischen Gliederung für
beide Kategorien der angloiudischen Militärmacht fehlt es durchaus, die Ein¬
teilung der gesamten Armee ist lediglich territorial, und die obenerwähnten drei
Abteilungen derselben (Armee von Bengalen, von Madras und von Bombay)
setzen sich zur größeren Hälfte aus europäischen und zur kleineren aus einge¬
bornen Regimentern zusammen. Außerdem aber bestehen noch einige Forma¬
tionen, welche nicht von dem Oberkommando abhängen, sondern ausschließlich
ihrer Territorialbehörde zur Verfügung stehen. Dahin gehört das Pendschab-
Grenzkorps mit 10 Infanterie- und 5 Kavallerieregimentern, 1 Abteilung Gulden,
2 reitenden, 2 Gebirgsbattcrien und 1 Kompagnie Festnngsartillerie, im ganzen
etwa 12400 Mann. Ferner fällt unter diese Rubrik das Sind-Grenzkorps
mit 1 Infanterieregiment, 3 Kavallerieregimentern, 2 Artillerie- und 2 Gebirgs-
trainkompagnien. Endlich sind hierzu die Koutingente der eingebornen Fürsten,
das Korps in Zentralindien, das in Nadschpntana (etwa 4000 Mann), das
Hyderabad-Kontingent (6 Infanterie-, 4 Kavallerieregimenter, 4 Batterien reitende
Artillerie, im ganzen etwa 8000 Mann), die 2200 Pferde starke Sillidarreiterci
von Mysore und die aus 2 Regimentern Infanterie bestehende Nairbrigadc,
das Kontingent des Staates Travancore, zu rechnen. Alle diese Kontingente,
die teilweise aus irregulären Truppen bestehen, gehorchen englischem Oberbefehl


Englands Mittel zur Verteidigung Indiens.

sehr reichlich mit Offizieren versehen sind, ist die Zahl der englischen Offiziere
bei denen der Eingebornenarmee gering, sodaß sie nicht ausreicht, den betref¬
fenden Regimentern einen festen Halt zu geben, zumal da zu jenem Übelstande
noch andre hinzutreten, die Offiziere oft beurlaubt oder nach Ziuilstelluna.er
abkommandirt werden, und bei manche:? Regimentern alle Kapitänsposten mit
Majors oder Oberstleutnants besetzt sind, während andrerseits Kapitäne als
Obersten Dienst thun. Die Offiziere verstehen das Hindustani ihrer Mann¬
schaften, sind aber sonst wenig oder garnicht zur Beeinflussung derselben ge¬
eignet, und so fehlt ziemlich alles, was beide Teile miteinander verbinden könnte.
Jede der 8 Kompagnien eines Infanterieregiments der Eingebornenarmee hat
zwei eingeborne Offiziere, einen Subardar (Hauptmann) und einen Zemerdar
(Leutnant), die aus den Mannschaften hervorgehen, welche das vorgeschriebene
Examen zu bestehen befähigt sind. Die Bewaffnung der eingebornen Infanterie
bestand bis 1876 größtenteils aus Vorderladern (Enfields), nur 14 Regimenter
derselben hatten Snydcrgewehre. Neuerdings aber scheinen alle mit dem Mar¬
tini- and Heurhgewchre ausgerüstet worden zu sein, welches sich in den jüngsten
Kämpfen mit dem Mcchdi wohlbewährt hat. Die Qualität der eingebornen
Soldaten läßt mancherlei zu wünschen übrig. Für die besten gelten unter ihnen
die 5 Jnfantcrieregimenter der Armee von Bengalen, die ans dem Gebirgs-
stamme der Gurkas rekrutirt werden.

Die europäischen Truppen der indischen Regierung stehen mit den einge¬
bornen unter einem und demselben Oberkommando und sind den Territorial¬
behörden ebenso wie diese unterstellt. An einer organischen Gliederung für
beide Kategorien der angloiudischen Militärmacht fehlt es durchaus, die Ein¬
teilung der gesamten Armee ist lediglich territorial, und die obenerwähnten drei
Abteilungen derselben (Armee von Bengalen, von Madras und von Bombay)
setzen sich zur größeren Hälfte aus europäischen und zur kleineren aus einge¬
bornen Regimentern zusammen. Außerdem aber bestehen noch einige Forma¬
tionen, welche nicht von dem Oberkommando abhängen, sondern ausschließlich
ihrer Territorialbehörde zur Verfügung stehen. Dahin gehört das Pendschab-
Grenzkorps mit 10 Infanterie- und 5 Kavallerieregimentern, 1 Abteilung Gulden,
2 reitenden, 2 Gebirgsbattcrien und 1 Kompagnie Festnngsartillerie, im ganzen
etwa 12400 Mann. Ferner fällt unter diese Rubrik das Sind-Grenzkorps
mit 1 Infanterieregiment, 3 Kavallerieregimentern, 2 Artillerie- und 2 Gebirgs-
trainkompagnien. Endlich sind hierzu die Koutingente der eingebornen Fürsten,
das Korps in Zentralindien, das in Nadschpntana (etwa 4000 Mann), das
Hyderabad-Kontingent (6 Infanterie-, 4 Kavallerieregimenter, 4 Batterien reitende
Artillerie, im ganzen etwa 8000 Mann), die 2200 Pferde starke Sillidarreiterci
von Mysore und die aus 2 Regimentern Infanterie bestehende Nairbrigadc,
das Kontingent des Staates Travancore, zu rechnen. Alle diese Kontingente,
die teilweise aus irregulären Truppen bestehen, gehorchen englischem Oberbefehl


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_195390/171>, abgerufen am 22.07.2024.