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Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Zweites Quartal.

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(Vstpreußische Skizzen.

langt die Alle dann in die schon erwähnte Landschaft und durchfließt hierauf
den Kreis Heilsberg, wo sie ihre Glanzpunkte hat. Sie ist hier etwa mit dem
obern Murgthale, von Schönmünzach an aufwärts, zu vergleichen, nur ist das
Thal belebter, bevölkerter (fließt sie doch an zwei nicht unansehnlichen Städten
vorüber) und mannichfaltiger. Bei Bartenstein und Schippenbeil bietet sie dann
noch einige interessante Punkte, worauf sie weiterhin ziemlich reizlos wird. Aber
außer ihrem eignen Thale sind auch einige Seitenthäler zu erwähnen, so
namentlich dasjenige des Wadang, dessen Quellgebiet (östlich und nordöstlich
von Altenstein) eine Reihe recht bemerkenswerter See- und Hügellandschaften
ausweist, dasjenige der bei Heilsberg einmündenden Simser, welches sich etwa
eine halbe Meile lang vor keinem Harz- oder Schwarzwaldthale zu verstecken
brauchte, und endlich das weniger bedeutende, aber auch manches Hübsche bar¬
bierende der Guber, die bei Schippenbeil unmittelbar bei der über sie führenden
Brücke sich mit der Alle vereinigt. Zwischen Altenstein und Heilsberg giebt es
eine Menge von Stellen, die nicht schlechter sind als gar viele berühmte und
in Wort und Bild verherrlichte Landschaften. Das obere Thal der Paffarge
ist weniger interessant, aber von da an, wo sie die Grenze zwischen den Kreisen
Mohrnngen und Altenstein bildet, stellt auch sie ein ganz reizendes und mannich-
faltiges Flußthal vor, bis sie in der Braunsbcrger Gegend zur Ebene herab¬
steigt. Einige Stellen, so der Bullengruud unweit des Dohnaschen Schlosses
Lanck, sind mit Recht in der Provinz hochberühmt, und das etwas seitwärts
von ihr am Mahrungsee gelegene Schlößchen Ziegenberg gilt für den schönst-
gelegenen Sitz der Provinz.

Erwähnen wir nun noch der (bis zu 120 Fuß) hohen Ufer des Memel-
ftromes oberhalb Nagnit, bei dem Gute Tnssainen und dem zugehörigen Wirts¬
hause Obereysseln, des tiefeingeschnittenen, aber etwas öden und schwer zugäng¬
lichen Thales der Nominte, welches unweit Gumbinnen ausmündet, des wal¬
digen Thales der Gvldap mit seinem Glanzpunkte bei dem Gute Ramberg
und desjenigen der Angemp, die bei Darlehnen in schwindelnder Höhe von der
Eisenbahn überschritten wird, der kleinen Gebirgslandschaft zwischen Gvldap
und Marggrabowa und der herrlichen, von Fluß- und Vachthälern durchschnit¬
tenen und von kleinen Seen belebten tiefen Wälder des Goldaper Kreises mit
ihren reizenden Sommerfrischen Rothebude, Theerbnde ?c,, so haben wir wohl
so ziemlich alles aufgezählt, was die Provinz an Naturschönheiten hat. Her¬
vorragend viel ist es nicht, das ist wahr, aber es ist viel mehr, als man
draußen weiß und glaubt.




Grenzboten II. 138S.13
(Vstpreußische Skizzen.

langt die Alle dann in die schon erwähnte Landschaft und durchfließt hierauf
den Kreis Heilsberg, wo sie ihre Glanzpunkte hat. Sie ist hier etwa mit dem
obern Murgthale, von Schönmünzach an aufwärts, zu vergleichen, nur ist das
Thal belebter, bevölkerter (fließt sie doch an zwei nicht unansehnlichen Städten
vorüber) und mannichfaltiger. Bei Bartenstein und Schippenbeil bietet sie dann
noch einige interessante Punkte, worauf sie weiterhin ziemlich reizlos wird. Aber
außer ihrem eignen Thale sind auch einige Seitenthäler zu erwähnen, so
namentlich dasjenige des Wadang, dessen Quellgebiet (östlich und nordöstlich
von Altenstein) eine Reihe recht bemerkenswerter See- und Hügellandschaften
ausweist, dasjenige der bei Heilsberg einmündenden Simser, welches sich etwa
eine halbe Meile lang vor keinem Harz- oder Schwarzwaldthale zu verstecken
brauchte, und endlich das weniger bedeutende, aber auch manches Hübsche bar¬
bierende der Guber, die bei Schippenbeil unmittelbar bei der über sie führenden
Brücke sich mit der Alle vereinigt. Zwischen Altenstein und Heilsberg giebt es
eine Menge von Stellen, die nicht schlechter sind als gar viele berühmte und
in Wort und Bild verherrlichte Landschaften. Das obere Thal der Paffarge
ist weniger interessant, aber von da an, wo sie die Grenze zwischen den Kreisen
Mohrnngen und Altenstein bildet, stellt auch sie ein ganz reizendes und mannich-
faltiges Flußthal vor, bis sie in der Braunsbcrger Gegend zur Ebene herab¬
steigt. Einige Stellen, so der Bullengruud unweit des Dohnaschen Schlosses
Lanck, sind mit Recht in der Provinz hochberühmt, und das etwas seitwärts
von ihr am Mahrungsee gelegene Schlößchen Ziegenberg gilt für den schönst-
gelegenen Sitz der Provinz.

Erwähnen wir nun noch der (bis zu 120 Fuß) hohen Ufer des Memel-
ftromes oberhalb Nagnit, bei dem Gute Tnssainen und dem zugehörigen Wirts¬
hause Obereysseln, des tiefeingeschnittenen, aber etwas öden und schwer zugäng¬
lichen Thales der Nominte, welches unweit Gumbinnen ausmündet, des wal¬
digen Thales der Gvldap mit seinem Glanzpunkte bei dem Gute Ramberg
und desjenigen der Angemp, die bei Darlehnen in schwindelnder Höhe von der
Eisenbahn überschritten wird, der kleinen Gebirgslandschaft zwischen Gvldap
und Marggrabowa und der herrlichen, von Fluß- und Vachthälern durchschnit¬
tenen und von kleinen Seen belebten tiefen Wälder des Goldaper Kreises mit
ihren reizenden Sommerfrischen Rothebude, Theerbnde ?c,, so haben wir wohl
so ziemlich alles aufgezählt, was die Provinz an Naturschönheiten hat. Her¬
vorragend viel ist es nicht, das ist wahr, aber es ist viel mehr, als man
draußen weiß und glaubt.




Grenzboten II. 138S.13
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_195390/142>, abgerufen am 22.07.2024.