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Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Erstes Quartal.

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Die Erklärung der Herren von Sybel und or, Roher.

Ich konnte erwarten, daß mir das Unterliegen des Herrn Hirzel im Prozeß
und meine Ausführung des allein richtigen Gedankens, ein Werk von so außer¬
ordentlichem Interesse für das gesamte deutsche Volk alsbald in guter Be¬
arbeitung zu verbreiten, nicht geschenkt bleiben würde; ich war also eines
Angriffs gewärtig. Daß dieser aber in solcher Weise ausgeführt werden würde,
hatte ich auch nach dem oben abgedruckten Briefe des Herrn Archivdirektors nicht
erwartet. Da es ihn? nicht zu passen scheint, daß ein andrer berechtigt sein soll,
ein solches Unternehmen zu veranstalten, so muß zur Verdächtigung desselben
eine "Lücke im Gesetz" ihm die "Handhabe" zu seinem Unternehmen geboten haben!

Eine Lücke im Gesetz pflegt derjenige zu finden, dem irgendeine Absicht
des Gesetzes nicht behagt. Das Gesetz betreffend das Urheberrecht ze. vom
1I.Juni1870 sagt aber klar und deutlich, daß der Autor eines Schriftstückes
und dessen Rechtsnachfolger bis dreißig Jahre nach seinem Tode gegen Nach¬
druck geschützt sein soll. Wo ist die Lücke im Gesetz?

Von gleichem Werte ist die zweite Verdächtigung, welche der VerlagS-
hnndluug vorwirft, sie habe "durch einfache Verschweigung des dort hin dem
kritischen Apparate der Originalpnblilation^ Schritt für Schritt konstatirtcn
Sachvcrhciltes sich zur Mitschuldigen der Caleschen Mystifikationen" gemacht,
und dann von dem "Versuche" spricht, "die Erfindungen de Cakes, eines Me-
moirenschrcibcrs, ohne die erforderlichen und in der Originalausgabe beige¬
brachten faktischen Berichtigungen zu kolportiren."

In der Vorrede der "Gespräche Friedrichs des Großen mit Henri de Caet"
S. 5 ist aber ausdrücklich gesagt worden: "Auch aus den Memoiren wurde
vieles weggelassen, was teils anderweitig zu bekannt, teils aus besseren
Ouellen in richtigerer Fassung zu lernen ist. Das letztere gilt vor allem von
den Berichten über kriegerische Vorgänge, die Caet von andern Offizieren
erhielt, und dann, wie der Herausgeber anführt, dem Könige in den
Mund legt." Dies mußte Herr von Sybel wissen, denn eine solche Leicht¬
fertigkeit, daß er das Buch, welches den Anlaß zu seiner "Erklärung" gegeben
hat, garnicht angesehen habe, kann doch kaum angenommen werden. Es bleibt
also nur die wissentlich Sasche Darstellung des Sachverhaltes übrig, durch
welche ich und mein Buch bei laufenden von Zeitnngslesern anrüchig gemacht
werden sollten.*)



*) Als Illustration teile ich noch mit, daß ich (was allerdings Herr von Sybel wahr-
scheinlich nicht wußte) in einem Begleitbriefe an die Redaktionen der Provinzialzcitungen,
denen ich Rezensionsexemplare des Buches schickte und von denen ich annehmen konnte, daß
so die Originalausgabe nicht erhalten hätten, folgenden Passus habe drücken lassen: "Es ist
k"n Zweifel, daß die Niederschriften de Cakes wahr und echt sind, wenn er das Ganze
"und zum Teil arrangirt und abgerundet hat, denn sie tragen den Stempel der
Wahrheit an sich -- so etwas kann nicht erfunden werden, und es fühlt sich heraus, daß
"ur der König so denken und sprechen konnte."
Grenzboten 5- 1885, 68
Die Erklärung der Herren von Sybel und or, Roher.

Ich konnte erwarten, daß mir das Unterliegen des Herrn Hirzel im Prozeß
und meine Ausführung des allein richtigen Gedankens, ein Werk von so außer¬
ordentlichem Interesse für das gesamte deutsche Volk alsbald in guter Be¬
arbeitung zu verbreiten, nicht geschenkt bleiben würde; ich war also eines
Angriffs gewärtig. Daß dieser aber in solcher Weise ausgeführt werden würde,
hatte ich auch nach dem oben abgedruckten Briefe des Herrn Archivdirektors nicht
erwartet. Da es ihn? nicht zu passen scheint, daß ein andrer berechtigt sein soll,
ein solches Unternehmen zu veranstalten, so muß zur Verdächtigung desselben
eine „Lücke im Gesetz" ihm die „Handhabe" zu seinem Unternehmen geboten haben!

Eine Lücke im Gesetz pflegt derjenige zu finden, dem irgendeine Absicht
des Gesetzes nicht behagt. Das Gesetz betreffend das Urheberrecht ze. vom
1I.Juni1870 sagt aber klar und deutlich, daß der Autor eines Schriftstückes
und dessen Rechtsnachfolger bis dreißig Jahre nach seinem Tode gegen Nach¬
druck geschützt sein soll. Wo ist die Lücke im Gesetz?

Von gleichem Werte ist die zweite Verdächtigung, welche der VerlagS-
hnndluug vorwirft, sie habe „durch einfache Verschweigung des dort hin dem
kritischen Apparate der Originalpnblilation^ Schritt für Schritt konstatirtcn
Sachvcrhciltes sich zur Mitschuldigen der Caleschen Mystifikationen" gemacht,
und dann von dem „Versuche" spricht, „die Erfindungen de Cakes, eines Me-
moirenschrcibcrs, ohne die erforderlichen und in der Originalausgabe beige¬
brachten faktischen Berichtigungen zu kolportiren."

In der Vorrede der „Gespräche Friedrichs des Großen mit Henri de Caet"
S. 5 ist aber ausdrücklich gesagt worden: „Auch aus den Memoiren wurde
vieles weggelassen, was teils anderweitig zu bekannt, teils aus besseren
Ouellen in richtigerer Fassung zu lernen ist. Das letztere gilt vor allem von
den Berichten über kriegerische Vorgänge, die Caet von andern Offizieren
erhielt, und dann, wie der Herausgeber anführt, dem Könige in den
Mund legt." Dies mußte Herr von Sybel wissen, denn eine solche Leicht¬
fertigkeit, daß er das Buch, welches den Anlaß zu seiner „Erklärung" gegeben
hat, garnicht angesehen habe, kann doch kaum angenommen werden. Es bleibt
also nur die wissentlich Sasche Darstellung des Sachverhaltes übrig, durch
welche ich und mein Buch bei laufenden von Zeitnngslesern anrüchig gemacht
werden sollten.*)



*) Als Illustration teile ich noch mit, daß ich (was allerdings Herr von Sybel wahr-
scheinlich nicht wußte) in einem Begleitbriefe an die Redaktionen der Provinzialzcitungen,
denen ich Rezensionsexemplare des Buches schickte und von denen ich annehmen konnte, daß
so die Originalausgabe nicht erhalten hätten, folgenden Passus habe drücken lassen: „Es ist
k"n Zweifel, daß die Niederschriften de Cakes wahr und echt sind, wenn er das Ganze
"und zum Teil arrangirt und abgerundet hat, denn sie tragen den Stempel der
Wahrheit an sich — so etwas kann nicht erfunden werden, und es fühlt sich heraus, daß
»ur der König so denken und sprechen konnte."
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_194675/549>, abgerufen am 25.08.2024.