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Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Erstes Quartal.

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Die Postsparkassen im Reichstage.

Der zweite Einwand bezog sich auf das Ansammeln großer Fonds in der
Reichshauptstadt. Man fürchtete, der Reichsregicrung mit diesen Geldern ein
neues Machtmittel in die Hand zu geben, man scheute Störungen des Kredits,
wenn neben der Ncichsbcmk noch ein zweites gleich geldmächtiges Institut
bestünde. Man hielt endlich das Geld nicht für sicher genug in dem großen
Zentrum aufbewahrt und wies besonders auf die Zeit vou Krieg und ähnlichen
Krisen hin. Der Entwurf will aber garnicht, daß das Geld lediglich der Reichs-
verwaltung zur Verfügung stehe; ein großer und entsprechender Teil desselben
sollte vom Reiche den Einzelstaaten behufs Ausleihung wieder zugeführt werden.
An eine Störung des Kredits war aber umso weniger zu denken, als der
Reichskanzler sowohl Chef der Reichsbank ist, als auch Chef der Neichspost-
sparkassenverwaltung werden sollte. Die für den Kredit so wichtigen Ver-
waltungsgrundsätze fanden in dem einheitlichen Chef eine durchaus genügende
Garantie. Auch für Zeiten der Krisis war Vorsorge getroffen, die eine Ge¬
fährdung der Spareinlagen ausschließt. Der Vorwurf mangelnder Sicherheit
der Gelder in Berlin bedarf wohl keiner ernstlichen Widerlegung. Wenn der
Kaiser mit seiner Familie sich in seiner Hauptstadt sicher fühlen darf, dann kann
man wohl das Gleiche von den Spargeldern annehmen.

Der dritte Einwand endlich entstammt der Befürchtung, daß die Kommnnal-
sparkasseu durch das neue Institut gefährdet werden könnten. Wir haben schon
mehrfach diesen Einwand als einen kurzsichtigen bezeichnet. Denn wie die Er¬
fahrung im Auslande lehrt, wenden sich die Postsparkassen an ein ganz andres
Publikum als die kommunalen Sparkassen. Beide können und werden ohne
Konkurrenz sehr gut nebeneinander bestehen. Die letztern genügen -- wie ge¬
zeigt worden ist -- nicht mehr dem Bedürfnis des kleinen Mannes und in¬
sonderheit des Arbeiterstandes; dieses Bedürfnis sollen die ersteren befriedigen.
Es ist deshalb anch nicht zu befürchten, daß die Summen, welche den Post-
sparkasscn zufließen, den Kommuualsparkasseu werden entzogen werden, vielmehr
sind dies Summen, welche überhaupt nicht gespart werden, wenn sie nicht in
die Postsparkassen getragen werden. In übertriebener Ängstlichkeit und um
diesem Vorwurfe zu begegnen, hat der Entwurf die Kommnnalsparlassen noch
besonders geschützt, indem er ein Maximum von geringer Höhe für die Postspar-
einlagen festsetzte und deren Verzinsung unter den von den ersteren gewährten
Zinsfuß brachte. Der Einfluß der Grundbesitzer auf die kommunalen Spar¬
kassen bleibt also völlig unberührt.

Selten hat ein Entwurf in den Vorstadien eine so reifliche Erwägung er¬
fahren als gerade der Postsparkassenentwurf. Es beweist dies schon die ein¬
gehende, vielfach auf persönliche Anschauungen und Sammlungen beruhende Be¬
gründung. Auch ist ja aus den Zeitungen bekannt geworden, daß der Entwurf
von dem preußischen Staatsrate sehr sorgfältig beraten worden ist und die Ge¬
nehmigung dieser Versammlung gefunden hat, in welcher die bewährtesten Kenner


Die Postsparkassen im Reichstage.

Der zweite Einwand bezog sich auf das Ansammeln großer Fonds in der
Reichshauptstadt. Man fürchtete, der Reichsregicrung mit diesen Geldern ein
neues Machtmittel in die Hand zu geben, man scheute Störungen des Kredits,
wenn neben der Ncichsbcmk noch ein zweites gleich geldmächtiges Institut
bestünde. Man hielt endlich das Geld nicht für sicher genug in dem großen
Zentrum aufbewahrt und wies besonders auf die Zeit vou Krieg und ähnlichen
Krisen hin. Der Entwurf will aber garnicht, daß das Geld lediglich der Reichs-
verwaltung zur Verfügung stehe; ein großer und entsprechender Teil desselben
sollte vom Reiche den Einzelstaaten behufs Ausleihung wieder zugeführt werden.
An eine Störung des Kredits war aber umso weniger zu denken, als der
Reichskanzler sowohl Chef der Reichsbank ist, als auch Chef der Neichspost-
sparkassenverwaltung werden sollte. Die für den Kredit so wichtigen Ver-
waltungsgrundsätze fanden in dem einheitlichen Chef eine durchaus genügende
Garantie. Auch für Zeiten der Krisis war Vorsorge getroffen, die eine Ge¬
fährdung der Spareinlagen ausschließt. Der Vorwurf mangelnder Sicherheit
der Gelder in Berlin bedarf wohl keiner ernstlichen Widerlegung. Wenn der
Kaiser mit seiner Familie sich in seiner Hauptstadt sicher fühlen darf, dann kann
man wohl das Gleiche von den Spargeldern annehmen.

Der dritte Einwand endlich entstammt der Befürchtung, daß die Kommnnal-
sparkasseu durch das neue Institut gefährdet werden könnten. Wir haben schon
mehrfach diesen Einwand als einen kurzsichtigen bezeichnet. Denn wie die Er¬
fahrung im Auslande lehrt, wenden sich die Postsparkassen an ein ganz andres
Publikum als die kommunalen Sparkassen. Beide können und werden ohne
Konkurrenz sehr gut nebeneinander bestehen. Die letztern genügen — wie ge¬
zeigt worden ist — nicht mehr dem Bedürfnis des kleinen Mannes und in¬
sonderheit des Arbeiterstandes; dieses Bedürfnis sollen die ersteren befriedigen.
Es ist deshalb anch nicht zu befürchten, daß die Summen, welche den Post-
sparkasscn zufließen, den Kommuualsparkasseu werden entzogen werden, vielmehr
sind dies Summen, welche überhaupt nicht gespart werden, wenn sie nicht in
die Postsparkassen getragen werden. In übertriebener Ängstlichkeit und um
diesem Vorwurfe zu begegnen, hat der Entwurf die Kommnnalsparlassen noch
besonders geschützt, indem er ein Maximum von geringer Höhe für die Postspar-
einlagen festsetzte und deren Verzinsung unter den von den ersteren gewährten
Zinsfuß brachte. Der Einfluß der Grundbesitzer auf die kommunalen Spar¬
kassen bleibt also völlig unberührt.

Selten hat ein Entwurf in den Vorstadien eine so reifliche Erwägung er¬
fahren als gerade der Postsparkassenentwurf. Es beweist dies schon die ein¬
gehende, vielfach auf persönliche Anschauungen und Sammlungen beruhende Be¬
gründung. Auch ist ja aus den Zeitungen bekannt geworden, daß der Entwurf
von dem preußischen Staatsrate sehr sorgfältig beraten worden ist und die Ge¬
nehmigung dieser Versammlung gefunden hat, in welcher die bewährtesten Kenner


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[0507] Die Postsparkassen im Reichstage. Der zweite Einwand bezog sich auf das Ansammeln großer Fonds in der Reichshauptstadt. Man fürchtete, der Reichsregicrung mit diesen Geldern ein neues Machtmittel in die Hand zu geben, man scheute Störungen des Kredits, wenn neben der Ncichsbcmk noch ein zweites gleich geldmächtiges Institut bestünde. Man hielt endlich das Geld nicht für sicher genug in dem großen Zentrum aufbewahrt und wies besonders auf die Zeit vou Krieg und ähnlichen Krisen hin. Der Entwurf will aber garnicht, daß das Geld lediglich der Reichs- verwaltung zur Verfügung stehe; ein großer und entsprechender Teil desselben sollte vom Reiche den Einzelstaaten behufs Ausleihung wieder zugeführt werden. An eine Störung des Kredits war aber umso weniger zu denken, als der Reichskanzler sowohl Chef der Reichsbank ist, als auch Chef der Neichspost- sparkassenverwaltung werden sollte. Die für den Kredit so wichtigen Ver- waltungsgrundsätze fanden in dem einheitlichen Chef eine durchaus genügende Garantie. Auch für Zeiten der Krisis war Vorsorge getroffen, die eine Ge¬ fährdung der Spareinlagen ausschließt. Der Vorwurf mangelnder Sicherheit der Gelder in Berlin bedarf wohl keiner ernstlichen Widerlegung. Wenn der Kaiser mit seiner Familie sich in seiner Hauptstadt sicher fühlen darf, dann kann man wohl das Gleiche von den Spargeldern annehmen. Der dritte Einwand endlich entstammt der Befürchtung, daß die Kommnnal- sparkasseu durch das neue Institut gefährdet werden könnten. Wir haben schon mehrfach diesen Einwand als einen kurzsichtigen bezeichnet. Denn wie die Er¬ fahrung im Auslande lehrt, wenden sich die Postsparkassen an ein ganz andres Publikum als die kommunalen Sparkassen. Beide können und werden ohne Konkurrenz sehr gut nebeneinander bestehen. Die letztern genügen — wie ge¬ zeigt worden ist — nicht mehr dem Bedürfnis des kleinen Mannes und in¬ sonderheit des Arbeiterstandes; dieses Bedürfnis sollen die ersteren befriedigen. Es ist deshalb anch nicht zu befürchten, daß die Summen, welche den Post- sparkasscn zufließen, den Kommuualsparkasseu werden entzogen werden, vielmehr sind dies Summen, welche überhaupt nicht gespart werden, wenn sie nicht in die Postsparkassen getragen werden. In übertriebener Ängstlichkeit und um diesem Vorwurfe zu begegnen, hat der Entwurf die Kommnnalsparlassen noch besonders geschützt, indem er ein Maximum von geringer Höhe für die Postspar- einlagen festsetzte und deren Verzinsung unter den von den ersteren gewährten Zinsfuß brachte. Der Einfluß der Grundbesitzer auf die kommunalen Spar¬ kassen bleibt also völlig unberührt. Selten hat ein Entwurf in den Vorstadien eine so reifliche Erwägung er¬ fahren als gerade der Postsparkassenentwurf. Es beweist dies schon die ein¬ gehende, vielfach auf persönliche Anschauungen und Sammlungen beruhende Be¬ gründung. Auch ist ja aus den Zeitungen bekannt geworden, daß der Entwurf von dem preußischen Staatsrate sehr sorgfältig beraten worden ist und die Ge¬ nehmigung dieser Versammlung gefunden hat, in welcher die bewährtesten Kenner

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_194675/507>, abgerufen am 22.07.2024.