Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Erstes Quartal.Die Wiederherstellung und Erhaltung älterer Bau- und Kunstdenkmäler. aber bisher noch immer nicht zu cndgiltigcr Lösung zu bringen war. Auch der zu Zwar hat es seit dem Ende der napoleonischen Kriege nicht an Versuchen Darum ist zur richtigen Ausnutzung der nach Erlaß des zu erwartende" Kunstwerke sind zu allen Zeiten zerstört und vernichtet worden, und be¬ Die Wiederherstellung und Erhaltung älterer Bau- und Kunstdenkmäler. aber bisher noch immer nicht zu cndgiltigcr Lösung zu bringen war. Auch der zu Zwar hat es seit dem Ende der napoleonischen Kriege nicht an Versuchen Darum ist zur richtigen Ausnutzung der nach Erlaß des zu erwartende» Kunstwerke sind zu allen Zeiten zerstört und vernichtet worden, und be¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0088" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/154971"/> <fw type="header" place="top"> Die Wiederherstellung und Erhaltung älterer Bau- und Kunstdenkmäler.</fw><lb/> <p xml:id="ID_284" prev="#ID_283"> aber bisher noch immer nicht zu cndgiltigcr Lösung zu bringen war. Auch der zu<lb/> erwartende Gesetzentwurf wird nur als ein Schritt auf der eingeschlagenen Bahn<lb/> bezeichnet werden können, aber mit Freude, mit lebhafter, dankbarer Freude ist<lb/> er darum doch zu begrüßen. Es ist wieder eine jener rühmenswerten Thaten,<lb/> mit welchen die preußische Regierung in den letzten Jahren Schlag auf Schlag<lb/> die Meinung zu widerlegen gewußt hat, Preußen sei nur ein Militärstaat und<lb/> habe für Kulturzwecke, für künstlerische und wissenschaftliche Zwecke weder Inter¬<lb/> esse noch — Geld. Aus dem Wirrwarr älterer Verordnungen, die zum Teil<lb/> veraltet siud, zum Teil einander widersprechen, sollen wir nun heraustreten<lb/> auf den klaren Boden des Gesetzes, und der Staat soll endlich ein Macht¬<lb/> mittel gewinnen, um widerwillige Provinzen, Gemeinden und Private zur Aus¬<lb/> übung einer ihnen weniger nach streng juristischen, als vielmehr nach ideellen<lb/> und sittliche» Begriffen obliegenden Pflicht anzuhalten und so sür unser Bater¬<lb/> land die schönen, altehrwürdigen Reste seiner großen Vergangenheit zu erhalte»<lb/> und zu sichern.</p><lb/> <p xml:id="ID_285"> Zwar hat es seit dem Ende der napoleonischen Kriege nicht an Versuchen<lb/> gefehlt, dieses Ziel zu erreichen. Aber Mangel an kunstgeschichtlichen Kenntnissen,<lb/> falscher Pnritanismns, ungenügende Geldmittel und, wie schon erwähnt, ein un¬<lb/> sicherer Rechtsboden ließen es nie zu einer durchgreifenden, einheitlichen Thätigkeit<lb/> kommen. Unvergessen sind die hohen Verdienste des verstorbenen Konservators der<lb/> preußischen Kunstdenkmäler, des Herrn von Quast, rühmend gedenken wir seines<lb/> Nachfolgers, des geheimen Baurath von Dehn-Rothfclser, wir erinnern uns der<lb/> eifrigen Bemühungen König Friedrich Wilhelms IV. und des kunstenthusinstischen.<lb/> Ludwig I. von Baiern. Aber was vermögen einzelne Männer, und wenn sie<lb/> noch so hoch gestellt siud? Der Verlauf hat gezeigt, daß die hingcbendste Liebe,<lb/> die größte Opferfreudigst einzelner ohne eine umfassende Organisation nur<lb/> wenig leisten kann, daß sie an einzelnen Punkten mit dem schönsten und herr¬<lb/> lichsten Erfolg einzusetzen, aber ganz Deutschland unmöglich vor Schaden und<lb/> Verlust zu bewahren vermag.</p><lb/> <p xml:id="ID_286"> Darum ist zur richtigen Ausnutzung der nach Erlaß des zu erwartende»<lb/> Gesetzes geschaffenen günstigen Lage die Organisation über das ganze Land das<lb/> nächste, was anzustreben ist. Hierzu müssen wir aber uns über die Fehler, die<lb/> bisher gemacht worden sind, und über die Mittel, wie sie vermiede» werden<lb/> können, klar werden.</p><lb/> <p xml:id="ID_287" next="#ID_288"> Kunstwerke sind zu allen Zeiten zerstört und vernichtet worden, und be¬<lb/> sonders die Architektur weiß hiervon ein Lied zu singen. Als noch wahres<lb/> Kunstleben in Deutschland pulsirte, als die Künstler noch innerhalb des gerade<lb/> herrschenden Stiles in freier Geistesregung erfanden und schufen, war das<lb/> Kuustbewußtseiu, die Kunstanschauung eine so kräftige, daß in jeder Stilperiode<lb/> die Zeugnisse der vorangegangenen Epoche als veraltet, als nicht mehr zeitgemäß<lb/> betrachtet und behandelt wurden. Wir müssen es der Naivität unsrer Vorfahren</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0088]
Die Wiederherstellung und Erhaltung älterer Bau- und Kunstdenkmäler.
aber bisher noch immer nicht zu cndgiltigcr Lösung zu bringen war. Auch der zu
erwartende Gesetzentwurf wird nur als ein Schritt auf der eingeschlagenen Bahn
bezeichnet werden können, aber mit Freude, mit lebhafter, dankbarer Freude ist
er darum doch zu begrüßen. Es ist wieder eine jener rühmenswerten Thaten,
mit welchen die preußische Regierung in den letzten Jahren Schlag auf Schlag
die Meinung zu widerlegen gewußt hat, Preußen sei nur ein Militärstaat und
habe für Kulturzwecke, für künstlerische und wissenschaftliche Zwecke weder Inter¬
esse noch — Geld. Aus dem Wirrwarr älterer Verordnungen, die zum Teil
veraltet siud, zum Teil einander widersprechen, sollen wir nun heraustreten
auf den klaren Boden des Gesetzes, und der Staat soll endlich ein Macht¬
mittel gewinnen, um widerwillige Provinzen, Gemeinden und Private zur Aus¬
übung einer ihnen weniger nach streng juristischen, als vielmehr nach ideellen
und sittliche» Begriffen obliegenden Pflicht anzuhalten und so sür unser Bater¬
land die schönen, altehrwürdigen Reste seiner großen Vergangenheit zu erhalte»
und zu sichern.
Zwar hat es seit dem Ende der napoleonischen Kriege nicht an Versuchen
gefehlt, dieses Ziel zu erreichen. Aber Mangel an kunstgeschichtlichen Kenntnissen,
falscher Pnritanismns, ungenügende Geldmittel und, wie schon erwähnt, ein un¬
sicherer Rechtsboden ließen es nie zu einer durchgreifenden, einheitlichen Thätigkeit
kommen. Unvergessen sind die hohen Verdienste des verstorbenen Konservators der
preußischen Kunstdenkmäler, des Herrn von Quast, rühmend gedenken wir seines
Nachfolgers, des geheimen Baurath von Dehn-Rothfclser, wir erinnern uns der
eifrigen Bemühungen König Friedrich Wilhelms IV. und des kunstenthusinstischen.
Ludwig I. von Baiern. Aber was vermögen einzelne Männer, und wenn sie
noch so hoch gestellt siud? Der Verlauf hat gezeigt, daß die hingcbendste Liebe,
die größte Opferfreudigst einzelner ohne eine umfassende Organisation nur
wenig leisten kann, daß sie an einzelnen Punkten mit dem schönsten und herr¬
lichsten Erfolg einzusetzen, aber ganz Deutschland unmöglich vor Schaden und
Verlust zu bewahren vermag.
Darum ist zur richtigen Ausnutzung der nach Erlaß des zu erwartende»
Gesetzes geschaffenen günstigen Lage die Organisation über das ganze Land das
nächste, was anzustreben ist. Hierzu müssen wir aber uns über die Fehler, die
bisher gemacht worden sind, und über die Mittel, wie sie vermiede» werden
können, klar werden.
Kunstwerke sind zu allen Zeiten zerstört und vernichtet worden, und be¬
sonders die Architektur weiß hiervon ein Lied zu singen. Als noch wahres
Kunstleben in Deutschland pulsirte, als die Künstler noch innerhalb des gerade
herrschenden Stiles in freier Geistesregung erfanden und schufen, war das
Kuustbewußtseiu, die Kunstanschauung eine so kräftige, daß in jeder Stilperiode
die Zeugnisse der vorangegangenen Epoche als veraltet, als nicht mehr zeitgemäß
betrachtet und behandelt wurden. Wir müssen es der Naivität unsrer Vorfahren
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