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Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Erstes Quartal.

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Die volkswirtschaftliche Bedeutung der Fischerei.

In unsrer Zeit, welche einer rationellen Bewirtschaftung des Landes in
Ackerbau und Viehzucht mit so großem Erfolge sich angenommen hat, konnte es
nicht ausbleiben, daß, nachdem man einmal Ursachen und Bereich der Schädigung
des Fischbestandes zu erkennen angefangen hatte, von vielen Seiten auf energische
Besserung der Verhältnisse gedrungen ward. Mehr und mehr erwachte im
Volke das Bewußtsein, daß es einer erheblichen Schädigung des nationalen
Wohlstandes bisher ruhig zugesehen habe, und die Gegenwirkung zeigte sich in
dem hohen Interesse, welches sich mit einemmale der Fischfrcigc zuwandte.
Zahlreiche Fischereivereine wetteifern bereits miteinander -- allen voran der
deutsche Fischereiverein, der seinen Sitz in Berlin hat --, um Theorie und
Praxis der Fischkultur zu fördern und das Interesse dafür im deutschen Volke
wach zu halten. Leider, aber in unserm Lande nicht zu verwundern, ist es vor¬
nehmlich die Theorie, an welcher der Fortschritt zunächst zu spüren ist. Es ist
eben wieder der bedauerliche Mangel an Unternehmungsgeist und der dadurch
verursachte chronische Mangel an Geld, der die Vereine hindert, ihre segensreiche
Thätigkeit in ausgedehnterem Maße zu entfalten. So klagt Scidlitz, als Schrift¬
führer des Fischereivereins für Ost- und Westpreußen, daß die zur Bevölkerung
der dortigen Gewässer jährlich nötigen 15 Millionen Brutsischchcn sich mit einem
Anlagekapital von 30 000 Mark und einer jährlichen Betricbssumme von
20 000 Mark beschaffen ließen, und rechnet sich des weiter" müde, wie sich
diese Summe aufbringen lassen würde -- bei einem Unternehmen, bei welchem
Tausende als Reingewinn alljährlich sich ergeben würden!

Wie wir gesehen haben, waren an dem Niedergange der Fischerei manche
Übelstände schuld, denen eine private Thätigkeit nicht steuern konnte, und so sah
sich denn auch der Staat veranlaßt, das Seine zu thun. Eine Revision der be¬
stehenden Gesetze machte sich unabweisbar notwendig. Das Gesetz vom 30. Mai
1874, zu dem im Jahre 1877 und 1880 Ausführungsbcstimmungen für die ein¬
zelnen Provinzen erlassen wurden und am 30. März 1880 noch ein Abände-
rungsgcsetz hinzukam, hat sich dieser schwierigen Aufgabe unterzogen.

Die segensreichen Wirkungen vieler seiner Bestimmungen würden umso
eher zu Tage treten, wenn sie nicht leider durch mancherlei Unzulänglichkeiten
und Verkehrtheiten daran behindert würden. So kann man dem Verbote schäd¬
licher Fanggeräte, namentlich dem der giftigen, ins Wasser zu streuenden Be¬
täubungsmittel, nur seine Zustimmung geben. Die Festsetzung von Minimal-
maßen für die Maschenweite der Netze ist geeignet, dem unsinnigen Fange der
Fischbrut zu steuern und so den Fischreichtum zu heben; freilich dürften die¬
selben nicht für die ganze Monarchie gleich festgesetzt sein, sondern sich den
Verhältnissen anpassen. Den Schädigungen, die Turbinen, Mühlenwehre, chemische
Fabriken u. s. w. anrichten, sucht mau thunlichst zu begegnen, die Übeln Wirkungen
der übermüßigen Verteilung der Fischereiberechtigung durch Begünstigung von
Genossenschaftsbildung der Beteiligten zu mildern, und was dergleichen billigcns-
werte Bestimmungen mehr sind.


Die volkswirtschaftliche Bedeutung der Fischerei.

In unsrer Zeit, welche einer rationellen Bewirtschaftung des Landes in
Ackerbau und Viehzucht mit so großem Erfolge sich angenommen hat, konnte es
nicht ausbleiben, daß, nachdem man einmal Ursachen und Bereich der Schädigung
des Fischbestandes zu erkennen angefangen hatte, von vielen Seiten auf energische
Besserung der Verhältnisse gedrungen ward. Mehr und mehr erwachte im
Volke das Bewußtsein, daß es einer erheblichen Schädigung des nationalen
Wohlstandes bisher ruhig zugesehen habe, und die Gegenwirkung zeigte sich in
dem hohen Interesse, welches sich mit einemmale der Fischfrcigc zuwandte.
Zahlreiche Fischereivereine wetteifern bereits miteinander — allen voran der
deutsche Fischereiverein, der seinen Sitz in Berlin hat —, um Theorie und
Praxis der Fischkultur zu fördern und das Interesse dafür im deutschen Volke
wach zu halten. Leider, aber in unserm Lande nicht zu verwundern, ist es vor¬
nehmlich die Theorie, an welcher der Fortschritt zunächst zu spüren ist. Es ist
eben wieder der bedauerliche Mangel an Unternehmungsgeist und der dadurch
verursachte chronische Mangel an Geld, der die Vereine hindert, ihre segensreiche
Thätigkeit in ausgedehnterem Maße zu entfalten. So klagt Scidlitz, als Schrift¬
führer des Fischereivereins für Ost- und Westpreußen, daß die zur Bevölkerung
der dortigen Gewässer jährlich nötigen 15 Millionen Brutsischchcn sich mit einem
Anlagekapital von 30 000 Mark und einer jährlichen Betricbssumme von
20 000 Mark beschaffen ließen, und rechnet sich des weiter» müde, wie sich
diese Summe aufbringen lassen würde — bei einem Unternehmen, bei welchem
Tausende als Reingewinn alljährlich sich ergeben würden!

Wie wir gesehen haben, waren an dem Niedergange der Fischerei manche
Übelstände schuld, denen eine private Thätigkeit nicht steuern konnte, und so sah
sich denn auch der Staat veranlaßt, das Seine zu thun. Eine Revision der be¬
stehenden Gesetze machte sich unabweisbar notwendig. Das Gesetz vom 30. Mai
1874, zu dem im Jahre 1877 und 1880 Ausführungsbcstimmungen für die ein¬
zelnen Provinzen erlassen wurden und am 30. März 1880 noch ein Abände-
rungsgcsetz hinzukam, hat sich dieser schwierigen Aufgabe unterzogen.

Die segensreichen Wirkungen vieler seiner Bestimmungen würden umso
eher zu Tage treten, wenn sie nicht leider durch mancherlei Unzulänglichkeiten
und Verkehrtheiten daran behindert würden. So kann man dem Verbote schäd¬
licher Fanggeräte, namentlich dem der giftigen, ins Wasser zu streuenden Be¬
täubungsmittel, nur seine Zustimmung geben. Die Festsetzung von Minimal-
maßen für die Maschenweite der Netze ist geeignet, dem unsinnigen Fange der
Fischbrut zu steuern und so den Fischreichtum zu heben; freilich dürften die¬
selben nicht für die ganze Monarchie gleich festgesetzt sein, sondern sich den
Verhältnissen anpassen. Den Schädigungen, die Turbinen, Mühlenwehre, chemische
Fabriken u. s. w. anrichten, sucht mau thunlichst zu begegnen, die Übeln Wirkungen
der übermüßigen Verteilung der Fischereiberechtigung durch Begünstigung von
Genossenschaftsbildung der Beteiligten zu mildern, und was dergleichen billigcns-
werte Bestimmungen mehr sind.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341839_158199/548>, abgerufen am 25.08.2024.