Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Erstes Quartal.Die Praxis der deutschen Leuerversicherungsgesellschaften. Welche Verlust gehabt haben, beträgt 2 7 I/z Prozent der gemachten Einzahlungen. Die Sicherheitsfonds, welche die Gesellschaften in Reserven und Aktienkapital Wir ersehen ferner aus der Tabelle die Unwahrheit der Behauptung, daß Die Praxis der deutschen Leuerversicherungsgesellschaften. Welche Verlust gehabt haben, beträgt 2 7 I/z Prozent der gemachten Einzahlungen. Die Sicherheitsfonds, welche die Gesellschaften in Reserven und Aktienkapital Wir ersehen ferner aus der Tabelle die Unwahrheit der Behauptung, daß <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0452" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/155335"/> <fw type="header" place="top"> Die Praxis der deutschen Leuerversicherungsgesellschaften.</fw><lb/> <p xml:id="ID_1816" prev="#ID_1815"> Welche Verlust gehabt haben, beträgt 2 7 I/z Prozent der gemachten Einzahlungen.<lb/> Hätte die Magdeburger statt 64 Pfennigen Verwaltungskosten auf tausend Mark<lb/> Versicherungssumme gleich Aachen-München nur 32 Pfennige verbraucht, so würde<lb/> sie bei 4224000 000 M. für eigne Rechnung behaltenen Versicherungen<lb/> 1361680 M, weniger Unkosten und damit das Vergnügen gehabt haben, ihren<lb/> Aktionären statt 463000 M. Verlust 21^ Prozent Dividende berechnen zu können.<lb/> Ebenso hätte verständiges Arbeiten oder Sparen der „Union" in Berlin bei etwa<lb/> 600 000 000 M. für eignes Risiko behaltenen Objekten statt 147146 M. Ver¬<lb/> Verlust eine Dividende von 20^ Prozent eingebracht und die Scharten des aus¬<lb/> wärtigen Geschäfts vollständig ausgewetzt. Die Gothaer, welche bei ihrer gut<lb/> befestigten Organisation und bei ihrer ausgesuchten, treuen Kundschaft Kosten für<lb/> Organisation und Requisition garnicht nötig hat, wäre bei gleicher Sparsam¬<lb/> keit mit 0,47 Promille Prämie durchgekommen und hätte ihren Mitgliedern<lb/> 284 940 M. mehr an Dividende verteilen können. Die Gewinne der Aktionäre<lb/> und der Verwaltungsaufwand aller 30 Gesellschaften kostet dem deutschen Volke<lb/> ungefähr 24000 000 M, ein in der That so stattliches Budget, daß es den<lb/> Gedanken an Verminderung der Last wohl aufkommen lassen kann.</p><lb/> <p xml:id="ID_1817"> Die Sicherheitsfonds, welche die Gesellschaften in Reserven und Aktienkapital<lb/> den Versicherte» bieten, stehen zu dem Umfange des Geschäfts und zu den damit<lb/> eingegangenen Verbindlichkeiten in einem solchen Mißverhältnis, daß nicht nur<lb/> das Beispiel der Gothaer, welche ohne Betriebs- und Reservefonds arbeitet,<lb/> uns das Unnötige derselben vor Augen führt. Die baaren Fonds einschließlich<lb/> der im Tresor liegenden Solawechsel der Aktionäre betragen bei der Aachen-<lb/> Münchener 0,39 Prozent der bei ihr versicherten Werte oder den vierfachen Betrag<lb/> der Jahresprämie, bei der Magdeburger nur 0,23 Prozent des Versicheruugskapi-<lb/> tals oder die l'/z fache Jahrcsprämie. Mit dem Verbrauch dieser Fonds und der<lb/> Jahreseinnahmen ist die Zahlungsvcrbindlichkeit der Aktiengesellschaften zu Ende.<lb/> Die Sicherheit der in Gotha Versicherten (die Verfassung der Gothaer haben<lb/> sich alle andern Gegenseitigkeitsgesellschaften zum Muster genommen) beruht auf<lb/> der Nachschußverbindlichkeit der Mitglieder bis zum vierfachen Betrage einer<lb/> Jahresprämie, eine Verpflichtung, welche bei der Höhe der Vorprämie wohl<lb/> nie an die Versicherten herantreten wird. Die beste Garantie der Versicherten<lb/> liegt in der Reellität und Sparsamkeit der Verwaltung. Durch Verringerung<lb/> der Verwaltungskosten und durch Wegfall der Dividenden und Zinsen kaun dem<lb/> Publikum die Wohlthat der Versicherung wesentlich billiger erwiesen werden.</p><lb/> <p xml:id="ID_1818"> Wir ersehen ferner aus der Tabelle die Unwahrheit der Behauptung, daß<lb/> infolge der Konkurrenz die Prämien bereits auf der niedrigsten Stufe angelangt<lb/> seien. Wie die nachfolgende zweite Tabelle zeigt, sind die Prämien noch heute<lb/> trotz ihrer angeblichen Niedrigkeit imstande, den Aktionären erkleckliche Dividenden<lb/> einzubringen.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0452]
Die Praxis der deutschen Leuerversicherungsgesellschaften.
Welche Verlust gehabt haben, beträgt 2 7 I/z Prozent der gemachten Einzahlungen.
Hätte die Magdeburger statt 64 Pfennigen Verwaltungskosten auf tausend Mark
Versicherungssumme gleich Aachen-München nur 32 Pfennige verbraucht, so würde
sie bei 4224000 000 M. für eigne Rechnung behaltenen Versicherungen
1361680 M, weniger Unkosten und damit das Vergnügen gehabt haben, ihren
Aktionären statt 463000 M. Verlust 21^ Prozent Dividende berechnen zu können.
Ebenso hätte verständiges Arbeiten oder Sparen der „Union" in Berlin bei etwa
600 000 000 M. für eignes Risiko behaltenen Objekten statt 147146 M. Ver¬
Verlust eine Dividende von 20^ Prozent eingebracht und die Scharten des aus¬
wärtigen Geschäfts vollständig ausgewetzt. Die Gothaer, welche bei ihrer gut
befestigten Organisation und bei ihrer ausgesuchten, treuen Kundschaft Kosten für
Organisation und Requisition garnicht nötig hat, wäre bei gleicher Sparsam¬
keit mit 0,47 Promille Prämie durchgekommen und hätte ihren Mitgliedern
284 940 M. mehr an Dividende verteilen können. Die Gewinne der Aktionäre
und der Verwaltungsaufwand aller 30 Gesellschaften kostet dem deutschen Volke
ungefähr 24000 000 M, ein in der That so stattliches Budget, daß es den
Gedanken an Verminderung der Last wohl aufkommen lassen kann.
Die Sicherheitsfonds, welche die Gesellschaften in Reserven und Aktienkapital
den Versicherte» bieten, stehen zu dem Umfange des Geschäfts und zu den damit
eingegangenen Verbindlichkeiten in einem solchen Mißverhältnis, daß nicht nur
das Beispiel der Gothaer, welche ohne Betriebs- und Reservefonds arbeitet,
uns das Unnötige derselben vor Augen führt. Die baaren Fonds einschließlich
der im Tresor liegenden Solawechsel der Aktionäre betragen bei der Aachen-
Münchener 0,39 Prozent der bei ihr versicherten Werte oder den vierfachen Betrag
der Jahresprämie, bei der Magdeburger nur 0,23 Prozent des Versicheruugskapi-
tals oder die l'/z fache Jahrcsprämie. Mit dem Verbrauch dieser Fonds und der
Jahreseinnahmen ist die Zahlungsvcrbindlichkeit der Aktiengesellschaften zu Ende.
Die Sicherheit der in Gotha Versicherten (die Verfassung der Gothaer haben
sich alle andern Gegenseitigkeitsgesellschaften zum Muster genommen) beruht auf
der Nachschußverbindlichkeit der Mitglieder bis zum vierfachen Betrage einer
Jahresprämie, eine Verpflichtung, welche bei der Höhe der Vorprämie wohl
nie an die Versicherten herantreten wird. Die beste Garantie der Versicherten
liegt in der Reellität und Sparsamkeit der Verwaltung. Durch Verringerung
der Verwaltungskosten und durch Wegfall der Dividenden und Zinsen kaun dem
Publikum die Wohlthat der Versicherung wesentlich billiger erwiesen werden.
Wir ersehen ferner aus der Tabelle die Unwahrheit der Behauptung, daß
infolge der Konkurrenz die Prämien bereits auf der niedrigsten Stufe angelangt
seien. Wie die nachfolgende zweite Tabelle zeigt, sind die Prämien noch heute
trotz ihrer angeblichen Niedrigkeit imstande, den Aktionären erkleckliche Dividenden
einzubringen.
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