Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Erstes Quartal.Gedanken über Goethe seinen Alicndhauch breitete, da schienen die entfernteren Eisgebirge "in einen Die Wolke sinkt, der Nebel drückt ins Thal -- aber die "Töchter des Himmels, die wcitschweifenden Wolken" (scholl 1, S. 330, ?iber der Nebel und seine Schwester, die Wolke, sind ja nnr Gestalten des Felsen stehen gegründet, es stürzt sich das ewige Wasser (Euphrosyne -- wo das einzelne Adjektiv "ewig" ein ganzes Gedicht und eine es quittee Heller oder in den "Geheimnisse"": -- daß eine Quelle bald als zischender Strahl die glatte Felswand hinab oder als spiegelllarcr Und in dem glatten See Gedanken über Goethe seinen Alicndhauch breitete, da schienen die entfernteren Eisgebirge „in einen Die Wolke sinkt, der Nebel drückt ins Thal — aber die „Töchter des Himmels, die wcitschweifenden Wolken" (scholl 1, S. 330, ?iber der Nebel und seine Schwester, die Wolke, sind ja nnr Gestalten des Felsen stehen gegründet, es stürzt sich das ewige Wasser (Euphrosyne — wo das einzelne Adjektiv „ewig" ein ganzes Gedicht und eine es quittee Heller oder in den „Geheimnisse»": — daß eine Quelle bald als zischender Strahl die glatte Felswand hinab oder als spiegelllarcr Und in dem glatten See <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0400" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/155283"/> <fw type="header" place="top"> Gedanken über Goethe</fw><lb/> <p xml:id="ID_1651" prev="#ID_1650"> seinen Alicndhauch breitete, da schienen die entfernteren Eisgebirge „in einen<lb/> leichten Fcuerdamvf aufzuschmelzen" und „wie ein gewaltiger Körper von außen<lb/> gegen das Herz zu abstirbt, so verblaßten alle langsam gegen den Montblanc<lb/> zu, dessen weiter Busen noch immer rot herüberglänzte" (Bericht aus Genf vom<lb/> 27, Oktober), Die Nebel steige» auf und werden Wolken, die Wollen senke»<lb/> sich zur Erde und liegen dann „dem Geiste schwer auf" (13. November 1780),<lb/> Ilmenau:</p><lb/> <quote> Die Wolke sinkt, der Nebel drückt ins Thal —</quote><lb/> <p xml:id="ID_1652"> aber die „Töchter des Himmels, die wcitschweifenden Wolken" (scholl 1, S. 330,<lb/> Ficlitz Ur, 698) können mich wie ein Thronhimmel droben schweben und die<lb/> Wanderung zum Fest machen (ans Emmendingen, 28, September 1779),</p><lb/> <p xml:id="ID_1653"> ?iber der Nebel und seine Schwester, die Wolke, sind ja nnr Gestalten des<lb/> Wassers, und so kommen wir zu diesem Element, das in seinen tausend Wa»d-<lb/> luugeu und Übergängen dem Gemüt und der Anschauung des Dichters, wie<lb/> das Licht des Mondes, immer nahe und innig befreundet war. Es gleicht ja<lb/> des Menschen Seele, ist beweglich und zum Himmel aufstrebend und zur Erde<lb/> niedergezogen, wie diese, und, wie das Mondlicht, ein Sinnbild des Geistes,<lb/> gleichsam sinnlich und sichtbar gewordener Geist, Es offenbart sich bald als<lb/> „allrciuigende Welle" (Elpenor), bald als unaufhörlicher Sturz aus bewölkter<lb/> Kluft:</p><lb/> <quote> Felsen stehen gegründet, es stürzt sich das ewige Wasser</quote><lb/> <p xml:id="ID_1654"> (Euphrosyne — wo das einzelne Adjektiv „ewig" ein ganzes Gedicht und eine<lb/> lange Schilderung aufwiegt), bald als Quell aus der Höhe in Absätze» niedcr-<lb/> spriugend (Iphigenie):</p><lb/> <quote> es quittee Heller<lb/> Nicht wen Parnaß die co'ge Quelle sprudelnd<lb/> Von Fels zu Fels ins goldne Thal hinab —</quote><lb/> <p xml:id="ID_1655"> oder in den „Geheimnisse»":</p><lb/> <quote> — daß eine Quelle<lb/> Bor seinem Schwert aus trocknem Felsen sprang,<lb/> Stark wie ein Bach sich mit bewegter Welle<lb/> Den Berg hinab bis in die Tiefe schlang;<lb/> Noch grille sie fort, so rasch, so silberhelle,<lb/> Als sie zuerst sich ihn, entgegendrang —</quote><lb/> <p xml:id="ID_1656" next="#ID_1657"> bald als zischender Strahl die glatte Felswand hinab oder als spiegelllarcr<lb/> See (Gesang der Geister über den Wassern):</p><lb/> <quote> Und in dem glatten See<lb/> Weiden ihr Antlitz<lb/> Alle Gestirne —</quote><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0400]
Gedanken über Goethe
seinen Alicndhauch breitete, da schienen die entfernteren Eisgebirge „in einen
leichten Fcuerdamvf aufzuschmelzen" und „wie ein gewaltiger Körper von außen
gegen das Herz zu abstirbt, so verblaßten alle langsam gegen den Montblanc
zu, dessen weiter Busen noch immer rot herüberglänzte" (Bericht aus Genf vom
27, Oktober), Die Nebel steige» auf und werden Wolken, die Wollen senke»
sich zur Erde und liegen dann „dem Geiste schwer auf" (13. November 1780),
Ilmenau:
Die Wolke sinkt, der Nebel drückt ins Thal —
aber die „Töchter des Himmels, die wcitschweifenden Wolken" (scholl 1, S. 330,
Ficlitz Ur, 698) können mich wie ein Thronhimmel droben schweben und die
Wanderung zum Fest machen (ans Emmendingen, 28, September 1779),
?iber der Nebel und seine Schwester, die Wolke, sind ja nnr Gestalten des
Wassers, und so kommen wir zu diesem Element, das in seinen tausend Wa»d-
luugeu und Übergängen dem Gemüt und der Anschauung des Dichters, wie
das Licht des Mondes, immer nahe und innig befreundet war. Es gleicht ja
des Menschen Seele, ist beweglich und zum Himmel aufstrebend und zur Erde
niedergezogen, wie diese, und, wie das Mondlicht, ein Sinnbild des Geistes,
gleichsam sinnlich und sichtbar gewordener Geist, Es offenbart sich bald als
„allrciuigende Welle" (Elpenor), bald als unaufhörlicher Sturz aus bewölkter
Kluft:
Felsen stehen gegründet, es stürzt sich das ewige Wasser
(Euphrosyne — wo das einzelne Adjektiv „ewig" ein ganzes Gedicht und eine
lange Schilderung aufwiegt), bald als Quell aus der Höhe in Absätze» niedcr-
spriugend (Iphigenie):
es quittee Heller
Nicht wen Parnaß die co'ge Quelle sprudelnd
Von Fels zu Fels ins goldne Thal hinab —
oder in den „Geheimnisse»":
— daß eine Quelle
Bor seinem Schwert aus trocknem Felsen sprang,
Stark wie ein Bach sich mit bewegter Welle
Den Berg hinab bis in die Tiefe schlang;
Noch grille sie fort, so rasch, so silberhelle,
Als sie zuerst sich ihn, entgegendrang —
bald als zischender Strahl die glatte Felswand hinab oder als spiegelllarcr
See (Gesang der Geister über den Wassern):
Und in dem glatten See
Weiden ihr Antlitz
Alle Gestirne —
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