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Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Erstes Quartal.

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Kaiser Maximilian I. als Kunstfreund.

Pforte betraute. Bald nachdem Dürer an die Arbeit gegangen war, wollte er
ihn zur Belohnung dafür steuerfrei machen und erließ deshalb aus Landau am
12. Dezember 1512 ein Schreiben an den Nürnberger Rat, der freilich darauf
nicht einging. Dürer hat dann drei Jahre lang umsonst für den Kaiser an
der "Ehrenpforte" gearbeitet. Aber als er 1516 sich das Herz genommen und
sich an Stadius mit der Bitte gewendet hatte, er möge den Kaiser um eine
jährliche Leibrente für ihn bitten, war diese Fürsprache sofort vom besten Erfolge
begleitet. Noch von demselben Jahre, vom 6. September 1515, datirt das
kaiserliche Privilegium für Dürer. Maximilian verleiht ihm ein Gehalt von
100 Gulden Rheinisch, das ihm sein Leben lang alljährlich von der gewöhnlichen
Stadtstcuer von Nürnberg in seinem Namen ausgezahlt werden soll. Und diesmal
behielt das kaiserliche Wort seine Geltung. Dürer selbst bestätigt 1520 in einem
Briefe an Spalatin, daß er die 100 Gulden jährlich bei Seiner kaiserlichen Majestät
Lebzeiten erhoben habe. Eine weitere Annäherung der beiden wahlverwandten
Geister brachte dann das Jahr 1513, als Dürer mit den beiden Vertretern
der Stadt Nürnberg zum Augsburger Reichstage gesandt wurde. Schon am
28. Juni ließ sich Max von Dürer Porträtiren. Es entstand die geistreiche,
etwas unterlebensgroße Kohlenzeichnung in der Albertina, die den stolzen, edeln
Kopf Maximilians mit dem gewaltigen Nasenrücken, seine lachenden, etwas nach
abwärts blickenden Augen für alle Zeiten erhalten hat. Dürer selbst schrieb
rechts oben mit Tinte hin: "Das ist Keiser Maximilian, den hab ich Albrecht
Dürer zu Awgsburg hoch oben awff der pfaltz in seinem kleinen Stühle kunter-
fett, do man tzalt 1518 am montag nach Johannes tawffer." Auch diesmal
wollte Maximilian seinen Maler nicht mit leeren Händen abziehen lassen, er
wollte ihm 200 Gulden, die er aus der Nürnberger Stadtsteuer in Aussicht
hatte, zuwenden. Aber auch diesmal erhielt Dürer nichts, da der Rat wieder
Schwierigkeiten machte, und so blieb es bei der guten Absicht des freigebigen
Herrschers.

Ebenso erquickend wie sein Verhältnis zu Dürer waren seine Beziehungen
zu den übrigen von ihm beschäftigten Künstlern. Über sein Verhältnis zu Hans
Vurgkmair fehlen zwar bei dem Dunkel, das überhaupt noch über dem Leben
dieses Künstlers liegt, alle Nachrichten. Umsomehr wissen wir von seinen Be¬
ziehungen zu deu von ihm beschäftigten Druckern und Formschneidern.

Hans Schönsperger ist durch Kaiser Maximilian geradezu vom Untergänge
gerettet worden; zu wiederholten malen mußte sich der Kaiser seines Hofdruckers
annehmen. Nachdem Schönsperger im fünfzehnten Jahrhundert große Druck¬
werke herausgegeben hatte, mußte er im Anfange des sechzehnten Jahrhunderts
seine regelmäßige Thätigkeit aufgeben, weil er in seinen Vermögensverhältnissen
zurückgegangen, in Prozesse verwickelt und verurteilt worden war, und im
Jahre 1509 war man nahe daran, ihn aus Augsburg auszuweisen. Da hat
der Kaiser in nicht weniger als drei Schreiben für diesen seinen "lieben Diener"


Grenzboten I. 1884. L5
Kaiser Maximilian I. als Kunstfreund.

Pforte betraute. Bald nachdem Dürer an die Arbeit gegangen war, wollte er
ihn zur Belohnung dafür steuerfrei machen und erließ deshalb aus Landau am
12. Dezember 1512 ein Schreiben an den Nürnberger Rat, der freilich darauf
nicht einging. Dürer hat dann drei Jahre lang umsonst für den Kaiser an
der „Ehrenpforte" gearbeitet. Aber als er 1516 sich das Herz genommen und
sich an Stadius mit der Bitte gewendet hatte, er möge den Kaiser um eine
jährliche Leibrente für ihn bitten, war diese Fürsprache sofort vom besten Erfolge
begleitet. Noch von demselben Jahre, vom 6. September 1515, datirt das
kaiserliche Privilegium für Dürer. Maximilian verleiht ihm ein Gehalt von
100 Gulden Rheinisch, das ihm sein Leben lang alljährlich von der gewöhnlichen
Stadtstcuer von Nürnberg in seinem Namen ausgezahlt werden soll. Und diesmal
behielt das kaiserliche Wort seine Geltung. Dürer selbst bestätigt 1520 in einem
Briefe an Spalatin, daß er die 100 Gulden jährlich bei Seiner kaiserlichen Majestät
Lebzeiten erhoben habe. Eine weitere Annäherung der beiden wahlverwandten
Geister brachte dann das Jahr 1513, als Dürer mit den beiden Vertretern
der Stadt Nürnberg zum Augsburger Reichstage gesandt wurde. Schon am
28. Juni ließ sich Max von Dürer Porträtiren. Es entstand die geistreiche,
etwas unterlebensgroße Kohlenzeichnung in der Albertina, die den stolzen, edeln
Kopf Maximilians mit dem gewaltigen Nasenrücken, seine lachenden, etwas nach
abwärts blickenden Augen für alle Zeiten erhalten hat. Dürer selbst schrieb
rechts oben mit Tinte hin: „Das ist Keiser Maximilian, den hab ich Albrecht
Dürer zu Awgsburg hoch oben awff der pfaltz in seinem kleinen Stühle kunter-
fett, do man tzalt 1518 am montag nach Johannes tawffer." Auch diesmal
wollte Maximilian seinen Maler nicht mit leeren Händen abziehen lassen, er
wollte ihm 200 Gulden, die er aus der Nürnberger Stadtsteuer in Aussicht
hatte, zuwenden. Aber auch diesmal erhielt Dürer nichts, da der Rat wieder
Schwierigkeiten machte, und so blieb es bei der guten Absicht des freigebigen
Herrschers.

Ebenso erquickend wie sein Verhältnis zu Dürer waren seine Beziehungen
zu den übrigen von ihm beschäftigten Künstlern. Über sein Verhältnis zu Hans
Vurgkmair fehlen zwar bei dem Dunkel, das überhaupt noch über dem Leben
dieses Künstlers liegt, alle Nachrichten. Umsomehr wissen wir von seinen Be¬
ziehungen zu deu von ihm beschäftigten Druckern und Formschneidern.

Hans Schönsperger ist durch Kaiser Maximilian geradezu vom Untergänge
gerettet worden; zu wiederholten malen mußte sich der Kaiser seines Hofdruckers
annehmen. Nachdem Schönsperger im fünfzehnten Jahrhundert große Druck¬
werke herausgegeben hatte, mußte er im Anfange des sechzehnten Jahrhunderts
seine regelmäßige Thätigkeit aufgeben, weil er in seinen Vermögensverhältnissen
zurückgegangen, in Prozesse verwickelt und verurteilt worden war, und im
Jahre 1509 war man nahe daran, ihn aus Augsburg auszuweisen. Da hat
der Kaiser in nicht weniger als drei Schreiben für diesen seinen „lieben Diener"


Grenzboten I. 1884. L5
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[0203] Kaiser Maximilian I. als Kunstfreund. Pforte betraute. Bald nachdem Dürer an die Arbeit gegangen war, wollte er ihn zur Belohnung dafür steuerfrei machen und erließ deshalb aus Landau am 12. Dezember 1512 ein Schreiben an den Nürnberger Rat, der freilich darauf nicht einging. Dürer hat dann drei Jahre lang umsonst für den Kaiser an der „Ehrenpforte" gearbeitet. Aber als er 1516 sich das Herz genommen und sich an Stadius mit der Bitte gewendet hatte, er möge den Kaiser um eine jährliche Leibrente für ihn bitten, war diese Fürsprache sofort vom besten Erfolge begleitet. Noch von demselben Jahre, vom 6. September 1515, datirt das kaiserliche Privilegium für Dürer. Maximilian verleiht ihm ein Gehalt von 100 Gulden Rheinisch, das ihm sein Leben lang alljährlich von der gewöhnlichen Stadtstcuer von Nürnberg in seinem Namen ausgezahlt werden soll. Und diesmal behielt das kaiserliche Wort seine Geltung. Dürer selbst bestätigt 1520 in einem Briefe an Spalatin, daß er die 100 Gulden jährlich bei Seiner kaiserlichen Majestät Lebzeiten erhoben habe. Eine weitere Annäherung der beiden wahlverwandten Geister brachte dann das Jahr 1513, als Dürer mit den beiden Vertretern der Stadt Nürnberg zum Augsburger Reichstage gesandt wurde. Schon am 28. Juni ließ sich Max von Dürer Porträtiren. Es entstand die geistreiche, etwas unterlebensgroße Kohlenzeichnung in der Albertina, die den stolzen, edeln Kopf Maximilians mit dem gewaltigen Nasenrücken, seine lachenden, etwas nach abwärts blickenden Augen für alle Zeiten erhalten hat. Dürer selbst schrieb rechts oben mit Tinte hin: „Das ist Keiser Maximilian, den hab ich Albrecht Dürer zu Awgsburg hoch oben awff der pfaltz in seinem kleinen Stühle kunter- fett, do man tzalt 1518 am montag nach Johannes tawffer." Auch diesmal wollte Maximilian seinen Maler nicht mit leeren Händen abziehen lassen, er wollte ihm 200 Gulden, die er aus der Nürnberger Stadtsteuer in Aussicht hatte, zuwenden. Aber auch diesmal erhielt Dürer nichts, da der Rat wieder Schwierigkeiten machte, und so blieb es bei der guten Absicht des freigebigen Herrschers. Ebenso erquickend wie sein Verhältnis zu Dürer waren seine Beziehungen zu den übrigen von ihm beschäftigten Künstlern. Über sein Verhältnis zu Hans Vurgkmair fehlen zwar bei dem Dunkel, das überhaupt noch über dem Leben dieses Künstlers liegt, alle Nachrichten. Umsomehr wissen wir von seinen Be¬ ziehungen zu deu von ihm beschäftigten Druckern und Formschneidern. Hans Schönsperger ist durch Kaiser Maximilian geradezu vom Untergänge gerettet worden; zu wiederholten malen mußte sich der Kaiser seines Hofdruckers annehmen. Nachdem Schönsperger im fünfzehnten Jahrhundert große Druck¬ werke herausgegeben hatte, mußte er im Anfange des sechzehnten Jahrhunderts seine regelmäßige Thätigkeit aufgeben, weil er in seinen Vermögensverhältnissen zurückgegangen, in Prozesse verwickelt und verurteilt worden war, und im Jahre 1509 war man nahe daran, ihn aus Augsburg auszuweisen. Da hat der Kaiser in nicht weniger als drei Schreiben für diesen seinen „lieben Diener" Grenzboten I. 1884. L5

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341839_158199/203>, abgerufen am 22.07.2024.