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Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Erstes Quartal.

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Kaiser Maximilian I. als Kunstfreund.

des Se. Peter vom Papste bewillkommnet werden. Wir wohnen den Krönungs¬
feierlichkeiten bei und geleiten den Kaiser und die Kaiserin zurück in ihre Residenz,
die Wiener Neustadt.

Der zweite und dritte Teil ist dein Leben Maximilians gewidmet, und zwar
behandelt der zweite seine Jugendjahre bis zu seiner Vermählung mit Maria
von Burgund. Hier sehen wir, wie bei der Geburt des Kindes ein großer
Komet am Himmel erscheint, und wie das Kind unter großen Feierlichkeiten getauft
wird. Edelknaben werden bestellt, um ihm als Gespielen zu dienen, und die
größte Sorgfalt wird auf seine wissenschaftliche und ritterliche Ausbildung ver¬
wendet. Mit der Grammatik und Logik anfangend, lernt der Prinz in kurzer
Zeit die sieben freien Künste, befaßt sich mit Astrologie und Arzneiwissenschaft
und pflegt die Geschichtsforschung, lernt malen und musiziren, Hirsche und
Gemsen jagen, welsch und deutsch fechten. So ist er ein vollendeter ritterlicher
Jüngling geworden, als der Ruf von seinen Tugenden an den Hof des Her¬
zogs Karl von Burgund dringt. Es erfolgt die Zusammenkunft Friedrichs I.it.
mit Herzog Karl in Trier, ihr feindliches Auseinandergehen, der Einfall Lud¬
wigs XI. in Burgund, die Botschaft Marias an Maximilian. Max bricht auf,
wird überall mit Freuden empfangen und von einem hohen Geistlichen mit
Maria getraut. Dann führt der Held seine junge Gemahlin ihrer neuen Hei¬
mat zu, und es beginnt die schöne Zeit der Flitterwochen. In zartem Liebes¬
gespräch sitzen sie auf einer Bank im Garten, "jedes des andern Sprache lernend."
Gewissermaßen als Abschluß der Bildungsgeschichte Maximilians werden dann
noch Nachrichten von allerlei Sprachstudien gegeben, zu denen dem immer wi߬
begierigen Prinzen seine neuen Verbindungen mit Burgundern, Flamändern,
Engländern, Spaniern und Italienern Anlaß boten.

Hierauf folgt der dritte Teil der Erzählung, welcher die Kriege Maxi¬
milians von 1478 bis 1513 darstellt. Es ist der ganzen Anlage nach der
Hauptteil des Werkes, dem das Vorhergehende nur als Einleitung dient. Aber
gerade dieser Teil wurde von Treizsaurwein in der heillosesten Verwirrung ge¬
lassen, und der Herausgeber von 1775 wußte die Dunkelheit nicht zu lichten.
Sowohl Text wie Holzschnitte sind noch in Unordnung, wir sehen nur, daß
immer Scharmützel, Schlachten und Kriegszüge dargestellt sind, und können uns
an den Bildern, da wir ihren geschichtlichen Zusammenhang nicht mehr kennen,
nicht erwärmen. Doch dürfen wir hoffen, daß der neue Herausgeber des "Weiß-
kunig" die Dunkelheit lichten werde, und daß wir dann auch an den dritten Teil
des Werkes mit größerm Verständnis herantreten werden.

So einheitlich wie die künstlerische Ausstattung des "Theuerdank" ist die
des "Weißkunig" nicht. Wir ersehen schon aus den Monogrammen, welche die
einzelnen Holzschnitte tragen, daß mindestens vier Künstler für das Werk Zeich¬
nungen lieferten. Von den 237 Blättern der Ausgabe von 1775 tragen 98
das Monogramm Hans Burgkmcnrs, eines das Hans Schäufelems, eines das


Kaiser Maximilian I. als Kunstfreund.

des Se. Peter vom Papste bewillkommnet werden. Wir wohnen den Krönungs¬
feierlichkeiten bei und geleiten den Kaiser und die Kaiserin zurück in ihre Residenz,
die Wiener Neustadt.

Der zweite und dritte Teil ist dein Leben Maximilians gewidmet, und zwar
behandelt der zweite seine Jugendjahre bis zu seiner Vermählung mit Maria
von Burgund. Hier sehen wir, wie bei der Geburt des Kindes ein großer
Komet am Himmel erscheint, und wie das Kind unter großen Feierlichkeiten getauft
wird. Edelknaben werden bestellt, um ihm als Gespielen zu dienen, und die
größte Sorgfalt wird auf seine wissenschaftliche und ritterliche Ausbildung ver¬
wendet. Mit der Grammatik und Logik anfangend, lernt der Prinz in kurzer
Zeit die sieben freien Künste, befaßt sich mit Astrologie und Arzneiwissenschaft
und pflegt die Geschichtsforschung, lernt malen und musiziren, Hirsche und
Gemsen jagen, welsch und deutsch fechten. So ist er ein vollendeter ritterlicher
Jüngling geworden, als der Ruf von seinen Tugenden an den Hof des Her¬
zogs Karl von Burgund dringt. Es erfolgt die Zusammenkunft Friedrichs I.it.
mit Herzog Karl in Trier, ihr feindliches Auseinandergehen, der Einfall Lud¬
wigs XI. in Burgund, die Botschaft Marias an Maximilian. Max bricht auf,
wird überall mit Freuden empfangen und von einem hohen Geistlichen mit
Maria getraut. Dann führt der Held seine junge Gemahlin ihrer neuen Hei¬
mat zu, und es beginnt die schöne Zeit der Flitterwochen. In zartem Liebes¬
gespräch sitzen sie auf einer Bank im Garten, „jedes des andern Sprache lernend."
Gewissermaßen als Abschluß der Bildungsgeschichte Maximilians werden dann
noch Nachrichten von allerlei Sprachstudien gegeben, zu denen dem immer wi߬
begierigen Prinzen seine neuen Verbindungen mit Burgundern, Flamändern,
Engländern, Spaniern und Italienern Anlaß boten.

Hierauf folgt der dritte Teil der Erzählung, welcher die Kriege Maxi¬
milians von 1478 bis 1513 darstellt. Es ist der ganzen Anlage nach der
Hauptteil des Werkes, dem das Vorhergehende nur als Einleitung dient. Aber
gerade dieser Teil wurde von Treizsaurwein in der heillosesten Verwirrung ge¬
lassen, und der Herausgeber von 1775 wußte die Dunkelheit nicht zu lichten.
Sowohl Text wie Holzschnitte sind noch in Unordnung, wir sehen nur, daß
immer Scharmützel, Schlachten und Kriegszüge dargestellt sind, und können uns
an den Bildern, da wir ihren geschichtlichen Zusammenhang nicht mehr kennen,
nicht erwärmen. Doch dürfen wir hoffen, daß der neue Herausgeber des „Weiß-
kunig" die Dunkelheit lichten werde, und daß wir dann auch an den dritten Teil
des Werkes mit größerm Verständnis herantreten werden.

So einheitlich wie die künstlerische Ausstattung des „Theuerdank" ist die
des „Weißkunig" nicht. Wir ersehen schon aus den Monogrammen, welche die
einzelnen Holzschnitte tragen, daß mindestens vier Künstler für das Werk Zeich¬
nungen lieferten. Von den 237 Blättern der Ausgabe von 1775 tragen 98
das Monogramm Hans Burgkmcnrs, eines das Hans Schäufelems, eines das


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341839_158199/150>, abgerufen am 07.01.2025.