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Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Viertes Quartal.

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pfisters Mühle.

gangenen Poeten schluchzend. Du bist sehr gut gegen mich und meinen Vater
gewesen; ich aber habe zuerst dich nicht recht gekannt, und nachher nicht mehr
gewußt, wie ich dir danken sollte.

Die Stimme, mit der Adam Asche jetzt nichts weiter als: Vater Pfister!
rief, klang nicht im Alltagston des Gründers von Nhakopyrgos, und Vater
Pfister sagte trübe lächelnd:

Das ist nicht die erste Hochzeit, die in Pfisters Mühle verabredet worden
ist; aber es wird Wohl die letzte gewesen sein. Halte dein Weib in Liebe und
meine Axt in Ehren, Adam. Raum den Tisch ab, saufe, zieh mir die Decke
um den Leib, Christine; und du, mein lieber Junge, schied den letzten hiesigen
Müller und Wirt aus seinem Garten; roll ihn ins Haus. Du hattest gottlob
deiner Väter Ehrenstab und Waffe nicht Vonnöten bei deinem Kopf- und Hand¬
werk. Halte du in deiner Schule mir einfach diejenigen beim Rechten, zu denen
von ihren Vätern her der Ruf von Pfisters Mühle im Liede kommen sollte!....

Sieben Tage später ist er nach schwerem Leiden in unser aller Gegenwart
sanft und friedlich eingeschlafen, mein lieber Vater, der gute fröhliche Vater
Pfister. Nachher haben Adam und Albertine geheiratet, und Vater Schulze
hat seine Einwilligung zu meiner Verlobung mit Emmy, wie ich vermute, mit
Vergnügen, selbstverständlich jedoch nicht ohne absonderlichstes Gesperr, Gezerr
und Gespreize erteilt.

Wo bleiben alle die Bilder?

Freund Asche hat wieder einmal seinen Nachmittagsschlaf auf meinem Sofa
beendet; wir sind mit ihm nach Lippoldesheim hinausgefahren und sind am
Sonntag Abend wieder nach Hause gekommen. Wo bleiben alle die Bilder?
Hier halte ich das letzte des bunten Buches fest; für das Schicksal des Blattes
Papier, auf welches es gemalt wird, übernehme ich auch diesmal keine Verant¬
wortung. -- --

Die zwei Frauen sitzen in der Veranda von Lumpenbnrg-Lippoldesheim
unter der Klematisblüte und im Kinderlärm; die beiden Männer wandern am
Ufer der Spree wie vordem zwischen dem Weidengebüsch am Ufer von Vater
Pfisters Mühlbach.

Noch ein Mann wandelt von der Villa her auf uns zu und überbringt
uns zarten Wunsch in nicht gerade ausgelassen vergnügter Art:

Die Herren möchten zum Thee kommen.

Das ist saufe. Er und Christine gehören vollständig zu uns; wir können
uns weder Lippoldesheim noch unser Heimwesen in der Stadt Berlin, noch
die Bilder, die einst waren, ohne die zwei vorstellen -- denken.

Wir gehen zum Thee unter der Veranda. Nebenan klappert und lärmt die
große Fleckenreinigungsanstalt und bläst ihr Gewölk zum Abendhimmel empor
fast so arg wie Krickerode. Der größere, wenn auch nicht große Fluß ist, trotzdem
daß wir auch ihn nach Kräften verunreinigen, von allerlei Ruderfahrzeugen und
Segeln belebt und scheint Nhakopyrgos als etwas ganz Selbstverständliches und
höchst Gleichgiltiges zu nehme".

Aus der Wiege des jüngsten Asche schallt plötzlich ein heftigeres Geschrei,
und Vater Asche spricht:
'

Der verstehts auch! Nun hör ihn nur und richte dich auf ähnliches ein,
Knabe Telemachos. Höre nur das intensive Bedürfnis, seinen Willen zu kriegen!
So was hilft. Das ist kein Knyzema oder Winseln, keine Olvlyge oder Ge¬
schrei, kein Klauma oder Weinen, keine Oimvge, kein Odhrmos -- nein, das ist


pfisters Mühle.

gangenen Poeten schluchzend. Du bist sehr gut gegen mich und meinen Vater
gewesen; ich aber habe zuerst dich nicht recht gekannt, und nachher nicht mehr
gewußt, wie ich dir danken sollte.

Die Stimme, mit der Adam Asche jetzt nichts weiter als: Vater Pfister!
rief, klang nicht im Alltagston des Gründers von Nhakopyrgos, und Vater
Pfister sagte trübe lächelnd:

Das ist nicht die erste Hochzeit, die in Pfisters Mühle verabredet worden
ist; aber es wird Wohl die letzte gewesen sein. Halte dein Weib in Liebe und
meine Axt in Ehren, Adam. Raum den Tisch ab, saufe, zieh mir die Decke
um den Leib, Christine; und du, mein lieber Junge, schied den letzten hiesigen
Müller und Wirt aus seinem Garten; roll ihn ins Haus. Du hattest gottlob
deiner Väter Ehrenstab und Waffe nicht Vonnöten bei deinem Kopf- und Hand¬
werk. Halte du in deiner Schule mir einfach diejenigen beim Rechten, zu denen
von ihren Vätern her der Ruf von Pfisters Mühle im Liede kommen sollte!....

Sieben Tage später ist er nach schwerem Leiden in unser aller Gegenwart
sanft und friedlich eingeschlafen, mein lieber Vater, der gute fröhliche Vater
Pfister. Nachher haben Adam und Albertine geheiratet, und Vater Schulze
hat seine Einwilligung zu meiner Verlobung mit Emmy, wie ich vermute, mit
Vergnügen, selbstverständlich jedoch nicht ohne absonderlichstes Gesperr, Gezerr
und Gespreize erteilt.

Wo bleiben alle die Bilder?

Freund Asche hat wieder einmal seinen Nachmittagsschlaf auf meinem Sofa
beendet; wir sind mit ihm nach Lippoldesheim hinausgefahren und sind am
Sonntag Abend wieder nach Hause gekommen. Wo bleiben alle die Bilder?
Hier halte ich das letzte des bunten Buches fest; für das Schicksal des Blattes
Papier, auf welches es gemalt wird, übernehme ich auch diesmal keine Verant¬
wortung. — —

Die zwei Frauen sitzen in der Veranda von Lumpenbnrg-Lippoldesheim
unter der Klematisblüte und im Kinderlärm; die beiden Männer wandern am
Ufer der Spree wie vordem zwischen dem Weidengebüsch am Ufer von Vater
Pfisters Mühlbach.

Noch ein Mann wandelt von der Villa her auf uns zu und überbringt
uns zarten Wunsch in nicht gerade ausgelassen vergnügter Art:

Die Herren möchten zum Thee kommen.

Das ist saufe. Er und Christine gehören vollständig zu uns; wir können
uns weder Lippoldesheim noch unser Heimwesen in der Stadt Berlin, noch
die Bilder, die einst waren, ohne die zwei vorstellen — denken.

Wir gehen zum Thee unter der Veranda. Nebenan klappert und lärmt die
große Fleckenreinigungsanstalt und bläst ihr Gewölk zum Abendhimmel empor
fast so arg wie Krickerode. Der größere, wenn auch nicht große Fluß ist, trotzdem
daß wir auch ihn nach Kräften verunreinigen, von allerlei Ruderfahrzeugen und
Segeln belebt und scheint Nhakopyrgos als etwas ganz Selbstverständliches und
höchst Gleichgiltiges zu nehme«.

Aus der Wiege des jüngsten Asche schallt plötzlich ein heftigeres Geschrei,
und Vater Asche spricht:
'

Der verstehts auch! Nun hör ihn nur und richte dich auf ähnliches ein,
Knabe Telemachos. Höre nur das intensive Bedürfnis, seinen Willen zu kriegen!
So was hilft. Das ist kein Knyzema oder Winseln, keine Olvlyge oder Ge¬
schrei, kein Klauma oder Weinen, keine Oimvge, kein Odhrmos — nein, das ist


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[0658] pfisters Mühle. gangenen Poeten schluchzend. Du bist sehr gut gegen mich und meinen Vater gewesen; ich aber habe zuerst dich nicht recht gekannt, und nachher nicht mehr gewußt, wie ich dir danken sollte. Die Stimme, mit der Adam Asche jetzt nichts weiter als: Vater Pfister! rief, klang nicht im Alltagston des Gründers von Nhakopyrgos, und Vater Pfister sagte trübe lächelnd: Das ist nicht die erste Hochzeit, die in Pfisters Mühle verabredet worden ist; aber es wird Wohl die letzte gewesen sein. Halte dein Weib in Liebe und meine Axt in Ehren, Adam. Raum den Tisch ab, saufe, zieh mir die Decke um den Leib, Christine; und du, mein lieber Junge, schied den letzten hiesigen Müller und Wirt aus seinem Garten; roll ihn ins Haus. Du hattest gottlob deiner Väter Ehrenstab und Waffe nicht Vonnöten bei deinem Kopf- und Hand¬ werk. Halte du in deiner Schule mir einfach diejenigen beim Rechten, zu denen von ihren Vätern her der Ruf von Pfisters Mühle im Liede kommen sollte!.... Sieben Tage später ist er nach schwerem Leiden in unser aller Gegenwart sanft und friedlich eingeschlafen, mein lieber Vater, der gute fröhliche Vater Pfister. Nachher haben Adam und Albertine geheiratet, und Vater Schulze hat seine Einwilligung zu meiner Verlobung mit Emmy, wie ich vermute, mit Vergnügen, selbstverständlich jedoch nicht ohne absonderlichstes Gesperr, Gezerr und Gespreize erteilt. Wo bleiben alle die Bilder? Freund Asche hat wieder einmal seinen Nachmittagsschlaf auf meinem Sofa beendet; wir sind mit ihm nach Lippoldesheim hinausgefahren und sind am Sonntag Abend wieder nach Hause gekommen. Wo bleiben alle die Bilder? Hier halte ich das letzte des bunten Buches fest; für das Schicksal des Blattes Papier, auf welches es gemalt wird, übernehme ich auch diesmal keine Verant¬ wortung. — — Die zwei Frauen sitzen in der Veranda von Lumpenbnrg-Lippoldesheim unter der Klematisblüte und im Kinderlärm; die beiden Männer wandern am Ufer der Spree wie vordem zwischen dem Weidengebüsch am Ufer von Vater Pfisters Mühlbach. Noch ein Mann wandelt von der Villa her auf uns zu und überbringt uns zarten Wunsch in nicht gerade ausgelassen vergnügter Art: Die Herren möchten zum Thee kommen. Das ist saufe. Er und Christine gehören vollständig zu uns; wir können uns weder Lippoldesheim noch unser Heimwesen in der Stadt Berlin, noch die Bilder, die einst waren, ohne die zwei vorstellen — denken. Wir gehen zum Thee unter der Veranda. Nebenan klappert und lärmt die große Fleckenreinigungsanstalt und bläst ihr Gewölk zum Abendhimmel empor fast so arg wie Krickerode. Der größere, wenn auch nicht große Fluß ist, trotzdem daß wir auch ihn nach Kräften verunreinigen, von allerlei Ruderfahrzeugen und Segeln belebt und scheint Nhakopyrgos als etwas ganz Selbstverständliches und höchst Gleichgiltiges zu nehme«. Aus der Wiege des jüngsten Asche schallt plötzlich ein heftigeres Geschrei, und Vater Asche spricht: ' Der verstehts auch! Nun hör ihn nur und richte dich auf ähnliches ein, Knabe Telemachos. Höre nur das intensive Bedürfnis, seinen Willen zu kriegen! So was hilft. Das ist kein Knyzema oder Winseln, keine Olvlyge oder Ge¬ schrei, kein Klauma oder Weinen, keine Oimvge, kein Odhrmos — nein, das ist

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341839_156924/658>, abgerufen am 28.12.2024.