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Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Viertes Quartal.

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Aus der Diplomatenschule.

scheidet man: Generalkonsuln, denen die oberste Leitung und Überwachung der
konsularischen Geschäfte an mehreren Handelsplätzen eines Landes obliegt, Kon¬
suln, deren Wirkungskreis bloß einen wichtigeren Ort und dessen Umgebung um¬
faßt, Vizekonsuln, die an minder wichtigen Punkten fungiren, endlich Konsular-
agenten, Privatbevollmächtigte der Konsuln, zu deren Wahl und Einsetzung die
Regierung, welche letztere vertreten, ihre Einwilligung erteilt hat, denen aber
keine selbständige Ausübung der konsularischen Rechte zusteht. Die Konsuln
werden uicht durch Beglaubigungsschreiben (Kreditive), sondern durch Bestallungs¬
briefe (Isttrss as Provision) ernannt, zu denen das Excquatur der fremden Re¬
gierung hinzutreten muß, welches in der Anerkennung ihrer Eigenschaft als
Konsul besteht. Sie genießen, wenn ihnen nicht zu gleicher Zeit diplomatische
Funktionen übertragen sind, in der Regel nicht die Privilegien der Exterrito¬
rialität und Unverletzlichkeit und unterliegen somit der Zivil- und Kriminal¬
gerichtsbarkeit des Staates, in dem sie fungiren, stehen indes unter völkerrecht¬
lichem Schutze, sodaß jener Staat Genugthuung zu geben hat, wenn sie durch
seine Unterthanen beleidigt oder verletzt werden. Zur Leitung der Büreau-
geschäfte sind den wichtigeren Konsulaten Kanzler beigegeben, welche den Konsul
in Abwcsenheits- oder Behinderungsfällen vertreten. Dieselben sollen rechts¬
kundige, zur Bekleidung eines Richteramtes befähigte Beamte sein, namentlich
wenn sie einem Konsulate beigeordnet sind, welches mit Gerichtsbarkeit ver¬
sehen ist.

Jeder deutsche Konsul soll eine Matrikel der in seinem Amtsbezirk woh¬
nenden Angehörigen des Reiches führen. Er fungirt als Schiedsrichter und
Standesbeamter, darf Urkunden legcilisiren und überhaupt Notariatsgeschäfte
vornehmen, Pässe ausstellen und Visiren. Er ist ferner verpflichtet, hilfsbedürf¬
tigen Reichsangehörigen, die sich an ihn wenden, Mittel zur Linderung ihrer
Not und zur Rückkehr in die Heimat zu gewähren. Die Konsuln sind Be¬
hörden für das Musteruugswesen der Seeleute der Handelsmarine, fungiren in
Verklarungs- und Bergungsfällen, überwachen die Beobachtung der Vorschriften
in betreff der Nationalflagge und thun schriee bei der Verfolgung von Deser¬
teuren. Sie haben die Obliegenheit, die Führer deutscher Kriegsschiffe mit Rat
und Beistand zu unterstützen. Sie können endlich durch den Reichskanzler ein¬
für allemal zur Abnahme von Zeugeneiden ermächtigt werden.

Eine bevorzugte Stellung nehmen die Konsuln in gewissen Ländern des
Ostens, in der Türkei, in Persien, Siam, China und Japan, sowie in Marokko
ein. Sie werden wie die diplomatischen Agenten mittelst Beglaubigungsschreiben
angestellt und genießen einen großen Teil der Vorrechte, deren sich die Ge¬
sandten erfreuen, haben innerhalb ihrer Konsulate das Privilegium der privaten
Religionsübung, das Asylrecht (für Christen), zahlen keine Abgaben, brauchen
keine Einquartierung bei sich aufzunehmen lind sind der Gerichtsbarkeit des
Landes, in welchem sie residiren, nicht unterworfen, üben vielmehr selbst sowohl


Aus der Diplomatenschule.

scheidet man: Generalkonsuln, denen die oberste Leitung und Überwachung der
konsularischen Geschäfte an mehreren Handelsplätzen eines Landes obliegt, Kon¬
suln, deren Wirkungskreis bloß einen wichtigeren Ort und dessen Umgebung um¬
faßt, Vizekonsuln, die an minder wichtigen Punkten fungiren, endlich Konsular-
agenten, Privatbevollmächtigte der Konsuln, zu deren Wahl und Einsetzung die
Regierung, welche letztere vertreten, ihre Einwilligung erteilt hat, denen aber
keine selbständige Ausübung der konsularischen Rechte zusteht. Die Konsuln
werden uicht durch Beglaubigungsschreiben (Kreditive), sondern durch Bestallungs¬
briefe (Isttrss as Provision) ernannt, zu denen das Excquatur der fremden Re¬
gierung hinzutreten muß, welches in der Anerkennung ihrer Eigenschaft als
Konsul besteht. Sie genießen, wenn ihnen nicht zu gleicher Zeit diplomatische
Funktionen übertragen sind, in der Regel nicht die Privilegien der Exterrito¬
rialität und Unverletzlichkeit und unterliegen somit der Zivil- und Kriminal¬
gerichtsbarkeit des Staates, in dem sie fungiren, stehen indes unter völkerrecht¬
lichem Schutze, sodaß jener Staat Genugthuung zu geben hat, wenn sie durch
seine Unterthanen beleidigt oder verletzt werden. Zur Leitung der Büreau-
geschäfte sind den wichtigeren Konsulaten Kanzler beigegeben, welche den Konsul
in Abwcsenheits- oder Behinderungsfällen vertreten. Dieselben sollen rechts¬
kundige, zur Bekleidung eines Richteramtes befähigte Beamte sein, namentlich
wenn sie einem Konsulate beigeordnet sind, welches mit Gerichtsbarkeit ver¬
sehen ist.

Jeder deutsche Konsul soll eine Matrikel der in seinem Amtsbezirk woh¬
nenden Angehörigen des Reiches führen. Er fungirt als Schiedsrichter und
Standesbeamter, darf Urkunden legcilisiren und überhaupt Notariatsgeschäfte
vornehmen, Pässe ausstellen und Visiren. Er ist ferner verpflichtet, hilfsbedürf¬
tigen Reichsangehörigen, die sich an ihn wenden, Mittel zur Linderung ihrer
Not und zur Rückkehr in die Heimat zu gewähren. Die Konsuln sind Be¬
hörden für das Musteruugswesen der Seeleute der Handelsmarine, fungiren in
Verklarungs- und Bergungsfällen, überwachen die Beobachtung der Vorschriften
in betreff der Nationalflagge und thun schriee bei der Verfolgung von Deser¬
teuren. Sie haben die Obliegenheit, die Führer deutscher Kriegsschiffe mit Rat
und Beistand zu unterstützen. Sie können endlich durch den Reichskanzler ein¬
für allemal zur Abnahme von Zeugeneiden ermächtigt werden.

Eine bevorzugte Stellung nehmen die Konsuln in gewissen Ländern des
Ostens, in der Türkei, in Persien, Siam, China und Japan, sowie in Marokko
ein. Sie werden wie die diplomatischen Agenten mittelst Beglaubigungsschreiben
angestellt und genießen einen großen Teil der Vorrechte, deren sich die Ge¬
sandten erfreuen, haben innerhalb ihrer Konsulate das Privilegium der privaten
Religionsübung, das Asylrecht (für Christen), zahlen keine Abgaben, brauchen
keine Einquartierung bei sich aufzunehmen lind sind der Gerichtsbarkeit des
Landes, in welchem sie residiren, nicht unterworfen, üben vielmehr selbst sowohl


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[0368] Aus der Diplomatenschule. scheidet man: Generalkonsuln, denen die oberste Leitung und Überwachung der konsularischen Geschäfte an mehreren Handelsplätzen eines Landes obliegt, Kon¬ suln, deren Wirkungskreis bloß einen wichtigeren Ort und dessen Umgebung um¬ faßt, Vizekonsuln, die an minder wichtigen Punkten fungiren, endlich Konsular- agenten, Privatbevollmächtigte der Konsuln, zu deren Wahl und Einsetzung die Regierung, welche letztere vertreten, ihre Einwilligung erteilt hat, denen aber keine selbständige Ausübung der konsularischen Rechte zusteht. Die Konsuln werden uicht durch Beglaubigungsschreiben (Kreditive), sondern durch Bestallungs¬ briefe (Isttrss as Provision) ernannt, zu denen das Excquatur der fremden Re¬ gierung hinzutreten muß, welches in der Anerkennung ihrer Eigenschaft als Konsul besteht. Sie genießen, wenn ihnen nicht zu gleicher Zeit diplomatische Funktionen übertragen sind, in der Regel nicht die Privilegien der Exterrito¬ rialität und Unverletzlichkeit und unterliegen somit der Zivil- und Kriminal¬ gerichtsbarkeit des Staates, in dem sie fungiren, stehen indes unter völkerrecht¬ lichem Schutze, sodaß jener Staat Genugthuung zu geben hat, wenn sie durch seine Unterthanen beleidigt oder verletzt werden. Zur Leitung der Büreau- geschäfte sind den wichtigeren Konsulaten Kanzler beigegeben, welche den Konsul in Abwcsenheits- oder Behinderungsfällen vertreten. Dieselben sollen rechts¬ kundige, zur Bekleidung eines Richteramtes befähigte Beamte sein, namentlich wenn sie einem Konsulate beigeordnet sind, welches mit Gerichtsbarkeit ver¬ sehen ist. Jeder deutsche Konsul soll eine Matrikel der in seinem Amtsbezirk woh¬ nenden Angehörigen des Reiches führen. Er fungirt als Schiedsrichter und Standesbeamter, darf Urkunden legcilisiren und überhaupt Notariatsgeschäfte vornehmen, Pässe ausstellen und Visiren. Er ist ferner verpflichtet, hilfsbedürf¬ tigen Reichsangehörigen, die sich an ihn wenden, Mittel zur Linderung ihrer Not und zur Rückkehr in die Heimat zu gewähren. Die Konsuln sind Be¬ hörden für das Musteruugswesen der Seeleute der Handelsmarine, fungiren in Verklarungs- und Bergungsfällen, überwachen die Beobachtung der Vorschriften in betreff der Nationalflagge und thun schriee bei der Verfolgung von Deser¬ teuren. Sie haben die Obliegenheit, die Führer deutscher Kriegsschiffe mit Rat und Beistand zu unterstützen. Sie können endlich durch den Reichskanzler ein¬ für allemal zur Abnahme von Zeugeneiden ermächtigt werden. Eine bevorzugte Stellung nehmen die Konsuln in gewissen Ländern des Ostens, in der Türkei, in Persien, Siam, China und Japan, sowie in Marokko ein. Sie werden wie die diplomatischen Agenten mittelst Beglaubigungsschreiben angestellt und genießen einen großen Teil der Vorrechte, deren sich die Ge¬ sandten erfreuen, haben innerhalb ihrer Konsulate das Privilegium der privaten Religionsübung, das Asylrecht (für Christen), zahlen keine Abgaben, brauchen keine Einquartierung bei sich aufzunehmen lind sind der Gerichtsbarkeit des Landes, in welchem sie residiren, nicht unterworfen, üben vielmehr selbst sowohl

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341839_156924/368>, abgerufen am 29.12.2024.