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Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Drittes Quartal.

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Die landwirtschaftliche Muster-Lnqueto in Baden.

Recht bessere und sparsamere Verwendung der Düngemittel empfohlen. Es sind
in dieser Hinsicht trotz aller Belehrung noch große Fehler wahrzunehmen. Aus¬
dehnung und bessere Pflege des Obstbaues ist ein weiterer Vorschlag, der
Beachtung verdient. Man ist hierauf seit dem kalten Winter 1879 bis 1880,
der einen großen Teil der Obstbäume Badens zerstörte, doppelt bedacht, und
es sind zu diesem Behufe schon bedeutende Staatsbeiträge geleistet worden.
Auch unterrichtet man bereits die Lehrer im Obstbau und sucht auf diese Weise
die Kenntnis der Obstbaumpflege unter das Volk zu bringen.

Nicht wenig gerügt wird der fast allerorts hervortretende Mangel einer
geordneten landwirtschaftlichen Buchführung. In der That ist dies ein sehr zu
bedauernder Fehler, der wohl wesentlich daran Schuld ist, daß bisjetzt der
Großbesitz im Kampfe für die landwirtschaftlichen Interessen allein gestanden
hat und dadurch dem Vorwurfe "selbstsüchtiger Bestrebungen" bloßgestellt wurde.
Würden die Mittel- und Kleinbauern alljährlich die zahlenmäßigen Nachweise
über die geringen Erfolge ihrer Sorgen und Mühen vor sich sehen, so müßten
ihnen endlich die Augen darüber aufgehen, daß sie genau dieselben Interessen
haben wie der Großbesitz. Einen Vorschlag möchten wir endlich noch erwähnen:
es ist der der Ausdehnung des Handelsgewächsbaues. Wir halten es für
gefährlich, den Handelsgewächsbau, der im einzelnen ja gute Erträge abwirft,
der Allgemeinheit zu predigen. Der Körnerbau ist der Grundpfeiler der Land¬
wirtschaft und muß es bleiben."') Es wäre wünschenswert, daß dies dereinst
in den Darstellungen über die preußischen Erhebungen zum Ausdruck ge¬
langte.

Es scheint uns, daß die landwirtschaftlichen Vereine, wie seither, auch in
Zukunft die richtigen Stätten für die Pflege derjenigen Bestrebungen sein werden,
welche den Landwirt, soweit möglich, zur Hilfe durch eigne Kraft anleiten wollen.
Für Baden speziell möchten wir indessen die Frage anregen, ob es nicht besser
wäre, wenn die Landwirtschastsinspektoren oder die Lehrer in gewissen Zwischen-
räumen den einzelnen Bauern zu Hause aufsuchten, ihn in Haus, Hof, Stall,
Wiese und Feld auf Verbesserungswürdiges aufmerksam machten und ihm mit
Rat und That dienten. Die praktischen Erfolge würden bei solchem Verfahren
gewiß nicht ausbleiben, während im Wirtshause gehörte Vorträge dem Bauern
selten einen bleibenden Eindruck hinterlassen.

v) Mangelhafte Organisation des Absatzes. Wie der Zwischenhandel die
Landwirtschaft schädigt, ist allgemein bekannt. In Baden hat man mit der
Gründung von Verkaufsgenossenschaften begonnen, welche, obgleich sie mit dem
hergebrachten Unfuge nicht auf einmal aufräumen können, doch schon recht er¬
freuliche Resultate erzielt haben.



) Wir verzichten hier auf eine nähere Begründung dieser Ansicht, weil wir diese schon
"wi in den Grenzboten (Jahrgang 1883) gegeben haben.
Grenzboten III. 1884. 64
Die landwirtschaftliche Muster-Lnqueto in Baden.

Recht bessere und sparsamere Verwendung der Düngemittel empfohlen. Es sind
in dieser Hinsicht trotz aller Belehrung noch große Fehler wahrzunehmen. Aus¬
dehnung und bessere Pflege des Obstbaues ist ein weiterer Vorschlag, der
Beachtung verdient. Man ist hierauf seit dem kalten Winter 1879 bis 1880,
der einen großen Teil der Obstbäume Badens zerstörte, doppelt bedacht, und
es sind zu diesem Behufe schon bedeutende Staatsbeiträge geleistet worden.
Auch unterrichtet man bereits die Lehrer im Obstbau und sucht auf diese Weise
die Kenntnis der Obstbaumpflege unter das Volk zu bringen.

Nicht wenig gerügt wird der fast allerorts hervortretende Mangel einer
geordneten landwirtschaftlichen Buchführung. In der That ist dies ein sehr zu
bedauernder Fehler, der wohl wesentlich daran Schuld ist, daß bisjetzt der
Großbesitz im Kampfe für die landwirtschaftlichen Interessen allein gestanden
hat und dadurch dem Vorwurfe „selbstsüchtiger Bestrebungen" bloßgestellt wurde.
Würden die Mittel- und Kleinbauern alljährlich die zahlenmäßigen Nachweise
über die geringen Erfolge ihrer Sorgen und Mühen vor sich sehen, so müßten
ihnen endlich die Augen darüber aufgehen, daß sie genau dieselben Interessen
haben wie der Großbesitz. Einen Vorschlag möchten wir endlich noch erwähnen:
es ist der der Ausdehnung des Handelsgewächsbaues. Wir halten es für
gefährlich, den Handelsgewächsbau, der im einzelnen ja gute Erträge abwirft,
der Allgemeinheit zu predigen. Der Körnerbau ist der Grundpfeiler der Land¬
wirtschaft und muß es bleiben."') Es wäre wünschenswert, daß dies dereinst
in den Darstellungen über die preußischen Erhebungen zum Ausdruck ge¬
langte.

Es scheint uns, daß die landwirtschaftlichen Vereine, wie seither, auch in
Zukunft die richtigen Stätten für die Pflege derjenigen Bestrebungen sein werden,
welche den Landwirt, soweit möglich, zur Hilfe durch eigne Kraft anleiten wollen.
Für Baden speziell möchten wir indessen die Frage anregen, ob es nicht besser
wäre, wenn die Landwirtschastsinspektoren oder die Lehrer in gewissen Zwischen-
räumen den einzelnen Bauern zu Hause aufsuchten, ihn in Haus, Hof, Stall,
Wiese und Feld auf Verbesserungswürdiges aufmerksam machten und ihm mit
Rat und That dienten. Die praktischen Erfolge würden bei solchem Verfahren
gewiß nicht ausbleiben, während im Wirtshause gehörte Vorträge dem Bauern
selten einen bleibenden Eindruck hinterlassen.

v) Mangelhafte Organisation des Absatzes. Wie der Zwischenhandel die
Landwirtschaft schädigt, ist allgemein bekannt. In Baden hat man mit der
Gründung von Verkaufsgenossenschaften begonnen, welche, obgleich sie mit dem
hergebrachten Unfuge nicht auf einmal aufräumen können, doch schon recht er¬
freuliche Resultate erzielt haben.



) Wir verzichten hier auf eine nähere Begründung dieser Ansicht, weil wir diese schon
»wi in den Grenzboten (Jahrgang 1883) gegeben haben.
Grenzboten III. 1884. 64
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[0513] Die landwirtschaftliche Muster-Lnqueto in Baden. Recht bessere und sparsamere Verwendung der Düngemittel empfohlen. Es sind in dieser Hinsicht trotz aller Belehrung noch große Fehler wahrzunehmen. Aus¬ dehnung und bessere Pflege des Obstbaues ist ein weiterer Vorschlag, der Beachtung verdient. Man ist hierauf seit dem kalten Winter 1879 bis 1880, der einen großen Teil der Obstbäume Badens zerstörte, doppelt bedacht, und es sind zu diesem Behufe schon bedeutende Staatsbeiträge geleistet worden. Auch unterrichtet man bereits die Lehrer im Obstbau und sucht auf diese Weise die Kenntnis der Obstbaumpflege unter das Volk zu bringen. Nicht wenig gerügt wird der fast allerorts hervortretende Mangel einer geordneten landwirtschaftlichen Buchführung. In der That ist dies ein sehr zu bedauernder Fehler, der wohl wesentlich daran Schuld ist, daß bisjetzt der Großbesitz im Kampfe für die landwirtschaftlichen Interessen allein gestanden hat und dadurch dem Vorwurfe „selbstsüchtiger Bestrebungen" bloßgestellt wurde. Würden die Mittel- und Kleinbauern alljährlich die zahlenmäßigen Nachweise über die geringen Erfolge ihrer Sorgen und Mühen vor sich sehen, so müßten ihnen endlich die Augen darüber aufgehen, daß sie genau dieselben Interessen haben wie der Großbesitz. Einen Vorschlag möchten wir endlich noch erwähnen: es ist der der Ausdehnung des Handelsgewächsbaues. Wir halten es für gefährlich, den Handelsgewächsbau, der im einzelnen ja gute Erträge abwirft, der Allgemeinheit zu predigen. Der Körnerbau ist der Grundpfeiler der Land¬ wirtschaft und muß es bleiben."') Es wäre wünschenswert, daß dies dereinst in den Darstellungen über die preußischen Erhebungen zum Ausdruck ge¬ langte. Es scheint uns, daß die landwirtschaftlichen Vereine, wie seither, auch in Zukunft die richtigen Stätten für die Pflege derjenigen Bestrebungen sein werden, welche den Landwirt, soweit möglich, zur Hilfe durch eigne Kraft anleiten wollen. Für Baden speziell möchten wir indessen die Frage anregen, ob es nicht besser wäre, wenn die Landwirtschastsinspektoren oder die Lehrer in gewissen Zwischen- räumen den einzelnen Bauern zu Hause aufsuchten, ihn in Haus, Hof, Stall, Wiese und Feld auf Verbesserungswürdiges aufmerksam machten und ihm mit Rat und That dienten. Die praktischen Erfolge würden bei solchem Verfahren gewiß nicht ausbleiben, während im Wirtshause gehörte Vorträge dem Bauern selten einen bleibenden Eindruck hinterlassen. v) Mangelhafte Organisation des Absatzes. Wie der Zwischenhandel die Landwirtschaft schädigt, ist allgemein bekannt. In Baden hat man mit der Gründung von Verkaufsgenossenschaften begonnen, welche, obgleich sie mit dem hergebrachten Unfuge nicht auf einmal aufräumen können, doch schon recht er¬ freuliche Resultate erzielt haben. ) Wir verzichten hier auf eine nähere Begründung dieser Ansicht, weil wir diese schon »wi in den Grenzboten (Jahrgang 1883) gegeben haben. Grenzboten III. 1884. 64

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341839_156270/513>, abgerufen am 27.06.2024.