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Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Drittes Quartal.

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erbitterte Zeitungsfehde, welche folgte, hat hoffentlich in dem Streit zwischen
der Karlsruher Zeitung und der Norddeutschen Allgemeinen Zeitung ihren Ab¬
schluß gefunden, nachdem die großherzoglich badische Regierung erklärt hat, die
Angriffe auf den grundherrlichen Adel nicht billigen zu können.

Wir wollen nicht in einen polemischen Ton verfallen, umsoweniger, als
wir die Enquete im großen und ganzen als ein verdienstvolles Werk anerkennen.
Wir begnügen uns. zu erwähnen, daß wir in einem bestimmten (und zwar nicht
etwa in einem besonders ausgesuchten) Falle berechnet haben, daß ein Hofgut
mit einem Steuerkapitalwert von rund 92 000 Mark dem VerPächter nach
Abzug der öffentlichen Lasten und der Verwaltungskosten noch 857 Mark trägt,
ohne daß dabei die in gewissen Zeiträumen wiederkehrenden größer" Gebäude¬
reparaturen u. dergl. berücksichtigt wären. In diesem Falle würde also lediglich
das Grundkapital sich zu 0,93 Prozent verzinsen; von weiterem garnicht zu
reden. Sollte man aber die Berechtigung des Ansatzes von Verwaltungskosten
bestreiten, mit der Behauptung, daß es viele kleinere VerPächter gebe, die ohne
besondern Aufwand von Zeit und Mühe ihre Geschäfte selbst besorgen, so haben
wir nur zu erwähnen, daß uns die Reinertragsberechnung für ein andres Hof¬
gut vorliegt, welches bei einem Flächengehalt von 286 Morgen und einem
Steuerkapitalwert von 176 928 Mark einen Pachtzins von 4042 Mark abwirft,
von welchem schon nach bloßem Abzug der Steuern und Gemeindeumlagen nur
noch 2867 Mark übrig bleiben, also etwa 1,6 Prozent des Steuerkapitalwertes.
Hier sind keine Verwaltungs- und keine Gebäudereparaturkosten berücksichtigt,
ebensowenig, daß der VerPächter wiederholt zu bedeutenden Nachlassen genötigt
worden ist.

Bei den Nachlassen müssen wir einen Augenblick verweilen. Es wird in
einzelnen Berichten gerügt, daß bei Verpachtungen keine Nachlasse sür Unglücks¬
fälle ausbedungen werden. Nun verpachtet man doch eben deshalb, um, indem
man sich mit einem mäßigeren, aber sichern Ertrage begnügt, sich den Wechsel¬
fällen guter und schlechter Jahre zu entziehen. Trotzdem werden, wie auch
zugestanden wird, Nachlasse sehr häufig freiwillig gewährt. Die Bemängelung
hätte somit mindestens unterbleiben können.

Schließlich wollen wir nicht unerwähnt lassen, daß von der Regierung in
der Karlsruher Zeitung (9. Mai 1884, No. 110) eine Reinertragsberechnung
für die domünenärarischen Pachtgüter veröffentlicht wurde, welche selbst dann,
wenn man die Steuer- und Umlagebetreffnisse, welche nicht vom Rein¬
ertrage abgezogen erscheinen, abzieht, sich noch um ein Wesentliches besser
stellt, als die oben von uns angeführten Reincrtragsziffern. Dem gegenüber
können wir nur lebhaft bedauern, daß andre VerPächter nicht auch in so glück¬
licher Lage sind wie die badischen Domänenverwaltungen. Überraschend ist uns
die Veröffentlichung der Karlsruher Zeitung als das Zeugnis einer liberalen
Regierung gegen die Liberalen, welche bei Bekämpfung aller Monopole als ein


erbitterte Zeitungsfehde, welche folgte, hat hoffentlich in dem Streit zwischen
der Karlsruher Zeitung und der Norddeutschen Allgemeinen Zeitung ihren Ab¬
schluß gefunden, nachdem die großherzoglich badische Regierung erklärt hat, die
Angriffe auf den grundherrlichen Adel nicht billigen zu können.

Wir wollen nicht in einen polemischen Ton verfallen, umsoweniger, als
wir die Enquete im großen und ganzen als ein verdienstvolles Werk anerkennen.
Wir begnügen uns. zu erwähnen, daß wir in einem bestimmten (und zwar nicht
etwa in einem besonders ausgesuchten) Falle berechnet haben, daß ein Hofgut
mit einem Steuerkapitalwert von rund 92 000 Mark dem VerPächter nach
Abzug der öffentlichen Lasten und der Verwaltungskosten noch 857 Mark trägt,
ohne daß dabei die in gewissen Zeiträumen wiederkehrenden größer» Gebäude¬
reparaturen u. dergl. berücksichtigt wären. In diesem Falle würde also lediglich
das Grundkapital sich zu 0,93 Prozent verzinsen; von weiterem garnicht zu
reden. Sollte man aber die Berechtigung des Ansatzes von Verwaltungskosten
bestreiten, mit der Behauptung, daß es viele kleinere VerPächter gebe, die ohne
besondern Aufwand von Zeit und Mühe ihre Geschäfte selbst besorgen, so haben
wir nur zu erwähnen, daß uns die Reinertragsberechnung für ein andres Hof¬
gut vorliegt, welches bei einem Flächengehalt von 286 Morgen und einem
Steuerkapitalwert von 176 928 Mark einen Pachtzins von 4042 Mark abwirft,
von welchem schon nach bloßem Abzug der Steuern und Gemeindeumlagen nur
noch 2867 Mark übrig bleiben, also etwa 1,6 Prozent des Steuerkapitalwertes.
Hier sind keine Verwaltungs- und keine Gebäudereparaturkosten berücksichtigt,
ebensowenig, daß der VerPächter wiederholt zu bedeutenden Nachlassen genötigt
worden ist.

Bei den Nachlassen müssen wir einen Augenblick verweilen. Es wird in
einzelnen Berichten gerügt, daß bei Verpachtungen keine Nachlasse sür Unglücks¬
fälle ausbedungen werden. Nun verpachtet man doch eben deshalb, um, indem
man sich mit einem mäßigeren, aber sichern Ertrage begnügt, sich den Wechsel¬
fällen guter und schlechter Jahre zu entziehen. Trotzdem werden, wie auch
zugestanden wird, Nachlasse sehr häufig freiwillig gewährt. Die Bemängelung
hätte somit mindestens unterbleiben können.

Schließlich wollen wir nicht unerwähnt lassen, daß von der Regierung in
der Karlsruher Zeitung (9. Mai 1884, No. 110) eine Reinertragsberechnung
für die domünenärarischen Pachtgüter veröffentlicht wurde, welche selbst dann,
wenn man die Steuer- und Umlagebetreffnisse, welche nicht vom Rein¬
ertrage abgezogen erscheinen, abzieht, sich noch um ein Wesentliches besser
stellt, als die oben von uns angeführten Reincrtragsziffern. Dem gegenüber
können wir nur lebhaft bedauern, daß andre VerPächter nicht auch in so glück¬
licher Lage sind wie die badischen Domänenverwaltungen. Überraschend ist uns
die Veröffentlichung der Karlsruher Zeitung als das Zeugnis einer liberalen
Regierung gegen die Liberalen, welche bei Bekämpfung aller Monopole als ein


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[0507] erbitterte Zeitungsfehde, welche folgte, hat hoffentlich in dem Streit zwischen der Karlsruher Zeitung und der Norddeutschen Allgemeinen Zeitung ihren Ab¬ schluß gefunden, nachdem die großherzoglich badische Regierung erklärt hat, die Angriffe auf den grundherrlichen Adel nicht billigen zu können. Wir wollen nicht in einen polemischen Ton verfallen, umsoweniger, als wir die Enquete im großen und ganzen als ein verdienstvolles Werk anerkennen. Wir begnügen uns. zu erwähnen, daß wir in einem bestimmten (und zwar nicht etwa in einem besonders ausgesuchten) Falle berechnet haben, daß ein Hofgut mit einem Steuerkapitalwert von rund 92 000 Mark dem VerPächter nach Abzug der öffentlichen Lasten und der Verwaltungskosten noch 857 Mark trägt, ohne daß dabei die in gewissen Zeiträumen wiederkehrenden größer» Gebäude¬ reparaturen u. dergl. berücksichtigt wären. In diesem Falle würde also lediglich das Grundkapital sich zu 0,93 Prozent verzinsen; von weiterem garnicht zu reden. Sollte man aber die Berechtigung des Ansatzes von Verwaltungskosten bestreiten, mit der Behauptung, daß es viele kleinere VerPächter gebe, die ohne besondern Aufwand von Zeit und Mühe ihre Geschäfte selbst besorgen, so haben wir nur zu erwähnen, daß uns die Reinertragsberechnung für ein andres Hof¬ gut vorliegt, welches bei einem Flächengehalt von 286 Morgen und einem Steuerkapitalwert von 176 928 Mark einen Pachtzins von 4042 Mark abwirft, von welchem schon nach bloßem Abzug der Steuern und Gemeindeumlagen nur noch 2867 Mark übrig bleiben, also etwa 1,6 Prozent des Steuerkapitalwertes. Hier sind keine Verwaltungs- und keine Gebäudereparaturkosten berücksichtigt, ebensowenig, daß der VerPächter wiederholt zu bedeutenden Nachlassen genötigt worden ist. Bei den Nachlassen müssen wir einen Augenblick verweilen. Es wird in einzelnen Berichten gerügt, daß bei Verpachtungen keine Nachlasse sür Unglücks¬ fälle ausbedungen werden. Nun verpachtet man doch eben deshalb, um, indem man sich mit einem mäßigeren, aber sichern Ertrage begnügt, sich den Wechsel¬ fällen guter und schlechter Jahre zu entziehen. Trotzdem werden, wie auch zugestanden wird, Nachlasse sehr häufig freiwillig gewährt. Die Bemängelung hätte somit mindestens unterbleiben können. Schließlich wollen wir nicht unerwähnt lassen, daß von der Regierung in der Karlsruher Zeitung (9. Mai 1884, No. 110) eine Reinertragsberechnung für die domünenärarischen Pachtgüter veröffentlicht wurde, welche selbst dann, wenn man die Steuer- und Umlagebetreffnisse, welche nicht vom Rein¬ ertrage abgezogen erscheinen, abzieht, sich noch um ein Wesentliches besser stellt, als die oben von uns angeführten Reincrtragsziffern. Dem gegenüber können wir nur lebhaft bedauern, daß andre VerPächter nicht auch in so glück¬ licher Lage sind wie die badischen Domänenverwaltungen. Überraschend ist uns die Veröffentlichung der Karlsruher Zeitung als das Zeugnis einer liberalen Regierung gegen die Liberalen, welche bei Bekämpfung aller Monopole als ein

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341839_156270/507>, abgerufen am 27.06.2024.