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Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Drittes Quartal.

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Die katholischen Elemente in der deutschen Literatur.

diese selbst unter dem neuen Gesetz noch knurrt, und daß sie sich hie und da an
der Kette zu reiben sucht, ist begreiflich. Als aber am 9. Juni ein Börsenagent
sich erlaubte, in seinein Kursblatt einige Bemerkungen über die "Staatsbörse"
zu machen, wurde ihm sofort der fernere Zutritt zu derselben verboten.

Fährt man mit der Handhabung des Börsengesetzes in Zürich so fort, so
wird man damit unzweifelhaft manches Gute stiften. Anderwärts bestehen wohl
strengere Bestimmungen hinsichtlich der Börse, aber es handhabt sie niemand.
In Frankreich sind z. B die Differcnzgeschäfte und deren Unterstützung gänzlich
verboten, aber dennoch wird beides offen betrieben. Ausdrücklich verboten sind
nach Art. 419 des Ooäö xsnal: 1. die Verbreitung falscher Nachrichten; 2. der
Aufschlag von Agio; 3. Syndikate zur Vertreibung von Börsenpapieren und
Leitung der Kurse; endlich 4. alle übrigen betrügerischen Mittel zum Zweck des
Börsengewinnes. Nicht minder ist, wie oben erwähnt wurde, den Maklern der
Abschluß eigner Geschäfte verboten. Aber die französische Börsenkontrole hat
nur die Börsensteuer im Auge, und sie kennt nur die Steuerstrafgesetze; um die
andern kümmert sie sich nicht. Außerdem hat der Finanzminister sogar ein ge¬
wisses Interesse an der Agiotage, denn wenn die Kurse hoch hinaufgetrieben
werden, dann steigt auch die Umschlagsteuer. Endlich haben allerdings die
französischen Advokaten gewußt, gerade diesem Artikel die Spitze abzubrechen,
indem sie behaupten, es müsse sowohl die böse Absicht als der böse Erfolg
nachgewiesen werden.

Wenn auch die Börse gegenwärtig die stärkste soziale Macht darstellt
und sich selbst herausnimmt, den Gesetzen ein Schnippchen zu schlagen -- wie
dem Schlußscheinsteuergesetz --, gerade ihre zunehmende Macht und Keckheit der
Staatsgewalt gegenüber muß zu einschneidenden Maßnahmen führen. Noch
bevor das neue Börsensteuergesctz erschien, ist im deutschen Reichstage ein Antrag
auf Erlaß eines organischen Börsengesetzes gestellt worden. Die Verwirklichung
dieses Antrages kann nicht ausbleiben.




Die katholischen Elemente in der deutschen Literatur.
6.

le Bedeutung des Konvertitenelements innerhalb des katholischen
Teils der deutschen Welt beruhte vor allem darauf, daß sich der
von maßgebender Stelle in Rom gewünschte, ja unerbittlich ge¬
forderte Bruch aller poetisch und künstlerisch strebenden Katho¬
liken mit der deutschen Bildung in den Kreisen der gebornen
Katholiken nur schwer und unzulänglich, bei den Konvertiten im ganzen Um-


Grenzbotm III. 1L84. 39
Die katholischen Elemente in der deutschen Literatur.

diese selbst unter dem neuen Gesetz noch knurrt, und daß sie sich hie und da an
der Kette zu reiben sucht, ist begreiflich. Als aber am 9. Juni ein Börsenagent
sich erlaubte, in seinein Kursblatt einige Bemerkungen über die „Staatsbörse"
zu machen, wurde ihm sofort der fernere Zutritt zu derselben verboten.

Fährt man mit der Handhabung des Börsengesetzes in Zürich so fort, so
wird man damit unzweifelhaft manches Gute stiften. Anderwärts bestehen wohl
strengere Bestimmungen hinsichtlich der Börse, aber es handhabt sie niemand.
In Frankreich sind z. B die Differcnzgeschäfte und deren Unterstützung gänzlich
verboten, aber dennoch wird beides offen betrieben. Ausdrücklich verboten sind
nach Art. 419 des Ooäö xsnal: 1. die Verbreitung falscher Nachrichten; 2. der
Aufschlag von Agio; 3. Syndikate zur Vertreibung von Börsenpapieren und
Leitung der Kurse; endlich 4. alle übrigen betrügerischen Mittel zum Zweck des
Börsengewinnes. Nicht minder ist, wie oben erwähnt wurde, den Maklern der
Abschluß eigner Geschäfte verboten. Aber die französische Börsenkontrole hat
nur die Börsensteuer im Auge, und sie kennt nur die Steuerstrafgesetze; um die
andern kümmert sie sich nicht. Außerdem hat der Finanzminister sogar ein ge¬
wisses Interesse an der Agiotage, denn wenn die Kurse hoch hinaufgetrieben
werden, dann steigt auch die Umschlagsteuer. Endlich haben allerdings die
französischen Advokaten gewußt, gerade diesem Artikel die Spitze abzubrechen,
indem sie behaupten, es müsse sowohl die böse Absicht als der böse Erfolg
nachgewiesen werden.

Wenn auch die Börse gegenwärtig die stärkste soziale Macht darstellt
und sich selbst herausnimmt, den Gesetzen ein Schnippchen zu schlagen — wie
dem Schlußscheinsteuergesetz —, gerade ihre zunehmende Macht und Keckheit der
Staatsgewalt gegenüber muß zu einschneidenden Maßnahmen führen. Noch
bevor das neue Börsensteuergesctz erschien, ist im deutschen Reichstage ein Antrag
auf Erlaß eines organischen Börsengesetzes gestellt worden. Die Verwirklichung
dieses Antrages kann nicht ausbleiben.




Die katholischen Elemente in der deutschen Literatur.
6.

le Bedeutung des Konvertitenelements innerhalb des katholischen
Teils der deutschen Welt beruhte vor allem darauf, daß sich der
von maßgebender Stelle in Rom gewünschte, ja unerbittlich ge¬
forderte Bruch aller poetisch und künstlerisch strebenden Katho¬
liken mit der deutschen Bildung in den Kreisen der gebornen
Katholiken nur schwer und unzulänglich, bei den Konvertiten im ganzen Um-


Grenzbotm III. 1L84. 39
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[0313] Die katholischen Elemente in der deutschen Literatur. diese selbst unter dem neuen Gesetz noch knurrt, und daß sie sich hie und da an der Kette zu reiben sucht, ist begreiflich. Als aber am 9. Juni ein Börsenagent sich erlaubte, in seinein Kursblatt einige Bemerkungen über die „Staatsbörse" zu machen, wurde ihm sofort der fernere Zutritt zu derselben verboten. Fährt man mit der Handhabung des Börsengesetzes in Zürich so fort, so wird man damit unzweifelhaft manches Gute stiften. Anderwärts bestehen wohl strengere Bestimmungen hinsichtlich der Börse, aber es handhabt sie niemand. In Frankreich sind z. B die Differcnzgeschäfte und deren Unterstützung gänzlich verboten, aber dennoch wird beides offen betrieben. Ausdrücklich verboten sind nach Art. 419 des Ooäö xsnal: 1. die Verbreitung falscher Nachrichten; 2. der Aufschlag von Agio; 3. Syndikate zur Vertreibung von Börsenpapieren und Leitung der Kurse; endlich 4. alle übrigen betrügerischen Mittel zum Zweck des Börsengewinnes. Nicht minder ist, wie oben erwähnt wurde, den Maklern der Abschluß eigner Geschäfte verboten. Aber die französische Börsenkontrole hat nur die Börsensteuer im Auge, und sie kennt nur die Steuerstrafgesetze; um die andern kümmert sie sich nicht. Außerdem hat der Finanzminister sogar ein ge¬ wisses Interesse an der Agiotage, denn wenn die Kurse hoch hinaufgetrieben werden, dann steigt auch die Umschlagsteuer. Endlich haben allerdings die französischen Advokaten gewußt, gerade diesem Artikel die Spitze abzubrechen, indem sie behaupten, es müsse sowohl die böse Absicht als der böse Erfolg nachgewiesen werden. Wenn auch die Börse gegenwärtig die stärkste soziale Macht darstellt und sich selbst herausnimmt, den Gesetzen ein Schnippchen zu schlagen — wie dem Schlußscheinsteuergesetz —, gerade ihre zunehmende Macht und Keckheit der Staatsgewalt gegenüber muß zu einschneidenden Maßnahmen führen. Noch bevor das neue Börsensteuergesctz erschien, ist im deutschen Reichstage ein Antrag auf Erlaß eines organischen Börsengesetzes gestellt worden. Die Verwirklichung dieses Antrages kann nicht ausbleiben. Die katholischen Elemente in der deutschen Literatur. 6. le Bedeutung des Konvertitenelements innerhalb des katholischen Teils der deutschen Welt beruhte vor allem darauf, daß sich der von maßgebender Stelle in Rom gewünschte, ja unerbittlich ge¬ forderte Bruch aller poetisch und künstlerisch strebenden Katho¬ liken mit der deutschen Bildung in den Kreisen der gebornen Katholiken nur schwer und unzulänglich, bei den Konvertiten im ganzen Um- Grenzbotm III. 1L84. 39

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341839_156270/313>, abgerufen am 22.06.2024.