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Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Drittes Quartal.

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Die Börsensteuerdebatte.

Kenntnissen ausgerüstet sind." Unter einer solchen Bestimmung werden so an¬
rüchige Personen, wie deren die Börse in Menge ausweist und deren nicht
wenige die Verlockung zum Börsenspiel in öffentlichen Blättern betreiben, leicht
zu beseitigen sein; sie sind freilich den großen Börsenjobbern so notwendig wie
die Hausirer den Namschhändlern. Die Makler haben jährlich eine Gebühr
von 200 Franks, die Bankiers eine solche von 500 Franks zu entrichten.
Eine ähnliche Gebühr besteht auch in Frankreich; in Deutschland weiß man
davon nichts. Und mit dem Verlust der bürgerlichen Ehren und Rechte (der
auch durch Bankerott bewirkt wird) ist der Verlust der Börsenkonzession sür
Bankiers und Makler verbunden.

Die Börse muß ein Statut und Usancen aufstellen, die beide von der
Negierung bestätigt werden müssen. Abschlüsse an der Börse können nur durch
die Sensale und Bankiers gemacht werden. Jedoch haben sowohl Makler als
Bankiers ein Börsenbuch zu führen und in dieses sämtliche abgeschlossenen Ge¬
schäfte ihrem ganzen Inhalt nach zu notiren -- was also dem im deutschen
Vörsensteuerentwurfe vorgeschriebenen Steuerbuche entspricht; ebenso besteht die
Verpflichtung zur Zustellung eines Schlnßzettcls.

Hieran schließt sich die Börsen Steuer, welche im Paragraph 11 des
Gesetzes festgestellt wird. Dieselbe beträgt für alle Abschlüsse mit Beträgen
von weniger als 3000 Franks 20 Cent., für Beträge von 3- bis 10 000 Franks
50 Cent, und für je weitere 10000 Franks weitere 30 Cent. Das ist aller¬
dings eine sehr niedrige Besteuerung, bei der außerdem die großen Beträge ganz
ausnehmend begünstigt werden. Allein es handelt sich bei allen Versuchen, die
Ausschreitungen der Börse zu treffen, in erster Linie darum, sie wirksam zu
kontrolircn; dieser Aufgabe gegenüber stehen andre Rücksichten im Hintergrunde.
Die Steuer kann, wenn sie erst einmal da ist, immer erhöht werden, ebenso wie
die Kontrole, wenn sie erst geschaffen ist, verschärft werden kann. In Zürich
soll wohl zunächst die Steuer nur die Kosten der Kontrole die Börse decken.

Die Börse sieht unter fortgesetzter Beaufsichtigung von Regiernngskvm-
missaren, die von der Regierung besoldet werden. Diese Kommissare haben
jederzeit Einblick in das Vörsenbuch der Makler und Bankiers, um die ordnungs¬
mäßige Eintragung aller Geschäfte in dasselbe zu überwachen, wie ihnen überhaupt
die Handhabung des Börsengcsctzcs und der weitern Börsenbestimmungen ob¬
liegt. Diesen Kommissären und den ihnen etwa zur Hilfe beigegebenen Beamten
ist verboten, Börsengeschäfte zumachen; sie sind auch zur Geheimhaltung ihrer
Einsichten verpflichtet und dürfen deren Ergebnis nur der vorgesetzten Behörde
mitteilen.

Sehr wichtig ist der vierzehnte Paragraph, der wörtlich lautet: "Deu
Börsenageuten lind Sensalen ist untersagt, für öffentliche Beamte oder An¬
gestellte, die vermöge ihrer Stellung zur Leistung einer Kaution verpflichtet
find, sowie für Angestellte in Privatgeschäften ohne Vorwissen der Vorgesetzten


Die Börsensteuerdebatte.

Kenntnissen ausgerüstet sind." Unter einer solchen Bestimmung werden so an¬
rüchige Personen, wie deren die Börse in Menge ausweist und deren nicht
wenige die Verlockung zum Börsenspiel in öffentlichen Blättern betreiben, leicht
zu beseitigen sein; sie sind freilich den großen Börsenjobbern so notwendig wie
die Hausirer den Namschhändlern. Die Makler haben jährlich eine Gebühr
von 200 Franks, die Bankiers eine solche von 500 Franks zu entrichten.
Eine ähnliche Gebühr besteht auch in Frankreich; in Deutschland weiß man
davon nichts. Und mit dem Verlust der bürgerlichen Ehren und Rechte (der
auch durch Bankerott bewirkt wird) ist der Verlust der Börsenkonzession sür
Bankiers und Makler verbunden.

Die Börse muß ein Statut und Usancen aufstellen, die beide von der
Negierung bestätigt werden müssen. Abschlüsse an der Börse können nur durch
die Sensale und Bankiers gemacht werden. Jedoch haben sowohl Makler als
Bankiers ein Börsenbuch zu führen und in dieses sämtliche abgeschlossenen Ge¬
schäfte ihrem ganzen Inhalt nach zu notiren — was also dem im deutschen
Vörsensteuerentwurfe vorgeschriebenen Steuerbuche entspricht; ebenso besteht die
Verpflichtung zur Zustellung eines Schlnßzettcls.

Hieran schließt sich die Börsen Steuer, welche im Paragraph 11 des
Gesetzes festgestellt wird. Dieselbe beträgt für alle Abschlüsse mit Beträgen
von weniger als 3000 Franks 20 Cent., für Beträge von 3- bis 10 000 Franks
50 Cent, und für je weitere 10000 Franks weitere 30 Cent. Das ist aller¬
dings eine sehr niedrige Besteuerung, bei der außerdem die großen Beträge ganz
ausnehmend begünstigt werden. Allein es handelt sich bei allen Versuchen, die
Ausschreitungen der Börse zu treffen, in erster Linie darum, sie wirksam zu
kontrolircn; dieser Aufgabe gegenüber stehen andre Rücksichten im Hintergrunde.
Die Steuer kann, wenn sie erst einmal da ist, immer erhöht werden, ebenso wie
die Kontrole, wenn sie erst geschaffen ist, verschärft werden kann. In Zürich
soll wohl zunächst die Steuer nur die Kosten der Kontrole die Börse decken.

Die Börse sieht unter fortgesetzter Beaufsichtigung von Regiernngskvm-
missaren, die von der Regierung besoldet werden. Diese Kommissare haben
jederzeit Einblick in das Vörsenbuch der Makler und Bankiers, um die ordnungs¬
mäßige Eintragung aller Geschäfte in dasselbe zu überwachen, wie ihnen überhaupt
die Handhabung des Börsengcsctzcs und der weitern Börsenbestimmungen ob¬
liegt. Diesen Kommissären und den ihnen etwa zur Hilfe beigegebenen Beamten
ist verboten, Börsengeschäfte zumachen; sie sind auch zur Geheimhaltung ihrer
Einsichten verpflichtet und dürfen deren Ergebnis nur der vorgesetzten Behörde
mitteilen.

Sehr wichtig ist der vierzehnte Paragraph, der wörtlich lautet: „Deu
Börsenageuten lind Sensalen ist untersagt, für öffentliche Beamte oder An¬
gestellte, die vermöge ihrer Stellung zur Leistung einer Kaution verpflichtet
find, sowie für Angestellte in Privatgeschäften ohne Vorwissen der Vorgesetzten


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[0311] Die Börsensteuerdebatte. Kenntnissen ausgerüstet sind." Unter einer solchen Bestimmung werden so an¬ rüchige Personen, wie deren die Börse in Menge ausweist und deren nicht wenige die Verlockung zum Börsenspiel in öffentlichen Blättern betreiben, leicht zu beseitigen sein; sie sind freilich den großen Börsenjobbern so notwendig wie die Hausirer den Namschhändlern. Die Makler haben jährlich eine Gebühr von 200 Franks, die Bankiers eine solche von 500 Franks zu entrichten. Eine ähnliche Gebühr besteht auch in Frankreich; in Deutschland weiß man davon nichts. Und mit dem Verlust der bürgerlichen Ehren und Rechte (der auch durch Bankerott bewirkt wird) ist der Verlust der Börsenkonzession sür Bankiers und Makler verbunden. Die Börse muß ein Statut und Usancen aufstellen, die beide von der Negierung bestätigt werden müssen. Abschlüsse an der Börse können nur durch die Sensale und Bankiers gemacht werden. Jedoch haben sowohl Makler als Bankiers ein Börsenbuch zu führen und in dieses sämtliche abgeschlossenen Ge¬ schäfte ihrem ganzen Inhalt nach zu notiren — was also dem im deutschen Vörsensteuerentwurfe vorgeschriebenen Steuerbuche entspricht; ebenso besteht die Verpflichtung zur Zustellung eines Schlnßzettcls. Hieran schließt sich die Börsen Steuer, welche im Paragraph 11 des Gesetzes festgestellt wird. Dieselbe beträgt für alle Abschlüsse mit Beträgen von weniger als 3000 Franks 20 Cent., für Beträge von 3- bis 10 000 Franks 50 Cent, und für je weitere 10000 Franks weitere 30 Cent. Das ist aller¬ dings eine sehr niedrige Besteuerung, bei der außerdem die großen Beträge ganz ausnehmend begünstigt werden. Allein es handelt sich bei allen Versuchen, die Ausschreitungen der Börse zu treffen, in erster Linie darum, sie wirksam zu kontrolircn; dieser Aufgabe gegenüber stehen andre Rücksichten im Hintergrunde. Die Steuer kann, wenn sie erst einmal da ist, immer erhöht werden, ebenso wie die Kontrole, wenn sie erst geschaffen ist, verschärft werden kann. In Zürich soll wohl zunächst die Steuer nur die Kosten der Kontrole die Börse decken. Die Börse sieht unter fortgesetzter Beaufsichtigung von Regiernngskvm- missaren, die von der Regierung besoldet werden. Diese Kommissare haben jederzeit Einblick in das Vörsenbuch der Makler und Bankiers, um die ordnungs¬ mäßige Eintragung aller Geschäfte in dasselbe zu überwachen, wie ihnen überhaupt die Handhabung des Börsengcsctzcs und der weitern Börsenbestimmungen ob¬ liegt. Diesen Kommissären und den ihnen etwa zur Hilfe beigegebenen Beamten ist verboten, Börsengeschäfte zumachen; sie sind auch zur Geheimhaltung ihrer Einsichten verpflichtet und dürfen deren Ergebnis nur der vorgesetzten Behörde mitteilen. Sehr wichtig ist der vierzehnte Paragraph, der wörtlich lautet: „Deu Börsenageuten lind Sensalen ist untersagt, für öffentliche Beamte oder An¬ gestellte, die vermöge ihrer Stellung zur Leistung einer Kaution verpflichtet find, sowie für Angestellte in Privatgeschäften ohne Vorwissen der Vorgesetzten

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341839_156270/311>, abgerufen am 22.06.2024.