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Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Viertes Quartal.

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war zu mächtig. Niemand war da und keine Vorkehrung bestand, um das
Interesse der Gesellschaft wahrzunehmen."

Der Entwurf zieht diesem mystischen Hergang den Schleier herunter; er
will ihn der übelangebrachtcu Auonhmität entkleiden, und in der That, eine
rechtschaffene Handlung braucht auch das Licht der Sonne nicht zu scheuen.
Der Entwurf bestimmt deshalb in Anschluß an verschiedne moderne Rechte, daß
bei der Gründung einer jeden Aktiengesellschaft fünf Gründer als solche hervor¬
treten, das Statut feststellen und mindestens eine Aktie zeichnen müssen. Der
Inhalt des Statuts entspricht im wesentlichen dem bisherigen Recht, hervor¬
zuheben ist hier besonders die Bestimmung, daß alle Bekanntmachungen der Ge¬
sellschaften durch den Reichsanzeiger erfolgen müssen, sodaß sich in diesem Blatte
die Schicksale des Aktienwesens künftig abspielen werden.

Daß die Gründer ihre Thätigkeit bei dem Zustandekommen der Gesellschaft,
wobei in der Regel es nicht ohne Kosten abgeht, um der Barmherzigkeit willen
oder aus Patriotismus üben sollen, verlangt der Entwurf nicht und kann er
auch mit Recht nicht verlangen. Denn im Handel und Verkehr ist jede Thätig¬
keit auf Gewinn gerichtet und muß naturgemäß darauf gerichtet sein. Allein
der Entwurf fordert, daß die Gründer auch die besondern Vorteile, welche sie
sich ausbedingen, und den gesamten Aufwand kenntlich macheu. Einerseits werden
dadurch die schamlosen Gründergcwinne zurücktreten, denn gar mancher wird es
scheuen, offen etwas zu bekennen, was er im Geheimen einzustecken keine Skrupel
haben würde. Andrerseits sieht jedermann, der sich bei der Aktiengesellschaft als
Zeichner beteiligen will, wieviel die Gründung gekostet hat; er kann dann über¬
legen, ob ein solcher Aufwand das Unternehmen als reelles erscheinen läßt, ob
die Vorzugsrechte der Gründer und Primitivzeichner derartig, sind, daß die Ge¬
sellschaft dabei wird bestehen können.

Dieselben Gesichtspunkte beobachtet der Entwurf bei der "qualifizirten
Gründung," d. h. bei derjenigen, wo die Gesellschaft anstatt baaren Geldes Etablisse¬
ments u. dergl., sogenannte Apports, übernimmt. Bisher entzog sich der Hergang
gänzlich dem Urteil des Publikums, "die Personen -- so heißt es in den Motiven --,
welche ein soeben erst vom Eigentümer ihnen überlassenes Etablissement mit
Aufschlag im Preise einer zu errichtenden Aktiengesellschaft aufbürden wollten,
brauchten uur, indem sie allein die Aktiengesellschaft gründeten, in dem unter
sich zu schließenden Gesellschaftsverträge deu auf den Einzelnen fallenden Anteil am
Etablissement zu dem nach ihrem Belieben angesetzten höhern Werte einzulegen."
Jeder acceptirte die Einlage des andern, die Personen brauchten nicht einmal
genannt zu werden. Der Entwurf verlangt nun, daß die zu Gunsten einzelner
Aktionäre bedungenen besondern Vorteile, die auf das Grundkapital statt baaren
Geldes gemachten Einlagen unter Bezeichnung der Parteien und des Preises
und der gesamte Grüudungsaufwcmd bei Vermeidung der Nichtigkeit in das
Statut aufgenommen und später bei Eintragung der Gesellschaft in das Handels-


war zu mächtig. Niemand war da und keine Vorkehrung bestand, um das
Interesse der Gesellschaft wahrzunehmen."

Der Entwurf zieht diesem mystischen Hergang den Schleier herunter; er
will ihn der übelangebrachtcu Auonhmität entkleiden, und in der That, eine
rechtschaffene Handlung braucht auch das Licht der Sonne nicht zu scheuen.
Der Entwurf bestimmt deshalb in Anschluß an verschiedne moderne Rechte, daß
bei der Gründung einer jeden Aktiengesellschaft fünf Gründer als solche hervor¬
treten, das Statut feststellen und mindestens eine Aktie zeichnen müssen. Der
Inhalt des Statuts entspricht im wesentlichen dem bisherigen Recht, hervor¬
zuheben ist hier besonders die Bestimmung, daß alle Bekanntmachungen der Ge¬
sellschaften durch den Reichsanzeiger erfolgen müssen, sodaß sich in diesem Blatte
die Schicksale des Aktienwesens künftig abspielen werden.

Daß die Gründer ihre Thätigkeit bei dem Zustandekommen der Gesellschaft,
wobei in der Regel es nicht ohne Kosten abgeht, um der Barmherzigkeit willen
oder aus Patriotismus üben sollen, verlangt der Entwurf nicht und kann er
auch mit Recht nicht verlangen. Denn im Handel und Verkehr ist jede Thätig¬
keit auf Gewinn gerichtet und muß naturgemäß darauf gerichtet sein. Allein
der Entwurf fordert, daß die Gründer auch die besondern Vorteile, welche sie
sich ausbedingen, und den gesamten Aufwand kenntlich macheu. Einerseits werden
dadurch die schamlosen Gründergcwinne zurücktreten, denn gar mancher wird es
scheuen, offen etwas zu bekennen, was er im Geheimen einzustecken keine Skrupel
haben würde. Andrerseits sieht jedermann, der sich bei der Aktiengesellschaft als
Zeichner beteiligen will, wieviel die Gründung gekostet hat; er kann dann über¬
legen, ob ein solcher Aufwand das Unternehmen als reelles erscheinen läßt, ob
die Vorzugsrechte der Gründer und Primitivzeichner derartig, sind, daß die Ge¬
sellschaft dabei wird bestehen können.

Dieselben Gesichtspunkte beobachtet der Entwurf bei der „qualifizirten
Gründung," d. h. bei derjenigen, wo die Gesellschaft anstatt baaren Geldes Etablisse¬
ments u. dergl., sogenannte Apports, übernimmt. Bisher entzog sich der Hergang
gänzlich dem Urteil des Publikums, „die Personen — so heißt es in den Motiven —,
welche ein soeben erst vom Eigentümer ihnen überlassenes Etablissement mit
Aufschlag im Preise einer zu errichtenden Aktiengesellschaft aufbürden wollten,
brauchten uur, indem sie allein die Aktiengesellschaft gründeten, in dem unter
sich zu schließenden Gesellschaftsverträge deu auf den Einzelnen fallenden Anteil am
Etablissement zu dem nach ihrem Belieben angesetzten höhern Werte einzulegen."
Jeder acceptirte die Einlage des andern, die Personen brauchten nicht einmal
genannt zu werden. Der Entwurf verlangt nun, daß die zu Gunsten einzelner
Aktionäre bedungenen besondern Vorteile, die auf das Grundkapital statt baaren
Geldes gemachten Einlagen unter Bezeichnung der Parteien und des Preises
und der gesamte Grüudungsaufwcmd bei Vermeidung der Nichtigkeit in das
Statut aufgenommen und später bei Eintragung der Gesellschaft in das Handels-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341837_154164/345>, abgerufen am 27.07.2024.