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Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Drittes Quartal.

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Die romantische Schule in Frankreich.

Bl. 20b mit dem vom 30. August 1564 datirten "Beschlus," in welchem
Walther noch ein vollgiltiges Zeugnis für die Echtheit der Lutherschen Vorrede
ausstellt, indem er erklärt, er habe die Vorrede des heiligen, von Gott erweckten
Propheten deutscher Nation, Doktor Martin Luthers, heiligen und seligen Ge¬
dächtnisses, "so er vor 26 Jahren vom Lob der Musica gestellet," nicht ohne
sonderliche Ursache jetzt im Druck ausgehen lassen, weil er erfahre, daß diese
Kunst von evangelischen Christen verkleinert und verachtet werde, die da meinten,
die Anwendung der vier- und fünfstimmigen Gesänge in der christlichen Gemeinde
sei papistisch und diene zur Stärkung des Papsttums.




Die romantische schule in Frankreich.

l "X j?>.
^MFcorg Brandes, der dänisch-deutsche Literarhistoriker der neuesten
Zeit, hat im vorigen Jahre begonnen, sein Hauptwerk "Die Lite¬
ratur des neunzehnten Jahrhunderts in ihren Hauptströmungen,"
dessen vier erste Bände in der Übertragung von Adolf Strodt-
mann sich schon einer bedeutenden Anerkennung und Verbreitung
erfreuten, umzuarbeiten. Während er aber mit dieser Umarbeitung beschäftigt
ist, erscheint in der neuen Form und Gestalt, ohne Mitwirkung eines Über¬
setzers, die Fortsetzung des Buches, der fünfte Band, welcher ein selbständiges
Thema behandelt und in gleichem Sinne als ein selbständiges Buch angesehen
werden kann: Die romantische Schule in Frankreich.*) Dieser Band, eine
eingehende und geistvolle Darstellung der denkwürdigsten Episode der neuern
französischen Literaturgeschichte, zeigt alle Vorzüge und gewisse anfechtbare Be¬
sonderheiten der Brandesschen Kritik mit großer Deutlichkeit. Das Buch sollte
von keinem ungelesen bleiben, der eine wirkliche Kenntnis der französischen ro¬
mantischen Poesie erlangt hat, und von niemand gelesen werden, der diese Kenntnis
erst durch die literarischen Porträts und die Auseinandersetzungen des Literar¬
historikers erhalten will. Kein zweites Buch ist in diesem Betracht verführerischer als
"Die Literatur des neunzehnten Jahrhunderts," und in keinem der früher er¬
schienenen Bände ist eine so lebendige Wiedergabe von Einzelheiten, von charak-



Die Literatur des neunzehnten Jahrhunderts in ihren Hauptströmungen,
dargestellt von Georg Brandes. Fünfter Band. Die romantische Schule in Frank¬
reich. Leipzig, Veit u. Co., 1883.
Die romantische Schule in Frankreich.

Bl. 20b mit dem vom 30. August 1564 datirten „Beschlus," in welchem
Walther noch ein vollgiltiges Zeugnis für die Echtheit der Lutherschen Vorrede
ausstellt, indem er erklärt, er habe die Vorrede des heiligen, von Gott erweckten
Propheten deutscher Nation, Doktor Martin Luthers, heiligen und seligen Ge¬
dächtnisses, „so er vor 26 Jahren vom Lob der Musica gestellet," nicht ohne
sonderliche Ursache jetzt im Druck ausgehen lassen, weil er erfahre, daß diese
Kunst von evangelischen Christen verkleinert und verachtet werde, die da meinten,
die Anwendung der vier- und fünfstimmigen Gesänge in der christlichen Gemeinde
sei papistisch und diene zur Stärkung des Papsttums.




Die romantische schule in Frankreich.

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^MFcorg Brandes, der dänisch-deutsche Literarhistoriker der neuesten
Zeit, hat im vorigen Jahre begonnen, sein Hauptwerk „Die Lite¬
ratur des neunzehnten Jahrhunderts in ihren Hauptströmungen,"
dessen vier erste Bände in der Übertragung von Adolf Strodt-
mann sich schon einer bedeutenden Anerkennung und Verbreitung
erfreuten, umzuarbeiten. Während er aber mit dieser Umarbeitung beschäftigt
ist, erscheint in der neuen Form und Gestalt, ohne Mitwirkung eines Über¬
setzers, die Fortsetzung des Buches, der fünfte Band, welcher ein selbständiges
Thema behandelt und in gleichem Sinne als ein selbständiges Buch angesehen
werden kann: Die romantische Schule in Frankreich.*) Dieser Band, eine
eingehende und geistvolle Darstellung der denkwürdigsten Episode der neuern
französischen Literaturgeschichte, zeigt alle Vorzüge und gewisse anfechtbare Be¬
sonderheiten der Brandesschen Kritik mit großer Deutlichkeit. Das Buch sollte
von keinem ungelesen bleiben, der eine wirkliche Kenntnis der französischen ro¬
mantischen Poesie erlangt hat, und von niemand gelesen werden, der diese Kenntnis
erst durch die literarischen Porträts und die Auseinandersetzungen des Literar¬
historikers erhalten will. Kein zweites Buch ist in diesem Betracht verführerischer als
„Die Literatur des neunzehnten Jahrhunderts," und in keinem der früher er¬
schienenen Bände ist eine so lebendige Wiedergabe von Einzelheiten, von charak-



Die Literatur des neunzehnten Jahrhunderts in ihren Hauptströmungen,
dargestellt von Georg Brandes. Fünfter Band. Die romantische Schule in Frank¬
reich. Leipzig, Veit u. Co., 1883.
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[0091] Die romantische Schule in Frankreich. Bl. 20b mit dem vom 30. August 1564 datirten „Beschlus," in welchem Walther noch ein vollgiltiges Zeugnis für die Echtheit der Lutherschen Vorrede ausstellt, indem er erklärt, er habe die Vorrede des heiligen, von Gott erweckten Propheten deutscher Nation, Doktor Martin Luthers, heiligen und seligen Ge¬ dächtnisses, „so er vor 26 Jahren vom Lob der Musica gestellet," nicht ohne sonderliche Ursache jetzt im Druck ausgehen lassen, weil er erfahre, daß diese Kunst von evangelischen Christen verkleinert und verachtet werde, die da meinten, die Anwendung der vier- und fünfstimmigen Gesänge in der christlichen Gemeinde sei papistisch und diene zur Stärkung des Papsttums. Die romantische schule in Frankreich. l "X j?>. ^MFcorg Brandes, der dänisch-deutsche Literarhistoriker der neuesten Zeit, hat im vorigen Jahre begonnen, sein Hauptwerk „Die Lite¬ ratur des neunzehnten Jahrhunderts in ihren Hauptströmungen," dessen vier erste Bände in der Übertragung von Adolf Strodt- mann sich schon einer bedeutenden Anerkennung und Verbreitung erfreuten, umzuarbeiten. Während er aber mit dieser Umarbeitung beschäftigt ist, erscheint in der neuen Form und Gestalt, ohne Mitwirkung eines Über¬ setzers, die Fortsetzung des Buches, der fünfte Band, welcher ein selbständiges Thema behandelt und in gleichem Sinne als ein selbständiges Buch angesehen werden kann: Die romantische Schule in Frankreich.*) Dieser Band, eine eingehende und geistvolle Darstellung der denkwürdigsten Episode der neuern französischen Literaturgeschichte, zeigt alle Vorzüge und gewisse anfechtbare Be¬ sonderheiten der Brandesschen Kritik mit großer Deutlichkeit. Das Buch sollte von keinem ungelesen bleiben, der eine wirkliche Kenntnis der französischen ro¬ mantischen Poesie erlangt hat, und von niemand gelesen werden, der diese Kenntnis erst durch die literarischen Porträts und die Auseinandersetzungen des Literar¬ historikers erhalten will. Kein zweites Buch ist in diesem Betracht verführerischer als „Die Literatur des neunzehnten Jahrhunderts," und in keinem der früher er¬ schienenen Bände ist eine so lebendige Wiedergabe von Einzelheiten, von charak- Die Literatur des neunzehnten Jahrhunderts in ihren Hauptströmungen, dargestellt von Georg Brandes. Fünfter Band. Die romantische Schule in Frank¬ reich. Leipzig, Veit u. Co., 1883.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341837_153446/91>, abgerufen am 08.09.2024.