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Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Drittes Quartal.

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Sie Höhe der Prozeßkosten.

jedermann bewußt geworden sein, daß eine wirkliche Erleichterung der Recht-
suchenden durch die Verminderung der Gerichtskosten nur uuter gleichzeitiger
Verminderung der Anwaltskosten herbeigeführt werden könne. Sowie aber mit
einer parlamentarischen Naivetät ohne gleichen der Abgeordnete Payer jener
Darlegung mit dem Einwurf begegnen konnte: "Über die Anwaltsgebühren sei
ja noch garnicht geklagt worden," so sucht man auch allem Anschein nach seit¬
dem wieder die Frage nach den Anwaltsgebühren zu unterdrücken und letztere
außer Anfechtung zu stellen. Wie sehr die Laienwelt in dieser Angelegenheit
im Unklaren weilt, dafür lag das sichtlichste Zeugnis in dem Staunen, womit
der Reichstag an jenem Tage die Zahlenangaben des Staatssekretärs entgegen¬
nahm. Die ganze parlamentarische Verhandlung über diese Kostengesetze ist für
denjenigen, der das Spiel der Interessen innerhalb der Parlamente noch nicht
kennt, äußerst lehrreich.

Wir wollen nun versuchen, das Verhältnis noch ausführlicher darzu¬
stellen. Wir geben für diesen Zweck zuvörderst diejenige Zahlenzusammenstellung
vollständig, welcher Herr von Schelling seine Zahlenangaben entnahm. Der¬
selben liegen die Haupt gebühren für einen vollständigen Prozeß, und zwar in
den ersten zehn Klassen für zwei Instanzen, in den folgenden Klassen für drei
Instanzen zu Grunde. Die den Rcichsgebühren gegenübergestellten preußischen
Gebühren siud nach dem Durchschnittsbetrag der Wertklassen berechnet, und
zwar die Auwaltsgebtthren so, wie sie seit dem 1. Mai 1875 bestanden, also im
Vergleich mit vorher bereits um 25 Prozent erhöht. Die Anwaltsgebühren sind
natürlich für zwei Anwälte berechnet, da jede Partei verpflichtet oder wenigstens
berechtigt ist, einen Anwalt anzunehmen. Die Tabelle ist folgende:



Sie Höhe der Prozeßkosten.

jedermann bewußt geworden sein, daß eine wirkliche Erleichterung der Recht-
suchenden durch die Verminderung der Gerichtskosten nur uuter gleichzeitiger
Verminderung der Anwaltskosten herbeigeführt werden könne. Sowie aber mit
einer parlamentarischen Naivetät ohne gleichen der Abgeordnete Payer jener
Darlegung mit dem Einwurf begegnen konnte: „Über die Anwaltsgebühren sei
ja noch garnicht geklagt worden," so sucht man auch allem Anschein nach seit¬
dem wieder die Frage nach den Anwaltsgebühren zu unterdrücken und letztere
außer Anfechtung zu stellen. Wie sehr die Laienwelt in dieser Angelegenheit
im Unklaren weilt, dafür lag das sichtlichste Zeugnis in dem Staunen, womit
der Reichstag an jenem Tage die Zahlenangaben des Staatssekretärs entgegen¬
nahm. Die ganze parlamentarische Verhandlung über diese Kostengesetze ist für
denjenigen, der das Spiel der Interessen innerhalb der Parlamente noch nicht
kennt, äußerst lehrreich.

Wir wollen nun versuchen, das Verhältnis noch ausführlicher darzu¬
stellen. Wir geben für diesen Zweck zuvörderst diejenige Zahlenzusammenstellung
vollständig, welcher Herr von Schelling seine Zahlenangaben entnahm. Der¬
selben liegen die Haupt gebühren für einen vollständigen Prozeß, und zwar in
den ersten zehn Klassen für zwei Instanzen, in den folgenden Klassen für drei
Instanzen zu Grunde. Die den Rcichsgebühren gegenübergestellten preußischen
Gebühren siud nach dem Durchschnittsbetrag der Wertklassen berechnet, und
zwar die Auwaltsgebtthren so, wie sie seit dem 1. Mai 1875 bestanden, also im
Vergleich mit vorher bereits um 25 Prozent erhöht. Die Anwaltsgebühren sind
natürlich für zwei Anwälte berechnet, da jede Partei verpflichtet oder wenigstens
berechtigt ist, einen Anwalt anzunehmen. Die Tabelle ist folgende:



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[0669] Sie Höhe der Prozeßkosten. jedermann bewußt geworden sein, daß eine wirkliche Erleichterung der Recht- suchenden durch die Verminderung der Gerichtskosten nur uuter gleichzeitiger Verminderung der Anwaltskosten herbeigeführt werden könne. Sowie aber mit einer parlamentarischen Naivetät ohne gleichen der Abgeordnete Payer jener Darlegung mit dem Einwurf begegnen konnte: „Über die Anwaltsgebühren sei ja noch garnicht geklagt worden," so sucht man auch allem Anschein nach seit¬ dem wieder die Frage nach den Anwaltsgebühren zu unterdrücken und letztere außer Anfechtung zu stellen. Wie sehr die Laienwelt in dieser Angelegenheit im Unklaren weilt, dafür lag das sichtlichste Zeugnis in dem Staunen, womit der Reichstag an jenem Tage die Zahlenangaben des Staatssekretärs entgegen¬ nahm. Die ganze parlamentarische Verhandlung über diese Kostengesetze ist für denjenigen, der das Spiel der Interessen innerhalb der Parlamente noch nicht kennt, äußerst lehrreich. Wir wollen nun versuchen, das Verhältnis noch ausführlicher darzu¬ stellen. Wir geben für diesen Zweck zuvörderst diejenige Zahlenzusammenstellung vollständig, welcher Herr von Schelling seine Zahlenangaben entnahm. Der¬ selben liegen die Haupt gebühren für einen vollständigen Prozeß, und zwar in den ersten zehn Klassen für zwei Instanzen, in den folgenden Klassen für drei Instanzen zu Grunde. Die den Rcichsgebühren gegenübergestellten preußischen Gebühren siud nach dem Durchschnittsbetrag der Wertklassen berechnet, und zwar die Auwaltsgebtthren so, wie sie seit dem 1. Mai 1875 bestanden, also im Vergleich mit vorher bereits um 25 Prozent erhöht. Die Anwaltsgebühren sind natürlich für zwei Anwälte berechnet, da jede Partei verpflichtet oder wenigstens berechtigt ist, einen Anwalt anzunehmen. Die Tabelle ist folgende: Wcrtttassc 1. b 2. 20 3. 60 4. 120 5. 200 6. »00 7. 450 8. 650 9. »0V 10. 1200 11. 1600 12. 2100 13. 2700 14. 3400 15. 4300 16. S400 17. 6700 18. 8200is 20 60 120 —200 —300 —460 -650 -900 —1200 1600 2100 —2700 -3400 —4300 —5400 6700 8200 —1000010 40 90 160 250 375 550 775 1050 1400 1850 2400 3050 3850 4350 6050 7450 9100Preußischer Tarif seit dem i. Mai 1875 GcrichtS- gebührenGcbiihrcu für > zwei Rcchls- anwiiltc 2,40 8,40 18,00 43,50 61,50 85,50 115,50 151,50 169,50 223,50 348,50 372,50 444,50 453,50 486,50 519,50 537,50 594,506,00 21,20 45,20 57,60 80,00 110,40 145,60 185,60 206,00 265,60 425,60 453,60 535,40 545,60 533,40 620,60 640,60 705,40Zusammen 8,40 29,60 63,20 101,10 141,50 195,90 261,10 337,10 375,50 489,10 774,10 826,10 979,90 999,10 1069,90 1140,10 1178,10 1299,90RcichStarif Gerichts- gcbiihrcn 6,90 16,20 31,20 50,70 74,40 101,40 135,00 175,50 216,00 256,50 429,00 487,50 546,00 604,50 663,00 721,50 789,90 877,50Gebühren für zwei RcchiS- amviiltc 24,00 36,00 48,00 84,00 120,00 168,00 228,00 283,00 336,00 334,00 619,20 683,00 756,30 825,60 894,40 963,20 1032,00 1100,80

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341837_153446/669>, abgerufen am 08.09.2024.