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Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Drittes Quartal.

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Der Krieg in Arran und Tonkin.

feiten der Anmänner unerwidert; als aber die Truppen des Obersten Thier
weiter vordrangen, wurden sie von jenen mit einem äußerst heftigen Schnell¬
feuer empfangen, und nachdem wiederholte Versuche, sich der Schanze mehr zu
nähern, mißlungen waren, mußte man sich zum Rückzüge entschließen. Als der
Feind dies gewahr wurde, brach er mit wildem Schlachtgeschrei in Masse aus
der Palissadenschanze hervor und suchte die Franzosen und ihre auf der äußersten
Linken fechtenden kochinchinesischen Hilfstruppen, die sogenannten Gelbflaggen,
mit starken Schützenschwärmen zu umgehen. Unter solchen Umständen gestaltete
sich die Lage der Zurückgehenden um die zweite Mittagsstunde des 16. August
recht besorgniserregend. Obwohl die französische Infanterie mehrmals Kehrt
machte und Salven auf die Verfolger abgab, und obwohl die Artillerie sie dabei
nach Möglichkeit unterstützte, setzten die Anmänner und Schwarzflaggen die
Verfolgung eine große Strecke weit fort, und erst nach vier Uhr ließen sie all¬
mählich damit nach, worauf Thier um sieben Uhr wieder in Hanoi einrückte.
Die Kolonne im Zentrum wartete bis fünf Uhr in beobachtender Stellung auf
den Erfolg der Umgehuugsbeweguug der linken Kolonne und kehrte erst am 17.
nach Hanoi zurück, nachdem sie inzwischen einen Angriff der Feinde abgeschlagen
hatte. Nur der rechte Flügel gelaugte insofern zu einigen Resultaten, als er
am Morgen das von ihm dreimal vergeblich gestürmte Dorf mit seiner Pagode
von den Gegnern verlassen fand und es nicht bloß besetzen, sondern auch be¬
haupten konnte, was indeß gegenwärtig nicht viel bedeuten will, da der aus¬
getretene Strom die ganze Gegend ringsum weit und breit überschwemmte. Das
Treffen hatte über vierzehn Stunden gedauert und den Franzosen drei Offiziere
und fünfzehn Mann an Toten, sowie etwa fünfzig Mann an Verwundeten
gekostet, ihre einheimischen Hilfstruppen ließen dreißig Tote auf dem Platze.
Am 17. August hatte sich die ganze französische Streitmacht, mit Ausnahme
einer kleinen Abteilung, welche die Pagode im eroberten Uferdorfe besetzt hält,
nach Hauoi zurückgezogen, und man nimmt an, daß die Überschwemmung weitere
Operationen für die nächsten vier bis fünf Wochen unmöglich machen wird.

Bessere Fortschritte haben die Franzosen am Hueflusse gemacht, also im
Zentrum des Reiches Arran, und es kann infolge der von dort eingetroffenen
Nachrichten scheinen, als ob sie sich damit ihren schließlichen Zielen um einen
großen Schritt genähert hätten und der Friede in diesen Gegenden nicht lange
mehr auf sich warten lassen würde. Eine telegraphische Depesche vom Admiral
Courbet an den Marineminister, datirt Saigon den 25. August, meldet, daß
die französische Flagge jetzt auf den Forts und Batterien an der Einfahrt in
den genannten Strom weht, und daß zwei Schiffe der Republik in der innern
Rhede ankern. Das Bombardement, das dazu führte, fand am 18., 19. und
20. August statt. Die Landung auf der Nordseite der Flußmündung, die am
19. unausführbar war, wurde am 20. bewirkt, trotz hartnäckigen Widerstandes
der Anmänner, die hinter den Dünen im Hinterhalte lagen. Die Befestigungen


Der Krieg in Arran und Tonkin.

feiten der Anmänner unerwidert; als aber die Truppen des Obersten Thier
weiter vordrangen, wurden sie von jenen mit einem äußerst heftigen Schnell¬
feuer empfangen, und nachdem wiederholte Versuche, sich der Schanze mehr zu
nähern, mißlungen waren, mußte man sich zum Rückzüge entschließen. Als der
Feind dies gewahr wurde, brach er mit wildem Schlachtgeschrei in Masse aus
der Palissadenschanze hervor und suchte die Franzosen und ihre auf der äußersten
Linken fechtenden kochinchinesischen Hilfstruppen, die sogenannten Gelbflaggen,
mit starken Schützenschwärmen zu umgehen. Unter solchen Umständen gestaltete
sich die Lage der Zurückgehenden um die zweite Mittagsstunde des 16. August
recht besorgniserregend. Obwohl die französische Infanterie mehrmals Kehrt
machte und Salven auf die Verfolger abgab, und obwohl die Artillerie sie dabei
nach Möglichkeit unterstützte, setzten die Anmänner und Schwarzflaggen die
Verfolgung eine große Strecke weit fort, und erst nach vier Uhr ließen sie all¬
mählich damit nach, worauf Thier um sieben Uhr wieder in Hanoi einrückte.
Die Kolonne im Zentrum wartete bis fünf Uhr in beobachtender Stellung auf
den Erfolg der Umgehuugsbeweguug der linken Kolonne und kehrte erst am 17.
nach Hanoi zurück, nachdem sie inzwischen einen Angriff der Feinde abgeschlagen
hatte. Nur der rechte Flügel gelaugte insofern zu einigen Resultaten, als er
am Morgen das von ihm dreimal vergeblich gestürmte Dorf mit seiner Pagode
von den Gegnern verlassen fand und es nicht bloß besetzen, sondern auch be¬
haupten konnte, was indeß gegenwärtig nicht viel bedeuten will, da der aus¬
getretene Strom die ganze Gegend ringsum weit und breit überschwemmte. Das
Treffen hatte über vierzehn Stunden gedauert und den Franzosen drei Offiziere
und fünfzehn Mann an Toten, sowie etwa fünfzig Mann an Verwundeten
gekostet, ihre einheimischen Hilfstruppen ließen dreißig Tote auf dem Platze.
Am 17. August hatte sich die ganze französische Streitmacht, mit Ausnahme
einer kleinen Abteilung, welche die Pagode im eroberten Uferdorfe besetzt hält,
nach Hauoi zurückgezogen, und man nimmt an, daß die Überschwemmung weitere
Operationen für die nächsten vier bis fünf Wochen unmöglich machen wird.

Bessere Fortschritte haben die Franzosen am Hueflusse gemacht, also im
Zentrum des Reiches Arran, und es kann infolge der von dort eingetroffenen
Nachrichten scheinen, als ob sie sich damit ihren schließlichen Zielen um einen
großen Schritt genähert hätten und der Friede in diesen Gegenden nicht lange
mehr auf sich warten lassen würde. Eine telegraphische Depesche vom Admiral
Courbet an den Marineminister, datirt Saigon den 25. August, meldet, daß
die französische Flagge jetzt auf den Forts und Batterien an der Einfahrt in
den genannten Strom weht, und daß zwei Schiffe der Republik in der innern
Rhede ankern. Das Bombardement, das dazu führte, fand am 18., 19. und
20. August statt. Die Landung auf der Nordseite der Flußmündung, die am
19. unausführbar war, wurde am 20. bewirkt, trotz hartnäckigen Widerstandes
der Anmänner, die hinter den Dünen im Hinterhalte lagen. Die Befestigungen


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341837_153446/578>, abgerufen am 08.09.2024.