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Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Drittes Quartal.

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Literatur.

Oberfläche der schwarzen, klaren Flut. Die dunkeln Vögel, welche die Schloß-
thiirmc umkreisten, zogen weitere Bogen als sonst und versammelten sich mit
mißtönendem Gekreisch über den Häuptern der Männer, welche die Leiche um¬
standen. (Fortsetzung folgt.)




Literatur.
Die innere Verwaltung. Von Dr. Lorenz von Stein. Zweites Hauptgebiet. Das
Bildungswesen. Erster Teil: Das System und die Geschichte des Bildungswesens
der alten Welt. Zweite Auflage. Stuttgart, I. G. Cottci, 1833.

Ein Buch wie das vorliegende läßt sich in einer kurzen Besprechung nicht
genügend würdigen. Neben Gneist ist Lorenz von Stein der einzige, welcher die
angeblich willkürliche innere Staatsverwaltung zu einem harmonischen System wissen¬
schaftlich zu gestalten gewußt hat. Sein großes, in zweiter Auflage erscheinendes
Werk ließ schon in den bisher veröffentlichten Teilen erkennen, daß der Verfasser
in treuer Hingebung bemüht war, überall den Erscheinungen des innern Staats¬
lebens zu folgen und das früher geschriebene zu ergänzen und zu verbessern. Kein
Teil des Werkes hat jedoch eine so völlige Umgestaltung erfahren, wie der vor¬
liegende, das Bildnngswesen betreffende. In der ersten Auflage war die alte Welt
beiseite gelassen und ans dem überwältigenden Stoff nur eine Skizze -- wenn
auch eine sehr sorgfältige -- über das Bildungswesen der neuern Kulturvölker ge¬
geben. In der gegenwärtigen Auflage rollt sich uns die ganze Geschichte des
Bildungswesens als ein farbenreiches Bild auf, wie wir kein schöneres aus der
Feder des gelehrten und geistvollen Verfassers haben entstehen sehen. Freilich steckt
in diesem Teil nicht bloß die Arbeit des Geistes, sondern zugleich auch die des
Herzens, welches dem Licht auch die Wärme verleiht. Deshalb wendet sich auch
der Verfasser an den Lehrberuf des deutschen Volkes, indem er sich eins weiß mit
allen denen, welche, wie er selbst, den Lehrberuf als die schwerste Aufgabe des
Lebens anerkennen. Auf diesem Gebiete befindet sich der Verfasser in dem wahrsten
und reinsten Element des germanischen Wesens, welches das von der römischen
Welt verlorene Ideal wiedergefunden hat. Das Hellencntum hat sein Ideal in
dem staatsbürgerlichen Ruhm und in der subjektiven Erkenntnis gefunden, das
Ideal der germanischen Welt ist das des Berufes, in welchem sich gleichzeitig das
Ideal des ganzen Lebens verwirklicht. Von diesem hohen Standpunkte aus be¬
handelt der Verfasser zunächst begriffsmäßig die Wissenschaft des Bildungswesens
und dessen einzelne Elemente (Volksbildung, Berufsbildung) in den verschiednen
Verzweigungen des vielgestaltigen Lebens, und erörtert endlich das Bildungswesen
als Teil der Staatswissenschaft und der Verwaltung. Im zweiten Teile gelangen
die Elemente der Geschichte des Bildungswesens zur Darstellung. Auf den Grund¬
formen des geistigen Lebens baut sich in diesem Teile zunächst das Bildnngswesen
im Orient, in Hellas und Rom auf, das uns gleichzeitig die Geschichte der Philo¬
sophie, des Rechts und Staates von dem Gesichtspunkte der geistigen Bestrebungen
giebt. Den Schluß des Ganzen bildet der Untergang der alten Welt, das Ein-


Literatur.

Oberfläche der schwarzen, klaren Flut. Die dunkeln Vögel, welche die Schloß-
thiirmc umkreisten, zogen weitere Bogen als sonst und versammelten sich mit
mißtönendem Gekreisch über den Häuptern der Männer, welche die Leiche um¬
standen. (Fortsetzung folgt.)




Literatur.
Die innere Verwaltung. Von Dr. Lorenz von Stein. Zweites Hauptgebiet. Das
Bildungswesen. Erster Teil: Das System und die Geschichte des Bildungswesens
der alten Welt. Zweite Auflage. Stuttgart, I. G. Cottci, 1833.

Ein Buch wie das vorliegende läßt sich in einer kurzen Besprechung nicht
genügend würdigen. Neben Gneist ist Lorenz von Stein der einzige, welcher die
angeblich willkürliche innere Staatsverwaltung zu einem harmonischen System wissen¬
schaftlich zu gestalten gewußt hat. Sein großes, in zweiter Auflage erscheinendes
Werk ließ schon in den bisher veröffentlichten Teilen erkennen, daß der Verfasser
in treuer Hingebung bemüht war, überall den Erscheinungen des innern Staats¬
lebens zu folgen und das früher geschriebene zu ergänzen und zu verbessern. Kein
Teil des Werkes hat jedoch eine so völlige Umgestaltung erfahren, wie der vor¬
liegende, das Bildnngswesen betreffende. In der ersten Auflage war die alte Welt
beiseite gelassen und ans dem überwältigenden Stoff nur eine Skizze — wenn
auch eine sehr sorgfältige — über das Bildungswesen der neuern Kulturvölker ge¬
geben. In der gegenwärtigen Auflage rollt sich uns die ganze Geschichte des
Bildungswesens als ein farbenreiches Bild auf, wie wir kein schöneres aus der
Feder des gelehrten und geistvollen Verfassers haben entstehen sehen. Freilich steckt
in diesem Teil nicht bloß die Arbeit des Geistes, sondern zugleich auch die des
Herzens, welches dem Licht auch die Wärme verleiht. Deshalb wendet sich auch
der Verfasser an den Lehrberuf des deutschen Volkes, indem er sich eins weiß mit
allen denen, welche, wie er selbst, den Lehrberuf als die schwerste Aufgabe des
Lebens anerkennen. Auf diesem Gebiete befindet sich der Verfasser in dem wahrsten
und reinsten Element des germanischen Wesens, welches das von der römischen
Welt verlorene Ideal wiedergefunden hat. Das Hellencntum hat sein Ideal in
dem staatsbürgerlichen Ruhm und in der subjektiven Erkenntnis gefunden, das
Ideal der germanischen Welt ist das des Berufes, in welchem sich gleichzeitig das
Ideal des ganzen Lebens verwirklicht. Von diesem hohen Standpunkte aus be¬
handelt der Verfasser zunächst begriffsmäßig die Wissenschaft des Bildungswesens
und dessen einzelne Elemente (Volksbildung, Berufsbildung) in den verschiednen
Verzweigungen des vielgestaltigen Lebens, und erörtert endlich das Bildungswesen
als Teil der Staatswissenschaft und der Verwaltung. Im zweiten Teile gelangen
die Elemente der Geschichte des Bildungswesens zur Darstellung. Auf den Grund¬
formen des geistigen Lebens baut sich in diesem Teile zunächst das Bildnngswesen
im Orient, in Hellas und Rom auf, das uns gleichzeitig die Geschichte der Philo¬
sophie, des Rechts und Staates von dem Gesichtspunkte der geistigen Bestrebungen
giebt. Den Schluß des Ganzen bildet der Untergang der alten Welt, das Ein-


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[0486] Literatur. Oberfläche der schwarzen, klaren Flut. Die dunkeln Vögel, welche die Schloß- thiirmc umkreisten, zogen weitere Bogen als sonst und versammelten sich mit mißtönendem Gekreisch über den Häuptern der Männer, welche die Leiche um¬ standen. (Fortsetzung folgt.) Literatur. Die innere Verwaltung. Von Dr. Lorenz von Stein. Zweites Hauptgebiet. Das Bildungswesen. Erster Teil: Das System und die Geschichte des Bildungswesens der alten Welt. Zweite Auflage. Stuttgart, I. G. Cottci, 1833. Ein Buch wie das vorliegende läßt sich in einer kurzen Besprechung nicht genügend würdigen. Neben Gneist ist Lorenz von Stein der einzige, welcher die angeblich willkürliche innere Staatsverwaltung zu einem harmonischen System wissen¬ schaftlich zu gestalten gewußt hat. Sein großes, in zweiter Auflage erscheinendes Werk ließ schon in den bisher veröffentlichten Teilen erkennen, daß der Verfasser in treuer Hingebung bemüht war, überall den Erscheinungen des innern Staats¬ lebens zu folgen und das früher geschriebene zu ergänzen und zu verbessern. Kein Teil des Werkes hat jedoch eine so völlige Umgestaltung erfahren, wie der vor¬ liegende, das Bildnngswesen betreffende. In der ersten Auflage war die alte Welt beiseite gelassen und ans dem überwältigenden Stoff nur eine Skizze — wenn auch eine sehr sorgfältige — über das Bildungswesen der neuern Kulturvölker ge¬ geben. In der gegenwärtigen Auflage rollt sich uns die ganze Geschichte des Bildungswesens als ein farbenreiches Bild auf, wie wir kein schöneres aus der Feder des gelehrten und geistvollen Verfassers haben entstehen sehen. Freilich steckt in diesem Teil nicht bloß die Arbeit des Geistes, sondern zugleich auch die des Herzens, welches dem Licht auch die Wärme verleiht. Deshalb wendet sich auch der Verfasser an den Lehrberuf des deutschen Volkes, indem er sich eins weiß mit allen denen, welche, wie er selbst, den Lehrberuf als die schwerste Aufgabe des Lebens anerkennen. Auf diesem Gebiete befindet sich der Verfasser in dem wahrsten und reinsten Element des germanischen Wesens, welches das von der römischen Welt verlorene Ideal wiedergefunden hat. Das Hellencntum hat sein Ideal in dem staatsbürgerlichen Ruhm und in der subjektiven Erkenntnis gefunden, das Ideal der germanischen Welt ist das des Berufes, in welchem sich gleichzeitig das Ideal des ganzen Lebens verwirklicht. Von diesem hohen Standpunkte aus be¬ handelt der Verfasser zunächst begriffsmäßig die Wissenschaft des Bildungswesens und dessen einzelne Elemente (Volksbildung, Berufsbildung) in den verschiednen Verzweigungen des vielgestaltigen Lebens, und erörtert endlich das Bildungswesen als Teil der Staatswissenschaft und der Verwaltung. Im zweiten Teile gelangen die Elemente der Geschichte des Bildungswesens zur Darstellung. Auf den Grund¬ formen des geistigen Lebens baut sich in diesem Teile zunächst das Bildnngswesen im Orient, in Hellas und Rom auf, das uns gleichzeitig die Geschichte der Philo¬ sophie, des Rechts und Staates von dem Gesichtspunkte der geistigen Bestrebungen giebt. Den Schluß des Ganzen bildet der Untergang der alten Welt, das Ein-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341837_153446/486>, abgerufen am 08.09.2024.