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Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Drittes Quartal.

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Der Streitfall von Tamatave.

der Pariser Presse wenig beachtet worden, und nur der Rücktritt Pierres und
Bruns verschafften ihnen, da er mit dem Eintreffen derselben zusammenfiel,
größere Aufmerksamkeit. Seitdem hat man erfahren, daß die ursprüngliche An¬
nahme, Admiral Pierres Entfernung vom Oberbefehl über die französischen
Seestreitkräfte vor Madagaskar hänge mit seinem Benehmen gegen die englischen
Offiziere und Konsulatsbeamten zusammen, eine irrtümliche war. Bei einer
Unterredung, welche der neue Marineminister, Admiral Peyrou, vor kurzem
mit Abgeordneten der Insel Reunion hatte, erklärte derselbe, daß er das Ver¬
halten Pierres vollständig und rückhaltlos billige, und daß er in Übereinstim¬
mung mit dessen Rate den Entschluß gefaßt habe, auf Madagaskar sofort eine
Miliz zu bilden, die 3000 Mann stark und aus Kontingenten der Sakalavas,
der Antakavas und andrer Stämme zusammengesetzt sein solle. Man versichert
ferner, daß der Admiral Pierre fast ganz erblindet sei und außerdem schwer an
Rheumatismus leide.

Zum Schlüsse noch einige Beispiele, wie die französischen Blätter jetzt über
die Sache urteilen. Der Ismxs sagt über den Admiral: "Sein Verfahren in
Madagaskar ist ganz vortrefflich gewesen, und wenn es einen Augenblick Schwierig¬
keiten von geringer Bedeutung mit dem Kapitän der Dryad gab, so war es, weil
der englische Offizier sich über die Rechte und Pflichten Neutraler an einem
mit Gewalt okkupirten und dem Regime des Belagerungszustandes unterworfenen
Orte nicht klar war." Das Noinorig.1 Oixlomatiqus bemerkt über die Billardsche
Proklamation: "Die vom Verfasser derselben angeführten Gründe erklären voll¬
ständig die Notwendigkeit der getroffenen Maßregeln. Nach dem Eingeständnis
des Herrn Gladstone beim Lordmayorsbcmkett ^der Minister hatte hier von
einer NWäsoms Axolo^ gesprochen^ haben wir allen Grund zu glauben, daß
Kapitän Johnstone von der englischen Admiralität die Weisung erhalten hat,
sich in Zukunft bescheidner und weniger übelwollend gegenüber dem Kommandanten
des französischen Geschwaders zu betragen."

In Bezug auf die englischen Blätter, welche behauptet hatten, die letzten
aus Tamatave eingelaufenen Nachrichten hätten in den britischen Regierungs¬
kreisen so befriedigt, daß die Transportschiffe Orontes und Himalaya, die man
zurückgehalten, um im Notfalle Verstärkungen nach Madagaskar senden zu können,
sofort, wie früher bestimmt worden, anderswohin absegeln sollten, meint dagegen
der 1s1<ZArg.xQ<z: "Unsre Lage kann, wenn die Befriedigung der Engländer fo
vollständig ist, nicht sehr gut sein. Ferner, was sind die Verstärkungen, auf
die hier hingedeutet wird? Der Orontes und der Himalaya sind Transport¬
schiffe. Man konnte also nicht die Absicht haben, das englische Geschwader im
indischen Meere zu verstärken, sondern nur die, Truppen an Bord zu nehmen,
um es in den Stand zu setzen, im Notfalle eine Landung zu bewerkstelligen.
Aber wo und mit welchem Rechte konnten diese Truppen ans Land gesetzt werden?
Und hat die Ankündigung dieser militärischen Operation etwas mit der jetzigen


Der Streitfall von Tamatave.

der Pariser Presse wenig beachtet worden, und nur der Rücktritt Pierres und
Bruns verschafften ihnen, da er mit dem Eintreffen derselben zusammenfiel,
größere Aufmerksamkeit. Seitdem hat man erfahren, daß die ursprüngliche An¬
nahme, Admiral Pierres Entfernung vom Oberbefehl über die französischen
Seestreitkräfte vor Madagaskar hänge mit seinem Benehmen gegen die englischen
Offiziere und Konsulatsbeamten zusammen, eine irrtümliche war. Bei einer
Unterredung, welche der neue Marineminister, Admiral Peyrou, vor kurzem
mit Abgeordneten der Insel Reunion hatte, erklärte derselbe, daß er das Ver¬
halten Pierres vollständig und rückhaltlos billige, und daß er in Übereinstim¬
mung mit dessen Rate den Entschluß gefaßt habe, auf Madagaskar sofort eine
Miliz zu bilden, die 3000 Mann stark und aus Kontingenten der Sakalavas,
der Antakavas und andrer Stämme zusammengesetzt sein solle. Man versichert
ferner, daß der Admiral Pierre fast ganz erblindet sei und außerdem schwer an
Rheumatismus leide.

Zum Schlüsse noch einige Beispiele, wie die französischen Blätter jetzt über
die Sache urteilen. Der Ismxs sagt über den Admiral: „Sein Verfahren in
Madagaskar ist ganz vortrefflich gewesen, und wenn es einen Augenblick Schwierig¬
keiten von geringer Bedeutung mit dem Kapitän der Dryad gab, so war es, weil
der englische Offizier sich über die Rechte und Pflichten Neutraler an einem
mit Gewalt okkupirten und dem Regime des Belagerungszustandes unterworfenen
Orte nicht klar war." Das Noinorig.1 Oixlomatiqus bemerkt über die Billardsche
Proklamation: „Die vom Verfasser derselben angeführten Gründe erklären voll¬
ständig die Notwendigkeit der getroffenen Maßregeln. Nach dem Eingeständnis
des Herrn Gladstone beim Lordmayorsbcmkett ^der Minister hatte hier von
einer NWäsoms Axolo^ gesprochen^ haben wir allen Grund zu glauben, daß
Kapitän Johnstone von der englischen Admiralität die Weisung erhalten hat,
sich in Zukunft bescheidner und weniger übelwollend gegenüber dem Kommandanten
des französischen Geschwaders zu betragen."

In Bezug auf die englischen Blätter, welche behauptet hatten, die letzten
aus Tamatave eingelaufenen Nachrichten hätten in den britischen Regierungs¬
kreisen so befriedigt, daß die Transportschiffe Orontes und Himalaya, die man
zurückgehalten, um im Notfalle Verstärkungen nach Madagaskar senden zu können,
sofort, wie früher bestimmt worden, anderswohin absegeln sollten, meint dagegen
der 1s1<ZArg.xQ<z: „Unsre Lage kann, wenn die Befriedigung der Engländer fo
vollständig ist, nicht sehr gut sein. Ferner, was sind die Verstärkungen, auf
die hier hingedeutet wird? Der Orontes und der Himalaya sind Transport¬
schiffe. Man konnte also nicht die Absicht haben, das englische Geschwader im
indischen Meere zu verstärken, sondern nur die, Truppen an Bord zu nehmen,
um es in den Stand zu setzen, im Notfalle eine Landung zu bewerkstelligen.
Aber wo und mit welchem Rechte konnten diese Truppen ans Land gesetzt werden?
Und hat die Ankündigung dieser militärischen Operation etwas mit der jetzigen


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[0438] Der Streitfall von Tamatave. der Pariser Presse wenig beachtet worden, und nur der Rücktritt Pierres und Bruns verschafften ihnen, da er mit dem Eintreffen derselben zusammenfiel, größere Aufmerksamkeit. Seitdem hat man erfahren, daß die ursprüngliche An¬ nahme, Admiral Pierres Entfernung vom Oberbefehl über die französischen Seestreitkräfte vor Madagaskar hänge mit seinem Benehmen gegen die englischen Offiziere und Konsulatsbeamten zusammen, eine irrtümliche war. Bei einer Unterredung, welche der neue Marineminister, Admiral Peyrou, vor kurzem mit Abgeordneten der Insel Reunion hatte, erklärte derselbe, daß er das Ver¬ halten Pierres vollständig und rückhaltlos billige, und daß er in Übereinstim¬ mung mit dessen Rate den Entschluß gefaßt habe, auf Madagaskar sofort eine Miliz zu bilden, die 3000 Mann stark und aus Kontingenten der Sakalavas, der Antakavas und andrer Stämme zusammengesetzt sein solle. Man versichert ferner, daß der Admiral Pierre fast ganz erblindet sei und außerdem schwer an Rheumatismus leide. Zum Schlüsse noch einige Beispiele, wie die französischen Blätter jetzt über die Sache urteilen. Der Ismxs sagt über den Admiral: „Sein Verfahren in Madagaskar ist ganz vortrefflich gewesen, und wenn es einen Augenblick Schwierig¬ keiten von geringer Bedeutung mit dem Kapitän der Dryad gab, so war es, weil der englische Offizier sich über die Rechte und Pflichten Neutraler an einem mit Gewalt okkupirten und dem Regime des Belagerungszustandes unterworfenen Orte nicht klar war." Das Noinorig.1 Oixlomatiqus bemerkt über die Billardsche Proklamation: „Die vom Verfasser derselben angeführten Gründe erklären voll¬ ständig die Notwendigkeit der getroffenen Maßregeln. Nach dem Eingeständnis des Herrn Gladstone beim Lordmayorsbcmkett ^der Minister hatte hier von einer NWäsoms Axolo^ gesprochen^ haben wir allen Grund zu glauben, daß Kapitän Johnstone von der englischen Admiralität die Weisung erhalten hat, sich in Zukunft bescheidner und weniger übelwollend gegenüber dem Kommandanten des französischen Geschwaders zu betragen." In Bezug auf die englischen Blätter, welche behauptet hatten, die letzten aus Tamatave eingelaufenen Nachrichten hätten in den britischen Regierungs¬ kreisen so befriedigt, daß die Transportschiffe Orontes und Himalaya, die man zurückgehalten, um im Notfalle Verstärkungen nach Madagaskar senden zu können, sofort, wie früher bestimmt worden, anderswohin absegeln sollten, meint dagegen der 1s1<ZArg.xQ<z: „Unsre Lage kann, wenn die Befriedigung der Engländer fo vollständig ist, nicht sehr gut sein. Ferner, was sind die Verstärkungen, auf die hier hingedeutet wird? Der Orontes und der Himalaya sind Transport¬ schiffe. Man konnte also nicht die Absicht haben, das englische Geschwader im indischen Meere zu verstärken, sondern nur die, Truppen an Bord zu nehmen, um es in den Stand zu setzen, im Notfalle eine Landung zu bewerkstelligen. Aber wo und mit welchem Rechte konnten diese Truppen ans Land gesetzt werden? Und hat die Ankündigung dieser militärischen Operation etwas mit der jetzigen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341837_153446/438>, abgerufen am 08.09.2024.