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Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Drittes Quartal.

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Jllustrirte Prachtwerke des ^3. und ^K. Jahrhunderts.

besteht aus 255 Abbildungen, die 64 mal in derselben Weise geordnet sind, so-
daß stets ein Rennen, ein Stechen, ein Kampf und eine Mummerei aufeinander
folgen. Bei den Nennen, Stechen und Kämpfen sind immer nur die beiden
in Aktion befindlichen Hauptpersonen dargestellt, während die Mummereien reicher
an Figuren sind. Der Mann, dessen Kunst der Kaiser bei diesem Buche haupt¬
sächlich in Anspruch nahm, war sein Hofschneider, Meister Martin Trummer,
der die Kostüme, da er sie verfertigt hatte, naturgemäß auch am besten zeichnen
konnte. Künstlerisch sind die Bilder von sehr verschiednen Werte. Für uns
am interessantesten sind die Mummereien, bei denen Luxus und Pracht in Ge¬
wändern und Geräten verschwenderisch gezeigt werden konnte.

Es war also ein reges Kunstleben, das in dieser Zeit in Augsburg herrschte,
umso bewundernswerter, wenn man sich vergegenwärtigt, daß die Prachtwerke
des Kaisers Maximilian keineswegs die einzigen illustrirten Bücher waren, die
im Beginne des 16. Jahrhunderts daselbst entstanden, daß vielmehr Hans Burgk-
mair und Hans Schäufelein in der emsigsten Weise für alle bedeutenderen Augs¬
burger Offizinen thätig waren. Um die vereinte Wirksamkeit dieser beiden
Künstler zu kennzeichnen, mag auf eine von Wolfgang Mann, dem Kaplan des
Kaisers Maximilian, verfaßte poetische Bearbeitung des Leidens Christi hin¬
gewiesen werden, die 1614 von Hans Schvnsperger dem Jüngern auf Perga¬
ment in prächtiger Ausstattung gedruckt wurde und die mit ihren herrlichen
Typen, ihren allerliebsten Randleisten und ihren vorzüglichen Bildern als eins
der schönsten typographischen Produkte des 16. Jahrhunderts gelten kann.

So großartig wie in Augsburg wurde die Buchillustration in Nürnberg
nicht betrieben, wenngleich auch hier eine große Zahl vorzüglich ausgestatteter
Bücher entstand. Und zwar war es besonders ein unter dem Titel Horwlus
Äliima-s erscheinendes Gebet- und Erbauungsbuch, dessen Druck in Nürnberg
gepflegt wurde und den dortigen Künstlern Stoss zu zahlreichen Illustrationen
bot. Die Horwli sind kleine Oktavbücher, jede Seite ist von vier schönen Rand¬
leisten eingefaßt, die Initialen sind mit Laubwerk und Masken verziert, viele
Holzschnitte führen Gottvater, die Familie Christi, die Apostel und Evange¬
listen, die männlichen und weiblichen Heiligen, sowie die verschiednen Sakramente
vor. Der Verlag solcher illustrirten Horwli war seit dem Jahre 1516 die
Spezialität des Nürnberger Verlegers Johann Koburger, der sie teils in Nürn¬
berger Offizinen, teils von Johann Clein in Lyon drucken ließ. Als Illustra¬
toren haben sich besonders Dürers Schüler Hans Springinklee und Ehrhardt
Schön dabei ausgezeichnet.

Neben Augsburg und Nürnberg spielte auch im 16. Jahrhundert noch
Basel als Druckort eine große Rolle. Der erste bedeutendere Künstler, welcher


Namenverzeichnisse und 25S Heliogravüren. Wien, 1880 -- 1882. Verlag von A. Holz-
Hausen.
Jllustrirte Prachtwerke des ^3. und ^K. Jahrhunderts.

besteht aus 255 Abbildungen, die 64 mal in derselben Weise geordnet sind, so-
daß stets ein Rennen, ein Stechen, ein Kampf und eine Mummerei aufeinander
folgen. Bei den Nennen, Stechen und Kämpfen sind immer nur die beiden
in Aktion befindlichen Hauptpersonen dargestellt, während die Mummereien reicher
an Figuren sind. Der Mann, dessen Kunst der Kaiser bei diesem Buche haupt¬
sächlich in Anspruch nahm, war sein Hofschneider, Meister Martin Trummer,
der die Kostüme, da er sie verfertigt hatte, naturgemäß auch am besten zeichnen
konnte. Künstlerisch sind die Bilder von sehr verschiednen Werte. Für uns
am interessantesten sind die Mummereien, bei denen Luxus und Pracht in Ge¬
wändern und Geräten verschwenderisch gezeigt werden konnte.

Es war also ein reges Kunstleben, das in dieser Zeit in Augsburg herrschte,
umso bewundernswerter, wenn man sich vergegenwärtigt, daß die Prachtwerke
des Kaisers Maximilian keineswegs die einzigen illustrirten Bücher waren, die
im Beginne des 16. Jahrhunderts daselbst entstanden, daß vielmehr Hans Burgk-
mair und Hans Schäufelein in der emsigsten Weise für alle bedeutenderen Augs¬
burger Offizinen thätig waren. Um die vereinte Wirksamkeit dieser beiden
Künstler zu kennzeichnen, mag auf eine von Wolfgang Mann, dem Kaplan des
Kaisers Maximilian, verfaßte poetische Bearbeitung des Leidens Christi hin¬
gewiesen werden, die 1614 von Hans Schvnsperger dem Jüngern auf Perga¬
ment in prächtiger Ausstattung gedruckt wurde und die mit ihren herrlichen
Typen, ihren allerliebsten Randleisten und ihren vorzüglichen Bildern als eins
der schönsten typographischen Produkte des 16. Jahrhunderts gelten kann.

So großartig wie in Augsburg wurde die Buchillustration in Nürnberg
nicht betrieben, wenngleich auch hier eine große Zahl vorzüglich ausgestatteter
Bücher entstand. Und zwar war es besonders ein unter dem Titel Horwlus
Äliima-s erscheinendes Gebet- und Erbauungsbuch, dessen Druck in Nürnberg
gepflegt wurde und den dortigen Künstlern Stoss zu zahlreichen Illustrationen
bot. Die Horwli sind kleine Oktavbücher, jede Seite ist von vier schönen Rand¬
leisten eingefaßt, die Initialen sind mit Laubwerk und Masken verziert, viele
Holzschnitte führen Gottvater, die Familie Christi, die Apostel und Evange¬
listen, die männlichen und weiblichen Heiligen, sowie die verschiednen Sakramente
vor. Der Verlag solcher illustrirten Horwli war seit dem Jahre 1516 die
Spezialität des Nürnberger Verlegers Johann Koburger, der sie teils in Nürn¬
berger Offizinen, teils von Johann Clein in Lyon drucken ließ. Als Illustra¬
toren haben sich besonders Dürers Schüler Hans Springinklee und Ehrhardt
Schön dabei ausgezeichnet.

Neben Augsburg und Nürnberg spielte auch im 16. Jahrhundert noch
Basel als Druckort eine große Rolle. Der erste bedeutendere Künstler, welcher


Namenverzeichnisse und 25S Heliogravüren. Wien, 1880 — 1882. Verlag von A. Holz-
Hausen.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341837_153446/150>, abgerufen am 08.09.2024.