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Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Zweites Quartal.

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Das rote Arenz in Deutschland,

Heereseinrichtungen bis in gewisse Einzelheiten hinein unter den Mitgliedern der
Vereine zu verbreiten, umsomehr, mis bei dem Gehorsam, welchen dieselben den
vorgesetzten Militärbehörden schulden, ein Konflikt mit der Militärgerichtsbarkeit
und der disziplinaren Strafgewalt gewiß nicht außer dem Bereiche der Mög¬
lichkeit liegt. Ferner müssen die Vereine schon im Frieden ein klares Bild von
dem zu gewinnen trachten, was sie leisten können und wollen, und zu diesem
Zwecke in einem Mobilisirungsplnn die vorhandenen Mittel an Personen und
Material und ihre Verwendung feststellen. Ebenso erscheint es als dringende
Pflicht, durch fortgesetzte Agitation für den guten Zweck Mitglieder zu werben
und Geld anzusammeln.

In praktischer Beziehung endlich kommt es vor allem darauf an, im Frieden
für die Ausbildung eines tüchtigen und geübten Personals Sorge zu tragen.
Im Feldzuge 1870--71 sind 19 563 freiwillige Krankenpfleger und Pflege¬
rinnen in Thätigkeit gewesen; diese bedeutende Zahl aber hat den Bedarf bei
weitem nicht gedeckt, umsoweniger, als manche Personen nicht hinreichend vorge¬
bildet gewesen sein mögen, um völlig den Anforderungen ihres schweren Berufes
zu genügen. Besonders hervorgethan haben sich die verschiednen katholischen
Ordensbrüder und barmherzigen Schwestern mit den evangelischen Brüdern des
Rauben Hauses, den Diakonen und Diakonissinnen, und voraussichtlich wird auch
in einem spätern Kriege von dieser Seite abermals ein erhebliches Kontingent
gestellt werden. Doch auch die Ausbildung von weltlichen Krankenpflegerinnen
hat im verflossenen Jahrzehnt bedeutende Fortschritte gemacht; vor einigen
Jahren standen mehr als 700 in 28 verschiednen Instituten ausgebildete Wärte¬
rinnen zur Verfügung. Da eine völlige Ausbildung nur in Vereinskranken¬
häusern möglich scheint, so muß das Bestreben der verschiednen Vereine sich nach
Maßgabe ihrer Mittel darauf richten, solche Vereinskrankenhüuscr selbst einzu¬
richten und zu unterhalten oder mit größern bestehende" Spitälern Abkommen
zu treffen.

Der Ausbildung von Krankenwärtern stellen sich große Schwierigkeiten
aller Art entgegen. Dennoch ist der Versuch unternommen, und es ist zu hoffen,
daß jeder Verein mit der Zeit wenigstens über einige Krankenpfleger wird ver¬
fügen können.

Die Bereitstellung von Sanitätstransportkolonnen ist mancher Orten schon
ins Auge gefaßt und sollte immer weitere Ausdehnung gewinnen. Die Haupt¬
sache bleibt die Heranziehung von durchaus zuverlässigen, tüchtigen Männern;
namentlich ist in dieser Richtung das Zusammenwirken mit verschiedenen be¬
stehenden Gesellschaften, namentlich den Turuvereiuen, anzuempfehlen.

Die käufliche Erwerbung ganzer Lazarethzüge würde wohl die Mittel der
heimatlichen Vereine zu sehr in Anspruch nehmen, aber die Beschaffung der vor¬
schriftsmäßigen innern Wageneinrichtung wird sich in vielen Fällen als sehr
nützlich erweisen, da diese leicht in deu später gemieteten oder requirirten Fahr-


Das rote Arenz in Deutschland,

Heereseinrichtungen bis in gewisse Einzelheiten hinein unter den Mitgliedern der
Vereine zu verbreiten, umsomehr, mis bei dem Gehorsam, welchen dieselben den
vorgesetzten Militärbehörden schulden, ein Konflikt mit der Militärgerichtsbarkeit
und der disziplinaren Strafgewalt gewiß nicht außer dem Bereiche der Mög¬
lichkeit liegt. Ferner müssen die Vereine schon im Frieden ein klares Bild von
dem zu gewinnen trachten, was sie leisten können und wollen, und zu diesem
Zwecke in einem Mobilisirungsplnn die vorhandenen Mittel an Personen und
Material und ihre Verwendung feststellen. Ebenso erscheint es als dringende
Pflicht, durch fortgesetzte Agitation für den guten Zweck Mitglieder zu werben
und Geld anzusammeln.

In praktischer Beziehung endlich kommt es vor allem darauf an, im Frieden
für die Ausbildung eines tüchtigen und geübten Personals Sorge zu tragen.
Im Feldzuge 1870—71 sind 19 563 freiwillige Krankenpfleger und Pflege¬
rinnen in Thätigkeit gewesen; diese bedeutende Zahl aber hat den Bedarf bei
weitem nicht gedeckt, umsoweniger, als manche Personen nicht hinreichend vorge¬
bildet gewesen sein mögen, um völlig den Anforderungen ihres schweren Berufes
zu genügen. Besonders hervorgethan haben sich die verschiednen katholischen
Ordensbrüder und barmherzigen Schwestern mit den evangelischen Brüdern des
Rauben Hauses, den Diakonen und Diakonissinnen, und voraussichtlich wird auch
in einem spätern Kriege von dieser Seite abermals ein erhebliches Kontingent
gestellt werden. Doch auch die Ausbildung von weltlichen Krankenpflegerinnen
hat im verflossenen Jahrzehnt bedeutende Fortschritte gemacht; vor einigen
Jahren standen mehr als 700 in 28 verschiednen Instituten ausgebildete Wärte¬
rinnen zur Verfügung. Da eine völlige Ausbildung nur in Vereinskranken¬
häusern möglich scheint, so muß das Bestreben der verschiednen Vereine sich nach
Maßgabe ihrer Mittel darauf richten, solche Vereinskrankenhüuscr selbst einzu¬
richten und zu unterhalten oder mit größern bestehende» Spitälern Abkommen
zu treffen.

Der Ausbildung von Krankenwärtern stellen sich große Schwierigkeiten
aller Art entgegen. Dennoch ist der Versuch unternommen, und es ist zu hoffen,
daß jeder Verein mit der Zeit wenigstens über einige Krankenpfleger wird ver¬
fügen können.

Die Bereitstellung von Sanitätstransportkolonnen ist mancher Orten schon
ins Auge gefaßt und sollte immer weitere Ausdehnung gewinnen. Die Haupt¬
sache bleibt die Heranziehung von durchaus zuverlässigen, tüchtigen Männern;
namentlich ist in dieser Richtung das Zusammenwirken mit verschiedenen be¬
stehenden Gesellschaften, namentlich den Turuvereiuen, anzuempfehlen.

Die käufliche Erwerbung ganzer Lazarethzüge würde wohl die Mittel der
heimatlichen Vereine zu sehr in Anspruch nehmen, aber die Beschaffung der vor¬
schriftsmäßigen innern Wageneinrichtung wird sich in vielen Fällen als sehr
nützlich erweisen, da diese leicht in deu später gemieteten oder requirirten Fahr-


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[0026] Das rote Arenz in Deutschland, Heereseinrichtungen bis in gewisse Einzelheiten hinein unter den Mitgliedern der Vereine zu verbreiten, umsomehr, mis bei dem Gehorsam, welchen dieselben den vorgesetzten Militärbehörden schulden, ein Konflikt mit der Militärgerichtsbarkeit und der disziplinaren Strafgewalt gewiß nicht außer dem Bereiche der Mög¬ lichkeit liegt. Ferner müssen die Vereine schon im Frieden ein klares Bild von dem zu gewinnen trachten, was sie leisten können und wollen, und zu diesem Zwecke in einem Mobilisirungsplnn die vorhandenen Mittel an Personen und Material und ihre Verwendung feststellen. Ebenso erscheint es als dringende Pflicht, durch fortgesetzte Agitation für den guten Zweck Mitglieder zu werben und Geld anzusammeln. In praktischer Beziehung endlich kommt es vor allem darauf an, im Frieden für die Ausbildung eines tüchtigen und geübten Personals Sorge zu tragen. Im Feldzuge 1870—71 sind 19 563 freiwillige Krankenpfleger und Pflege¬ rinnen in Thätigkeit gewesen; diese bedeutende Zahl aber hat den Bedarf bei weitem nicht gedeckt, umsoweniger, als manche Personen nicht hinreichend vorge¬ bildet gewesen sein mögen, um völlig den Anforderungen ihres schweren Berufes zu genügen. Besonders hervorgethan haben sich die verschiednen katholischen Ordensbrüder und barmherzigen Schwestern mit den evangelischen Brüdern des Rauben Hauses, den Diakonen und Diakonissinnen, und voraussichtlich wird auch in einem spätern Kriege von dieser Seite abermals ein erhebliches Kontingent gestellt werden. Doch auch die Ausbildung von weltlichen Krankenpflegerinnen hat im verflossenen Jahrzehnt bedeutende Fortschritte gemacht; vor einigen Jahren standen mehr als 700 in 28 verschiednen Instituten ausgebildete Wärte¬ rinnen zur Verfügung. Da eine völlige Ausbildung nur in Vereinskranken¬ häusern möglich scheint, so muß das Bestreben der verschiednen Vereine sich nach Maßgabe ihrer Mittel darauf richten, solche Vereinskrankenhüuscr selbst einzu¬ richten und zu unterhalten oder mit größern bestehende» Spitälern Abkommen zu treffen. Der Ausbildung von Krankenwärtern stellen sich große Schwierigkeiten aller Art entgegen. Dennoch ist der Versuch unternommen, und es ist zu hoffen, daß jeder Verein mit der Zeit wenigstens über einige Krankenpfleger wird ver¬ fügen können. Die Bereitstellung von Sanitätstransportkolonnen ist mancher Orten schon ins Auge gefaßt und sollte immer weitere Ausdehnung gewinnen. Die Haupt¬ sache bleibt die Heranziehung von durchaus zuverlässigen, tüchtigen Männern; namentlich ist in dieser Richtung das Zusammenwirken mit verschiedenen be¬ stehenden Gesellschaften, namentlich den Turuvereiuen, anzuempfehlen. Die käufliche Erwerbung ganzer Lazarethzüge würde wohl die Mittel der heimatlichen Vereine zu sehr in Anspruch nehmen, aber die Beschaffung der vor¬ schriftsmäßigen innern Wageneinrichtung wird sich in vielen Fällen als sehr nützlich erweisen, da diese leicht in deu später gemieteten oder requirirten Fahr-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341837_152756/26>, abgerufen am 01.07.2024.